Sascha, der alte Tiger

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 28.07.2009, 23:29

:sad: :eek: :antwort:
Zuletzt geändert von Renée Lomris am 27.07.2011, 10:55, insgesamt 4-mal geändert.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 28.07.2009, 23:37

Ein relativ oft durchgearbeiteter, aber doch noch holpernder Text ... Bin in meinen kleinen Schuhen, wie der Franzose sagt.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.07.2009, 18:20

Hallo Renée,

ich bin mal mit Anregungen im Text:
Die fabelhafte Geschichte vom alten Tiger

Im Titel würde ich "die fabelhafte Geschichte vom" weglassen und anstelle dessen nur "Der alte Tiger" schreiben. Durch den jetzigen Titel nimmst du dem Leser den Spielraum, selbst zu erlesen, dass es sich um eine Fabel handelt. Und noch "gefährlicher": du erklärst dem Leser bereits vorab, dass es sich um eine Fabel handelt. Entsprechend wird der Leser deine Geschichte kritisch auf diesen Aspekt hin lesen. Das halte ich für unglücklich gewählt, für dich als Autor.
Es war einmal ein alter Amurtiger, dem waren vom vielen Jagen und Fressen fast alle Zähne ausgefallen.

etwas ugs. formuliert. M.E. besser in zwei Sätzen:
Es war einmal ein alter Amurtiger. Vom vielen Jagen und Fressen waren ihm fast alle Zähne ausgefallen.
Auch sein Fell war nun so schütter, dass kaum einer in ihm das mächtige Raubtier zu erblicken vermochte, das er einst gewesen war.

M.E. besser:
Sein Fell war so schütter geworden, dass kaum einer das einst so mächtige Raubtier in ihm zu erblicken vermochte.
So gut es ihm seine alten Glieder erlaubten, fristete er sein Dasein. Und als ihm ein Glied nach dem anderen den Dienst versagte, schlich er, die Tatzen schleifend, über steiniges Geröll

Zweimal "Glieder"/"Glied" und wieder "alt". Zudem "schlich" und "schleifend", aber mir fällt jetzt ad hoc kein anderes Wort für "schlich" ein.
So gut es ihm seine betagten Knochen erlaubten, fristete er sein Dasein. Als ihm ein Glied nach dem anderen den Dienst versagte, schlich er, die Tatzen schleifend, über steiniges Geröll.
Die am Amurufer ansässigen Felljäger hatten es längst aufgegeben, ihm nachzuspähen : sein nie erjagtes Fell, das prächtigste weit und breit, war keinen Schuss mehr wert.

Hiervor Absatz weglassen, da hier keine Zäsur nötig.
... ihm nachzuspähen. Sein Fell ("nie erjagtes" weg, ist klar), das prächtigste weit und breit, war keinen Schuss mehr wert. (Komma statt Doppelpunkt)
Unbehelligt und einsam, abseits der alten Jagdpfade blieb ihm nichts anderes übrig, als an Ort und Stelle nach Fressbarem zu suchen.

Komma nach "Jagdpfade".
Er lernte mühsam, Schritt für Schritt, wie man ohne die Spannkraft eines kräftigen Körpers und ohne mächtige Pranke den sandigen Boden durchpflügte.

Kann m.E. raus. Ist zu viel. Dass er alt ist, die Knochen ihn plagen, er die Tatzen nur noch schleifen kann, hast du alles schon erzählt.
Zu alledem plagte ihn die Gicht, jede Regung vollzog sich unter großen Schmerzen. Seine Artgenossen meidend, schlug er sich in die Büsche, lebte von Insekten und allerlei Ungeziefer, das er sich schnappte, bevor es ihm davonlief.

dito
Das mit der Gicht kannst du weiter oben einflechten, ebenso, dass er sich von Insekten und Ungeziefer ernährt. Dass er Artgenossen meidet, steht quasi schon im "Unbehelligt und einsam"
Halb stürzend, halb taumelnd rollte er einen Abhang hinunter zum Ufer. Dort war es feucht und kühl. Obwohl ihn fror, fühlte er sich am schlammigen Bichiufer in Sicherheit. Büsche schützten ihn vor Aasgeiern und das nahe Wasser verschaffte seiner jetzt stets trockenen und entzundenen Kehle Linderung. So lag er schon mehrere Tage, als etwas Ungewöhnliches geschah.

