Das Strichmännchen

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Estragon

Beitragvon Estragon » 30.06.2008, 23:22

es war einmal ein strichmännchen, das wollte in den wald, es wusste aber nicht was ein wald ist. wer erklärt mir das?
es kannte eine nachtschwester, die arbeitete in einem anderen bezirk, dort ging das strichmännchen hin. der weg war sehr beschwerlich.
streikholzfassaden, lichttürme, zwillingsschwestern, offene gesichter, späße die eine ganze landschaft verderben.

endlich war es da.
die nachtschwester aß eine fleischwurst.und sah sehr lustlos dabei aus.

der mond, die sterne, die strassenlaternen, die stifte, die wäscheklammern, alle rutschten zur seite, machten platz für etwas dass es noch nicht gab.

was machst du hier, fragte die nachtschwester, du hast hier doch gar nichts zu suchen. habe ich wohl, sagte das strichmännchen, das ist meine geschichte..
was willst du, fragte die nachtschwester. sie sah ganz finster drein, hatte aber vergessen warum. ich weiß es nicht mehr, sprach das strichmännchen. ach was, sagte die nachtschwester, du willst wissen was ein wald ist, du denkst dir aus irgendeinem grunde müsste ich das wissen, und stell dir vor, ich weiß es auch, aber ich möchte dafür einen kuss, nicht von dir, sondern von deinem mitbewohner.

warum nicht von mir, hätte das strichmännchen beinah gefragt, aber dann fiel ihm ein, dass ihm die nachtschwester gar nicht gefiel. (rote wangen, die immer feucht wurden, wenn sie etwas sah,. die augen immer dort wo sonst kein raum war, die nase wie der rumpf einer giraffe und wenn sie sprach hatte man immer das gefühl, dass sie eigentlich würfelte)
.
das strichmännchen ging wieder nachhause.

der weg zurück war beschwerlich, es musste über so viel gras laufen ohne es zu zählen.
felder, städte, bauklötze, es staunte, da war ein jahrmarkt, dort wurden strichfische verkauft.
jeder der ihn kaufte band ihn an seine füße und kam so schneller nachhause.
aber unser strichmännchen hatte kein geld und das machte es sehr traurig.
es mochte allerdings gerne traurig sein, am liebsten brach es in tränen aus, um sich hinterher an keine einzige mehr zu erinnern..

es war schon spät. viel zu spät. an so was musste man sich erst gewöhnen, das war schwer, leidlich, es stellte sich vor, es wäre ein fahnenträger, das machte es lachen, seine augen drehten sich, es fühlte sich insgeheim heimisch und da erschrak es . er stellte sich plötzlich vor, es wäre ein fahnenträger des mondes, wie lächerlich, kaum auszuhalten. da stellte es sich lieber vor, es würde eine geldbörse auf der strasse finden und würde sie einfach behalten, wie köstlich, es gurrte vor lachen.

endlich kam es zuhause an und darüber sollten auch sie froh sein, denn sonst hätte es noch vom tropfenden wasserhahn erzählt, mit dem es sich bis zum morgengrauen unterhält.

der mitbewohner war noch wach. das strichmännchen sagte, mein lieber freund, tu mir einen gefallen und geh zur nachtschwester und küss sie
der mitbewohner grinste und sagte, kein problem.
er fand die nachtschwester reizend und ging hastig zu ihr um sie zu küssen. das strichmännchen folgte ihm.

doch als es die nachtschwester fragte, ob sie ihm jetzt erklären könnte, was ein wald ist, sagte die, nein.
es verstand nicht warum. es rief, aber du hast es mir versprochen.

nur gut dass es einschlief und folgendes träumte.

es war einmal ein strichmännchen, das mochte nicht gerne im park sitzen, denn im park konnte jeder seine tränen sehen und es mochte mit seinen tränen lieber alleine sein. abends putzte es sich damit die zähne und schaute in den spiegel und war glücklich.
doch oft fühlte es sich auch einsam und da wurde es traurig und musste wieder weinen.
manchmal aber entschloss es sich in eine kneipe zu gehen.
da gab es eine, die war ganz in der nähe. es brauchte kaum hinauszugehen, schon war es da.
es bestellte ein bier und setzte sich an den spielautomaten. es hatte noch nie etwas gewonnen, das machte es wieder traurig, es hätte gerne geweint, aber die wirtin konnte arbeitslose strichmännchen nicht leiden und wenn sie dann noch weinten, war es ganz aus.

