Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 24.12.2010, 15:56

während der nebel zieht
und träume ummantelt
und pläne verhüllt
und alles mit nimmt
auch mich
bist du nur
nicht sichtbar
eine träne weit entfernt

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 25.12.2010, 17:52

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Winter 1740

Goss man Wasser herab aus hochgelegenen Fenstern,
War, was zur Erde kam, Wasser nicht mehr; sondern Eis.




(Johann Peter Hebel, Der böse Winter: "Der Hausfreund aber erinnert sich jetzt wieder, was die Alten von dem Winter des Jahres 1740 erzählt und geschrieben haben (...) Wenn man langsam Wasser von einem hohen Fenster herabgoss, es kam kein Wasser auf den Boden, sondern Eis.")




.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.12.2010, 20:18


leise und stetig
tropft die melodie
eist sich
was wasser war
zu zapfen

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 27.12.2010, 21:09

streich zapfen zimmer

hinab. klirrhaut
hüben drüben
das licht
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 28.12.2010, 10:07

ohne dass es ihr entfleucht
(wo landen tauben im traum)



schreibe dich weiter, gleite
den treibenden schollen nach
das will sie rufen: ja,ja,ja
tropft es aus ihren fingern
frühlingsregen auf eiszeitgrund
sie steht, hält sich fest
am schneegebeugten zweig
friedet sich ein

nein.

wie betont man ein nein, das man
nicht begreift, man baut sich daraus
ein wankendes haus, verweist
aufs dach, dichtet fenster, geht schritte
im kreis, ganz leis, ganz leis

sie wähnt sich allein, atmet. ein
schmückt die zimmer. aus
zeichnet einem tauberich
den kopf unter die federn. er träumt
nichts weiter, nichts näher, fast schon
erinnern, sie plustert sich damit auf

im gurren die lockende luft:



Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 28.12.2010, 13:38

ein zeichnen
nichts weiter
zwischen deinen fingern
trägt sich der atem hinaus
auf den feldern erglühen die halme

zerlege die andacht in vier gleiche teile
und rufe zwölf mal nach dem blitz
doch vor allem
lass sieben mal die finger ruh´n
wo andere sie unnütz regen

weißt du, im kern
bist du mir bekannt
im kern, weißt du

Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.12.2010, 16:33


hände streicheln die luft
lebendige finger zeichnen
dich ja dich
jede regung ist dir
ist mit dir
nicht ruh'n nicht ruh'n
im widersteh'n
dich seh'n

Max

Beitragvon Max » 29.12.2010, 10:57

Seit drei Stunden kann man Silvesterraketen kaufen
Schon knallt es im Ortskern wie
bei kriegsähnlichen Zuständen

Die Hunde ziehen die Schwänze ein
und ziehen heimwärts

Die dunkle Katze
die von rechts nach links die Straße quert
sehen sie nicht
Sie buckelt

Mutig
denke ich

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 31.12.2010, 01:11

.




Besser, man lässt es (VII): Silvester

Raketen steigen auf: man sieht bei Böllerknallen
Vom Himmel buntes Licht, von Händen Finger fallen.




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Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Niko

Beitragvon Niko » 31.12.2010, 12:34

die losung, die jetzt gilt, "statt böller brot" gefällt.
und brötchen, toast und gersterbrot das firmament erhellt

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 31.12.2010, 20:07

.




Im Fluss: Der Specht.

Der Dichter bindet
Im Reim, was schlecht
Zusammenfindet.


Dem Hecht ist's recht.




.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Max

Beitragvon Max » 01.01.2011, 20:11

Dichterwunsch

Und wenn sonst nichts bleibt
dann vielleicht ein Wort
wie der Tollund-Mann
mit torfbraunem Kopf

Mit Lippen
die zu sprechen scheinen
und einem Abdruck seiner Finger
als wäre er auch jetzt noch
einer von uns

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 02.01.2011, 20:37

dichter wunsch

zu nah an der wunde
bleib ich von mir fort

ein hecht in meinem blut
der den andern nicht findet
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.01.2011, 22:17


Menschenwunsch

Und wenn doch alles so bleibt
nicht vielleicht das eine Kleine schwindet
das sich zum Großen windet
dieses Hechten nach dem Fund
für den Grund
warum alles doch so bleibt


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