Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 10.03.2018, 17:39

Schäfchenwolken vertreiben mich
weil der Himmel wieder Jahreszeit wird

ich muss mich halten

als kämen wir immer zu Fuß
und winkten von der Brücke

dann nehmen wir viel Zeit in den Mund
und werden ganz groß

später lächelst du
meinst es sei ein Moment gewesen
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.03.2018, 18:48




the burning sensation in the throat
one foot (crooked toes) or some hundred miles
it doesn't matter (a dream life hack)
can't get it (don't want to)
out of my mind (we are spring and sing
a bridge deep inside) neverever
pull the snowdrops
out of the white flower bed


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Klara
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Beitragvon Klara » 16.03.2018, 18:40

gewiss ist nur dass sich
die trotzige hoffnung
eine heimat in mir gefunden hat

ich suche nicht
sie abzuschütteln
lege mich zittern hinein

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birke
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Beitragvon birke » 23.03.2018, 17:52

.

ich stelle mir die trotzige hoffnung
als kleines kind vor
das auf den boden stampft
die arme empört in die hüften gestemmt:
„ich will aber!!“

wer je versucht diesen willen zu brechen
wird – hoffentlich - scheitern

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Nifl
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Beitragvon Nifl » 23.03.2018, 22:42

Hoffnung ist ein Bootshaus
mit Steg (warme Bohlen)
teeriger Geruch
und Leerlauf am Ende
auf Schwappwellen starren
Schilfgeraschel wie Gardinen im Wind
weiter hinten platscht es
den Ruf der Rohrdommel zählen
niemanden antworten hören
auf dem Bauch liegen
übers raue Holz streichen
wo taucht der Haubentaucher wieder auf
Zeit verlieren
die Haare im Gesicht
das Kitzeln aushalten
kennst du das wenn die Verletzung heilt
dich die Natur wieder umschließt
und alles mit dem Leben vergleichen
als gäbe es zwei Seiten
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 24.03.2018, 10:02

Wildpferde

„Du bist mir eingeschrieben
In meine dünne Haut
In meine Eingeweide
In meine kleine Zeit“

Du traust dich nicht zu bleiben
Denn wenn du mich berührst
Wirst du mich nur verletzen
Wie jede, die du willst

So schützt du dich und betest
Es möge dieser Kelch
An uns vorüber gehen -
Wir nehmen einen Schluck

Traurig schmeckt er und köstlich
Als müsse es so sein
(Das Bittre ist unlöslich
Gehört wie Glut in Wein)

Ich bitt‘ dich um Geduld
Auch du sendest heiß-kalt
Versprichst nichts, auf der Hut
Stets unter Vorbehalt

Wir schnuppern eher scheu
(Nichts liegt in unsrer Hand!)
Als wär‘ das alles neu
Lesen im harten Sand

Das uralte Gedicht
Zwischen Sein und Vergehen
In diesem Jetzt und Hier
Das wir doch nie verstehen:

„Ich bin dir eingeschrieben
In deine dicke Haut
In deine Leber, Niere
In deine Einsamkeit“

Ihm sind wir überlassen
Für eine kleine Zeit
Lass uns noch etwas grasen
Am Wegesrand zu zweit.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.03.2018, 14:29


schreiben im sand
so fragil
doch festen willens
nicht einfach so
große dicke lettern
auf das die flut
vielleicht einige zeichen
weilen lasse
in trotzigen wellen
die meine sprache bezeugen

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birke
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Beitragvon birke » 24.03.2018, 15:39

.

leben ist hoffnung ist
warmer sand am meer
durch den du gehst
ohne gefahr zu laufen
(zu erfrieren)
so lange
bis das meer dich verschluckt
und dann

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.03.2018, 16:56


und dann
beruft einzig dein wille
deine kraft
deinen zorn
vom meeresgrund
dich zu erheben
in einem sprung
den delphinen gleich