plötzlich gewann das strichmännchen, endlich hatte es einmal glück. aber es war nach mitternacht und weil es nach mitternacht war, stellte die wirtin den strom ab und rief feierabend.
die hundert sonderspiele entfernten sich wieder, es wurde still im raum. von irgendwo kam ein ton, oder ein rasseln, irgendwo wurde die letzte seite eines romanes umgeblättert.

das strichmännchen erwachte.

als es erwachte stand es sofort auf. es musste noch seinen anzug bügeln, es musste noch seine schuhe putzen. es musste noch seine augen öffnen, damit es alles sah. die ränder an den tapeten, die spinne im netz, von sich selber gefangen saß sie da und hoffte, dass es keiner bemerkte.

das strichmännchen musste auf einen strichmännchenkongreß.

auf dem strichmännchenkongreß geht es sehr ernsthaft zu. keine zuschauer und auch keine presse. nur ein paar spatzen sehen manchmal heimlich zu. sie quälen sich durch den schornstein und horchen was dort geredet wird und es wird eine menge geredet.
es wird soviel geredet, dass die meisten strichmännchen schweigen. einige aber sagen doch etwas, aber sie werden von den wenigsten verstanden.
im ernst, haben sie schon einmal ein strichmännchen mit ohren gesehen?

strichmännchen auf den strichmännchenstühlen. sie trinken strichmännchenbier und wanken später gestrichelt nach hause. zuhause rufen ihre verwandten an, fragen, wo warst du gewesen?
aber unser strichmännchen hat keine verwandten, es ist so allein wie ein strich in der landschaft, das macht ihn traurig, da muss es weinen und wenn es weint ist es glücklich, weil es sich mit den tränen die schuhe und die zähne putzen kann.

wieder schläft es ein und wieder träumt es.

das strichmännchen war es leid. es ging auf die strasse, fand andere, die es ebenso leid waren, immer nur strichmännchen sein, natürlich war das auch angenehm, aber manchmal möchte man doch mehr und sie fingen beinah an zu weinen und es hätte vielleicht für eine runde im nichtschwimmerbecken gereicht, aber dann sagte eines „lasst uns doch eine rock´n roll band gründen.“
sie sprangen in die luft. es waren vier oder fünf. vielleicht ging eines verloren, weil es nicht so leicht ist für strichmännchen, weil die luft dort oben so schwer ist, viel zu schwer für ein strichmännchenleben.

so gründeten sie eine rock´n roll band und rieben sich die augen und fanden dass es schön war immer solche ideen zu haben und sie sprangen wieder in die luft und nicht alle kamen zurück und das strichmännchen war froh, als es aufwachte und es musste sogar etwas weinen, weil es bemerkte, dass es so gerne lebte.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 01.07.2008, 10:04

Hallo Estragon,

auch hier wieder Momente, die einfangen. Beobachtungen, um die sich eine Geschichte rankt. Ein bisschen verrückt, scheinbar neben der Realität und doch mitten aus ihr entspringend. Klasse. Auch die Sprache gefällt mir sehr, sie unterstützt, wie auch bei „der Zuseher“ diesen Gedankenfluß, mit seinen vielen Abzweigungen, und versiegenden Enden.

Die Zeichensetzung mal Punkt, mal Komma, mal Nichts, wo aber etwas hingehört, erscheint mir etwas wahllos.
Aber vielleicht habe ich auch hier nur das Muster nicht erkannt. .-)

Insgesamt hat auch dieser Text für mich Längen, bzw. Sätze, die ich mir anders, weniger wiederholend vorstellen könnte, weil sie dem Vergleich einfach nicht standhalten. Das Weinen ist mir etwas zu sehr ausgebreitet und betont. Ich denke die Traurigkeit, die durch die Tränen in ein Glücksgefühl gewandelt werden, wären ohne die mehrmalige Benennung, Erklärung stärker.

endlich kam es zuhause an und darüber sollten auch sie froh sein, denn sonst hätte es noch vom tropfenden wasserhahn erzählt, mit dem es sich bis zum morgengrauen unterhält.

im ernst, haben sie schon einmal ein strichmännchen mit ohren gesehen?

Die direkte Ansprache des Leser, wirft mich aus der Geschichte raus, was ich in diesem Fall sehr schade finde, da man die Skurrilität der Bilder dann weniger leicht annehmen oder mitgehen kann. Und der Text sich hier selbst ins Lächerliche zieht, was er aus meiner Sicht nicht nötig hat. Das würde ich streichen.

nur gut dass es einschlief und folgendes träumte.

wieder schläft es ein und wieder träumt es.


Diese Überleitungen finde ich sehr einfallslos, ohne, dass sie dadurch eine Leichtigkeit, Selbstverständlichkeit vermitteln könnten.

aber unser strichmännchen hat keine verwandten, es ist so allein wie ein strich in der landschaft, das macht ihn traurig, da muss es weinen

er stellte sich plötzlich vor, es wäre

„ihn“, „er“? wenn ich mich nicht täusche sind das die einzige Stelle, wo aus dem „es“ ein „er/ihn“ wird. Das passt grammatikalisch nicht.
Oder ich habe es nicht verstanden und es macht den Erzähler traurig, und der stellt sich was vor? Das wäre wiederum eine Ebene, die von der Geschichte distanziert, den Blick nach außen lenkt. Egal wie es nun gedacht war, stört es mich.

und nicht alle kamen zurück und das strichmännchen war froh, als es aufwachte und es musste sogar etwas weinen, weil es bemerkte, dass es so gerne lebte.

Das Ende finde ich sehr schwach. Zum einen, weil es schon wieder das Weinen bemüht, zum anderen, weil diese Schlussfolgerung der Geschichte ein belehrende-Kindergeschichten-Happy-End gibt. Es würgt die Phantasie zu Tode. :-) Ich würde diese Schlussfolgerung des Autors weglassen. Und ev. enden mit:
...nicht alle kamen zurück und das Strichmännchen erwachte.


Das habe ich sehr gerne gelesen, denke aber, dass es noch gewinnen könnte.

Solltest du irgendwelche Änderungen vornehmen, wäre es für die nachfolgenden Kommentatoren/ Leser wichtig, dass du das im Kopfposting mittels Fußnote oder einstellen einer geänderten Fassung über der Originalfassung sichtbar machst.


liebe Grüße smile

Estragon

Beitragvon Estragon » 01.07.2008, 10:39

Estragon hat geschrieben:es war einmal ein strichmännchen, das wollte in den wald, es wusste aber nicht was ein wald ist. wer erklärt mir das?
es kannte eine nachtschwester, die arbeitete in einem anderen bezirk, dort ging das strichmännchen hin. der weg war sehr beschwerlich.
streikholzfassaden, lichttürme, zwillingsschwestern, offene gesichter, späße die eine ganze landschaft verderben.

endlich war es da.
die nachtschwester aß eine fleischwurst.und sah sehr lustlos dabei aus.

der mond, die sterne, die strassenlaternen, die stifte, die wäscheklammern, alle rutschten zur seite, machten platz für etwas dass es noch nicht gab.

was machst du hier, fragte die nachtschwester, du hast hier doch gar nichts zu suchen. habe ich wohl, sagte das strichmännchen, das ist meine geschichte..
was willst du, fragte die nachtschwester. sie sah ganz finster drein, hatte aber vergessen warum. ich weiß es nicht mehr, sprach das strichmännchen. ach was, sagte die nachtschwester, du willst wissen was ein wald ist, du denkst dir aus irgendeinem grunde müsste ich das wissen, und stell dir vor, ich weiß es auch, aber ich möchte dafür einen kuss, nicht von dir, sondern von deinem mitbewohner.

