Prosalog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 23.07.2007, 18:09

Bild
Foto A.P. Sandor et moi


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Hier handelt es sich um einen Faden, in dem ihr euch prosaisch zurücklehnen könnt. Lasst euren Gedanken freien Lauf. Erzählt von euren Träumen, eurem Ärger, euren Problemen, euren Sehnsüchten, euren Beobachtungen, euren Wünschen, euren Phantasien, euren Ideen, eurem Kummer, eurer Wut, eurem Tag, euren Spinnereien … "Die Wahrheit" spielt dabei selbstverständlich keine Rolle.
Fühlt euch frei.

Lasst euch von bereits verfassten Texten inspirieren, greift das Thema auf, oder schreibt einfach "frei Schnauze"… alles ist erlaubt.

Ich bin gespannt!




Kleingedrucktes:

Damit eure Kostbarkeiten behütet bleiben, müssen folgende Regeln beachtet werden:

Bitte keine Kommentare
Keine direkten Antworten (zB. Gratulationen, Beileidsbekundungen, Nachfragen etc.)
Keine Diskussionen
Kein Smalltalk oder Talk überhaupt

Geht immer davon aus, dass alle Texte Fiktion sind.



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Zuletzt geändert von Nifl am 04.08.2007, 09:08, insgesamt 1-mal geändert.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.09.2008, 01:21

Nein

Ich will nicht mehr lachen, mich gut fühlen, Euphorie bis zur kleinsten Synapse empfinden. Das ist ein Scheißgefühl. Es schleudert dir nur die Gesetze des Lebens ins Hirn. So schnell, dass du denkst, es reißt dir die Haut vom Leib. In einem Stück. Und dann moderst du im Sumpf. Kehrtwende um 180 Grad. Und dann stimmt es, weil es so ist. Genauso. Pures Fleisch. Alles andere sind gepuderte Flachwichserspiegel. Nicht einmal Beton-Schminke könnte dem Flug standhalten, ratzfatz bist du wieder im Eisland. Nein, dann lieber gleichmäßig lau. Ein Gesetz. Nur eins. Kein Heiß-Kalt-Gericht. Diese Wechsel kann und will ich nicht einlösen.

Max

Beitragvon Max » 03.09.2008, 21:14

Während ich noch in dem Hemd, in dem ich geschlafen habe, Zeitung lese, klatscht es an der Balkontür. Als ich schaue, liegt dort ein Vogel, so groß wie meine Hand. Seine Schwanzfedern sind leuchtend orange. Er streckt die kleinen Füße von sich, auf seinem Gefieder versammeln sich schon die ersten Fliegen.
"Tot wie ein Traum!" denke ich und gehe duschen. Anschließend werde ich ihn begraben.
Als ich aus dem Bad zurückkehre, ist der Vogel noch an der gleichen Stelle, aber er hat sich aufgerichtet. Heftig pumpend schaut er in die Gegend.
Ich setze meine Morgenlektüre fort, von Zeit zu Zeit wandert mein Blick auf den Balkon, wo der Vogel unverändert hockt. "Vermutlich hat er sich bei dem Zusammenprall mit der Scheibe innere Verletzungen zugezogen", denke ich. Äußerlich ist allerdings nichts zu sehen. Wie eine Statue sitzt er vor meiner Tür. Schließlich beschließe ich ihn zu untersuchen. Als ich mich nähere, fliegt er davon.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 07.09.2008, 07:59

Sich seine Zeit verschieben.
Natürlich werd ich dir ein Zimmer richten. Es wird das schönste sein. Mit Blick aufs Tal und durch den Himmel auch aufs Meer. Einen eigenen Eingang kannst du haben und du bestimmst wann offen ist, wann nicht. Wäre das nichts? Keine Träne wirst du weinen, oder? Oder?
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 07.09.2008, 15:55

Als ich am Strand stand, die Füße noch in den Gummistiefeln, hätte es auch ein Foto sein können in einer Illustrierten.
Nur der Wind lachte mich aus und das Meer. Bis die nächste Welle kam. Ich hatte zu kurz gedacht, sie rollte über die Grenze. Schreikalt schwappte das Wasser hinein. Ich zog mich aus. Die Stiefel und meine Rüstung.
(Wie nah juchzen und schluchzen beieinanderliegen, fast meint man sie wären ein Paar.)
Dann zwischen Ankerrad und Unruhe; Bewegung. Bilder murmeln sich unter die Haut.

Später an diesem Tag. Eine warme Decke, schwarzer Tee mit Rum und Bernsteinkandis, geschlossene Augen. Eine Hand, in die ich mich lege.
Ich glühe aus der Kälte.
Am Strand fliegt der Rost.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 07.09.2008, 16:23

Mit einem gut ausgespülten Marmeladenglas war ich eines Abends einige Schritte weit ins Meer gegangen, um mir eine Welle zu fangen. Geduldig wartete ich den richtigen Moment ab und erwischte auch wirklich ein sehr schönes, lebendiges Exemplar, das im vorderen Fahrradkorb den ganzen Heimweg lang fröhlich schwappte, kreiselte und sich überschlug. Zu Hause angekommen stellte ich die Welle auf's Bücherregal und ging schlafen. Am nächsten Morgen war ich früh wach, und als ich nach dem Glas sah, schlief die Welle darin noch; aber als ich mit ihr zum Küchentisch ging, wurde sie wach und begann, sich im Glas zu recken und zu strecken.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.09.2008, 14:33

Welpenalarm

Heute wurden sie mir gebracht! Sie sind so putzig klein. Zehn Stück. Nur 20 cm groß. Ihr Fell ist schneeweiß und so schön glatt. Liebevoll streiche ich über ihre ebenen Körper. Und alle zehn sehen völlig identisch aus, als ob es Zwillinge wären. Ihre Mütter und Väter erscheinen dagegen riesig mit ihren 70 oder 80 cm Größe.
Nee, nie im Leben kann ich die Welpen anmalen und aufhängen schon mal gar nicht.
Welpenschutz!

