und die Welt

Rubrik für Theaterstücke, Szenen, Sketche, Dialoge, Hörspiele, Drehbücher und andere dramatisch angelegte Texte
Rala

Beitragvon Rala » 08.04.2011, 11:50

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Zuletzt geändert von Rala am 15.08.2013, 18:11, insgesamt 1-mal geändert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 09.04.2011, 08:13

Oh wie schön (juhu). Morgen ist Sonntag. Und Ralatexte müssen sonntags kommentiert werden.

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 10.04.2011, 11:28

Huhu Rala.

Ein zurückhaltender Mensch inkarniert Gott. Er wird von zwei Jungerwachsenen aufgegriffen, verknüpft mit der Hoffnung, durch ihn bessere Chancen bei einer Frau zu haben. Sie führen ihn ein ins Nachtleben und schleifen ihn schlussendlich in eine Talkshow. Dort wird er von geistlichen Zuschauern „in Gewahrsam genommen“.
Das ganze Stück ist durchgehend humoristisch gefärbt. Dabei überstrapazierst du mE. nicht den „Witztypus“, der immer wieder umgangssprachliche „Gottanalogien“ bemüht. Ich habe einige Male laut lachen müssen. Hier ein paar Stellen, bei denen das passierte:

Frau : tätschelt dem Gott den Kopf, wie einem Hund Ach Gott, ist der süß. Kann er sprechen?
B : Wenigstens das scheint noch in seiner Macht zu stehen.
Frau : zum Gott Na, wie heißt du denn?
Gott : in seiner offenkundigen Verwirrung schüchtern wie ein kleines Kind Na, einfach ... Gott.
Frau : Das ist aber ein schöner Name. Und wo kommst du her?


Paradise Club


A : Spinnst du? Das war Urkundenfälschung!
Gott : Wieso?
A : Na, wenn man im Namen eines anderen unterschreibt, dann ist das Betrug! Von dir hätte ich
das am wenigsten erwartet!


Was haben Ihre Eltern beruflich gemacht?

Prisca : Vielen Dank – Herr A, Sie haben ihn ja gefunden und ...
B : Ich auch. Wir haben ihn beide gefunden.


und wenn ich arbeite, beschäftigt er sich still mit sich selbst.

Feiner Humor, ohne mit avantgardistischer Keule Tiefgang in die Publikumsvisagen zu schreien.
Und Tiefgang wird auf diese Weise für mich trotzdem vermittelt. Nur eben leiser, subtiler, sich weniger in den Vordergrund drängend (wie die Gottfigur?)
In erster Linie lese ich für mich Kritik an der Personifikation der Gottfigur, die mich auch nervt in christlichen Predigten, fühle mich nicht ernst genommen, unterbemittelt. Und aber auch eine gewisse Selbstinthronisation der kirchlichen „Vermittler“, die wohl immer noch meinen, in infantiler Form den Glauben nahebringen zu müssen, statt „das Heilige“ (an das ich glaube) als solches und in mannigfaltiger „Gestalt“ und „Erscheinung“ zu erwähnen und wirken zu lassen .
So auch die Quintessenz:
Wovon man nicht sprechen kann, darüber
muss man talken.

Auch die herrliche überzeichnete Plattheit und Unbeholfenheit im Umgang mit Gott, niemals über ihren kleinen Horizont hinausdenkend und im Alltag verhaftet bleibend arbeitet og. Thematik sehr schön raus.
Ich glaube das Stück käme gut an.

Ein paar winzige Nifleien:
Auf der Couch A und B, dazwischen der Gott in irdischer Kleidung, die für ihn sichtlich ungewohnt ist.

Was hatte er denn vorher an?
Warum hat er auf offener Straße Angst vor Geistlichen, aber fürchtet diese nicht über die Talkshow? Warum wurde kein Geistlicher eingeladen?

A : Ach, du meinst ... es wäre genau so, als wärst du Robbie Williams?
Gott : entnervt Ja, genau so.

