Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

Bild
Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Gerda

Beitragvon Gerda » 14.04.2011, 23:26

auf was ließ ich mich ein
betrachte ich das haus nach jahren
die fenster zwar verfugt doch quillt
der dämmschaum fast wie frisch
aus ritzen zwischen mauern und den rahmen
an manchen stellen gleicht er gar
den köpfen totgeborner katzenkinder
so niederschmetternd und fatal zugleich
nichts ist verputzt der Ytong schaut mich spröde an
auch ein gedecktes dach täuscht nicht darüber
hinweg fegen die gleichen winde
die aussicht, dass es einmal wird
gebrochen das baugerüst im schuppen schimmelt
zersetzung überall wohin ich schaue zeit heilt
hier keine wunden
furcht tiefer den verfall


©GJ20070713

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.04.2011, 23:44


was ist ein haus
dessen türe vernagelt
fenster verhangen
unter künstlichen lichtern
pflanzen ihre köpfe senken

kein haus

jondoy
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Beitragvon jondoy » 22.04.2011, 11:03

Ankerplatz durchreisender
hier ziehen vögel ihre jungen auf
bevor die alten flügge werden
Quadrat Dreieck drauf
flüchtlingspalast
elendsviertel
bauwagen
rückzugs
ort

Nifl
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Beitragvon Nifl » 22.04.2011, 11:47

Schlucht der Engstirnigkeit

Vom genau daneben Gucken
Vom genau dagegen Gucken

Oder bloß genau sein
wie grau sein und grausam

Die Augen auseinanderziehen
als seien es zwei Okulare
die man anpassen wolle

dann [würde] [wäre] Schärfe flöten
und wir tanzten dazu im Matsch
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 22.04.2011, 12:01

Matsch?
Ja, ja, wie immer, alles
Quatsch.
Im Falle Deines Falles
(Patsch!)
verkniffe ich mir nicht:
Ätsch!
Steht gut Dir zu Gesicht!

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Eule
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Beitragvon Eule » 22.04.2011, 16:36

Gesicht - Gesichter
Sicher Dichter wären wir
Falls keiner weiter sieht
Ein Klang zum Sprachspiel.

Gerda

Beitragvon Gerda » 23.04.2011, 22:38

ferien

tausendfach die stiche / stecknadelgleich / im gesicht / ungeschützt / nur die augen / hinter gläsern gegen den wind und den sand / so weiß / so fein / auf der zunge / in ohren und nase / im haar / in hosen- und jackentaschen / wochen später noch / rieselt unbeschwert erinnerung

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 26.04.2011, 17:02


von grauen käschern und schlüsselgestalten

dies aufschauen
zu fenstern in träumen in gegenden
die wir nicht betreten wollten werden
dein gesicht dahinter darin davor
da! als ob man sich nur im fliegen
ach - frag die zwinkernde hinkelotta
die mit worten bekrückt

an alle ecken wurden farbfallen gestellt
und doch sind wir
anwesender als geister in ruinen
nehmen es mit den steinen auf
formen gestalten daraus
in denen wir uns
halten die hand an der klinke
des taubenschlags

aus dem gestrüpp von windigen dächern
in der fußgängerzone über den kopf hinweg
ganz dicht an meinem
flattern als ob ein buch zuschlägt
spürst du wie dir hülle um
traum trocknet bis knistert
was dir auf der zunge brennt

und dann wieder
dies sinken
wie verrückt
wir hinken uns zu
als wären wir längst da

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Gerda

Beitragvon Gerda » 28.04.2011, 00:43

Bild

entrückt


zurückgebogen den kopf
lässt du dich ziehen vom
blick der eintaucht ins rosa
sich bauschender blüten über dir

ertrinken im steigen
sich aufwärts fallen_lassen

du weißt: unmöglich
gegen die schwerkraft entsteht
schwebend leicht ein sog
himmelwärts ins stille blau

©GJ20110426
Zuletzt geändert von Gerda am 28.04.2011, 22:40, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.04.2011, 11:02


entrückt erdrückt

der tag ertränkt mich
die sonne tut weh
leben
bist mir zu laut
zieh leine
kopf in den sand

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Eule
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Beitragvon Eule » 28.04.2011, 14:39

weich weiss weigern
weniger wissen weil
wir wegen Wegebau
weggingen wohin
Ein Klang zum Sprachspiel.

Niko

Beitragvon Niko » 28.04.2011, 17:12

uns ist nichts nachzuweisen
wir sind bessere täter
blicke kann man nicht beweisen
und gesten haben keinen fingerabdruck

auch wenn uns niemand überführt
haben wir uns längst verraten
an uns selbst

Gerda

Beitragvon Gerda » 28.04.2011, 18:38

Selbstfindung

Das ICH geht mit dem Ego
auf die Reise
zu einem echten Ego Trip.

Da wird Selbstfindung
leicht zur Heimsuchung

es sei denn
einer behält den Überblick

doch ist es dann
kein Ego Trip!

© GJ2003

Max

Beitragvon Max » 01.05.2011, 21:35

Heimsuchung

Du weißt
hier ist es gewesen

Der Straße bist du in der Kindheit gefolgt
Nur der Kreisverkehr ist neu
aber er hat nichts schneller
nichts einfacher gemacht

Der Geruch des Hauses
seltsam vertraut
In jedem Winkel
ein kleines Erinnern

Doch wer ruft dich heim


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