Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 03.11.2012, 21:30

Jetzt verstehe ich die Mandel erst.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 03.11.2012, 22:28



wo kämen wir hin wenn wir die mandeln verstünden


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 03.11.2012, 23:02

Meine Mandel wurde von mir überschrieben.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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nera
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Beitragvon nera » 04.11.2012, 22:45

bitternis
und sich daran die zähne ausbeißen
blau-
saures
nicht nur zu halloween

mayday mayday
und dann der overkill
breitet sich aus von den ganglien
wie eine feuerbrunst
implodiert in der amygdala
da gibts keine blaupausen
keine korrektur
da steuert nichts mehr
da flattert der seelenvogel
fliegt gegen all seine käfigstangen
oder erstarrt- !der papagei ist tot!
verliert seine federn

und dann wird wieder ein kern gesät
ein baum gepflanzt
gehätschelt bis er frucht trägt
um wieder
wieder marzipan in glücksschweinchen
zu verwandeln
Zuletzt geändert von nera am 05.11.2012, 16:15, insgesamt 1-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 05.11.2012, 07:57



am rand überschreibst du ein mandelbäumchen
auf meinen namen
lässt du es schneien


ich lese dir daraus vor: ein leck in der mauer so weit
da zittert der schnee vom atmen wer sollte das
je wieder schließen wollen ∙ du siehst wo wir sind
und was wir darunter tragen: was kommen mag
ist ein handgeschöpfter tag wir spüren uns
in jeder faser wie das erste blühen eines beetes
den schweigenden blick des papageis

wie nur weißt du mich im bodenlosen
sankst schon vor den worten
in das pochen an meinem hals und (und!)
wie zärtlich wir über die gleichen dinge
erschrecken (zurückweichen bis an den rand) (nur um uns
dort wieder zu begegnen bei den zweigen im kopf
krallt noch der schrei des papageis) ich taste
nach der erde in den sätzen
für unsere füße sage ich und du zeigst mir
mörtel und steine in deinen ausgebeulten taschen

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.11.2012, 16:28


ankerchen

für die einen
sind es bäumchen
für die anderen
sind es küsschen
für uns
ist es ein leuchttürmchen
weit in der ferne
du weißt schon wo
er ist uns ankerchen

pjesma

Beitragvon pjesma » 08.11.2012, 17:46

brich das wort
übers knie
brich
beschwinge es
wie einen willigen
weib
hauche das leben ein
der krücke
und mach sie zu bein
des tausendfüßlers
er kann
auch einäugig
was
tragen

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 09.11.2012, 09:53

was ist ein versprechen
bevor es gebrochen wird
bezwungen von dem
was sich den träumen entgegenstellt
eine gegenüberstellung
von dir und dem der du sein willst
tausend füsse
aber kein weg
der heraus führt

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 09.11.2012, 14:55

.


ach wie

wenn sie hässlich wäre
eine stimme wie eine versoffene kartoffel
ein fluch entwischt mir: pott und bohnenstroh!
wie kurz wäre das seufzen ein weißes tuch
wie shalev schrieb
eine einzige kleinigkeit reicht für die liebe
und sie trüge ihn trotz allem
diesen anmutigen fleck
und wie es mich rührt und wühlt - dass
er dir niemals verblassen würde - du
kein tuch darüber breitest

deine treue ist ein eukalyptusbaum
dort nisten die krähen keine versprechen
ach wie gerne wäre ich eine heilige
aber in der samenkapsel umkreise ich
mich selbst wie eine natter
und das vielleicht
siehst du auch mich an und weißt
das ist die frau die ich mit den augen
von der erde aufheben kann



.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 09.11.2012, 20:21

Ein überfülltes Gefühl

der Umzugskarton (Aldi Nord)
beschriftet mit "Erinnerungen"
ich will sie nicht
der Rest
lose Fotos
eine Specksteinfigur
der Kartoffeldruck ihrer Stimme (vergilbt)
ein Tagebuch das es nicht gibt
eine Blütenpresse (habe die da nicht reingelegt)
ich schraube sie auf
puste in den Sommerschnee
sehe ein anderes Gesicht
deines
so viel leichter
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Max

Beitragvon Max » 10.11.2012, 21:25

Ich habe deinen Körper
in Speckstein modelliert
Ein unfertiges Gefühl
die Rundungen gelungen
aber nirgends atmet Leben

Vielleicht hat ja Gott
auch erst in Speckstein geübt

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nera
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Beitragvon nera » 10.11.2012, 23:36

ein fertiges gefühl

ich reise ohne dich und
schon während dem flug
vermissen meine schultern deine hände
niemand wird da sein
dem ich nichts erklären muss

ich reise
ohne dich - ein fertiges gefühl-
"ein einzige kleinigkeit"

einer holt mich zum merengue
einer geigt mir sterne vom himmel
einer will ertrinken- im grau meiner augen
ich reise

in den gewittern dem bleigrauen himmel
das meer singt durch meine träume
ich reise mit dem mond wenn er sich hinter der insel versteckt
früh morgens um fünf
bevor er ertrinkt
ich ertrinke
in mitleid mit uns und rauche ( ein brandopfer?)
bis wir uns wiedertreffen

ein fertiges gefühl? der geschmack der sonne in den feigen oliven
deine mail vom schnee
dir sei weihnachtlich

einer geigt mir orangen ins ohr
meine schultern vermissen deine hände
wir würden doch die gewitter feiern?
bei ebbe seltsame tiere suchen
die farben...?
einer will ertrinken- ich tanze merengue

ich reise zu dir
nach hause
zu den mageren birken
wir tanzen
zwischen astbruch und nebel

erinnerst du dich?
wir verlaufen uns immer finden den weg
fürchten uns nicht
Zuletzt geändert von nera am 09.02.2013, 18:33, insgesamt 3-mal geändert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.11.2012, 11:50

Der November stemmt sich von innen gegen die Brust
durch und durch verschluckt dein Blick seine Zähne

Als wir die weißen Fingerspitzen aneinander hielten
sie zum Dach wurden, der Schnee der Schnee

Dann das Ritsch Ratsch schneller Bilder
spanische Tänze auf dem dünnen Eis

Auf einem Bein bis an den Rand
Wir sind nur Tanzfiguren flüsterst du

Aber die Atemwolken die Atemwolken
sie umschlingen uns doch Wort für Wort
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.11.2012, 17:44


im novemberblues

atmet sich's schwer
pfeife mich durch nebelbänke
zischen sich dazwischen
immer dazwischen
kleine lichter zeigen sich
ja zeigen sich
reihe die pünktchen
zur liederkette auf
dass ich den blues
vielleicht tanzen kann


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