Mein Hauch von Selbstverständlichkeit
Ich konnte mir es auch nicht erklären,
was mich veranlasste, ihren Sohn
wegzuzerren beim Drängeln und
Rudern mit den Armen vor dem Bus.
Ich erklärte dem Gericht, dass ich das
noch winzige Leben, das die Schwangere
neben mir in sich trug, schützen wollte
vor dem Pulk der schubsenden
Meute, die in den Einstieg drängte
wie in Panik versetzte Ratten, welche
sich in ein Kanalrohr zwängten.
Der Junge mit den boxenden Armen
kam der Schwangeren bedrohlich nahe,
da packte ich ihn bei den Ohren und
zog ihn weg von ihr.
Ich hätte den Jungen auffordern können,
Rücksicht zu nehmen, aber von überall schrille
Stimmen; der Junge hätte es nicht gehört.
Was war nun der Tatbestand: Ich
hatte einem Jungen in gröbster Weise
Gewalt angetan, einem der jene
Schwangere nicht einmal berührt hatte.
Natürlich behauptete ich, mein Eingreifen
sei unvermeidlich gewesen, habe Schlimmeres
verhindert, konnte es jedoch nicht beweisen.
"Aber", sagte ich dem Gericht, "Ich würde
es immer wieder so machen."
Rational erklären konnte ich es mir nicht; es
geschah aus einem vagen Gefühl heraus.
Wenn es nach der Mutter des kleinen
dicken Jungen gegangen wäre, hätte man
mich für immer wegsperren müssen.
Aber ihr Liebling war unversehrt geblieben.
Sogar die Ohren waren noch dran.
Mein Hauch von Selbstverständlichkeit
Dein Text illustriert gut die Ambivalenz dessen, dass man Kinder nicht anfassen darf. Einerseits ist das ja eine richtige und logische Konsequenz aus viel zu schlimmen Tatbeständen, andererseits kann, wie hier geschildert, spontanes Eingreifen zum gerichtlich geahndeten Fall werden.
Mir selbst ist das mal im Kunstunterricht passiert: Ein Kind wollte ein anderes ärgern und ihm, weiß ich nicht mehr, Material wegnehmen oder das Bild beschädigen. Da geht man schon mal ruckzuck dazwischen und sagt sich hinterher: O Gott! Das durftest du gar nicht!
Mir selbst ist das mal im Kunstunterricht passiert: Ein Kind wollte ein anderes ärgern und ihm, weiß ich nicht mehr, Material wegnehmen oder das Bild beschädigen. Da geht man schon mal ruckzuck dazwischen und sagt sich hinterher: O Gott! Das durftest du gar nicht!
Wenn der Junge die Frau gebufft hätte, hätte ich den Jungen in dem Augenblick wegziehen dürfen, natürlich nicht an den Ohren, sondern behutsamer. Habe ich auch nur hier in der Szenerie so geschildert, um die Sache zu ironisieren für den Leser.
Wenn mir ein Fußball zugespielt wird überm Boden, springe ich hoch, dorthin, wo ich ihn erwarte, um ihn ins Tor zu köpfen. Das ist ein sekundenschnelles Handeln ohne bewusstes Abmessen. Aber wenn der Ball fliegt, kann ich abschätzen, wohin.
Bei dem Jungen, der sich auf die Schwangere zubewegte, war es nicht so klar vorauszusagen. Sein Verhalten mit Scheuklappen ohne Rücksicht auf die anderen, ließ es mich befürchten.
Wenn mir ein Fußball zugespielt wird überm Boden, springe ich hoch, dorthin, wo ich ihn erwarte, um ihn ins Tor zu köpfen. Das ist ein sekundenschnelles Handeln ohne bewusstes Abmessen. Aber wenn der Ball fliegt, kann ich abschätzen, wohin.
Bei dem Jungen, der sich auf die Schwangere zubewegte, war es nicht so klar vorauszusagen. Sein Verhalten mit Scheuklappen ohne Rücksicht auf die anderen, ließ es mich befürchten.
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste