Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 24.09.2010, 17:07

immer noch
tragen delfine zukunft
in sich

eine möglichkeit
ein morgen

immer wieder
schwimmen sie dir
davon

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noel
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Beitragvon noel » 24.09.2010, 17:30

davon
denn da von ist
nichts dir
nichts dein
der durchdachten denkmuster
die davon nichts fühlen
sie dienen der denke
& dein sein
ist davon
da davon nichts fühlt
nicht berührt
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

Niko

Beitragvon Niko » 26.09.2010, 09:08

gespräche
aus dem alltäglichen:
hast du vollgetankt
wo ist meine brille
ich kann die sterne nicht sehen
und sieh dir diese blütenpracht an

aus dem unalltäglichen:
warum reden wir nicht mal
über uns
ist der himmel offen
und dein kuss berührt mein herz
wenn ich glücklich bin
nehme ich alles zu herzen
und dich zur frau

an überirdischen tagen
sehen wir uns
schweigend an
und wissen um uns

Gerda

Beitragvon Gerda » 27.09.2010, 23:39

ernstfall

im unterirdischen
überleben eingerichtet
diszipliniert nach regeln
der alltag strukturiert
systematisch die abläufe
die helfen sollen
angst & zorn zu zügeln
fragen im zaum zu halten
bis nach der rückkehr
ins irdische

©GJ20100927

Max

Beitragvon Max » 29.09.2010, 22:07

Am Himmel kehrt der morgige Wind zurück
Ich erinnere mich an Vergessenes
Purpur und schwarz
dicht gewebt
Holzklänge und deine Stimme
alltäglich wie rissige Hände
und frisches Brot

Am Himmel verklingt
mein gestriger Traum
Noch wehrt sich der Tod

Nifl
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Beitragvon Nifl » 02.10.2010, 12:09

In den Lauf treten
dann zersplittert der Klangkörper
auch Entspannung
Sperrschichten zeigen sich
niemand dreht noch an Wirbeln bis es knackt
zupft wichtig die Leiter rauf und runter
der Himmel verklingt einfach
stellt Fragen nach der richtigen Tonne
in die immer gestopft wird
zwischen aufgerissenen Säcken und Kaffeepulver
nur der Hals reckt sich gegen den Deckel
will sich nicht fügen
für den einen Spalt Hoffnung
nimmt er dem Körper das Hohl
gibt ihm einen Klang zurück
Ach komm
trete nach in den Raum
wir sind nicht besser
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 02.10.2010, 12:38

Nach dir
mit Verlaub, Vorlaub, Verlaib
die Hütte laubt kahl
doch Platz ist dort unter den Gittern

Nach dir
mit Vorlieb,
nehmen, Nachliebe, Nachlaib

vom Vortag.
vortags, vorhertags, nachtags
ein Nachtrag

den Nachkommen
Hinterbliebenen
Hintertriebenen
Vertriebenen
Fort

laufend
im Nachhinein sag ich dir
Vorausgehender
Vorausgegangener
stets

trat ich beiseite

der Klang, der Körper, der Spalt
zogen an mir vorbei

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 11.10.2010, 17:24

Im Nachhinein

zogen an mir meine Befürchtungen vorbei,
wie ein Schwarm aus weißen Harpien.
Lautlos gleitend, die Zimmer beäugend.
Aber nur, weil ich
(über über mein Furchttalent selbst entzückt)
aus der Zeit gerückt
war.

Der Kleiderschrank wankt, erhebt sich, fliegt den Vögeln nach:
in ihm schlagen unzählige Motten ihre Flügel
(wie die Grillen die Bäume stürzen, sind sie nur genug).

Die Plage kommt nicht über mich,
sie war immer da,
und darin besteht sie,
durch mich

hindurch durch die ...
schläfrige Bestürzung.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.10.2010, 23:46


Sturz

Es kommt so harmlos daher
und stürzt doch auf mich ein
piekst sticht
tut mir weh
auch wenn es gut gemeint ist
tut mir verdammt weh
hindurch durch die
wache verdammt wache
Bestürzung

Klara
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Beitragvon Klara » 12.10.2010, 11:40

Handlungsanweisung (Oktober 2010)

Das totale Jetzt: nicht machbar!
(jung und alt kann man nicht gleichzeitig sein, ohne sich tot zu fühlen)

Möglich dagegen, und menschengemäßer: Kreise in das ziehen, was war
Knoten statt Haken schlagen
Begreifen wachsen lassen und endlich fragen
Ist die Große Angst dingfest gemacht?
Die lange Finsternis wirklich vorbei?
Tatsächlich Zeit
für ungehemmte Schritte?

Dann mit dem Herbstlicht über Schatten springen
und Hoffnung schöpfen
wie frisches Morgen aus dem dunklen Teich

Gerda

Beitragvon Gerda » 12.10.2010, 18:57

übergang

am nussbaum
wachsen früchte
der reife entgegen

vergorene süße
lässt wespen torkeln
die luft summt

am himmel
zieht die sonne
letzte hohe scheitel

du streichst mir falten
aus dem sommerlächeln
und kleidest mich in herbstlicht

©GJ2006

Max

Beitragvon Max » 13.10.2010, 21:56

Irrtum

Es ist ja nicht so
als gäbe es diesen Weg nicht mehr

Den breiten, sonnenbeschienenen
der dort, wo der Himmel sich neigt
eine Öffnung in den Horizont bricht

Nur siehst du ihn nicht mehr
jedenfalls nicht ganz

Weil das Licht schlecht ist
scheint er eher zu enden
Nicht am Horizont
schon gar nicht am Himmel
sondern viel früher

Und darum wirkt er kürzer
und darum ist es
an trüben Tagen
als gäbe es ihn nicht

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 15.10.2010, 08:51

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Findstu den Weg nich, dann frag; die Dinge wissen, wos langgeht.




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Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 15.10.2010, 10:55

Was ist Verständnis und wie hüllt man sichin Schrift? D.h. wie kleidet sie ihren Sprecher?
Gib mir zehn Minuten, dein Leben durcheinander zu bringen. Zehn Minuten, in denen du mir nicht zuhörst. Du siehst nur wie meine Lippen sich bewegen, die Gesten, die Finger, der Glanz in den Augen und wie er verblasst. Du denkst an Amerika, an Fahrkarten, Freikarten fürs Kino, diese Frage an die Großmutter, warum sie so große Augen hat, Hände, Mund.
Und dann hört es auf.
Du erkennst wieder Worte und der Zauber ist vorbei.


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