Prosalog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 23.07.2007, 18:09

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Foto A.P. Sandor et moi


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Hier handelt es sich um einen Faden, in dem ihr euch prosaisch zurücklehnen könnt. Lasst euren Gedanken freien Lauf. Erzählt von euren Träumen, eurem Ärger, euren Problemen, euren Sehnsüchten, euren Beobachtungen, euren Wünschen, euren Phantasien, euren Ideen, eurem Kummer, eurer Wut, eurem Tag, euren Spinnereien … "Die Wahrheit" spielt dabei selbstverständlich keine Rolle.
Fühlt euch frei.

Lasst euch von bereits verfassten Texten inspirieren, greift das Thema auf, oder schreibt einfach "frei Schnauze"… alles ist erlaubt.

Ich bin gespannt!




Kleingedrucktes:

Damit eure Kostbarkeiten behütet bleiben, müssen folgende Regeln beachtet werden:

Bitte keine Kommentare
Keine direkten Antworten (zB. Gratulationen, Beileidsbekundungen, Nachfragen etc.)
Keine Diskussionen
Kein Smalltalk oder Talk überhaupt

Geht immer davon aus, dass alle Texte Fiktion sind.



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Zuletzt geändert von Nifl am 04.08.2007, 09:08, insgesamt 1-mal geändert.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Gast

Beitragvon Gast » 01.03.2008, 13:11

Vielleicht wäre es möglich gewesen, sie später mit "Leistung" zu beruhigen. Es hätte ihren Wert gesteigert, wenn ich ein wohlgeratenes, gehorsames Kind gewesen wäre, über die Versagensängste hinweg geholfen und ihrem Leben den Inhalt geschenkt, an den sie sich verzweifelt geklammert haben muss. Sie hätte ihr Dasein durch mich definieren können ...

Max

Beitragvon Max » 01.03.2008, 14:00

Leistung war für seinen Vater immer gleichzusetzen mit finanzieller Potenz.

Er bewunderte Einstein (und hielt einen seiner Söhne später für blasphemisch, als er versuchte die allgemeine Relativitätstheorie zu verstehen), Beethoven oder Hesse, hatte aber das "Glaspelenspiel", das er als einziges Buch dieses Autors besaß (die Söhne vermuteten, dass er es über einen Buchclub in der Pflichtabnahme erstanden hatte) nie gelesen. Als einer seiner Söhne sein Studium abbrach, um sich ganz der Malerei zu widmen, entsetze ihn das ehrlich. Er schlief wochenlang schlecht und schloss dann eine Rentenversicherung für ihn ab. Er liebte diesen Sohn, hätte ihm jedoch einen ähnlichen Weg gewünscht wie dem anderen, der Beamter wurde und den er eigentlich nicht recht verstand.

Wie er sein eigenes Leben sah, in dem er mit einem eigene Geschäft gescheitert war, wagte keiner der Söhne zu fragen.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.03.2008, 13:41

Näselnder Wetterfrosch

Da ist er wieder, dieser Kachelheini. Ich lasse den Fernseher im Hintergrund laufen, schaue gar nicht hin, bis er wieder auf dem Bildschirm flimmert. Flimmert? Himmel, er macht genau das Gegenteil. Steht da im Bluescreen, die Schultern hochgezogen, beide Arme eng an die Seiten gelegt und die Beine zusammengepresst. Wie ein kleiner, verklemmter Schuljunge, denke ich immer. Warum tut er das? Der Mann ist Multimillionär, hat seine eigene Meteomedia AG und betreibt über tausend Wetterstationen allein in Deutschland! Warum tut er sich und mir das an? Dann legt er los und beginnt über das Wetter zu erzählen. Erzählen? Mit theatralischen Handbewegungen zeichnet er die Hochs und Tiefs nach, gerät geradezu in Ekstase, wenn der Wind im Norden ein wenig mehr bläst als im Süden. Himmeldonnerwetter, ist das aufregend! Für ihn. Und ich frage mich, wieso lässt er sich nicht endlich die Nase operieren, so näselnd, wie er spricht. Der hat doch eindeutig eine Nasenscheidewandverkrümmung. Die Fernsehansagerinnen sind doch auch längst abgeschafft. Warum nicht auch diese Wetterfrösche? Eine angenehme Stimme aus dem Off, dazu kurz ein paar Bilder mit den wichtigsten Daten, das reicht doch! Wieso rege ich mich eigentlich so auf. Das Wetter ist mir doch schnurzpiepegal.
Aber warum macht er das nur?