Nifl
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Beitragvon Nifl » 10.09.2008, 22:27

Eine Grenze durch unsere Gesichter ziehen. Vielleicht würde sie auf einer Linie verlaufen. Vielleicht träfen ein paar Gedanken am Ende zusammen. Es geschähe bestimmt in kleinen Wachtürmchen. Jeder Gang bekäme einen. Kegelförmige Schindeldächer. Sie wartet unter allen Dächern. Auch wenn man tief durchatmete, dass der Brustkorb sich wölbt und senkt. Oder gerade dann. Und wenn ich über den Handlauf striche. An einem Ast (der immer mindere Qualität bedeutet hat) würde ich stocken. Und schliffe man noch so lange, die Äste blieben unter der Haut. Weil sie mir fehlen wird, die Wachtürmchenfrau.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.09.2008, 23:56

Nine-eleven

Horrordatum im Makro- wie im Mikrokosmos. Die Welt als globaler Voyeur von fliegenden und brennenden Menschen. Immer und immer wieder werden die Toten lebendig. Die Jumbos stürzen jedes Jahr in die Twintowers. Die Bilder werden schärfer, dramatischer, die Verschwörungstheorien mutieren in Zeitraffer.

Ich sitze erneut in Frankfurt im 6. Stock auf dem Dach, sehe direkt vor mir die Skyline, die Flieger, die direkt Kurs auf die Türme zu nehmen drohen.

Und mein Schwiegervater stirbt heute zum achten Mal.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 13.09.2008, 21:37

Am Schwarzen Brett im Tegut hängt ein Zettel: "Verschenke: 1 schwarzen Schlappohrhasen, 1 grauen Hasen". Darunter eine Telefonnummer.
Schon fast vorbei, kehre ich zurück, greife mir den bereitliegenden Kuli und setze "1 Keinohrhasen" hinzu.
Als ich eine Viertelstunde später im Hinausgehen wieder am Schwarzen Brett vorbeikomme, hat jemand anders "11 Keinohrhasen" daraus gemacht.
Deprimierende Vorstellung, wie 22 Keinhasenohren betreten mümmelnd einen Besitzer suchen. (Ich bin überzeugt, dass an einem Hasen alles mümmelt, auch Beine, Schwanz und Ohren, wenn er welche hat.)
Irgendwas stimmt mit mir nicht.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Peter

Beitragvon Peter » 13.09.2008, 22:18

Eine Frau


Du musst bei ihr gefasst sein, dass sie dir nahe kommt und an dir dort, wo du dein Herz vermutest,
einen Schalter dreht. Dass irgendein Dämmer den Raum befällt. Und du ihr nachsiehst, wo sie sich entfernt.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 15.09.2008, 21:24

Ein Mann

Du musst bei ihm nicht gefasst sein, dass du ihm nahe kommst und ihm dort, wo du sein Geschlecht vermutest, einen Schalter umlegt. Dass ein ganz bestimmtes Licht den Raum heilt. Und du dich entfernst, weil er dir nachsieht.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 16.09.2008, 13:36

Ein Paar

Zwei Menschen, die Hand in Hand auf die hippe Coffebar zusteuern. Sie in hochhackigen Lederstiefeln, neonfarben gekleidet, die Fingernägel leuchten orange, zieht hinter sich einen Turnschuhträger im Wollpulli. Ihrem Ziehen setzt er sein rückwärts geneigtes Körpergewicht entgegen. Er ist Widerstand bis ins vom Wind getürmte Haar.
Am Tresen bestellt sie einen Latte Macchiato mit Karamelsirup. Auch er nuschelt etwas. Auf Nachfrage der Bedienung erklärt er, dass er nichts wolle. Während sie sich auf einen Barhocker drapiert, bleibt er stehen.
Ich gebe ihnen noch zwei, höchstens drei Monat, dann sind sie getrennt. Manches Leid, denke ich, ließe sich verhindern, wenn man rechtzeitig in den Spiegel schaute. Gemeinsam.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 19.09.2008, 12:29

Wenn die Krankheit träumt

Einen Hamster zähmen, ihn lehren, auf dem Arm sitzen zu bleiben, indem man den Arm über Badewannenwasser hält, dass er jedesmal hinein fällt, wenn er nicht bleiben will. Und dir gegen Ende auffällt, dass er dir in den Arm beißt, in einem großen Stück, aber da ist er schon ganz kahl, hautig und weiß geworden, denn er ist tot von all dem Wasser, was du gebraucht hast, dass er dir gehört. Dass du dir gehörst.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.09.2008, 22:19

Wege

Ich gehe durch die Wüste. Nur dort finde ich meine eigenen Spuren. Verfolge ich sie zurück, stelle ich fest, dass ich oft neben mir her gegangen bin und frage mich, warum dies so ist. Immer geradeaus gehen kann ich nicht. Schaue ich mir die Spuren an, so erkenne ich, dass es kleine und große Wüsten gab. Ein alter Indio sagte mir einmal: Es ist wichtig, dass du die Wüste in dir kennenlernst. Setze immer einen Fuß vor den anderen, bis du an deine Mauer gelangst. Und wenn du dich verirrt hast, hock dich hin. Warte, bis der Sandsturm in deinen Augen versiegt ist. Dann dreh dich um und kehre in deine Spur zurück. Denk immer daran: in der Wanderdüne hinterlässt du keine Spuren.


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