rubato

Rubrik für Theaterstücke, Szenen, Sketche, Dialoge, Hörspiele, Drehbücher und andere dramatisch angelegte Texte
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 24.04.2007, 19:27

rubato*

in den Rollen:

wir - der versierte Laborvorstand, Abteilung Phantasie 5.7,2 auf poetischem Ergötzungsspaziergang im Hinterzimmer des Labors mit der Lilie
Caspar: ein lyrisches Ich, das mit einem Namen versehen
der Zuschauer – immer echter Zuschauer bleibend, sonst nützt das Miterzählen nichts




Heute wollen wir von Caspar erzählen,
ihn ein wenig quälen, nur für uns, nur zum Spaß,
ihn pressen wie eine Zitrone,
zur figure pure – um im eigenen Saft zu stehen

Nur die menschlichen Kerne sieben wir aus!

Wenn Caspar nämlich die Sonyrenen um seinen Kopf singen hört,
schließt er die Tür mit den Augen und tanzt sich aus der Reihe

Dieser Troubadour mit der falschen Uhr,
                am Handgelenk!

Dieser Trottel von einem Träumer...

Will er doch auf die Barrikaden in der Südsee
ziehn, an einem Strang, (uliert nur für mich
allein pinkelgelb auf Asphalt Asphalt Asphalt Asphalt Asphalt Asphalt
Asphalt ein Flimmern Asphalt Asphalt Asphalt
26 Jahre lang Asphalt)

Caspar!,
Klammer immer zu,
du Affe,
tot!

Pardon, dieser Jargon war nicht zu überdrücken,
manchmal kommt durch, was gar nicht ist,
verstehen Sie?

Irritierte Stille

Als ob irgendwer vermöchte, sich silberne Inseln zu pinseln...

Zögernde Stille

Als ob so einer was zählt, mit solch einer Idee!

Von irgendwo weht eine Erinnerung aufs Blatt.
„Einer...der hieß doch nicht einer, der hatte einen Namen“, flüstert es im Zuschauerraum, „dem hatten sie einen Namen gegeben – ja, das hatten sie, ich bin sicher...“
Und in dieser unsicheren Sicherheit für einen Moment Pause in den Regeln, für einen Augenblick diese Möglichkeit; wenn die Synapsen übel schnapsen nimmt die Hand über Hand stand da schon so was wie


Hallo, hallo     1       2       8     Hier spricht in die Stille durch das Fehlerteufelmegaphon der, dem Caspar zu Grunde liegt,
der euch am Herzen liegt wie eine Last,
ohne die ihr das Leben verpasst...
Der, aus dem das Labor Caspar presst
und eure asthmatischen Lungen atmen lässt,

für diese kurze, einzige Weile, die ihr als den Balsam der Poesie bezeichnet...

Wär ich wirklich, wärt ihr nicht,
aber ich will...
Oh, mordet
das Lyrische
Mich, hat keiner Lieb. , bis es sich ausgeartet hat,
das ist die wahre Kunst!

Caspar,
weiche von uns,
wie Samt!

Ich trink mir Limonade in den Kopf, ich alter Tropf
Tropf Tropf Ping, Pisel, Puff

Ah, wir sind infi ziert, ein Schmuck, den wir nicht wollen...nein, wir wollen nicht in die Klammer des Schreckens...:(Caspar, lass uns wieder raus, das ist doch dein Zuhaus...)

Meine Damen! Meine Herren! (...hilfe! wo ist der Feueralarm?),
Hereinspaziert,
in den Welttraum unendlicher Weiten,
schreiten Sie zwischen die Zeilen!

Kein Novalisgeschrei mehr,
hier, bei mir
können Sie sich blauchlorofühlen

(so helfe uns doch einer...)

bis zum Abwinken!

Da beißen die Mäuse keine Fäden ab
und an für sich, ganz allein
weht Zucker
auf die Lippen,
ja wirklich! kippen
Sie bitte nicht
um

(Caspaaaaaar, ab ins Bettkorsett,
so geht dat nett! Wir sind noch in dir drin! Du wirst uns nie los und das wird ein echt fettes Zeilenhonorar, wenn du so leben willst.

Eine Lunge aus Papier, nein, das ist unmöglich...

Ein heißer Schrei aus dem Zuschauerraum: „Doch!“ . Sein Nachhall vermischt sich mit empört-ängstlichem Gezische des Laborvorstands und Schluchzen von dem, dem Caspar zu Grunde liegt, zu einer Aufruhr aus Tönen, die sich zu Lauten, zu Silben, zu Worten aufschieben, bis ganz hell eine Strophe ertönt...

Es geht so leis zu in Caspar,
so weh ist ihm, so sehr weh,
wir würden krank davon
wenn wir es erzählten

Schmerzhafte Stille

Alles weint


Dann: Man (keiner sonst!) hört ein raschelreißendes Geräusch zwischen den Zeilen, etwas fängt Feuer und wird in einen Käfig gesperrt

Ja, ja. Umbatätatätatutati. Kleiner Tusch
eln Sie ruhig, wir habens noch mal gepackt,
drauf gespuckt, machen wir’s kurz!:

Der immer noch einmal größere Käfig ist am Ende eines jeden Zuschauermutes der letzte Trumpf, der macht solche wie Caspar stumpf

Denn wenn wir außen vor sind, dann stecken wir nicht drin,
und wer nicht drinsteckt, der kann ungerührt
nachhause gehen

Niemand will ewig glücklich sein...

Und darum ist das alles hier doppelt erfunden. Uns gibt es nicht und auch Caspar nicht, als ob zwischen einem Vergrößerungs- und einem Verkleinerungsglas ein Sonnenstrahl brennt und der Dichter genau dort hinsehen könnte, ohne dass seinen Augen etwas geschieht, ohne dass er nicht schon, bevor er etwas erfasst, erblindet

Man könnte einwenden, dass solch ein Labor wie dieses hier völlig nutzlos sei, dass es nichts hervorbringe. Und Recht hat man damit, genau so ist es! Aber in dem Augenblick, in dem man auf solche Art abfällig wird, in dem man die Maschine, die eine Träne weint, zurecht gering schätzt, in genau diesem Augenblick geschieht doch etwas; wie auch etwas geschieht, wenn man meint, einem schwindelt, und daraufhin in den Abgrund stürzt

Denn dann taucht der Moralwal aus den Fluten, mit einem ungeheuerlichen Sog und auf ungeheuerlich hoher See, von keinem gesehen. Und wenn seine Fontäne zum Strudel trudelt, dann weiß selbst ein Gedicht für diesen Moment:

Mäßige Dichtung
            ist eine Lösung
die Träume konserviert, im Präparateglas aufbewahrt

Und bleiben sie auch noch so zart,
so ist doch alles, alles Lebendige fort



 






* Musikspielweise: „Man stiehlt ein bisschen Zeit vom Takt und verteilt sie neu, wie man denkt ~ „ohne Takt“
Zuletzt geändert von Lisa am 24.04.2007, 20:22, insgesamt 1-mal geändert.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 27.04.2007, 11:01

Liebe Lisa,

Die Serapionbrüder sind doch von "meinem" Hoffmann, wusstest du das?
Selbstverständlich :-) Ich habe tiefe Gespräche mit dem Theaterdirektor Piplits dazu geführt.

Nein, gespielt könnte dein Text nicht werden (gesprochen), aber in Bilder umgesetzt vielleicht.

Lieben Gruß
ELsa
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