acht uhr sechzehn
Verfasst: 29.06.2008, 13:01
Es regnet und egal wie schnell ich renne, ich bin nass. Unter dem Blech an dieser Haltestelle warte ich bis acht Uhr sechzehn auf Linie 17 in einer Pfütze, die mir folgt, wenn ich einen Schritt zur Seite mache. Unter dem Blech regne ich, von den Haaren tropft es, von den Wimpern, von den Lippen, vom Kinn.
Dem Himmel entgegen hält ein Junge sein Gesicht und sieht aus, als hätte man über ihn einen feuchten Lappen ausgedrückt, dass die Konturen verschwimmen und wo die Tropfen aufschlagen, quillt es auf und an den Füßen sammelt sich das Wasser. So auch an meinen.
Aber macht nichts, nasse Füße, das bin ich gewohnt, das ist nicht schlimm. Auch wenn ich einmal geweint habe, als ich nasse Füße hatte. Dana hat versucht, den Apfelsaft aufzusaugen, den sie auf den Boden geschüttet hatte, über meine Füße, sie hat gesagt; wollte ich nicht, entschuldige. Aber ich habe geweint und die Mutter hätte deswegen in die Küche kommen können, also hat Dana mir meine Füße trocknen wollen, hat den Apfelsaft vom Boden gesaugt, Dana, kleiner als ich und jünger, wusste damals schon, wo der Staubsauger liegt. Dana, die damals schon ein wenig schwarz unter den Achseln war. Du wirst mal wie die Mutter, hatte ich gesagt und sie hat den Apfelsaft ausgeschüttet und aufgesaugt und mir danach in die Zehen gebissen, damit sie wieder warm werden.
Mir ist noch kalt an den Füßen, das soll ich gesagt haben, deswegen hat Dana gebissen und hat nachher ins Waschbecken gespuckt, weil ich Wollsocken anhatte und ihr die Fusseln auf der Zunge geblieben sind.
Ich kann mir nicht selbst in die Zehen beißen, ist nicht üblich hier, würde ein Herr mit Krawatte sagen. Ich würde es trotzdem gerne tun, würde mir vorher die Socken ausziehen und in jeden Zeh einmal beißen, nur reiche ich nicht mit dem Kopf an die Füße und nicht mit den Füßen an den Kopf. Ich habe es schon probiert, nachts auf dem Sofa, weil nachts nicht geheizt wird und ich nur im Warmen schlafen kann. Nachts werden meine Füße kalt, wenn ich an Apfelsaft denke, und dann ist an Schlafen auch nur zu denken. Dana schläft schon, ich müsste sie bitten, mich zu beißen, aber auch daran ist nur zu denken, denn sie schläft und würde ich sie wecken, sie könnte nicht hierher kommen und ich nicht zu ihr, denn nachts fährt Linie 17 nicht.
Um acht Uhr sechzehn fährt sie und solange muss ich warten mit kalten Füßen in nassen Socken in feuchten Lederschuhen.
Aber macht nichts, warten ist nicht schlimm, nur manchmal würde ich länger warten wollen und manchmal nicht so lange.
[align=right]Textänderungen: Kürzungen, siehe Textarbeit[/align]