In der ganzen „Robbie Williams Szene“ verhält sich Gott anders, ist eloquenter und „willensstärker“, versucht sich durchzusetzen, was ihm sonst vollkommen abgeht.

dazu äußere ich
mich nur über meinen Anwalt!

Passt nicht zum Politiker

Einen Moment herrscht absolute Sprachlosigkeit. Schließlich

Schließlich schließlich hängen geblieben

Gerne gelesen und wann kann ich das sehen?
LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Sam

Beitragvon Sam » 10.04.2011, 16:11

Hallo Rala,

ich habe dein Stück mit großer Spannung gelesen. Es ist ja ein wirklich zeitgemäßes Thema. Einmal die Vereinnahmung Gottes durch den Menschen, auf der anderen Seite die scheinbare Machtlosigkeit Gottes, sein völliges Fremdsein unter den Menschen.

Von seiner Konzeption her finde ich das Stück gelungen. Schwächen sehe ich aber voll allem in der Zeichnung der Gottesfigur. Er wird eingeführt als jemand, der eingentlich gar nicht zu Wort kommt. Im Zusammentreffen mit den Blinden ist er plötzlioch sehr gesprächig. Aber nicht nur das. Er argumentiert, und zwar auf der gleichen zynischen Ebene, auf der sich alle anderen Mitspieler befinden. Danach aber fällt er wieder zurück in Gestammel und nicht zu Wort kommen.

Die Vereinnahmung durch den Menschen finde ich also hier sehr gut auf den Punkt gebracht. Die Verlorenheit Gottes in der Welt ist mir aber noch zu unausgereift dargestellt. Entweder ist er so schwach, dass man ihn gar nicht zu Wort kommen lässt, oder aber er redet und wird nicht verstanden, worauf er sich gezwungen sieht, in das gleiche sprachliche Schema zu verfallen, wie die Menschen, denen er gegenüber steht.

Aber trotz aller Kritik, finde ich die Thematik und deinen Ansatz wirklich gut und habe das sehr gerne gelesen.

Gruß

Sam

Gerda

Beitragvon Gerda » 13.04.2011, 15:47

Liebe Rala-Ann,

ich habe das Theaterstück mit großem Interesse gelesen. Es hat mich nicht gereut, mir die Zeit für den doch etwas umfangreicheren Text genommen zu haben.
Mir gefallen die Idee und die mehrschichtigen Aussagen, bezüglich "Vergötterung" und "Gottverlorenheit".
Mir ist allerdings die Person "Gott" noch nicht scharf genug gezeichnet - möglich aber auch, dass dieser Charakter im Theaterspiel genau die Dimension bekommen kann, die ich als zu einem großen Teil fehlend (mausgrau) registriert habe.
Gott soll hier ALLES sein, so vermute ich, schwach und stark, Gott und Mensch, Welterschaffer und - (be)schützer. Zugleich aber auch hilflos den Menschen und ihrem Tun ausgeliefert. Das ist schwer, so glaube ich, die genau stimmige Linie zu finden.

Mich interessiert, ob du Chancen siehst, dass das Stück zur Aufführung gelangt?
Hast du Verlage angeschrieben?
Ich könnte mich mal umhören, ein Frankfurter Autorenkollege, der fast ausschließlich Theaterstücke schreibt, hat bei einem Verlag für Theaterstücke publiziert und im letzten Jahr wurde ein Stück von ihm in Neuss uraufgeführt.

Liebe Grüße
Gerda

Rala

Beitragvon Rala » 13.04.2011, 17:09

Lieber Nifl, lieber Sam, liebe Gerda,

vielen Dank, dass ihr euch so mit dem Text beschäftigt habt, und danke auch für eure Anmerkungen. Nachdem er mir, wie ich oben geschrieben habe, "passiert" ist - d.h., ich hatte eigentlich gar nicht vor, ein Drama zu schreiben und habe im Grunde nur ein wenig rumgeblödelt ;-) - freut es mich umso mehr, dass eure Reaktionen so positiv sind. Leider kann ich momentan nicht näher auf eure einzelnen Anmerkungen eingehen, weil gerade leider/zum Glück die nächste Arbeitswelle über mich geschwappt ist, die ich erst mal abarbeiten muss.
An eine evtl. Aufführung habe ich noch gar nicht gedacht, weil ich es nicht sooo ernst genommen habe, aber immerhin wurde ein Ausschnitt davon schon mal als "Hausaufgabe" in einer Schauspielschule aufgeführt ...

