Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 11.04.2015, 23:58

drumherumsaiten

....ein vielstrophenlied
hauche ich zwischen den fingern
in eine muschel
vom kolibri
der rückwärts flog zwischen roten bäumen
und sich einen tänzer wünschte
zum freund
den er im schnabel über den himmelrand tragen könnte
in andere welten
oder zu einer lichtung einem ballsaal
er tauchte hinter den himmel
den der rothaarige für ihn öffnete

(ein klabauterlied) (flüstern die steine)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.04.2015, 09:59



in mauern tauchen wir
vorbei an roten riesen (einschlüsse
in denen die skelette der kolibris
wie in einem museum fliegen)
mit nur einem flügel gerät alles
ins träumen sagst du und wir
(heimlich heimische)
taumeln in die wärme
einer umarmung glauben wir
an bögen die namen tragen
als hätte ein mönch
die geschichte geschrieben


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 13.04.2015, 20:35

Heimlich
bin ich heimisch
in dieser nordenglischen Stadt
taumle
von einer Liebschaft in die nächste
mit diesem ungeheuren Dialekt
h-lose Worte
glottalisiertes T
jedes U ein ʊ
und buzzin'
in Town
törnt mich immer an,
in-it?

Mucki
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Beitragvon Mucki » 13.04.2015, 23:02

die flügel möcht' ich schlagen
die hände loslassen
doch sie gehorchen
noch dem verstand
langsam gerät er ins taumeln
die luftströme eilen voraus

Niko

Beitragvon Niko » 16.04.2015, 03:04

wohin trägt sich der tag
wenn ich ihn nicht lenke
zu dir zu mir ins nichts
wo es kein wollen müssen gibt
kein tragen und kein halten

wohin sieht ein tag
wenn nur ich ihn sehe
zu dir zu mir ins nichts
wo es kein hell und kein dunkel gibt
kein sehen und erkennen

wohin hört ein tag
wenn nur ich ihn höre
zu dir zu mir ins nichts
wo es kein laut und kein leise gibt
keine horchen und kein verstehen

wo bin ich
wenn ich nur ich bin
bei dir bei mir im nichts

Niko

Beitragvon Niko » 19.04.2015, 10:13

Glockenläuten, Sonne, blauer Himmel
In Häuserschluchten hallen wieder Stimmen
Ein zarter Flaum von Grün schiebt sich zum Licht
Und Farben!!!! Rot und gelb und samtig blau!!!!

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birke
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Beitragvon birke » 19.04.2015, 12:10

.
diese farben, wie sie dem sommer zulachen,
als gäbe es kein grau
im hinterhof die narzissen
und der baum
sprechen vom wachsen
und ich bin nur
eine reisende
.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.04.2015, 14:17

wenn sie wankend winken
spür ich den wind schon im haar
wenn sie raschelnd rufen
hör ich das knistern unter den rädern
wenn sie prall leuchtet
schmeck ich das eis süß auf der zunge
sie geht vor ich gehe mit

Niko

Beitragvon Niko » 19.04.2015, 19:39

als gäbe es keine hinterhöfe
als sei hinter dem schulhof kein leben
diese sorglosigkeit brennt einfach
soetwas wie kommunismus in die herzen

Soll doch jeder haben
was ich habe
hauptsache ich kann
bei mir bleiben

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 19.04.2015, 20:04

Will bloß
bei mir bleiben
und bei niemandem
sonst
nur ich sein
ganz
für mich allein
dann bin ich
am wenigsten
und am wirksamsten
einsam

Nifl
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Beitragvon Nifl » 19.04.2015, 22:06

Mit dem Wind
rieselt der Frühling aus
dem Geäst
schreibt lippenvoll
umsegelt mich
mit Leere
schmeckt nach dir
allein
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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birke
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Beitragvon birke » 20.04.2015, 00:05

der frühling
fegt wörter
aus dem geäst
ich fange
& sammle sie
im gedicht
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 20.04.2015, 07:53

Aprilböe
durchblättert
sanft
und rosa
Fuji-Kirschblüten

traurig
bleiben
nackte Zweige
zurück

traurig
bleiben
so will ich es
bevor ich
sommergrüne

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birke
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Beitragvon birke » 20.04.2015, 11:29

.
dieser frühling
trägt trauer
auf der zunge
zergeht sein klagelied
bunt und ich
sehe schwarz
bevor ich sommergrüne
will ich traurig sein
aber die birke -

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/


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