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Rubrik für Theaterstücke, Szenen, Sketche, Dialoge, Hörspiele, Drehbücher und andere dramatisch angelegte Texte
Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 25.01.2021, 15:00

Es besteht
kein Grund,
glücklich
zu sein.


Lass ick mir ma auf scharzes t-shirt drucken, in weißer Schrift.

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birke
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Beitragvon birke » 26.01.2021, 09:12

aus meiner sicht lässt sich das nicht so verallgemeinern, weil "glücklich sein" ja ein individueller emotionaler zustand ist?

worauf willst du denn hinaus, dass die umstände (welcher art auch immer) keinen anlass bieten zum glücklichsein?

ne, kann man so oder so nicht verallgemeinern,
findet
birke
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Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 26.01.2021, 11:41

Nein, Birke, der Satz spricht jeden an, ist aber keine Verallgemeinerung. Für einen angesprochenen bereits Glücklichen, bestünde ja kein Grund, glücklich zu sein; ist er ja schon. Und alle anderen, die nach dem Glückszustand jagen, sei gesagt, es gibt keinen Grund, glücklich zu sein. Es ist eine Jagd nach einem Idealzustand. Die Menschheit oder der einzelne Mensch können diesen nie erreichen. Denn kann ich glücklich sein in einer Welt, solange es Mord- und Totschlag usw. gibt. Und dies hat die Menschheit nie ausrotten können. Man kann nur scheinbar glücklich sein. Fühlt man sich privat glücklich, täuscht man sich. Es dürfte Zufriedenheit sein. Glücklichsein, da bräuchte es aber mehr.

Für ein T-Shirt ist dieser Satz ideal, ist er nicht auf den ersten Blick eindeutig zu verstehen. Ist also bewusst offen. Das macht ihn so literarisch. Dieser Satz verblüfft. Und das ist auch gut so. Soll Kunst ja auch.

Wenn ich Mitternacht mit der U-Bahn fahre und mi sitzt eine junge Frau gegenüber und die liest das auf mein Shirt. Und sie muss gleich aussteigen und noch ein Wegstück durchs Dunkle laufen. Die könnte denken; Nein, ich wäre glücklich, wenn ich keine Angst haben müsste.

LG Epiklord

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birke
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Beitragvon birke » 26.01.2021, 13:07

ne, epiklord, das sehe ich anders.

Für einen angesprochenen bereits Glücklichen, bestünde ja kein Grund, glücklich zu sein; ist er ja schon.

ja, aber das wird ja dann wohl auch einen grund haben.

also, es kommt vermutlich stark auf die definition von „glück“ bzw. "glücklich sein" an – du interpretierst es als idealzustand, bei dem man für immer glücklich und zufrieden wäre bis an sein lebensende. nein, das gibt es in meinem weltbild auch nicht. für mich bezieht sich „glücklich sein“ immer nur auf momente. und diese gibt es definitiv, momente, in denen ich vollkommen glücklich bin. dieser zustand ist aber kein dauerzustand.
wohingegen ich meine, dass eine zufriedenheit eher schwer zu erreichen ist, nimmt man den globalen zusammenhang, denn zufrieden würde für mich eine art stagnierter zustand bedeuten. (den man wohl nur erreichen kann, wenn man seine umwelt/ mitwelt ausblendet.) [edit - äh, ne, ist auch quatsch. bekomme hier einen knoten im gehirn, lach! persönliche zufriedenheit gibt es natürlich schon.] hm, wobei es natürlich auch moment-zufriedenheiten gibt zb mit einer arbeit.
naja, meine sicht. es kommt sehr auf definitionen an!
auf jeden fall ist dein satz ein gedanke, der zum nachdenken bringt, und ja, auch provoziert. :)
lg, birke
Zuletzt geändert von birke am 28.01.2021, 13:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Epiklord » 26.01.2021, 14:10

Es spielt bei meinem Satz keine Rolle, wie ich Glücklichsein definiere. Wenn Leute den Satz lesen, werden sie wahrscheinlich zustimmend nicken, denn wir alle werden ja mit Informationen und Nachrichten bombardiert, über Klimakatastrophen, Mord, Vergewaltigung, oder gerade hat jemand in der U-Bahn, in der ich sitze, seine Maske runtergezogen und niest schamlos in alle Richtungen. Egal, mit irgendetwas Schlimmen sind wir ständig beschäftigt, und jeder, der meinen Satz auf dem T-Shirt liest, wird zustimmen, d. h., er würde wohl denken: Wie kann man da auch glücklich sein, solange es diese Unvernünftigen gibt. Und so Vieles liegt im Argen. Ja, man hat den Eindruck, es wächst uns geradezu über den Kopf. Wir schieben ständig Probleme vor uns her, sind mitten drin in derer Konfrontation mit uns. Wenn wir diese für einen Augenblick ausblenden oder uns besaufen, und es uns glücklich macht, bitte. Sind aber nicht wahrhafte Gründe zum Glücklichsein, oder?

LG Epiklord

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Beitragvon birke » 26.01.2021, 14:15

doch, epiklord, im kleinen kann es schon dann und wann einen oder mehrere gründe geben, glücklich zu sein.
wenn das nicht der fall wäre, könnte man sich ja gleich erschießen ;)
im ernst, glück ist für mich nicht auf das große ganze bezogen, sondern wie ich schon zu anfang sagte, höchst individuell.
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Beitragvon Epiklord » 26.01.2021, 14:35

Nagut. Warum berauschen sich so viele. Weil sie diese Glücksinseln brauchen. Jetzt durch die Ausgehsperre leiden die armen Leute so furchtbar, halten es nicht mehr aus, ohne dieses Glücksgefühl am Wochenende. Ob das aber wahrhafte Gründe sind, glücklich zu sein?

LG Epiklord

@ Ein Problem ist unser Blick in die Welt. Wir stehen hier und da draußen ist die Welt. Das habe ich mir längst verkniffen, denn es ist eine falsche Perspektive. In Wirklichkeit bin ich ein Teil der Welt, bin mitten drin, auch in den Auswirkungen der Klimakatastrophe, ob ich will oder nicht. Ich kann mir davon nicht befreien in ein glückliches Privatleben. Nur wenn ich es mit Scheuklappen angehe.

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Beitragvon Epiklord » 28.01.2021, 11:17

Birke, hier eine Seite, die leicht verständlich darlegt, was Glücklich sein bedeutet und wie es sich definiert. Dazu gehört
nicht ein Momentglückszustand, wie du es ja meinst. Aber wenn man irgendetwas auf ein T-Shirt in die Öffentlichkeit trägt, muss man
davon ausgehen, dass die "wissenschaftliche" Definition nicht allen bekannt ist. War mir schon klar. Und man kann sich die Frage stellen, muss ich überhaupt glücklich sein. Geht doch auch so ganz gut zu leben in unserer Gesellschaft.

https://www.happiness.com/magazin/wisse ... lich-sein/

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Beitragvon birke » 28.01.2021, 12:13

das glück beschäftigt dich offenbar :)
macht es glücklich, über glück zu reden (nachzudenken)?
also, für mich ist in dem artikel eher der zustand der zufriedenheit beschrieben - glück wären dann die "peak-points". (die man auch ohne grundzufriedenheit durchaus erleben kann, meine ich.) außerdem heißt es dort auch, glücklich sein sei kein permanenter zustand, und liege zu einem großen teil in einem selbst. ich bleibe dabei - glück und glücksgefühle sind individuell. aber wie gesagt, alles eine sache der definition.
Zuletzt geändert von birke am 28.01.2021, 14:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Epiklord » 28.01.2021, 12:43

Okay, dann müsste mein GlücklichseinApho für dich in Ordnung gehen, weil der ja individuell anspricht und berücksichtigt:
"Man muss nicht glücklich sein, käme man ohne aus."

LG E.

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Beitragvon birke » 28.01.2021, 13:53

meinst du damit, man müsse ja nicht glücklich sein, weil es ja auch so (ohne glück) geht?
jo, ist aber ganz schön desolat. ist es nicht ein natürliches bestreben, ein instinkt vielleicht sogar, glücklich zu sein? ach, was weiß ich.
sei gegrüßt, epiklord, du glücksphilosoph ;)
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Beitragvon Pjotr » 28.01.2021, 14:05

Diese "Happiness"-Webseite übersetzt viel "Happiness"-Zeug aus dem Englischen und nennt es dann auf Deutsch "Glück" anstatt "Zufriedenheit". Manchmal wird da auch beides genannt. Ziemlich viel subjektiver Mischmasch. Für den Glücksbegriff gibt es ohnehin keine "wissenschaftliche" Definition.

"Are you happy with the meal?"

Meint auf Deutsch meistens dies:
"Bist Du zufrieden mit dem Mahl?"

Weniger das:
"Bist Du glücklich mit dem Mahl?"

Und wenn doch, dann ist mit diesem "glücklich" eher "zufrieden" gemeint.

Glück wäre auf Englisch eher Luck.

"Glückhaben" heißt für mich, einen "glücklichen Moment haben". Das ist nie ein Dauerzustand, sondern immer der Moment unmittelbar nach einem Pech-Erlebnis. Je intensiver das Pech, desto intensiver das darauf folgende Glück. Glück sehe ich immer relativ zum vorausgehenden Pech, sei es in der Liebe, sei es beim Geld, sei es die Gesundheit, Karriere, Wohnungssuche etc. pp.