warum nicht von mir, hätte das strichmännchen beinah gefragt, aber dann fiel ihm ein, dass ihm die nachtschwester gar nicht gefiel. (rote wangen, die immer feucht wurden, wenn sie etwas sah,. die augen immer dort wo sonst kein raum war, die nase wie der rumpf einer giraffe und wenn sie sprach hatte man immer das gefühl, dass sie eigentlich würfelte)
.
das strichmännchen ging wieder nachhause.

der weg zurück war beschwerlich, es musste über so viel gras laufen ohne es zu zählen.
felder, städte, bauklötze, es staunte, da war ein jahrmarkt, dort wurden strichfische verkauft.
jeder der ihn kaufte band ihn an seine füße und kam so schneller nachhause.
aber unser strichmännchen hatte kein geld und das machte es sehr traurig.
es mochte allerdings gerne traurig sein, am liebsten brach es in tränen aus, um sich hinterher an keine einzige mehr zu erinnern..

es war schon spät. viel zu spät. an so was musste man sich erst gewöhnen, das war schwer, leidlich, es stellte sich vor, es wäre ein fahnenträger, das machte es lachen, seine augen drehten sich, es fühlte sich insgeheim heimisch und da erschrak es . er stellte sich plötzlich vor, es wäre ein fahnenträger des mondes, wie lächerlich, kaum auszuhalten. da stellte es sich lieber vor, es würde eine geldbörse auf der strasse finden und würde sie einfach behalten, wie köstlich, es gurrte vor lachen.

endlich kam es zuhause an und darüber sollten auch sie froh sein, denn sonst hätte es noch vom tropfenden wasserhahn erzählt, mit dem es sich bis zum morgengrauen unterhält.

der mitbewohner war noch wach. das strichmännchen sagte, mein lieber freund, tu mir einen gefallen und geh zur nachtschwester und küss sie
der mitbewohner grinste und sagte, kein problem.
er fand die nachtschwester reizend und ging hastig zu ihr um sie zu küssen. das strichmännchen folgte ihm.

doch als es die nachtschwester fragte, ob sie ihm jetzt erklären könnte, was ein wald ist, sagte die, nein.
es verstand nicht warum. es rief, aber du hast es mir versprochen.

nur gut dass es einschlief und folgendes träumte.

es war einmal ein strichmännchen, das mochte nicht gerne im park sitzen, denn im park konnte jeder seine tränen sehen und es mochte mit seinen tränen lieber alleine sein. abends putzte es sich damit die zähne und schaute in den spiegel und war glücklich.
doch oft fühlte es sich auch einsam und da wurde es traurig und musste wieder weinen.
manchmal aber entschloss es sich in eine kneipe zu gehen.
da gab es eine, die war ganz in der nähe. es brauchte kaum hinauszugehen, schon war es da.
es bestellte ein bier und setzte sich an den spielautomaten. es hatte noch nie etwas gewonnen, das machte es wieder traurig, es hätte gerne geweint, aber die wirtin konnte arbeitslose strichmännchen nicht leiden und wenn sie dann noch weinten, war es ganz aus.

plötzlich gewann das strichmännchen, endlich hatte es einmal glück. aber es war nach mitternacht und weil es nach mitternacht war, stellte die wirtin den strom ab und rief feierabend.
die hundert sonderspiele entfernten sich wieder, es wurde still im raum. von irgendwo kam ein ton, oder ein rasseln, irgendwo wurde die letzte seite eines romanes umgeblättert.

das strichmännchen erwachte.

als es erwachte stand es sofort auf. es musste noch seinen anzug bügeln, es musste noch seine schuhe putzen. es musste noch seine augen öffnen, damit es alles sah. die ränder an den tapeten, die spinne im netz, von sich selber gefangen saß sie da und hoffte, dass es keiner bemerkte.

das strichmännchen musste auf einen strichmännchenkongreß.

auf dem strichmännchenkongreß geht es sehr ernsthaft zu. keine zuschauer und auch keine presse. nur ein paar spatzen sehen manchmal heimlich zu. sie quälen sich durch den schornstein und horchen was dort geredet wird und es wird eine menge geredet.
es wird soviel geredet, dass die meisten strichmännchen schweigen. einige aber sagen doch etwas, aber sie werden von den wenigsten verstanden.

