Ab nach Malta!

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Catrin

Beitragvon Catrin » 13.10.2008, 18:28

Ab nach Malta!

Samstag Morgen 4 Uhr.
Die Dämmerung hat noch nicht eingesetzt aber die Aufregung lässt uns eh nicht schlafen: jetzt geht es los! Zahnputzsachen einsammeln, Koffer zu, noch etwas Kaffee reinschütten und ab ins Auto. Den Hunden ist es zum Glück zu früh, sie machen keinen Rabatz. Auf der Fahrt gehen wir mit meiner Schwieger-Ma noch mal die Strecke durch: Ergenzingen, Autobahn, Herrenberg, alles sehr ruhig und dämmerig… Wo ist bloß in Herrenberg der Bahnhof!? Und da sind wir. Ne halbe Stunde zu früh. Doch die erste S1 des Tages wartet schon. Abschied auf dem rauchfreien Bahnsteig, noch schnell eine schmöken, die Blase meldet sich, Umärmelung, Glückwünsche für den Rückweg/ die Fahrt und dann ist es geschafft!
Die Reise hat begonnen.
Stuttgart Hauptbahnhof halb Sechs, auf dem Bahnsteig voll der Trubel. Leider sind alle andern Reisenden heut morgen auf die glorreiche Idee gekommen, den ICE 5:51 Richtung Düsseldorf zu nehmen. Wir finden keinen Platz. Zum Glück überlegen es sich einige noch mal und steigen in Mannheim aus. Wir kriegen dann doch Plätze, nach und nach sogar nebeneinander. Was die Stimmung jetzt trübt: meine Schwieger-Ma meldet sich nicht. Ist schon 2 Stunden überfällig… Dann endlich die erlösende SMS! Später erfahren wir, dass sie in einem Wolkenbruch auf der A81 festsaß. Alle mussten rechts ran und die Fische vorbeilassen. Jetzt aber einen Kaffee, ein seliges Lächeln und du steckst deine kalten Tatzen unter meinen Hintern...
Das übliche Vabanque-Spiel der DB. Verspätung, Verspätung, schafft man den Anschluss? Frösteln, bangen, der Anschluss hat auch Verspätung, rumrennen, fragen, schließlich müssen wir pünktlich einchecken, und dann sind wir doch noch rechtzeitig in der Schlange vorm Schalter der Airmalta, Flug KM 353. Die Spannung löst sich in heiteres Frozzeln. Dann durch den Sicherheitscheck, die Luft des bunten Globus umweht uns, eine lecker überteuertes Leisiffer-Sandwich, einen Zigaretten-Vorrat, einen Reiseführer und wir boarden auch schon. Erster Kontakt mit Malta: Der Käptn begrüßt uns in einer Sprache, die sich wie die Mischung aus Italienisch und Arabisch anhört, sonst ist’s ein neuer Airbus und kaum sind wir in der Luft, gibt’s ein echt leckeres und reichliches Lunch. Man merkt erste britische Spuren, der Tee ist sehr ordentlich. Aber noch besser ist das Viertele genuin Malteser Weißwein, Green Label, den Namen muss man sich merken.
Landung auf der sandgelben Insel. Wuff, nächster Bodycheck mit Malta: Licht, Licht, Licht und 40° im Schatten. Zum Glück geht immer ein Wind. Modern und klein, der Flughafen. Und dann die Schrift: lateinisch zwar, aber wieder ein arabisches Anmuten, mit Punkten und Strichen. Von den FTI-Leuten erfahren wir, dass wir in der Küstenstadt „Aura“ untergebracht sind: ich hatte das QAWRA auf dem Hotelvoucher für einen Code gehalten und nicht für die Schriftform von Aura. Erste Fahrt durch Malta mit einem rechtsgesteuerten Mercedes-Van, Verkehrsregeln sind Ansichtssache. Dicht zersiedelt, mehrstöckige Häuser in gelbem Kalkstein mit Flachdächern, Läden, steinummauerte Brachflächen, kakteenberänderte trockenen Felder, hier und da `ne Palme, keine Hochhäuser, aber auch wenig Grün. Malta hat ganz offensichtlich ein Süßwasser-Problem. Und dann das große Wasser, die Wiege Maltas: das Meer. Blau. Einfach nur blau!
Endlich werden wir als letzte vor Hotel „Sunflower“ abgeladen in einem Ort, wo offensichtlich viel gebaut wird. Später erfahren wir vom Kellner im Angelo II, der zwischendrin mal nach Australien ausgewandert war, dass die Preise explodieren und sich kaum ein Malteser mehr eine eigene Wohnung leisten kann. Nix Immobilienkrise, bis jetzt. Jedenfalls ist die unmittelbare Umgebung nicht gerade prall und ich beginne zu begreifen, was in der Buchung mit „Doppelzimmer/ Frühstück/ Landblick“ gemeint war. Aber unser Zimmer ist nett, airconditioned, holzgetäfelt, na ja fast, großer Balkon mit 270°-Blick über das Häusermeer und die Machia, Badezimmer sauber bis auf ein bisschen Schimmel und ein paar Tropfen von der Decke, vielleicht vom Pool auf dem Dach. Grund und Boden sind teuer. Ach ja, ein deutscher Fernseher, mit allen englischen, maltesischen und italienischen Programmen. Und deutsche Welle: dass es so viel Interessantes über Deutschland auf Englisch zu sagen gibt, hätte ich nie geglaubt. Allerdings glaube ich es jetzt immer noch nicht. Gut, wir halten uns eh nicht lang auf: Du willst das Meer!
3,- € für einen Stadtplan, den ich anschaffen will, sind aber zuviel für dich, du findest es auch so. Na gut, denke ich und überlasse dir die Führung. Wir kommen so langsam aus dem Ort raus und du meinst, ich solle auch mal entscheiden, wie’s weitergeht! Ach ja? Wir haben unsern ersten Streit. Dann frage ich nach dem Weg. Ich bin in unserer Beziehung der nach-dem-Weg-Frager. Zum Glück kann hier jeder English, außer mir…
… und da ist es schon hinter dem zentralen Platz vom Bugibba/Qawra, wo erst ab 10 Uhr p.m. was los ist. Dann aber! Doch jetzt geht’s erst mal weiter an den Sandstrand, öh, Kalkrand: Auf Malta gibt’s keinen Sand, nicht an der Küste. Aber der schreckt uns nicht, denn das Meer ist warm, warm, warm: 21°!
Außerdem ist im Jahre 56 a.D. der Hl. Paulus hier an Land gegangen, etwa da, wo auf der Insel heute seine Statue steht (also, hier muss man sich ein Urlaubsfoto mit Pfeil vorstellen). Seitdem hat Malta eine tiefe Wurzel im Glauben, die auch die Muslimische Herrschaft von 800 bis 1200 überdauert hat. Und Napoleon ach 2 Jahren verjagt, weil er den Fehler gemacht hat, die Kirchen zu plündern. Keiner der gelben Busse ohne Heiligenbilder, Devotionalien oder wenigstens ein Krippen-Ensemble aus Plastik.
Na ja, ich muss zugeben, ich war am Anfang nicht völlig begeistert: Promenade mit Leuten, Läden, Imbissbuden und den ganzen Tag in der prallen Sonne auf dem Kalksteinstreifen davor liegen, wie es uns rundherum bis tief nach Sonnenuntergang vorgemacht wurde, das schien mir nicht so verlockend. Aber dann entdeckten wir unsern Ort in St. Paul’s Bay und dort beschlossen wir zu bleiben! Im Angelo II hat uns Malta und sein Lebensgefühl berührt. Wir wollten verlängern, koste es was es wolle! Das war also unser erster Tag...
Selig fielen wir ins Bett, nicht ohne vorher eine Flasche Green Label getrunken zu haben, zu Tuna-Salad und na ja, was wohl? Pizza!