Liebe Grüße (und hoffentlich bald mehr)
Rala

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.05.2011, 09:57

Liebe Rala,

ich bin inzwischen auch dazu gekommen, das Stück zu lesen und ich bin auch sehr angetan davon!

Erst zu zwei kleinen Dingen:

Sam schreibt:

Von seiner Konzeption her finde ich das Stück gelungen. Schwächen sehe ich aber voll allem in der Zeichnung der Gottesfigur. Er wird eingeführt als jemand, der eingentlich gar nicht zu Wort kommt. Im Zusammentreffen mit den Blinden ist er plötzlich sehr gesprächig. Aber nicht nur das. Er argumentiert, und zwar auf der gleichen zynischen Ebene, auf der sich alle anderen Mitspieler befinden. Danach aber fällt er wieder zurück in Gestammel und nicht zu Wort kommen.


Das ging mir eigentlich nicht so. Ich habe ihn nur deshalb nicht als zu Wort kommen erlebt, weil er ständig unterbrochen wird und traue ihm diese passagen dann zu. Zumal man auch nichts anderes erwartet, als dass er diese klassische Gotteshaltung vertritt, weil es ja eher auf die Reaktionen von A,B und der Frauen ankommt.

Als Detail ist mir dagegen eher unpassend erschienen, dass Gott zunächst als ein kleines Häufchen elend/sehr unscheinbar eingeführt wird, aber dann für Robbie Williams gehalten wird, das finde ich nicht ganz konsequenz. Vielleicht könnte man hier etwas mehr durch Herrichten von Gott (stylen, zupfen, waschen etc. = dann sehen die Menschen in Gott, wen sie wollen = Robbie) etwas mehr dort hinführen.

Und was ich etwas platt fand, war der Einstieg: Gott fällt vom Himmel und sagt dann, dass die Welt alles ist, was der Fall ist (Wittgenstein), vermischt mit dem existentialistischen Fall, einfach, weil Gott hier so konkret Bezug auf Theorien nimmt, aber dann dabei nichts herauskommt und Gott im weiteren ja eher der Standardgott ist. Daher verstehe ich das eher als verspielte Idee, die dann einfach nicht so viel bedeutet. Ich würde ihn wohl einfach fallen lassen und den Einstiegsdialog ohne so konkrete Anspielungen auf Theorien gestalten.

Insgesamt empfinde ich das Stück aber leider (leider! <---will unbedingt mehr) noch nicht als fertig. Also schon absolut als ausgereift, aber einfach noch nicht fertig geschrieben. Zum einen finde ich den Cut nach dem Betreten des "Paradise Club" unbefriedigend und zudem den Anschluss der Talkshow daran nicht motiviert. Ich finde die Idee so reizvoll: dass Gott von den Menschen ins Paradies gestoßen wird - was mag sich da ereignen? Die Szene wegzulassen fühlt sich unerlaubt an .-). Und die Talkshow kommt mir dann eben zu plötzlich, ebenso wie das Ende.

(Großartig übrigens der Spruch: Und worüber sich nicht sprechen lässt, darüber muss man talken (auch ein wenig bezug nehmend auf Wittgenstein .-)))

ich denke, dass sich hier lohnen würde, das ganze wirklich noch etwas auszugestalten. Das Ding ist nämlich wirklich was richtig Gutes und wenn es einen richtigen Aufbau von A-Z (oder wahlweise unkonventionellere Buchstaben J-Y hat .-)), absolut bühnenreif. Ich würde das unbedingt dann zu Wettbewerben schicken, ich glaube auch, dass sowas gefragt ist!

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


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