Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

Bild
Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

jondoy
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Beitragvon jondoy » 19.03.2012, 22:38

Die Verarschungsindustrie
...von langer akademisch-graduierter Hand vorbereitet...


Präludium

sieht wie Obst aus,
ist kein Obst drin



Intermezzo

alles unbedenklich


Koda

sieht wie Mensch aus,
ist kein Mensch drin


_

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.03.2012, 17:45


mensch

zeichne dein gesicht
mit den händen nach
sie fuchteln in furchen
wie deine lippen fluchen
hardlinerhände
tausche sie aus
concealerhände weichen ränder hell
zeichnen ein neues gesicht
und deine lippen schweigen
fordern fluchen nicht mehr

bist das noch du?

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 09.04.2012, 12:16


spechten


bist das noch du
hinter den zäunen (lasiert)
an deine spitzen lippen
wollt ich mich fluchen
bis uns der pfeffer
in den augen blüht

wir klopfen in eichenwäldern
gegen den schleichenden
finden nahrung (fette
dunkel) ein zuhaus

nur unsere köpfe schmerzen
bisweilen gaukeln unsere augen
ein rotes flackern
als seien wir nicht dafür gemacht

die sonne scheint (vielleicht auch die herzgegend)
bei dir bei mir bei dir bei mir bei . liebe
verhaspeln wir uns fallen
aus dem takt (der bauch)
horchen horchen horchen
(so weich wirst du
verhungern
obdachlos)

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.04.2012, 23:12


Stahlfrau

So hart wie du bist
wird du an dir verhungern
verhungern an deinem Ringen
an deinem Hangeln
hangeln nach dem Zarten
es ist in und an dir
du weichst dem Weichen aus
wie formst du Stahl
ohne dich zu verbiegen

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Eule
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Beitragvon Eule » 28.04.2012, 23:14

Verbiegen sich Orte
Gebäude der Himmel

Tritt neben uns in
Stürmischen Stunden

Ungeschützt in vielen
Bildern ein anderes Land
Ein Klang zum Sprachspiel.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.05.2012, 00:49


sich wiegen
ohne zu verbiegen
wie ein halm
den der wind streichelt

Gerda

Beitragvon Gerda » 05.05.2012, 10:42

nach dem gewitter

wind frischt auf kühlt
raum und denken kräuselt
härchenflaum auf deinem arm
der atem - gleichstrom

bemooste mauern
polstern die erinnerung

du suchst
nach dem verlorenen wort
trachtest sterne zu pflücken
dabei ist alles gesagt

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.05.2012, 18:17


vor dem gewitter

du greifst die luft
atmest wie ein fisch an land
gedanken schalten auf panik
schnappen sich wieder
die altschwarze erinnerung
deine hände suchen halt
im achterbahnkreislauf

sekundenstunden

pjesma

Beitragvon pjesma » 04.06.2012, 16:41

junimond



in zuckerwatte gewickelt
hast du dich
mir geboten

warst da
und nicht da,
verräter

noch stolpere ich
über das schlepptau
der nacht

hänge
wie eine puppe
an der süße deiner fäden

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.06.2012, 16:32


diese fäden
diese scheinbar süßen
entpuppten sich als stricke
du wusstest schon lange
wie bitter süß sein kann
und zähltest die galgenfrist ab
doch das leben
nahm dir den schluss vorweg

pjesma

Beitragvon pjesma » 20.06.2012, 17:42

fahriges

(es muss
im rahmen
des möglichen
liegen


das fliegen

und die liebe

und der krimskrams


sonst träumte ich nicht davon:
von schwimmhäuten
im irgendwodort:
sommer)

Gerda

Beitragvon Gerda » 20.06.2012, 20:12

20. Juni 2012 11:00 Uhr

Im Grau der tropischen Stunden
denke ich an die Bonobos im Zoo,
die Gorillas und Orang-Utans.
Es ist ihr Klima,
das Gehege ihr "Urwald".
Im Blick der Primaten liegen Millionen Jahre und Verwandtschaft.

pjesma

Beitragvon pjesma » 21.06.2012, 13:09

erdzeichen

auch ich wäre ein vulkan
ein tsunami eine plage
wie sie mich befallen haben
die ungeziefer
auch ich wäre
eine sintflut
und ein beben
wie sie sich reingebohrt haben
angezeckt
und hochgewindet
auch mir
wachsen die zähne
Zuletzt geändert von pjesma am 21.06.2012, 18:22, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.06.2012, 16:09


schachmatt

sturmzeichen halten an
der schwarze pegel steigt
ich gehe unter
sehe dabei zu
und denke nicht im traum daran
die schuhe zu wechseln
du machst den zug und
ich zähle mich aus
bevor du es aussprechen kannst
das pegelwort


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