Erster Sonntag. Der fiel nicht besonders auf, weil wir noch nicht wussten, dass die Geschäfte sonst bis 10, 11 p.m. auf haben. Eine Woche später in Valetta waren sogar die Restaurants abends zu. Morgens hatten wir das übliche Briefing durch die FTI-Agentin vor Ort, eine Berlinerin, die sich nicht mehr vorstellen kann, in das doppelt „kalte“ Deutschland zurückzukehren. Wir buchen für Mittwoch eine ganztägige Fahrt im Katamaran zu allen wichtigen Badebuchten und tragen unsern Wunsch nach Verlängerung vor. „Malta ist ausgebucht! Wäre auch sonst eine Katastrophe…“ Malta soll Industrie haben, sogar Elektronikindustrie, und durch 3 Meerentsalzungs-Anlagen Landwirtschaft, aber ich kann mir das irgendwie nicht staatstragend vorstellen. Jeden morgen werden die Hotels durch große Tanker beliefert: mit Wasser. Bleiben der jungen Republik, die seit diesem Jahr den Euro führt, noch 1 Million Touristen. Davon die Hälfte britisch. „… vielleicht ein 5-Sterne-Hotel, ist das ok?“ Sie gibt uns bis Montag Abend Bescheid. Bed & Breakfast heißt da hier. Das Frühstück im Sunflower war 3-sternemäßig, kontinental mit Aufschnitt, aber kein English Breakfast. Ich schlage mich voll, du begnügst dich mit Zigarette, Kaffee und Durchfall, wir haben nix gegen eine Verbesserung.
Dann war schon Mittag und wir machen uns mit Badetaschen auf den Weg, die Uferpromenade lang etwas aus dem Ort raus. Es gibt einen künstlich angelegten Sandstreifen für Sardinen. Und sehr viele junge Leute! Alle Singles, wie’s ausschaut. Tauch- und Segelclubs, keine Windsurfer. Etwas ab von den touristischen Zentren kriegt man für moderate Preise seinen Kaffee, Sandwich und sonstige Lebensmittel. Überall dort, wo sich die Einheimischen zum Schwätzchen treffen, die Malteser verdienen im Schnitt nicht so viel. Als Ersatz für den Sand kaufen wir eine Luftmatratze und eine Taucherbrille, mit der ich auch gleich meinen ersten Fischschwarm sichte. Aber ich glaube, das war am Montag. Sonst wird viel gelesen. Ich tauche ein in die Welt des Hildegunst von Mytenmetz, dem bekannten zamonischen Dichter, wie er in der Stadt der träumenden Bücher seine Initiation durch das Orm erhält. Und wie Walter Moers die Literaturgeschichte verklapst mit Eduard Mörike als „Akud Ödreimer“ und Friedrich Hölderlin alias „Dölerich Hirnfiedler“ (wenn einer das Orm hat, dann ja wohl er!). Wer Ohjann Golgo van Fonteweg ist, der unerträgliche Platzhirsch der zamonischen Literatur, versteht sich von selbst. Hulgo Bla aus der Epoche des zamonischen Gagaismus ist auch klar, aber T.T.Kreischwurst? Borian Dorsch? Und Eseila Wimpershlaak mit den unsterblichen Zeilen „abgekühlt mit Pavianblut, wird der Zauber stark und gut? „Kinder lieben sehr den Schnee, spielen gern darin“ von Reta del Bratfist? Gut, aber zurück nach Malta. Wir entdecken das ureigene maltesische Getränk, Kinnie, Blutorangen mit Bitterkräutern: nach Wasser der Durstlöscher bei wirklicher Hitze! Und dann Abendausklang im Angelo II…