Er taumelte einen Abhang hinunter zum schlammigen Bichiufer. Es war feucht und kühl. Obwohl er fror, fühlte er sich dort sicher vor Aasgeiern. Das Wasser verschaffte seiner entzündeten Kehle Linderung. (Also, Adjektive streichen, sind zu viele).
"... als etwas Ungewöhnliches geschah" --> streichen. Nicht schreiben, dass etwas Ungewöhnliches geschah. Sondern das Ungewöhnliche beschreiben.
„Mach dich auf die Socken. Am Udilsee warten sie schon auf dich!"Der alte Tiger hatte noch nie etwas vom Udilsee gehört und nie hatte es ein Tier gewagt, ihn auf solch beleidigende Art anzureden.

Zweimal "Udilsee", zweimal "nie".
Aber er machte sich auf. Vielleicht weil ihm sonst nichts einfiel. Vielleicht weil er sich so unendlich langweilte. Vielleicht auch, weil die Stimme ihn ganz leise an etwas erinnerte, woran? Schlafwandlerisch machte er sich auf einen Weg, von dem er nicht einmal wusste, ob es der richtige war.

"dreimal "machte sich auf"
..., "woran?" würde ich weglassen.
Hierauf folgen zu viele Absätze, die nicht nötig sind, da der Inhalt doch direkt mit dem vorherigen zusammenhängt.
Die Stimme wich ihm nicht mehr von der Seite. Ihren groben Umgangston behielt sie bei. Unablässig, sanft und spöttisch zugleich, beschimpfte sie ihn weiter : beschrieb ihm, wie faul und heruntergekommen er wirke, wie sein Fell verblasst sei, wie der einst feurige Glanz seine Augen verlassen habe. In diesem letzten Satz, so schien es dem alten Tiger, lag fast ein Ton des Bedauerns, und jetzt glaubte er schon, die Stimme erkannt zu haben.

Mir ist schon oft aufgefallen, dass du vor einem Doppelpunkt ein Leerzeichen setzt. Warum?
Die Beschimpfungen würde ich reduzieren, es wiederholt sich ja, hast du schon oben geschrieben. Und das "und jetzt glaubte er schon, die Stimme erkannt zu haben." würde ich streichen oder etwas wager schreiben.
Ungeduldig krächzte er vor sich hin: „mit wem ich es zu schaffen habe, weiß ich nicht, und ob dies der richtige Weg ist, sagt mir auch keiner, und weiter beleidigen lasse ich mich nicht, lieber lege ich mich hier an den Straßenrand und warte, bis es vorbei ist, denn es wird doch vorbei sein, auch für mich, den alten Tiger, irgendwann!"

Zu larmoyant, außerdem Wiederholung. Hast du alles schon weiter oben geschrieben.
Da hörte er ganz deutlich die Antwort. „Du bist auf dem richtigen Weg, altes Raubtier.“, sagte die Stimme, „Aber es ist noch nicht vorbei, noch nicht ganz. Es wartet noch etwas auf dich, drunten am Udilsee.“ Bis dorthin sei es nicht weit. Und ob er sich nicht erinnere, wie schön er gewesen sei, wie stolz und wie geschickt, er, der erste und schnellste von allen. „Jetzt aber,“, die Stimme wurde mit einem Mal traurig: „jetzt aber bist du der Letzte.“ „Der Letzte?" wunderte sich der Tiger. Die Stimme sagte: „Ja, der Letzte von allen, der Langsamste, der Tölpelhafteste."