strichmännchen auf den strichmännchenstühlen. sie trinken strichmännchenbier und wanken später gestrichelt nach hause. zuhause rufen ihre verwandten an, fragen, wo warst du gewesen?
aber unser strichmännchen hat keine verwandten, es ist so allein wie ein strich in der landschaft, das macht ihn traurig, da muss es weinen und wenn es weint ist es glücklich, weil es sich mit den tränen die schuhe und die zähne putzen kann.


das strichmännchen war es leid. es ging auf die strasse, fand andere, die es ebenso leid waren, immer nur strichmännchen sein, natürlich war das auch angenehm, aber manchmal möchte man doch mehr und sie fingen beinah an zu weinen und es hätte vielleicht für eine runde im nichtschwimmerbecken gereicht, aber dann sagte eines „lasst uns doch eine rock´n roll band gründen.“
sie sprangen in die luft. es waren vier oder fünf. vielleicht ging eines verloren, weil es nicht so leicht ist für strichmännchen, weil die luft dort oben so schwer ist, viel zu schwer für ein strichmännchenleben.

so gründeten sie eine rock´n roll band und rieben sich die augen und fanden dass es schön war immer solche ideen zu haben und sie sprangen wieder in die luft und nicht alle kamen zurück und das strichmännchen war froh, als es aufwachte und es musste sogar etwas weinen, weil es bemerkte, dass es so gerne lebte.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 01.07.2008, 11:01

Danke Estragon für deine überaus phantasievolle und erhellende Rückmeldung zu meinem Kommentar. So ein kreativer Austausch macht doch immer wieder Freude. Schön, dass du mich auch nochmal darauf hingewiesen hast, wer den Text verfasst hat. :mrgreen: smile

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 01.07.2008, 19:28

Hallo Estragon,

also inhaltlich halte ich mich zurück bei diesem Text, da bin ich sehr gespannt, was noch gesagt wird bzw. geschrieben , ich melde Dir nur zurück, dass ich den Text wunderbar skuril finde, für mich lebt er von seinen absurden Wendungen, wie Du z.B. mit der Redensart "Bauklötze staunen" spielst, oder die Zwillingstürme auftauchen, die "Späße, die ganze Landschaften verderben" und überhaupt ist mir das Strichmännchen einfach sympathisch, auch wenn es vielleicht ein bißchen zu gerne weint.

Textkram:

Ich frage mich z.B. was "streikholzfassaden" sind? Ist das ein Verschreiberle, oder kannst Du mir auf die Sprünge helfen?

Und dann gleich der zweite Satz:
wer erklärt mir das?

Das Strichmännchen geht und träumt und weint, warum darf es nicht denken?

Im fünften Absatz, in dem die Nachtschwester beschrieben wird kommt für meinen Geschmack ein bisschen zu viel "immer" vor.

da war ein jahrmarkt, dort wurden strichfische verkauft.
jeder der ihn kaufte band ihn an seine füße und kam so schneller nachhause.


Müsste es nicht heißen, jeder der einen (Strichfisch) kaufte?

Ja, und ob die direkte Ansprach an den Leser sein muss, weiß ich jetzt auch nicht. Ich denke, ich könnte gut darauf verzichten, obwohl hat es irgendwie auch seinen Reiz den Leser so zum "Mitbewohner" dieser absurden Welt zu machen.

einige aber sagen doch etwas, aber sie werden von den wenigsten verstanden.


Zweimal "aber" in einem so kurzen Satz.

ist so allein wie ein strich in der landschaft, das macht ihn traurig, da muss es weinen


Da ist das Strichmännchen (ihn) zum ersten Mal männlich statt sächlich.

Soviel von mir
elke

Estragon

Beitragvon Estragon » 01.07.2008, 19:31

Oh Gott, jetzt macht sie sich auch noch lustig über mich armes kleines Strichmännchen...