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 06.03.2008, 14:26

In dem Haus heute Nacht, mit der Terasse aus Tümpel, hatte der Traum einen Umbau vor. Dafür mussten die Verhältnisse notiert werden, doch es war kein anderes Papier da als die Zeichnungen, die fremde Kinder meiner Mutter geschenkt hatten, und so schimpfte sie mich, als ich in ihnen herum malte, und malte dann selbst in sie hinein, weshalb auch ich weiter in ihnen herummalen musste - denn ich wollte ja antworten.
Ein Zimmer hieß man das vernachlässigte Zimmer, dort fehlte an einer Wand Tapete. In dieser Wand waren vier Gänge und über einem hing der Mond, doch als ich ihn sah, fiel er herunter und zersprang.
In dem Gang, über dem der Mond gehangen hatte, wohnte ein Hund, in dessen Körper ging darauf ein Licht auf und er rannte, was er konnte; davon. Doch ein anderer Hund, ein milder, ein ländlicher, der rannte aufgrund seiner Fröhlichkeit in den Gang hinein, eine Tür fiel hinab und ein blaues Roboterhöhlenmonster kam aus der Tiefe des Ganges.
Und deshalb, ich hatte mich dem Kritzeln in die Zeichnungen ein endgültiges Ende gemacht, scholt mich ein trockener Freund auf der Terrasse aus Tümpel, ich sollte dem Giganten jetzt ein Ende machen.
Ich sagte, dass ich nicht wüsste, wie (und das hieß: ich würde sterben beim Versuch).
Das mache keinen Unterschied, war das, was der Freund daraufhin antwortete.
Als ich aufwachte, wusste ich als erstes, dass ich falsche Rechnungen zum Bau des Wintergartens angefertigt hatte. 6/3 und 3/6 machen kein Ganzes. Oder jedenfalls nicht das Ganze, worauf ich hinauswollte, weil ich es mir befehlen ließ.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 09.03.2008, 11:35

Träumen ist anstrengend, erfordert kreative Kraft. Ich habe aufgegeben aufs Ganze zu gehen. Es funktioniert nicht mehr. Nicht um glücklich zu sein und auch nicht fürs Unglück. Wäre dieser Zustand nur nicht so zermürbend. Es ist nicht damit getan sich abzufinden. Das Leben kostet weiterhin die Zeit, die es dir mit jedem vergehenden Tag raubt.

Manchmal reicht bereits eine Wärmflasche zum Glücklichsein.
Bedürfnisse reduzieren sich je älter man wird. Sie richten sich nicht nach monetärem Vermögen, sondern eben auch nach dem Unvermögen, bestimmte Dinge nicht mehr tun zu können. Man selektiert weil einiges nicht mehr wichtig ist und man anderes ohnehin nicht (aus)halten kann. Nicht zu vergessen, dass der Körper manches nicht mehr mitmacht und sich auch nicht mehr so zeigen will. Der Rückzug fällt nicht leicht, weil die Grenzen so fließend sind.

Schreiben tut gut, ist eben auch Therapie, trotz allen Anspruchs. Einfach auf der Tastatur rumzuhacken hat etwas Beruhigendes und zugleich Stimulierendes.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 09.03.2008, 12:15

Das Leben ist schlimmer als jeder Roman. Und es ist sowas von klischeebeladen, man glaubt es kaum! Das darf man ja alles überhaupt nicht aufschreiben. Verfällt man dennoch in den Fehler, ui ui, das ist doof. Kommt nix raus dabei außer die reinste Kitschoper, uncool, äußerst uncool. Geschichten müssen erfunden sein. Sie müssen ideales Personal haben, designt sein von A - Z, denn wer will schon das wahre Leben lesen? Das leben wir. Fertig.
Schreiben ist atmen

Max

Beitragvon Max » 09.03.2008, 17:10

Kitschoper

Er wurde geboren, vier Jahre später ein Bruder.