Dito!
Das ist too much. Knapper, dafür pointierter schreiben.
Daraufhin schritt der Tiger weiter voran, solange bis sich vor ihm ein Tal auftat, ein großes breites Tal, in dessen Tiefe sich ein dunkelblauer, tiefer Bergsee befand, und darin eine schmale, sich bis zur Mitte des Sees erstreckende Landzunge. Farne und Zwergbirken säumten ihre Ufer. Der alte Tiger betrat die Landzunge, reckte er sich so gut er konnte und sah, dass zahlreiche Tiere ihm ihre Aufwartung machten: Elche, Bären, Maral-, Isubra- und Sikahirsche, aber auch wilde Hasen und allerlei Nagetiere. Alle nickten ihm zu. Allesamt Bewohner der Ufer- und Berglande um den Amur.

Verärgert ging der Tiger weiter, bis er sich vor einem großen Tal befand, in dessen Tiefe ...
"reckte sich so gut er konnte" --> streichen
Zweimal "Landzunge", anderes Wort finden
Wie machten die Tiere ihm ihre Aufwartung? Bildhafter beschreiben.
ihm wurde ganz anders dabei.

konkreter beschreiben, wie er sich dabei fühlte
Jetzt erkannte er die Stimme. Er hatte sie damals so oft gehört, als er jung war. Es war ein sanfter Lockruf gewesen, in den Abendstunden, hier an diesem See; den er nun wieder erkannte.

Zweimal "erkannte"
"an diesem See" streichen, da sonst Wh im Nachfolgenden
Sie war die Leitkuh des Hirschrudels und lockte sie alle, warum, das verstanden die Tiger nicht.

Auch jetzt verstand der alte Tiger nicht, wie ihm geschah. Nur eines wusste er : Nun rief sie ihn wieder. „Wozu, wozu", dachte er.

Whs von "verstand nicht"
Er schleppte sich bis zum äußersten Ende der langen, schmalen Landzunge.

Wh
Dort blieb der alte Tiger liegen, matt und hilflos, von seinen ehemaligen Opfern umringt, die ihn aus großen Mandelaugen anstarrten, wie ihm schien, bis ans Ende der Tage, bis ans Ende des Tages.

Einmal "bis ans Ende der Tage" genügt.

Hier fehlt mir jetzt die Moral der Geschichte am Schluss, wie sie zu einer Fabel nunmal dazugehört. Für mich hört die Geschichte hier zu abrupt auf.

Also insgesamt m.E. zu viele Adjektive; dass der Tiger alt und gebrechlich ist: zu auserzählt. Insgesamt zu viele Wiederholungen und Absätze.

Soweit meine Anregungen. Vielleicht kannst du mit der einen oder anderen etwas anfangen.

Saludos
Mucki
Zuletzt geändert von Mucki am 29.07.2009, 18:39, insgesamt 1-mal geändert.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 29.07.2009, 18:38

Hallo Mucki,

(ich trau mich jetzt einmal) Danke, dass du dich so ausführlich um meine Machwerke kümmerst. Ich werde einige der Wiederholungen streichen, aber ich wollte den Tiger sehr langsam vom zahnlosen, lahmen Zustand zur Agonie und zum Tod begleiten. Dass das Ende nicht klar ist, macht mir zu schaffen, da muss ich dann nochmal drüber.
Wenn ich zu sehr straffe, wird aus der langsamen, ausholenden Melodie etwas ganz anderes.
Es gibt in dem Sinne keine Moral am Schluss.
Ich werde mir alles noch genau (ausgedruckt) anschauen.
Der Doppelpunkt (Leertaste : französische Tastatur, kommt automatisch, muss ich einzeln wegmachen).
Großen Dank, ich mach mich an die Arbeit, danke für deine.

lG
Renate

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.07.2009, 18:45

Hallo Renée,

wieso "ich trau mich jetzt einmal"? Ich habe dir ein paar Anregungen gegeben und du, als Autor entscheidest, was du damit anfängst. ,-)
Ich werde einige der Wiederholungen streichen, aber ich wollte den Tiger sehr langsam vom zahnlosen, lahmen Zustand zur Agonie und zum Tod begleiten.

Darin besteht jedoch die Gefahr, dass die Geschichte etwas langtatmig wird.
Dass das Ende nicht klar ist, macht mir zu schaffen, da muss ich dann nochmal drüber.

jep.
Alles klar wg. Doppelpunkt. Hab mich schon darüber gewundert. *g*
Großen Dank, ich mach mich an die Arbeit, danke für deine.

