weiß [M]

In dieser Rubrik finden Bilder, Fotografien, (Kurz-)Filme, Collagen, Cartoons und auch Abbildungen von Installationen oder Bildhauerei ihren Platz
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 08.10.2013, 09:29

weißweb.jpg
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.10.2013, 19:50

Hallo Flora,

deine Collage finde ich sehr gelungen. Es ist das Spatanische, das ich daran vor allem mag. Und wie die Textteile zugeordnet gelesen werden müssen und diese wiederum so gut zum Bild passen. Durch diesen, sehr hellen Schatten schwankt man tatsächlich, weil er so schwebend wirkt.

Liebe Grüße
Gabi

ecb

Beitragvon ecb » 09.10.2013, 20:08

Eine sehr schön anregende Kombination, Flora - man blickt hin und her und kreuz und quer und alles macht irgendwie viel Sinn. :daumen:

Liebe Grüße
Eva

Nifl
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Beitragvon Nifl » 09.10.2013, 21:46

Hallo Flora,

ein paar unvollständige Stammelgedanken:
Zuerst nimmt mich eine Urlaubs-Siestastimmung ein, scharfe Schatten, Mittagssonne, Hitze, das Kalkweiß, drinnen vermutlich kühl, erholsam, schonendes Licht. Aber halt, da stimmt was nicht, die Fenster weiß gestrichen, undurchsichtig. Der Zufluchtsort wird zum Gefängnis, fängt an zu muffeln, Insassen kratzten sich Gucklöcher. Am Fenstersturz zwei feine Risse, die Last groß. Dann dieser Falschspielerschatten, der mir an der Fensterbank eine unmögliche Dreidimensionalität vorgaukelt, wie falsch gefaltet, Räume, die es nicht gibt. Das ist viel.

Die Schrift ästhetisch eingebettet im Zwischenraum der Gegensätze schwarz und weiß. Will mir zeigen: Es gibt immer ein Dazwischen, das Grau zwingt mich zusammenzusetzen und zu differenzieren, genau zu gucken.

"Er hat die Einsicht für dich gestrichen"
Ich finde da nichts über das gestrichene Fenster hinaus. Oder wie kann man das "Ich sehe das ein" eines anderen unterbinden? Wenn überhaupt steckt da Repression drin.
"für dich" klingt ja auch noch nach einem Dienst, nach Fürsorge, nach Gefallen, da wird das für mich unangenehm psychopathisch, passend zu den gestrichenen Fenstern ...

"Durch die Schatten schwankst du"
Schwanken? Das feste Bauwerk? ... ja, durch die falschen Schatten, durch das Schweben im Weiß, durch das Fehlen des Bodens. Oder ist gar vom Schwanken meines Betrachtens die Rede, vom Wechsel des Urlaubsgefühles zum Eingesperrtsein?

Schade finde ich ein bisschen -Doppelelfchenmeisterin- dass sich die Worte nicht kombinieren lassen nur eine Variante sein kann.

Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.10.2013, 21:59

Nifl hat geschrieben:Schade finde ich ein bisschen -Doppelelfchenmeisterin- dass sich die Worte nicht kombinieren lassen nur eine Variante sein kann.
Das dachte ich auch kurz. Oben ginge es nämlich:
Er hat die Einsicht durch die Schatten.

Aber unten funktioniert es nicht.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.10.2013, 11:23

Hallo ihr drei,

danke für eure Rückmeldung!

Nifl, das ist so klasse, mir wurde durch das Nachdenken über deine Gedanken zum Bild auch noch mal vieles bewusster, auch viele Fragezeichen. Was ich dabei ganz spannend finde, dass du vom Eingesperrtsein sprichst und nicht von einem Ausgesperrtsein, dich also im Raum siehst (in beiden Stimmungen).

Erst wollte ich tatsächlich, dass alles kreuz und quer lesbar sein sollte und habe lange überlegt. Aber dann schien es mir irgendwann (vielleicht schöngeredet :o)), dass es eigentlich genau so sein muss. Die obere Zeile weckt eine Erwartungshaltung. Aber etwas geht dann eben nicht auf, es lässt sich am Ende nicht alles "harmonisch" und abschließend auflösen und zusammenfügen. Es bleibt eine Reibung, eine Irritation und je länger ich es mir anschaue, desto mehr mag ich eigentlich gerade das im Zusammenspiel mit dem Foto?

Edit: Seht ihr das anders und würdet das ändern? Z.B. das "für dich" streichen?

Es ist aber für mich schon mehr möglich als nur eine Leseweise. Zum Beispiel auch:
er hat die einsicht durch die schatten für dich gestrichen. schwankst du?

"Er hat die Einsicht für dich gestrichen"
Ich finde da nichts über das gestrichene Fenster hinaus. Oder wie kann man das "Ich sehe das ein" eines anderen unterbinden?
Gute Frage!
Wenn überhaupt steckt da Repression drin.
"für dich" klingt ja auch noch nach einem Dienst, nach Fürsorge, nach Gefallen, da wird das für mich unangenehm psychopathisch, passend zu den gestrichenen Fenstern ...
Auch darauf bezieht sich das Schwanken für mich, auf diese Unsicherheit. Ist das überhaupt möglich und wie ist es gemeint und warum hat er das getan und wie geht es mir mit dieser Vorstellung? Ist tatsächlich nur Repression vorstellbar, kann es nicht auch aus Fürsorge geschehen, Schutz (für wen?)? Und warum "weiß"? Und was passiert mit "ihm", wo sehe ich ihn (hinter dem Fenster?) und wie? Und was erzählt mir das Foto, was gibt es dazu?

Liebe Grüße
Flora
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Nifl
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Beitragvon Nifl » 10.10.2013, 20:01

Hallo Flora,

nein, ich würde wohl nichts am Text ändern. Man müsste bewerten können, woher die Erwartungshaltung fürs Kombinieren stammt. Von den Elfchen oder von der Anordnung?

Deine Fragen sind interessant, aber auch nicht "ungefährlich", weil sie dem Ratio Vorschub leisten und analytisch sind, und schwupp ist man geerdet. Das Fenster ist gestrichen, weil sich ein Lagerraum dahinter befindet und UV- sowie Wärmestrahlung unerwünscht ist. Warum weiß? Klar, hohe thermische Reflektion. Die Löcher hat auch keiner gekratzt, sondern Glas ist schlechtes Basismaterial für Farbe und es ist schlicht abgeblättert. Pling.

Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 11.10.2013, 07:48

Hallo Nifl,

Deine Fragen sind interessant, aber auch nicht "ungefährlich", weil sie dem Ratio Vorschub leisten und analytisch sind, und schwupp ist man geerdet.
*lach* Plingfies. (Das war doch aber gar kein Lagerraum! :o)) Ja, an manchen Tagen ist das sicher so, an anderen leisten sie dafür der Phantasie Vorschub und man kann sich herrlich "reinsteigern" in die Ebenen und Geschichten hinter Bild und Wort? Ohne Text wäre für mich hier der Sprung zur analytisch, rationalen Sicht denke ich noch näher.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)


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