Als er sechs war starb seine Mutter, dann wurde er eingeschult.

Er beendete die Schule, studierte, bekam einen Beruf.

Menschen starben, auch wichtige, so seine Großmutter, die er liebte.

Er liebte auch eine Frau und um die Tränendrüsen nicht zu sehr zu belasten, lassen wir offen, ob sie ihn auch liebte.

Irgendwann starb er, hinterließ etwas Geld, ein Haus, eine Erinnerung bei Freunden.

Alles in allem ein Leben, langweilig, erträglich nur im Zeitraffer oder wenn es das eigene ist,

Louisa

Beitragvon Louisa » 09.03.2008, 21:35

Ich erzähle euch kulinarische und familiäre Kleinigkeiten, die das Glück ausmachen:

Ich finde das Leben ist wie das gute Essen. Im Übrigen kann ein Genussmensch im Prinzip alles mit Nahrungsmitteln vergleichen, aber das ist eine andere Geschichte.

Wenn man sich keine Mühe beim Kochen gibt - so wie meine Mutter, deren Eierkuchen voller Mehlklümpchen waren und mindestens zehn Zentimeter dick (Drei Centimeter davon waren verbrannte Teigmasse, die man vorher abschaben musste.) -
Wenn man sich also keine Mühe gibt, die Gewürze vergisst und die kleinen Verzierungen nicht beachtet... Dann schmeckt es auch fad!

Aber in jedem Gericht, so meint auch meine Oma, die Mutter meiner Mutter, eine gelernte Köchin... In jedem Gericht verbirgt sich eine kleine Geschichte!

Ich möchte jetzt niemand Appetit machen, aber ich habe zum Beispiel früh gelernt Eierkuchen selbst zu backen und es gibt unglaublich viele Variationen bei dieser Teigspeise. Wenn der Eierkuchen (übrigens eines der schönsten deutschen Worte, wie ich finde) Wenn also der Eierkuchen die richtige goldbraune Konsistenz erreicht hat, kann man ihn mit verschiedenen Früchtchen dekorieren, falls vorhanden: Johanissbeeren. Rote, schwarze, gelbe! So wie die deutsche Flagge. Dabei kann man noch die Nationalhymne singen, aber es geht auch ohne.

Um nicht rassistisch zu wirken, empfehle ich einen ordentlichen Schuss kubanischen Rum. Fertig ist der "Eierkuchen à la Gastarbeiter".

Was ich damit sagen will, ist Blödsinn. Nur das jede Kleinigkeit, jede Idee und wenn man so will: Jede Beere die Gewöhnlichkeit vertreibt.

Denn das ist es doch, was euch hier plagt, die Gewöhnlichkeit oder? Ohne Mühe keine Glücksbrühe!

Guten Appetit!

Nicole

Beitragvon Nicole » 10.03.2008, 21:21

An Tagen wie diesen lachst Du einfach alles weg. Schlemisches Funkeln in den blauen Augen, die aussehen wie meine. Eigentlich hättest Du längst im Bett liegen müssen, als ich nach Hause kam. Und sitzt auf dem Sofa, strahlst mich an und erklärst. "Mama, ich darf noch dsds gucken, bis zur ersten Pause ... weist Du noch Mama, der Typ mit dem Wasserglas? Der wäre bestimmt auch gerne Superstar geworden ... aber dann hätte der auch so schön singen müssen, gelt?" Du sprudelst geradezu über, vor lauter kleinen Wichtigkeiten, die Du mir erzählen mußt. "Weißt Du was, Mama? Die Alicia, die hatte heute im Sportunterricht ihre Turnhose links herum an!" Gerade, als ich traurig werde, weil ich einfach zu viel von Deinem Leben verpasse, hüpfst Du kichernd auf mich zu, mit einem dicken Pinsel in der Hand. "Schau mal, habe ich heute gekriegt. Ein 22er!! Damit hab ich Dich jetzt nach Hause gemalt!" Und wuschelst mir mit dem Pinsel durchs Gesicht. Endlich meine Gelegenheit, Dich fest in den Arm zu nehmen und zu drücken. Ich kitzele Dich dabei ein wenig, damit Du nicht merkst, wie dringend ich das gerade brauche. Und damit ich Dich noch ein bißchen länger im Arm hab. Du windest Dich laut quitschend und ich schaffe es sogar noch, einen Gutenacht Kuß einzusammeln, bevor Du, wild Pinsel schwingend (Jetzt mal ich das Kind ins Bett ... ich mal jetzt den Regen an das Fenster ...) in Dein Zimmer verschwindest.
An Tagen wie diesen lachst Du einfach ...