Jetzt verschwimmen die Tage etwas ineinander…
Es bleiben Bilder von unserm Kiosk (Kaffee-Latte 1,- €) etwas außerhalb mit Sitzgelegenheiten unter struppigen Bäumen und einem weiten Blick übers violette Meer. Bilder von staubigen, schmalen, zugeparkten Straßen, bei denen die Autos immer mit hohem Tempo aus der falschen Richtung kommen, mit sandgelb unverputzten Häusern bis dicht an den Straßenrand, Paterre ein Geschäft oder Restaurant, das erst abends öffnet, oder Garageneinfahrten mit Abschlepp-Drohung, schmale Balkone mit Bewohner im Unterhemd, Schilder „to let“ oder „sale“ mit einer Telefonnummer (die maltesischen Nummern reichen übrigens für 100 Millionen Anschlüsse aus, die Nummernschilder für 17 Millionen Zulassungen: ein optimistisches Volk) und dermaßen schlampig verlegte Elektroleitungen an den Fassaden…
Dann noch strahlend blendendes Licht. Ich komme mir vor wie ein Höhlenbewohner, der nach 20 Jahren zum ersten mal austritt.
Nicht zu erwähnen die vielen Geschäfte mit Schuhen, von denen wir jedes einzelne Paar anprobiert haben. Nur anprobiert: ich bin stolz auf mich!
Die Verlängerung klappt. Es hat nur das altehrwürdige Phoenicia in der Hauptstadt Valetta was frei: Bed & Breakfast für 56,- € pro Nacht & Nase, zuzüglich 160,-€ für die Flugumbuchung, Gebühren etc. Na ja, können wir uns eigentlich nicht leisten, aber ich gebe meinem Herzen einen Stoß! Barockstadt & Luxushotel, Malta inklusive!
Kommen wir zu unserem Segeltörn. Morgens um 9 sollen wir abgeholt werden, es könne auch schon mal etwas später werden. Es wird 45 Minuten später. Bei unserm Abflug wird es anderthalb Stunden später werden, es klappt dann aber doch alles. Wir fahren die Ostküste lang nach Sliema. Gegenüber liegt schon Valettas Hafen Marsamxett, die Kuppel von Our Lady of Mount Carmel begleitet uns, als wir ablegen.
Der Katamaran segelt leider nicht sondern tuckert vollgeladen durch den Rückstoß der Beats aus allen Charts wieder die Küste hoch nach St. Paul’s Bay. Auf dem zum Sonnendeck umfunktionierten Dach kriegen wir Platz neben drei Schwedinnen. Als sie dich bitten, ein Foto von ihnen zu machen, reicht dein Englisch immerhin bis zur Geschichte von Paris und dem Apfel!!! Neben Buffet und Getränken sind Taucherbrillen und Schnorchel inklusive. Wir halten in der Blauen Lagune auf Comino, der kleinsten der drei Inseln der Republik Malta. Eine Steilküste mit abweisendem, fensterlosen Wachturm von 1611 umfasst das smaragdgrüne Wasser. So behütet können wir alle Schleier ablegen und hinabtauchen zu den bunten Fischen. Badepause. Es ankern noch andere Jachten in der Nähe. Ich bringe einem Jungen aus Potsdam den Köpper bei. Er hat einen sehr sympathischen Vater. Und weit und breit keine Mutter dazu in Sicht. Von wegen Paris mit dem Apfel...
Buffetpause. Die Stunden dümpeln in der Sonne...
Eigentlich sind die Badepausen nicht wichtig. Das Unterwegssein, das Licht entfaltet dem Auge eine Welt, der Wind durchstreicht sie, auf der einen Seite Küste, auf der andern Blau bis zur Unendlichkeit…
Abends dann die Quittung: nach vier Tagen hatte ich gedacht, die Haut sei schon akklimatisiert. Statt dessen Sonnenbrand und vielleicht ein kleiner Sonnenstich. Ich reagiere abends etwas überempfindlich auf deine Bemerkung, ich hätte ja besser für mich sorgen können, und halte es nicht lange in unserm neuentdeckten Capu-Vino aus. Der Heimweg in der sternklaren Nacht ist stumm, aber spannungsgeladen. Ich bin sauer, weil du sauer bist, dass ich mich so anstelle und den schönen Abend verderbe. Dabei stelle ich mich gar nicht an. Ich kann mir nur die Bemerkung nicht verkneifen, dass ich mich nicht anstelle. Darüber müssen wir noch mal reden. Aber jetzt bin ich einfach nur froh, zwischen die Laken zu kommen. Mehr Bettzeug ist ja auch nicht nötig.
Am nächsten Tag geht es wieder, aber Sonne ist erst mal nicht drin. Du bist auch etwas angestrengt vom gestrigen Tag. Sonne, Wind und Meer sind Stress, wenn man sie nicht gewohnt ist. Dazu die Klimaanlage. Wir beschließen den Tag am Pool auf dem Dach zu verbringen. Groß ist er nicht, man vergisst leicht, dass ein Kubikmeter Wasser schon eine Tonne wiegt, aber zum Nassmachen reichts. Dazu der Blick über Qawra/Buggiba. Alle Häuser niedriger als unser Hotel, Flachdächer mit Antennensalat, vorherrschende Farbe graugelb, kaum grün, eine neue Kirche, kaum als solche zu erkennen, Bauskelette und unfertige Wohnschachteln, dahinter in den ansteigenden Hügeln braune Steppe. Wir freuen uns schon auf das Phoenicia in Valetta!
Aber bis dahin sind noch zwei Abende im Angelo und im Capu-Vino und am Freitag einen Badetag in der Golden Bay, einem der wenigen Sandstrände auf Malta. Daher hat er auch eine eigen Buslinie von Sliema, das ist fast vom entgegengesetzten Ende aus. Sogar das Phoenicia wird Vormittagsfahrten in die Golden Bay anbieten, aber wir fahren mit einem der gelben Busse, die sternförmig von der Doppelstadt Valetta/Sliema die ganze Insel erschließen. Für maximal 1,13 € pro Fahrt. Der schräge Preis kommt noch von der Umrechnung der Malteser Lira in Euro, beim nächsten mal wird sich das schon geändert haben. Die Busse gehören noch zum Teil ihren Fahrern, die als selbständige Subunternehmer arbeiten, entsprechend sehen die alten Bedfords und andere Dinosaurier aus den 50ern aus. Aber sie befördern sehr sicher die Million Touris, jedenfalls von 6 a.m. bis 10 p.m. Dann ist Schluss. Bis auf die Party-Line Paceville/Sliema/ Valetta. Und von den 300 Malteser Taxis lässt sich auch keins mehr blicken. Sonst unterscheidet sich Golden Bay wohl nicht von allen Stränden der europäischen Mittelmeerküsten, ab Mittag ist es knallvoll. Immerhin treffen wir die drei Grazien vom Boot wieder, ebenfalls mit Sonnenbrand und Erkältung…
Dann ist schon Samstag 4 Uhr morgens, als uns die Rezeption anklingelt: der Lift zum Airport warte. Heute wäre unsere Abreise gewesen. Tja, da hat das FTI-Mädel geschlafen, wir drehen uns noch mal auf die andere Seite und tun dasselbe. Erst um 11 rollern wir unsern einzigen Koffer zum Terminus, zahlen dafür 35ct Zuschlag und fahren im knallvollen Bus quer durch die Insel nach Valetta. Tatsächlich, es gibt sie, die intensiv bewirtschafteten Felder!
Und dann endlich Valetta: der Zentrale Busbahnhof als riesiger kreisrunder Platz mit Triton-Brunnen vor den riesigen Festungsanlagen.
Direkt daneben residiert das Phoenicia vor den Toren Valettas, mit Ballsaal für ein halbes Tausend Vertreter des Empire, der seinerzeit die schmerzliche Distanz zu London fast hat vergessen lassen, und mit einer Lounge, in der das Management einmal pro Woche einen Empfang für die erlauchten Gäste gibt. Und die das abkann. Die Lobby, meine ich, das Management auch: der Stellvertretende hatte in Nürnberg gelernt und seine Frau von da mitgebracht. Sonst ist man very british, noch. Aber für uns das Wichtigste: das Phoenicia hat einen Teil der Festungsanlage als eigenen Park auf den 30 bis 40 m dicken Festungswällen St. John’s Counterguard, mit Palmen, Rabatten und Minigolf, und einen Pool mit Blick runter auf den Jachthafen Ta’Xbiex...