Dein T-Shirt "Es gibt keinen Grund, glücklich zu sein", sohl wohl heißen: "Es gibt nichts mehr auf der Welt, das einen rundum zufriedenstellt".

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Beitragvon aram » 16.03.2021, 01:22

Epiklord hat geschrieben:Es besteht
kein Grund,
glücklich
zu sein.


Lass ick mir ma auf scharzes t-shirt drucken, in weißer Schrift.


hallo epiklord,
der spruch eignet sich zur umsetzung in unterschiedlichen varianten, z.b. auch

es besteht kein Grund
glücklich
zu sein

inhaltlich erinnert er an die in der humanpsychologie bekannte tatsache, dass die befindlichkeit als depressiv geltender menschen in signifikant höherem maß mit objektivierbaren gründen für ihre jeweilige befindlichkeit übereinstimmt, als die befindlichkeit nicht deprimierter menschen - unter depression leidende haben also eher "recht", als gesund geltende eher "unrecht".

was ich allerdings gar nicht verstehe, ist die auffassung
Epiklord hat geschrieben:Man kann nur scheinbar glücklich sein. Fühlt man sich privat glücklich, täuscht man sich.

- das finde ich völlig verquer, denn klar kann man sich glücklich fühlen - das ist phänomenologisch evident.

ob mit oder ohne grund, ob 'berechtigt' oder 'unberechtigt', usw. ist ja irrelevant für die frage, ob ein glückszustand diagnostizierbar ist und somit existiert.

täuschen kann man sich höchstens über gründe und ursachen, der glückszustand als solcher ist jedoch objektiv beobachtbar.

es braucht keine gründe, um glücklich zu sein. es braucht auch keine gründe, um unglücklich zu sein. es braucht z.b. auch weder gründe um zu weinen, noch um zu lachen.

ursachen oder auslöser mag es für all das geben - die darf man aber nicht mit gründen verwechseln: gründe für emotionale befindlichkeiten werden sekundär vom mentalen ich-bewusstsein konstruiert.

primäre quellen mögen existieren, sie erschließen sich aber kaum - im grunde prägen unsere befindlichkeiten die biochemischen und neuronalen stimuli und aktivierungslevel unseres körpers, wir können nur begrenzt 'hinter' diese schauen - wenn wir glauben, dass wir aus einem bestimmten grund z.b. glücklich oder unglücklich sind, täuschen wir uns regelmäßig - wir sind es aber trotzdem. wirklich, nicht scheinbar.

Epiklord hat geschrieben:Für ein T-Shirt ist dieser Satz ideal, ist er nicht auf den ersten Blick eindeutig zu verstehen. Ist also bewusst offen. Das macht ihn so literarisch. Dieser Satz verblüfft. Und das ist auch gut so. Soll Kunst ja auch.

entweder ist dieser abschnitt augenzwinkernd selbstironisch zu lesen, wandelt trittsicher auf dem pfad der überinterpretation, oder mir entgeht eine wesentliche subtilität - für mich drückt der t-shirt-satz eher eine grundsätzliche bekannte tatsache aus, mehr braucht es nicht - träger übermittelt botschaft, sie mag hinterfragt, konkret bezogen oder allgemein verstanden werden, das bleibt offen, birgt gewisse spannung.

...jetzt stelle ich mir vor, dass in der tram eine person mit dem t-shirt

es gibt keinen Grund
glücklich
zu sein

auf eine trifft mit dem aufdruck

es braucht keinen Grund
glücklich
zu sein

und bei der nächsten station steigt noch jemand zu mit

ich bin mit der
Gesamtsituation
unzufrieden



.-) lieber gruß, aram

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gertomat
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Beitragvon gertomat » 09.05.2021, 21:55

Ein echt bescheuerter Satz finde ich!
Sorry - Deine Erklärung auch, jedenfalls für mich!

Ich habe 2 Jahre schwerste Depressionen hinter mir und es gibt eine Million Gründe für mich, sich glücklich zu fühlen!
Vielleicht haben wir andere Vorstellungen von 'glücklich'. Mir persönlich reicht schon, wenn ich mich ausgeglichen fühlen kann.
Wenn ich klare Gedanken fassen kann. Wenn ich am Leben teilnehmen kann und hier was hinkritzeln kann...
Es geht nicht um Euphorie....
Und ja.. diese Welt ist beschissen, verlogen, brutal, mörderisch...
Aber das Leben ist und bleibt ein großes Glück!!!
Und uns allen hilft es nicht, wenn wir nur 'mitleiden' und uns dieses 'glücklich' sein selbst verwehren.
Viel besser ist es, gegen diese ganze Scheiße etwas zu tun und sich damit auch ein wenig 'glücklich' zu verdienen...
Ich verstehe deine Ansichten leider überhaupt nicht!


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