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.03.2008, 00:36

Du verschließt eine Tür. Ein neuer Raum öffnet sich dahinter. Schenkt er dir Leere oder Lehre? Du ganz allein entscheidest.

aram
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Beitragvon aram » 18.03.2008, 08:32

paar minuten vor arbeitsbeginn, ein einziger ganz normaler morgen. luft, märzsonne, coffein, die barmusik mit ausgeschieden, einen spamordner leeren, nach innen gebreitet die spülung des rauchs, ein holpriges kleines gedicht neben der tasse, ein gefühl ergänzt einen rest, als wäre er wunderbar.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.03.2008, 16:14

Am Fenster, auf Höhe der Wolken

Als du und ich heute aufstanden und am Flughafen ankamen, bemerkten wir, dass zwar alle Überstellungspapiere für die Leiche beisammen waren, dass wir sie aber nicht verpackt hatten, und so nahmst du sie huckepack und wir begaben uns unter die Menschen. Der rote Blazer, den die Leiche trug, war so vital an Farbe wie ein Theatervorhang nahe der tiefsten Stellen seiner Falten. Ihr Haar war schwarz, die Haut sehr weiß. Ich weiß, wir beide liebten diese Leiche, ihre Klugheit, sie war viel mehr Wesen, als wir es selbst waren oder sie war etwas von uns beiden, das Gute von uns beiden.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 18.03.2008, 22:55

Wieso fürchte ich mich davor Leichen zu sehen?
Immer wieder eine Scheu wie ein Schauder.

Damals als die Oma fragte: Ihr wollt ihn doch gewiss nochmal sehen?!

Und man konnte nicht nein sagen, nicht rückwärts aus der Wohnung hasten, deren Luft noch schwer war von seinen letzten Atemzügen und seinem Rauch, nicht die Treppe hinunterhasten, die die Oma hinuntergestürrzt war mit den Worten: Komm schnell, er stirbt!.

Man musste hineingehen, zu diesem mit einem Male so kleinen Körper, den schon jemand in seinen schwarzen Anzug gekleidet hatte, den er selbst zu Dutzenden von Beerdigungen getragen hatte. Man musste dieses gelbe Gesicht sehen. Wieso war dieses Gesicht so gelb? Und woher kam diese Fucht näherzutreten, als sei der Tod ansteckend.

Als wir wieder das Zimmer verließen, war ich erleichtert.

Auf dem Weg nach Hause fiel mir ein Besuch vor Jahren ein. Ein Arbeitskollege meines Opas war damals auch zu Gast.
Karl, sagte er. Wenn's soweit ist, sag noch mal Bescheid: Freund Hein steht vor der Tür. Nun war es zu spät.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.03.2008, 00:57

Erst jetzt wird mir klar, dass ich noch nie eine Leiche gesehen habe. Einmal sollte ich meine Oma im offenen Sarg ... hab mich aber stur geweigert.
Kenne Leichen nur aus dem Fernsehen. Als Kind hab ich meine Eltern gefragt, wieso der und die denn in einem anderen Film sein können, sie wären doch gestorben in dem Film von vorgestern.
Und meine Leiche wird auch niemand zu sehen bekommen.


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