Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.05.2015, 14:01

bin mein eigener antiheld
lerne nichts von mir
baue stein für stein das gestern
heute wieder auf
kreiselleben
wer setzt mir den blinker
und wann schlag ich ein

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 11.05.2015, 00:58

Ich bin
nichts als pikaresk
kommentiere dich
simplicissimistisch
krullisch
matzerathisch

am Ende
bin ich
vielleicht
nicht homodiegtisch
sondern
en abyme

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.05.2015, 20:46

wär ich aus stein
so zierte ich als mosaik
lapiz und malachitfarben
die stufen zum ufer des tejo

ließe die klänge des fado
über mich gleiten
hielte fest das echo
aus zeit und sein

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 11.05.2015, 22:12

Würde man mich singen,
dann wäre ich
nichts als Fado:
sehnsüchtig
fatalistisch
moll-tönend
und immer klagend
und immer schwarzmütig
bloß saudadehaft

Niko

Beitragvon Niko » 11.05.2015, 22:26

wäre ich ein wort
dann wäre ich "und"
Wäre ich ein bild
dann die "Brücke von Arles"
und wäre ich ein ton
wäre ich a-moll

doch ich gelte
als tunnel
als c-dur
als "aber"

wäre ich nur
ein Punkt
in bild ton und wort
wäre ich
ich

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 11.05.2015, 22:33

Wär ich
ein Wort
dann
niemals "und"
niemals "oder"

ich stehe immer
links oder rechts
von "und"
von "oder"
niemals dazwischen
bin immer ganz
oder gar nicht

Niko

Beitragvon Niko » 11.05.2015, 22:53

was ganz oder garnicht ist
kennt kein dazwischen
Leben aber liegt im dazwischen
wie ein bild von den schattierungen
musik von den pausen
und ein wort vom atmen lebt

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 11.05.2015, 23:22

Ich kenne
kein Dazwischen
sondern nur
"da" und "zwischen"
nicht aber die Leere
von "a" bis "z"
oder die Fülle?

Niko

Beitragvon Niko » 11.05.2015, 23:34

das wort ist nicht
ein wort
es enthält seinen sinn
durch den sprechenden

wir sprechen unser leben
und kein wort
kann uns davon abhalten

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 11.05.2015, 23:42

Manchmal
da wäre ich gern
ein Wort an sich
und nicht nur dessen Inhalt
sondern sein Zeichenkörper
jede Gerade
jeder Schwung
jeder Punkt
eines Buchstabens;
in der Leere
und Fülle
inmitten des "o";
in den physischen Zwischenräumen
der Worte

manchmal
da wäre ich lieber
nur Signifikant
und nicht Signifikat

Niko

Beitragvon Niko » 12.05.2015, 00:12

die intensivsten worte
sind die unausgesprochenen
sie halten wort
ohne ein versprechen
und sagen zu
mit dem atem der angehaltenen luft

ein wort aber weiß nur
es glaubt nicht

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 12.05.2015, 00:18

Die intensivsten Worte
sind die unausgesprochenen
deswegen
spreche ich dich so selten aus
denke dich nicht einmal
schweige dich mir
in jeden Wimpernschlag

Niko

Beitragvon Niko » 12.05.2015, 00:45

in jedem wimpernschlag
wohnt eine silbe
die hinter dem auge durchleuchtet wird
und dies wächst als wort herzwärts
und erzählt
deine geschichte

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 12.05.2015, 10:23

Mit jedem Wimpernschlag
schweige ich
Worte,
die ich lieber sprechen sollte

manchmal
wünschte ich
ich wär gedankenloser
und wortvoller


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