Gern geschehen!
Ich bin gespannt.

Saludos
Mucki

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 29.07.2009, 19:00

Liebe Mucki, ich traute mich "Mucki" zu schreiben. Ansonsten bin ich zur Zeit in eingeschüchtertem Zustand, und trau mir keine großen Muckser zu ...
danke
R.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.07.2009, 19:25

Liebe Renée,

ich schreib dir eine pn dazu.

Saludos
Mucki

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 29.07.2009, 20:36

Liebe Renee,

ich glaube, du fürchtest dich zu sehr - hier im Salon wird an den meisten Texen und an Prosatexten ganz besonders sehr viel diskutiert und jeder findet viele Sätze, von denen er meint, dass sie noch besser sein könnten - weshalb sie noch lange nicht Recht, aber was noch viel wichtiger ist: Weshalb du nicht denken musst, dass deine Texte irgendwie nicht angemessen werden - ich für meinen Teil finde es toll, wie du dich in den ganzen verschiedenen Threads einbringst und habe schon nach kurzer Zeit den Eindruck, dass du unheimlich viel zurückgibst - und zudem, dass du Texte schreibst über die man viel brüten kann und diskutieren und bei mir ist es (und das werden alle augenbrauenzuckend bestätigen können .-) ) zum Beispiel ein deutliches Zeichen pro dem Text, wenn ich mich in Ausführlichkeiten und Pingeligkeiten ergehe und auch oft verrenne. Ich würde also nicht deine Hüte immer kleiner werden lassen...!

(ich hoffe, dieser Absatz kam jetzt nicht falsch an, ich hatte nur das Gefühl, dass du bei deinen letzten Postings dich selbst so bezweifelst und finde dass das gar nicht nötig ist :-) ).

Bei dieser Fabel ist mir neben ein paar einzelnen Kleinigkeiten, die ich unten angehngt habe, vor allem eines aufgefallen. Dass ich den Text nochmal auf Stellen überprüfen würde, an denen du zu explizit die Botschaften oder Bedeutungen beschreibst/mitteilst, sodass der Fabelcharakter etwas überspannt wird und zum anderen . Ich habe das jetzt erst einmal so allgemein gesagt, damit nicht viele Einzelanmerkungen auf dich herabprasseln, ich würde das aber auch konkreter durchgehen, sofern du es möchtest. Ich finde, dass es bei solch einem Text serh wichtig ist, dass dieses Element ausgewogen ist, sodass der Leser zum einen sanft geleitet wird und das Gefühl hat, dass er es selbst erschließt, aber auch nicht willkürlich, weißt du, was ich meine?

Kleinigkeiten

- die Gicht ist mir zu konkret, würde ich umschreiben, irritiert, weil man ja auch vermenschlicht überträgt und da dann eine Krankheit konkret steht, die man erstmal mit Menschen verbindet

... schütter, dass kaum einer in ihm das mächtige Raubtier zu erblicken vermochte, das er einst gewesen war. So gut es ihm seine alten Glieder erlaubten, fristete er sein Dasein. Und als ihm ein Glied nach dem ..


Wiederholung Glieder vermeiden

- hier würde ich ein einst einsetzen:

sein nie erjagtes Fell, das einst prächtigste weit und breit, war keinen Schuss mehr wert.


sonst ist der Satz widersinnig .-)


Was mit am Text gefällt, ist das schlichte Ende - es wirkt nicht so hingestezt wie ein Tusch, woran fablen ja oft kranken - allerdings könnte man es vielleicht noch etwas ausschnmücken oder mehr an den Text binden (vielleicht schon allein durch das Streichen einiger Absätze, das gilt im Übrigen für den ganzen Text, dass ihn die vielen Absätze etwas zersetzen) - im Zuge dessen würde ich überlegen, ob du diese externe (innere/äußere Naturstimme) überhaupt brauchst, da ja vieles schon sehr gegenständlich symbolisch wird oder personifizierten Charakter hat etc. - diese Stimme ist dann ja in dieser schon so strak davon geprägten Form nochmal eins "drauf".