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 24.03.2018, 17:07

und dann einmal einfach losschreiben auf dem floß treiben das alte holz am bauch als hielten sie einen plausch so froh und fruchtig an was denken (die zartheit der härchen einer stachelbeere oder ein dreitagebart am hals) den stift zwischen den lippen ein vogelzwitschern im ersten licht fällt dir ein (schnüteln) dass du fensterputzen musst und es flaust in deinem kopf das schillernde bild der wellen als wären da zwei
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

jondoy
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Beitragvon jondoy » 24.03.2018, 18:24

wirst du ein transzendenter Meeresbewohner

O
OO
OOOO
OOOOOOO
OOOOOOOOOOO
OOOOOOOOOOOOOOOO
OOOOOOOOOOOOOOOO
OOOOOOOOOOOOOOOO
OOOOOOOOOOOOOOOOO

O
OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO
OOOOOOOOOOOOOOOOOO
OOOOOOOOOOOOO
OOOOOOOOOO
OOOOOOOOO
OOOOOOO
OOOO

und lernst so den Ozean kennen

OO

der bedeckt Landflächen

OO

die in punkt, kommas, strichs, bits, nicht als solche bezeichnet sind....

OO

auch deinen hintern
aber eher unsichtbar

OO

.... ist anfangs alles nicht so durchsichtig...

OOOOOOOOOOOOOO

aber der zerfliest sehr schnell in andere daseinsformen

OOOOOOOOOOOOOOOO
O
OOOOOOOOOOOOOOOO
OOOOOO

hüpft etwas davon vielleicht
im bauch eines laches einen bach dreitausend meilen vom st.lorenz-strom entfernt hinauf

ooo
oooooo
oooo

in gewisser weise
ist hier unten
alles meer einer blauer salon

oo
o

einer mit nem zacken und ner krone (neptun) sitzt auf einer datenbank und lässt seine beine baumeln aus dem meer....

....und erzeugt (im Kopfstand) ~~~~~W~ellen ~~~~~~~ wie ein frecher Landbewohner

~~~~~
~~~~~

es gibt – über dem meer - wellenforscher....deren Forschungsgebiet grenzt fast schon an Philosophie (große Schnittmengen....sie forschen wie ein Kind, das Steine ins Wasser schmeißt)

sie wollen mit empfindlichsten Geräten der erde lauschen

still und leise

hören








, was sie uns zu erzählen hat


edit: sollte an birkes text anschließen, die jetzige Reihenfolge war nicht so beabsichtigt)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 24.03.2018, 19:18

Die Vieldeutigkeit der Narzissen ertragen

sie stinken in der Vase
stehen in Haft
im Taschenzipfel ein Fingerhut Sand
dazu wanken mit jeder Welle
und ein Stuhl hält niemanden im Flug
denken man müsste sich schützen
es nicht tun
"Wellen donnern" sagte sie immer
die Vase schütteln
und es riecht nach Grab
und donnert

das Toben
ich fasse es
bis es sich beruhigt
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 25.03.2018, 11:41

Ein Frage-Antwort-Spiel spielen

Wer zuckt zuerst mit den Wimpern?
Gefängnis der Augen: Jeder Satz muss frisch erfunden sein!
Im Jackenfutter ein Fläschchen Blut
Es schütten auf die Gischt
Im Bett ist am besten reisen
Ein Schlaf ist intimer als ein Sex
weil ziellos
„Zischt Zukunft?“, fragte er nie
Die Antwort schütteln
Sie riecht nach Salz
Und schmeckt klebrig

Das Jagen
Ich verfehle die richtige Kategorie
Bis es sich selbst erlegt

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.03.2018, 13:41


die jagd im spiel
der was-wäre-wenn fragen
ist eine mit bogen und pfeil
der stets ins trübe trifft
das spiel immer auf's neue
entzündet zum ernst
die pfeile vergiftet
die jagd zum teufel
den geist verwüstet

lasst uns halma spielen


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