Zwei Ereignisse sind nach der Landung Paulus für Malta noch von Bedeutung, und in der Sicht der Malteser für ganz Europa. Vielleicht haben sie sogar recht damit:
Das eine war die Belagerung durch die Türken 1565, als das Osmanische Reich in seinem Zenit stand. Nach der gewonnen Abwehrschlacht ließ der Großmeister La Valette auf dem Rücken des Monte Sciberras eine nach ihm benannte Stadt befestigten um den Grand Harbour zu schützen.
Valetta lief der bisherigen Haupt- und Patrizierstadt Mdina den Rang ab. Heute hat Mdina 60 Einwohner. Erst 1530 hatten die Ordensritter Malta als Lehen erhalten, nachdem sie Zug um Zug von den Muslimen aus Jerusalem über Zypern und Kreta zurückgedrängt worden waren.
Pachtzins: ein Jagdfalke pro Jahr.
Der hat zuerst symbolischen Bedeutung, spiegelt dann auch die Einschätzung des Kaisers vom Wert Maltas. Aber das ändert sich schlagartig, als der Vormarsch der Türken und ihre Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer durch Malta gebrochen war. Mit Geldern von Päpsten und allen europäischen Herrscherhäusern bauten die Knights of St. John Valetta zu einem kulturellen Zentrum aus. Das ist alles Barock, also nicht unbedingt mein Fall ...