Vielleicht helfen dir ja ein paar Anregungen, ein paar Vetos erwarte ich aber auch .-)

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Trixie

Beitragvon Trixie » 29.07.2009, 20:44

Hallo Renée,

hm, der Titel hat mich schon neugierig gemacht, ich liebe Fabeln - eine spielerisch und schlaue Art, die menschlichen Schwächen über Tiere in einer Art Märchen aufzuzeigen.

Deine Geschichte hat für mich, wie Mucki schon sagte, keine wirkliche Pointe, es erzählt einfach nur von einem alten schwachen Tiger, der von der großen Hirschkuh grundlos zu einem See gelockt wird. Da frage ich mich erst Mal "Na und?" dann lese ich nochmal und gucke, ob ich etwas übersehen habe, aber die Geschichte ist sehr schleppend, holprig. Mucki hat schon einige Vorschläge gebracht, die ich auch sehr sinnvoll finde.

Du möchtest, dass der Leser den Tiger begleitet auf seinem schweren Weg, aber ich kann mich überhaupt nicht einfühlen in den Tiger - ok, er ist alt und gebrechlich, aber das sagst du auch sehr oft, aber ich fühle nicht mit, ich möchte vom Tiger fühlen, wie es ihm geht.
Ich lese "Der Tiger ist gebrechlich" und ich lese "Da sind Wälder und Wiesen und Weiden" Punkt. Aber ich lese nicht, wie es dem Tiger geht, was er empfindet, wenn er seine Tatzen auf das Geröll setzt, wie schwierig es für ihn ist, durch das hohe Gras zu laufen oder wie gerne er sich zum Wasser am Ufer beugen möchte, um zu trinken, doch er hat, hineinzufallen und dann zu ertrinken oder sowas. Was sind seine Ängste und Sorgen, was macht die Situation eigentlich so schlimm? Hat er Angst vor dem Tod vor dem Älterwerden? Was fühlt er konkret, wenn die anderen Tiere ihn so zutraulich ansehen? Ja, ich würde weniger Adjektive bevorzugen, mehr Beschreibungen. In der Fabel steht das Tier für einen Typ von Menschen. Was für ein Typ ist der Tiger? Steht er für einen mürrischen Menschen, der sich nie zufrieden geben kann? Steht er für einen hochnäsigen Menschen, der den Rat von anderen nicht annimmt? Steht er für einen Menschen, der glaubt, weil er alt ist, muss er alleine zurecht kommen? Das lese ich hier nicht heraus aus deiner Story.
Was ich noch vorschlagen könnte: Kürzere Sätze, nicht so viele Nebensätze das macht es vielleicht spannender.

Das wären so meine Tipps, konkrete Vorschläge möchte ich dir keine machen, ich denke, du wirst das selbst am besten wissen, wo du was wie umschreiben könntest.

Liebe Grüße
Trix

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 29.07.2009, 22:28

Liebe Trixie,

Ich antworte dir zuerst, weil du mehr den Charakter der Fabel ansprichst, und den Inhalt an sich. Vielleicht ist meine Geschichte so verschachtelt geworden, weil sie so oft umgearbeitet wurde. Da ist möglicherweise der Kern verloren gegangen. Es handelt sich um den letzten Gang eines mächtigen Raubtiers, der im Sterben die verführerische Macht der ihm unterlegenen Antilope erfährt. Eine Fusion mit dem Opfer. Das musste ich dann ändern, weil ich aus dem Tiger keinen Löwen machen wollte. Daher die sibirische Tigerwelt und die Hirschkuh (ehrlich gesagt fand ich die Antilope besser). Ich werde mich an eine Umarbeitung machen und deine Bemerkungen ausdrucken (wie Lisas) und mir Gedanken dazu machen. Ich bin selbst gespannt, ob ich was Alt/Neues zusammen basteln kann. Jedenfalls danke für deine Kritik ...

lG
Renée

Liebe Lisa,

es hat mir sehr gut getan, deine Bemerkungen zu lesen. Ich finde dieses Forum sehr reich an Anregungen und dachte, ich hätte mich nicht genügend an die hohen Erwartungen angepasst. Was du zum Tiger sagst, werde ich mit verarbeiten.

