Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 03.04.2015, 10:42



eine stunde rattert
über die gleise
als wäre es nichts

und dann ist die stadt
kein gedicht
die hände bleiben fremde

ohne spuren
geht man im wind
friert

und im kopf geistert nur
die zeit des bären
der wald

wo der turm sich spiegelt
können keine worte
stürzen

da sehe ich
uns (längst
gefunden)

wir senken die lider
und sinken ins dunkle

aus jedem zimmer
führt eine tür

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.04.2015, 15:00


wenn der bär in ihm schläft
streichelt sie glücklich die halme
greift tief in die warme erde
zieht furchen für die saat
wiegt ihre gedanken im sanften
lächeln seiner augen
lauscht seinem unfassbar ruhigen atem

alles hält sie fest
nichts lässt sie unberührt
bis der bär ihn ruft


Nifl
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Beitragvon Nifl » 03.04.2015, 18:27

In der einen Szene
wenn es sprudelt
Trauer tragen

Ich Nachtmann
im Offensichtlichen

Bretter, die meine Welt bewegen
(eine Wanderverschalung)

Ich beschwere meinen Leichtsinn mit Salz
sonst träfen wir uns beim Segeln auf dem Federleicht
und ich wollte dir das Laub aus den Haaren pflücken
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 04.04.2015, 14:22





Der Nachtmann geht durch Sinn und Sein
er zieht in dir mit sanftem Schein
durch seine dunklen Zeilen.
Er weiß dich nicht und weiß dich doch
als könnt er Träume teilen.


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 04.04.2015, 23:33

Der Nachtmann geht durch Sinn und Sein
er zieht in dir mit sanftem Schein
durch seine dunklen Zeilen.
Er weiß dich nicht und weiß dich doch
als könnt er Träume teilen.


Er schließt dich ein in deinen Traum,
will dich jetzt nicht mehr lassen
und schüttelt dich im freien Raum.
Er lässt dich nichts mehr fassen.

Der Nachtmann geht durch Sinn und Sein,
er zieht in dir mit sanftem Schein.

Nie wird er von dir lassen.


(geschrägte zeilen von Flora)

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nera
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Beitragvon nera » 05.04.2015, 00:59

sternenrätsel
wenn sich der mond an wolken verschluckt

wir teilen uns die wagen: den großen den kleinen
wir teilen die schatten:
tanze! tanze! rufen sie und werfen mit licht
nach den schatten
(und all die bären tragen die last)
im bretterverhau
-traumgespinste-

die blätter leuchten silbern im mondlicht
wie sein und schein

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.04.2015, 16:23


wenn sich der mond an wolken verschluckt
und ich ihm zärtlich das bäuchlein kraule
so nehmt euch in acht da unten
sein bäuerchen wird flutwelle euch sein

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birke
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Beitragvon birke » 06.04.2015, 14:54

.
den nachtmann
beiseite schieben
um den mond zu sehen
mit vollem bauch
tanzt
die nachtfrau
hält meine hand
.
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Niko

Beitragvon Niko » 06.04.2015, 15:39

Wir
nachtkinder einer gewonnenen zeit
haben das spielen verlernt

was passiert
ohne // mit // trotzdem
wenn // vielleicht // wie gehabt
alles so käme
wie es nicht kommen könnte

sicherheit ist vernünftig
sicherheit bringt uns um

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 09.04.2015, 21:13

Lebendig
bin ich nur
im Dunkeln
wenn ich schreibe
und tot
schon im Morgengrauen
wenn ich nur denke
ich Nachtkind
ich Wortkind

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nera
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Beitragvon nera » 11.04.2015, 11:48

zwischenseiten

auf dieser linie
unterhalb des tages
knapp über der nacht
wirst du still
singe ich ein fremdes lied
in deine fäuste
ein lied von dem rothaarigen
riesen
in dessen haaren ein kolibri wohnte
der hinaufragte zum himmel, dort anstieß
und der um den schützling in seinem
haarwald fürchtete
so lief er gebückt wurde zum buckelriesen
die wolken spielten in haarwipfeln
die sternen verfingen sich in roten spitzen
der kolibri verirrte sich zwischen dem gefunkel
bis der riese den himmel teilte

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birke
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Beitragvon birke » 11.04.2015, 11:58

ich nachtkind
gehe unter
diese linie
jenseits des denkens
tauche ich ein
ins wörterbad
leere es, fülle es
mit mir
getragen von wellen
die nacht ist mehr
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 11.04.2015, 14:14

Ich tauche ein
ins Wörterblau
lass mich
umwellen
ertränken
hinunterziehen
immer tiefer
kein Grund in Sicht
nur Dunkel
seltsam vertraut
so gehe ich unter

Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.04.2015, 22:47

Wie wir Echsen zweisinken
in Mauerritzen
endlich heimisch werden
hinterm Jochbogen sagst du
leben wir lange
einander gezogen
glauben an die Wärme
für den Traum
speichern uns im Stein
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)


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