... Außer der Waffenkammer des Großmeister natürlich! Da gibt’s z.B. ein Luftgewehr aus dem 18. Jahrhundert! Sonst will ich nur den Ordens-Novizen erwähnen, der als avancierter Künstler blitzartig aus Rom verschwinden musste und die Altarwand des Oratoriums von St. John’s Co-Cathedral ausmalen durfte: Die Enthauptung St. Johannes zur gefälligen Andacht der Novizen.
Also, das Bild ist schon der Hammer! Mitten in dem ganzen symbol- und schnörkelüberladenen Schwulst malt er auf, sagen wir mal 8 x 6 Metern: schwarz! Ok, das nachgedunkelte Braun einer Katakombe. Übrigens haben die Malteser Museum-Chefs keine Ahnung von Beleuchtung. Das ist mir schon in der Archäologie aufgefallen, aber hier ist es wirklich krass: man kann die Züge Salomes auf 4 m nicht erkennen. Näher darf man nicht ran. Die junge Frau ist ganz ohne Prunk und vor allem ohne Sex gemalt. Wo sich noch nichtmal die Liturgie der Ostkirche verkneifen kann, die Phantasie erst tüchtig anzuheizen, bevor sie verdammt wird. Die Phantasie, meine ich. Aber das Motiv für Salomes Handeln hätte ich gerne in ihrem Gesicht gelesen. Fast wär ich über die Balustrade geklettert. Schade.
Also, drei Viertel des Bildes sind schwarz, links unten die Personae Dramatis, rechts oben zwei Voyeure hinter Gittern. Das Leben, ein wilder scharfer Schmerz! Und Schluss...
Guckt’s euch selber an. Ach ja, Caravaggio war’s. Er musste, kaum dass er Ritter war, schon wieder abhauen und wurde aus dem Orden ausgestoßen...
Das zweite Ereignis, das Maltas Selbstbild prägt, ist das überstandene Dauerbombardement durch die Achsenmächte. Ob Malta als Fugzeugträger im Mittelmeer wirklich dem Afrikakrieg eine Wende gegeben hat und den Alliierten ermöglichte im Mittelmeerraum Fuß zu fassen, kann ich nicht beurteilen. Aber die Malteser haben viel dafür gelitten. Sich mit einfachsten Werkzeugen in den Kalk gegraben. Sollte man sich tief unter der Sacra Infermeria mal anschaun (und bei der Gelegenheit im seinerzeit modernsten Krankenhaus Europas die ursprüngliche Aufgabe der Johanniter).
King George hat die Malteser dafür als ganzes Volk mit einem der höchsten Orden ausgezeichnet. Und tatsächlich, in 150 Jahre Empire ist etwas vom britischen Durchsetzungswillen und Understatement abgefärbt auf das sonst so südländisch-sympathische Volk. Sonst würden sie vielleicht ihre Republik nicht geregelt kriegen. Kann sich einer Sizilien als unabhängigen Staat vorstellen? Ich meine, einen der funktioniert?
Gut, den Rest kann man in jedem Reiseführer nachlesen.
Aber eins noch, was meiner Meinung nach wichtig ist: das Neolithikum! Aber machen wir erst mal einen Bummel durch die Stadt...