Xanthippe.. Du hast natürlich recht, natürlich muss das ein strichfisch sein und das klingt auch noch hübsch strichfisch..ich glaube streikholzfassaden sind veraltete Gewerkschaftshäuser

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.07.2008, 22:01

Lieber estragon,

ich mag alle (schlampig bearbeiteten .-) @fehler) Teile, den hier aber besonders:

es war einmal ein strichmännchen, das wollte in den wald, es wusste aber nicht was ein wald ist. wer erklärt mir das?
es kannte eine nachtschwester, die arbeitete in einem anderen bezirk, dort ging das strichmännchen hin. der weg war sehr beschwerlich.
streikholzfassaden, lichttürme, zwillingsschwestern, offene gesichter, späße die eine ganze landschaft verderben.

endlich war es da.
die nachtschwester aß eine fleischwurst.und sah sehr lustlos dabei aus.

der mond, die sterne, die strassenlaternen, die stifte, die wäscheklammern, alle rutschten zur seite, machten platz für etwas dass es noch nicht gab.

was machst du hier, fragte die nachtschwester, du hast hier doch gar nichts zu suchen. habe ich wohl, sagte das strichmännchen, das ist meine geschichte..
was willst du, fragte die nachtschwester. sie sah ganz finster drein, hatte aber vergessen warum. ich weiß es nicht mehr, sprach das strichmännchen. ach was, sagte die nachtschwester, du willst wissen was ein wald ist, du denkst dir aus irgendeinem grunde müsste ich das wissen, und stell dir vor, ich weiß es auch, aber ich möchte dafür einen kuss, nicht von dir, sondern von deinem mitbewohner.

warum nicht von mir, hätte das strichmännchen beinah gefragt, aber dann fiel ihm ein, dass ihm die nachtschwester gar nicht gefiel. (rote wangen, die immer feucht wurden, wenn sie etwas sah,. die augen immer dort wo sonst kein raum war, die nase wie der rumpf einer giraffe und wenn sie sprach hatte man immer das gefühl, dass sie eigentlich würfelte)
.
das strichmännchen ging wieder nachhause.

der weg zurück war beschwerlich, es musste über so viel gras laufen ohne es zu zählen.
felder, städte, bauklötze, es staunte, da war ein jahrmarkt, dort wurden strichfische verkauft.
jeder der ihn kaufte band ihn an seine füße und kam so schneller nachhause.
aber unser strichmännchen hatte kein geld und das machte es sehr traurig.
es mochte allerdings gerne traurig sein, am liebsten brach es in tränen aus, um sich hinterher an keine einzige mehr zu erinnern..

es war schon spät. viel zu spät. an so was musste man sich erst gewöhnen, das war schwer, leidlich, es stellte sich vor, es wäre ein fahnenträger, das machte es lachen, seine augen drehten sich, es fühlte sich insgeheim heimisch und da erschrak es . er stellte sich plötzlich vor, es wäre ein fahnenträger des mondes, wie lächerlich, kaum auszuhalten. da stellte es sich lieber vor, es würde eine geldbörse auf der strasse finden und würde sie einfach behalten, wie köstlich, es gurrte vor lachen.

endlich kam es zuhause an und darüber sollten auch sie froh sein, denn sonst hätte es noch vom tropfenden wasserhahn erzählt, mit dem es sich bis zum morgengrauen unterhält.

der mitbewohner war noch wach. das strichmännchen sagte, mein lieber freund, tu mir einen gefallen und geh zur nachtschwester und küss sie
der mitbewohner grinste und sagte, kein problem.
er fand die nachtschwester reizend und ging hastig zu ihr um sie zu küssen. das strichmännchen folgte ihm.

doch als es die nachtschwester fragte, ob sie ihm jetzt erklären könnte, was ein wald ist, sagte die, nein.
es verstand nicht warum. es rief, aber du hast es mir versprochen.


die ganzen verschiedenen Teile sind für mich aber kein einheitlicher text - erstes ende wäre nach meinem Zitat, danach wird es etwas ungeordnet und unstrukturiert - gute sprache & Bilder immer noch, das trifft bei dir ja bei fast jedem Satz zu, aber ganz überzeugen als fertig kann das nicht.

das, was dann rund ist, ist aber nahezu genial/perfekt für meinen Geschmack.

bisschen mehr eingehen auf kritik wär aber auch nicht verkehrt :pfeifen:

