Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

Bild
Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.05.2010, 00:17

meine bücher leben
kann sie nicht nur lesen
füge worte hinzu
oder striche
viele kräftige striche
skizzen der bilder
die ich in den worten sehe
weil ich bücher
nicht nur lesen kann

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.05.2010, 13:17

heilungsversuch

seit ich merkte, dass die worte nicht zum worte machen da sind,
fällt mir nichts besseres ein, als noch mehr worte (für die worte) zu machen.
das ist vielleicht doof

vielleicht sollte ich ihnen ein puppenheim einrichten,
mit kleinen kleidchen, die sie vor dem regen, den ich mir denke, schützen,
und näpfchen, aus denen sie speisen, auf die gleiche art, wie die kleinen holztierchen nicht essen können

ein meine kopfluft schluckendes wort wäre einen heilungsversuch wert
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

aram
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Beitragvon aram » 19.05.2010, 00:10

[align=left]


wir haben zeichen gegeben,
dann haben wir über die zeichen gesprochen, dann haben sich die
zeichen von uns gelöst[/align]

Klara
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Beitragvon Klara » 19.05.2010, 11:15

so bin ich eingesperrt
in meine heftigkeit und bleibe
fragment

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.05.2010, 11:32

die fragmente meiner heftigkeit
scheinbar eingesperrt
scheinbar - nur scheinbar
schmiegen sich aneinander
mehren - füllen - breiten sich
toben
toben hinaus
strudeln - trudeln - sprudeln h i n a u s
EINS

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 21.05.2010, 10:52

die fragmente meiner heftigkeit (must be the reason . why i'm king of my castle)


pflanzpflöcke zu zornzaun geschmissen
(fallen immer ganz gerade, spitz, aufrecht in den boden, so eng nebeneinander, dass planken überflüssig sind)
ratterpeng. bummkrach.
rugbyruckeln der schultern (so kriegt man keine milchtüte auf)
zwischen den accessoires des familienhauses (und auch draußen)
ich war stets das rumpelstilzchen
das muss ein könig gewesen sein

meine übrig gebliebene hälfte: die obenaufgelobte, goldig (kann man nicht streicheln)
und unten: die andere, irgendwo (kann man auch nicht streicheln ...)
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 26.05.2010, 23:39

Das Schwere und das Leichte

Schwer: Annehmen, dass sich mit dem Alter
nicht nur das Haar grau färbt
oder die Hände bald fleckig werden
(bestimmt bestimmt bestimmt)
Erdhände
wo ich doch nie gerne in Erde gewühlt
eher auf den Knien gerutscht bin

Sondern
SONDERN
dass sich nun auch noch zwischen den Augen
eine Zornfalte eingräbt
(und geht NICHT weg - und geht nicht weg)
Als sei ich nur Rumpelstilzchen
und nicht auch der barmherzige Samariter, der Trottel

Leicht (wird sein): Alles vergessen - irgendendwann
Dann sogar zu viel

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 28.05.2010, 21:59

trottelrutschen

eher rutsch ich in den schweren spalt
der sich NICHT zwischen den augen der anderen befindet
tränen machen die sache flutschen
dann sogar zuviel
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.05.2010, 01:04

Trottel, der ich bin

rutsche nicht
flutsche nicht
reiße mich an den Haaren
von einem zum anderen Salat
den ich nicht angemacht
Soße vergessen
Salz verlegt
aber Pfeffer, viel zu viel Pfeffer
im Arsch

Klara
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Beitragvon Klara » 29.05.2010, 08:46

looking for mercy danke! ist das abgefahren mann! (auch wenn er grundlos nur am andern ufer pitcht halt nur ein bisschen guckt wie alle künstler - ah, wie unnötig!)
für dieses trotzdem einer gnade und egal woran (das liegt) im glas nur und am abend an der lauen luft der freiheit an dem viel zu jungen jungen mit den viel zu braunen augen und der narbe überm hals, auch dass man nicht zu spät geht und kein danke erntet
oder für die schwarzen oliven, die knusprigen zwiebeln, gebacknen kartoffeln, den roten pfeffer, die pflaumen so köstlich in speck gerollt wie der warme backsteinbau um eine arbeit, oh dank für den holden den unerwartet salzigen, unvermittelt süßen geschmack in dieser deftigen stadt, die an jeder stelle zubeißt, festhält auf ihren narbigen baustellenstraßen und an den sog der spree
auch an bruce an peter live auf dvd an die querflöte, die keine ist, sondern längs, und wie eine begehrte waffe mitten ins herz zielt
(erbarmen liegt nur in den tomatenfarbenen strümpfen einer vorstellung von glück als zug aus einer fremde, wearing insides out als müsse man nur an den schubladen ziehen all die alten socken raus aus dem vergessen rein ins leben kippen) oder am goldenen ring der zuhause blieb mit seinem einsamen glänzen für einmal seine halbe wahrheit ruhen ließ

der song zum text
http://www.youtube.com/watch?v=NX7zIypE2FE

Niko

Beitragvon Niko » 31.05.2010, 17:34

das einsame glänzen eines flügelschlags
uneinholbar nah
licht in schmelzendem fleisch
im verlehmten herzen

kaleidoskope besingen
was die hoffnung übrig lässt
bleibt sowieso unerschütterlich

und so schlage ich
mit worten nach flügeln

eine schwalbe des gewissens



.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 31.05.2010, 21:23

(.)

das glänzende schlagen eines einsamen
einholbar fern
im fleischigen schmelz

das unerschütterliche kaleidoskop
ist, was übrig bleibt

das große gewissen
da kräht kein hahn nach
(lausche ihm trotzdem)
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 01.06.2010, 21:43

das unerschütterliche krähen des gewissens
ein schlagen nach kaleidoskopen
übrig bleibt dies:

der fleischige schmelz
(einholbar einsam)
übrig gebliebener glanz
die sirenen der ferne
und das trotzen des lauschens

(um mitternacht ein genuss)

doch das ohr riecht was gewesen sein könnte
was immer noch mehr gewesen sein könnte
und beginnt sich zu verschließen
dem gesagten, dem gewagten
der taubheit

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.06.2010, 00:47

wenn das gewissen
zuschlägt bleibt
nur noch wagnis
wenn ich nur noch
wage schlägt
das gewissen zu


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