Die indigene Bevölkerung geht scheints früh ins Bett. In Valletta sind jedenfalls um 10 p.m. die Bürgersteige gefegt, sobald die letzten Geschäfte geschlossen haben. Wer Party will, muss in die Vororte St. Julian’s und Paceville, die in einer sehr schönen Bucht liegen und wo alles direkt auf Tourismus ausgerichtet ist. Ein paar Restaurants haben auch in Valetta geöffnet, und wo Einheimische sitzen, kriegt man auch preisgünstiges Essen. Denn Vorsicht: es gibt gelegentlich zwei Sorten Speise-Karten! Netter Weise hat man uns nach dem Irrtum dann die einheimische Karte gereicht. Und Espresso gratis. Hase mit Knoblauch und Fisch mit allem sind auf Malta Spezialität. Und einheimische Weine...
Tagsüber soll man hier sehr gut einkaufen können.
Na ja, ich habe nichts gesehen, was man nicht in jeder beliebigen City auch bekommt. Außer Glas vielleicht, ähnlich dem Venezischen Murano-Glas. T-Shirts mit einer wirklich originellen Vielfalt an bescheuerten Aufdrucken. Und religiösem Nippes.
Valetta ist eine schmale Landzunge, die in eine Bucht ragt und mit der Zungenspitze fast den Mund dieser Bucht verschließt: so kommen die beiden geschützten Häfen zustande.
Die Zungenspitze ist das Fort St. Elmo mit Militärakademie und National War Museum. Hinten am Gaumen ist das City Gate mit gewaltigen Festungsmauern und -gräben zu den Vororten hin (zur Erinnerung: Phoenicia!).
Zwischen Elmo und Gate verläuft die Triq ir-Repubblika als Rückgrat. Schnurgerade wie ihre Parallelstraßen. Im Schachbrettmuster sinken denn links und rechts die Querstraßen zum Wasser ab. Das gibt schöne Durchblicke...
Tja, und dann ist schon alles erzählt. Nicht über Malta, bei weitem nicht, aber über unsern Aufenthalt. Außer der Steinzeit: Tarxien und das Hypogäum. Da kommt man aber nicht ohne monatelange Voranmeldung rein. Rätselhafte Steintempel und mehrstöckige unterirdische Grabanlagen tausend Jahre vor den Pyramiden und Stonehenge. Dann haben sie die Insel verlassen. Später kommen neue Siedler, aber ein ganz neuer Schlag: die weibliche Energie wird verschüttet. Bis heute... Aber davon ein andermal.