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Estragon

Beitragvon Estragon » 03.07.2008, 22:03

Tu ich doch Lisa, aber ich bin so schrecklich hektisch

Estragon

Beitragvon Estragon » 04.07.2008, 07:10

es war einmal ein strichmännchen, das wollte in den wald, es wusste aber nicht was ein wald war. wer erklärt mir das?
es kannte eine nachtschwester, die arbeitete in einem anderen bezirk, dort ging das strichmännchen hin. der weg war sehr beschwerlich.
streikholzfassaden, lichttürme, zwillingsschwestern, offene gesichter, späße die eine ganze landschaft verderben.

endlich war es da.
die nachtschwester aß eine fleischwurst.und sah sehr lustlos dabei aus.

was machst du hier, fragte die nachtschwester, du hast hier doch gar nichts zu suchen.
habe ich wohl, sagte das strichmännchen.
was willst du, fragte die nachtschwester. sie sah ganz finster drein.
ich weiß es nicht mehr, sprach das strichmännchen.
du lügst ja, sagte die nachtschwester, du willst wissen was ein wald ist, du denkst dir ich müsste das wissen, und stell dir vor, ich weiß es auch, aber ich möchte dafür einen kuss, jedoch, nicht von dir, sondern von deinem mitbewohner.

warum nicht von mir, hätte das strichmännchen beinah gefragt, aber dann fiel ihm ein, dass ihm die nachtschwester gar nicht gefiel.
.
das strichmännchen ging wieder nachhause.
sein mitbewohner war noch wach. das strichmännchen sagte, mein lieber freund, tu mir einen gefallen, geh zur nachtschwester und küss sie
der mitbewohner grinste. er fand die nachtschwester reizend und ging hastig zu ihr, um sie zu küssen. das strichmännchen folgte ihm.

sie küssten sich wie in diesen filmen. der abgrund lachte und winkte sorglos und sie küssten sich und der mond sah zu und lachte und sie küssten sich und es war ein großes vergnügen in der welt und keiner wusste woher das kam.

das strichmännchen aber wollte jetzt seine belohnung bekommem.
sagst du mir jetzt was ein wald ist.
aber die nachtschwester lachte es nur aus.

gut dass es einschlief und folgendes träumte.

es war einmal ein strichmännchen, das mochte nicht gerne im park sitzen, denn im park konnte jeder seine tränen sehen und es mochte mit seinen tränen lieber alleine bleiben. abends putzte es sich damit die zähne und schaute in den spiegel und war glücklich.

manchmal entschloss es sich in eine kneipe zu gehen.
es bestellte ein bier und setzte sich an den spielautomaten. es hatte noch nie etwas gewonnen, das machte es wieder traurig, es hätte gerne geweint, aber die wirtin konnte arbeitslose strichmännchen nicht leiden und wenn sie dann noch weinten, war es ganz aus.

plötzlich gewann das strichmännchen, endlich hatte es einmal glück. aber es war nach mitternacht und weil es nach mitternacht war, stellte die wirtin den strom ab und rief feierabend.
die hundert sonderspiele entfernten sich wieder, es wurde still im raum. von irgendwo kam ein ton, oder ein rasseln, irgendwo wurde die letzte seite eines romanes umgeblättert.

das strichmännchen erwachte. es musste auf einen strichmännchenkongreß.
auf dem strichmännchenkongreß ging es sehr ernsthaft zu. keine zuschauer und auch keine presse. nur ein paar spatzen sahen heimlich zu. sie quälten sich durch den schornstein und horchten was dort geredet wurde und es wurde eine menge geredet.
es wurde soviel geredet, dass die meisten strichmännchen schwiegen. einige aber sagten doch etwas, aber sie wurden von den wenigsten verstanden.

strichmännchen auf den strichmännchenstühlen. sie tanken strichmännchenbier und wankten später gestrichelt nach hause. zuhause riefen ihre verwandten an, fragten, wo warst du gewesen?
aber unser strichmännchen hatte keine verwandten, es war so allein wie ein strich in der landschaft, da wurde traurig, da musste es weinen und wenn es weinte war es glücklich, weil es sich mit den tränen die schuhe und die zähne putzen konnte.


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