Vielen Dank
lG
R.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 30.07.2009, 13:41

Hallo Renee,

bloß nicht auf alles hören, was hier so vorgeschlagen wird! Du kennst doch (wo wir schon bei Fabeln sind) die Geschichte von dem so langsam ergrauenden Mann, der zwei Geliebte hatte, eine junge und eine alte... ;-)

Den Einstieg zum Beispiel würde ich nicht ändern. "Es war einmal + Relativsatz" ist der klassische (grimmsche) Märcheneinstieg, und das setzt schon mal den Ton für den Text und macht eigentlich auch klar, dass die Erwartungen, die z.B. Trixie an den Text hat, eher nicht erfüllt werden.

Die Sache mit dem Kürzen... tja, da ist was dran. Ich glaube noch nicht einmal, dass selbst eine extreme Kürzung die "langsame, ausholende Melodie" - auf der du sehr zurecht bestehst! - gefährden würde...

Worüber du vielleicht, als Detail, noch einmal nachdenken könntest, ist das "faules Raubtier", "altes Raubtier" - "Raubtier" scheint mir Menschendenke und -sprache ;-) Sollte die Hirschsprache da wirklich kein anderes Wort haben?!

Das Ende ist so, wie es ist, pointenlos und alles, nicht zu beanstanden!

Ferdigruß :-)
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.07.2009, 14:02

Hallo Ferdi,
bloß nicht auf alles hören, was hier so vorgeschlagen wird!

wer sagt hier irgendwo, dass Renée die Vorschläge übernehmen soll? :blink2:
Wenn ich Texte ausführlich kommentiere, schreibe ich immer! dazu, dass es alles nur Anregungen aus meiner Sicht sind und der Autor/die Autorin selbst einschätzen muss, was für ihn/sie plausibel ist und er/sie überdenken mag. Das ist ja wohl selbstverständlich.

irritierte Grüße
Mucki

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 30.07.2009, 14:24

Ihr Lieben,

Ich habe eben eine Variante eingestellt, die ich etwas dynamischer und weniger wiederholend finde als die zuvor hier eingestellte Fassung.

Mucki : ich habe sehr gerne deine Anmerkungen gelesen und sie beim Neuschreiben beachtet. Ich finde es sehr anregend, so zu arbeiten.

Ferdi : ja, da erkenne ich viel wieder von dem, was ich intendiert habe. Wenn ich einen eigenen Stil haben sollte, dann ist er sebaldsch (schon vor Kenntnis Sebalds war er so) (emigrantisch) geprägt, hat zu tun mit der Vertiefung von Sprache im Ausland. Dieser Stil muss Gegenwartsdeutschen gegen den Strich gehen, nehme ich mal an. Ich weiß (noch?) nicht, wie ich Stilsicherheit gewinnen kann. Aber diese Arbeit möchte ich gerne hier in Angriff nehmen. Deshalb sind mir eure Hinweise so wichtig ... (wie allen anderen auch, klar ...) -

Danke an alle
und jetzt ?

lG

Renée

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.07.2009, 15:15

Liebe Renée,

die neue Fassung finde ich um Längen besser als die erste Version. Sie liest sich auch flotter, dynamischer ja, das "Behäbige" ist draußen. Kurioserweise wollte ich dir bei meinem ersten Kommentar schreiben, ob du dem Tiger vielleicht einen Namen geben solltest. ,-)
Obwohl ich nicht so recht einschätzen kann, ob es auch für dich jetzt passt? Denn du schriebst weiter oben ja:
aber ich wollte den Tiger sehr langsam vom zahnlosen, lahmen Zustand zur Agonie und zum Tod begleiten.
Also: es muss auch vor allem für dich stimmig sein! Du sollst dich nicht verbiegen, d'accord?

Saludos
Mucki


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