Wir haben es uns nicht nehmen lassen noch mal nach Qawra ins Capu-Vino und ins Angelo II zu fahren. Wieso „II“? Keine Ahnung. Das 2. Geschäft mit diesem Namen? Jedenfalls sind das unsere inneren Abschiedsbilder...
Am Samstag morgen dann die Fahrt im Höllentempo durch die erwachende Stadt. Ein Organisationschaos an den Schaltern: 14 sind unbesetzt, an 3 Schaltern werden 4 Flüge gleichzeitig abgefertigt, kurz vor 7 a.m. werden alle in der Schlange dreimal persönlich gefragt „Duseldorf?“, aber zum Schluss hebt die Maschine doch mit nur 10 Minuten Verspätung ab.
An Bord zum Frühstück ein letztes mal Kinnie, und dann empfängt uns auch schon das graue Düsseldorf...

Sam

Beitragvon Sam » 15.10.2008, 15:57

Hallo Catrin,

die historischen Fakten über Malta und die Beschreibungen der Insel sind nicht uninteressant zu lesen, aber wohl auch in jedem guten Reiseführer zu finden. Der Rest ist so spannend, wie Nachbars Urlaubsbilder anschauen.
Für einen Prosatext ist mir das viel zu wenig. Und weil das hier auch noch so lang ist, auch viel zu langweilig.....sorry.

Liebe Grüße

Sam

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Beitragvon Mucki » 15.10.2008, 16:25

Hi Catrin,

mir erging es wie Sam. Es ist zu langatmig geschrieben, eine Aufzählung von Situationen, in denen es zeitlich knapp zuging, aber gerade noch klappte, dann viele Malta-Reiseführer-Beschreibungen, aber keine interessanten Erlebnisse. Du hättest hier z.B. kuriose Begegnungen/Momente mit den Maltesern einflechten können, Gegebenheiten, die vor Ort passierten. Das hätte die Story spannend gemacht. So aber ist sie recht mühselig zu lesen und hinterlässt leider keinen Eindruck.
Saludos
Gabriella

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Beitragvon Lisa » 16.10.2008, 13:02

Hallo,

ich muss mich anschließen - ich glaube, wenn jemand in 100 Jahren diesen Erzählbericht lesen würde, wäre das vielleicht ein wenig anders, so wie man alltägliche Photos von früher auch interessierter anschaut als gegenwärtige - die Schilderungen gehen einfach darin unter oder werden schwerfällig, dass sie genau dem entsprechen, was man selbst erlebt (bzw. von Menschen so real mitbekommt) und dann keine zweite Ebene der Interpretation aufziehen.
Ich hab es nicht geschafft, bis zum Ende am Text dranzubleiben, obwohl er angenehm schlicht daherkommt.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Beitragvon Zakkinen » 16.10.2008, 14:06

Hallo,

auch von mir das gleiche Urteil. Der Text verliert schon nach wenigen Zeilen seine Anziehungskraft. Da helfen auch die launigen Formulierungen wie:
Umärmelung

. Alle mussten rechts ran und die Fische vorbeilassen.

nicht. Wirken eher gewollt locker.
Reisetagebuch, ja. Aber nicht spannend genug für Unbeteiligte.

Gruß
Henkki

Catrin

Beitragvon Catrin » 17.10.2008, 15:18

Hallo Leute,

"so spannend, wie Nachbars Urlaubsbilder"... ich hatte es schon befürchtet!
Danke für's lesen!

Catrin


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