Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 12.05.2015, 12:35

woher kommt ein gedicht
aus dem unaussprechlichen ungesprochenen
aus dem unerfüllten und ungedachten
wäre dies nicht
gäbe es kein berührendes
kein einziges ausgesprochen
erfühltes wort

Mucki
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Beitragvon Mucki » 12.05.2015, 13:54

ich spreche mein leben
am laufenden band
jede millisekunde wird seziert
programmiert zensiert
wer plappert da unentwegt
gedankenlos und bestimmt mein tun
wenn nicht ich selbst und doch
kann ich es nicht beenden
und das ist gut
plötzlich drängt nur ein einziges wort
frech und aberwitzig an die oberfläche
wird so quietschend laut
dass ich es sprechen muss
und dieses wort wird wahr
zum leitfaden meiner zukunft
unmittelbar

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birke
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Beitragvon birke » 12.05.2015, 16:13

worte wie wimpernschläge
(welch unpassendes wort)
oder flügelschläge, keine gedanken
kann ich heut fassen
fliegende fische, gedankenlos
verschwimmen buchstaben,
zerrinnen, zerreden
wortlos
lautlos
los
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

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nera
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Beitragvon nera » 14.05.2015, 01:49

transversum

flügelschläge erneut-
die mauersegler-
sie nisten seit jahren im giebel
zetern in meinem sommer
wenn ich samen bette
schnecken köpfe
stimmlos
nur das gezeter der mauersegler

und darüber das nicht ausgesprochene
dein leuchten
dass wir schon angekommen sind
zwischen säen und vergehen
bevor wir uns erinnerten
und du baust baumhäuser mit giebeln
und ich bette unser stummsein
zwischen laub
und die mauersegler wohnen in den giebel
vielleicht nur einen sommer
alle sommer

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.05.2015, 19:16

ständig sprach er von der donauwelle
er bräuchte noch eine
er müsse noch eine essen
er wäre noch hungrig oder unterzuckert

donauwelle - noch nie gehört
erst in der show der size zeros
lernte ich sie kennen durch googlebilderklick
das ist der gipfel

Nifl
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Beitragvon Nifl » 14.05.2015, 22:14

Ich lebe in Abhanden
abgestillt vom Wort
der Mauerseglerin
weil jeder landet
auch im Sommer
weil jeder irgendwann
zuhause sein muss
und die Kuchengabel auf dem Teller klirrt
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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nera
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Beitragvon nera » 15.05.2015, 01:51

transversale

-donauwellen, zitterwellen
zwischen hell und dunkel-
zwischen still und kakophonie

ein enzyphalogramm ein stottern
alles fliegt auch die pollen
und und und
alles wuchert auch die worte
google stolpert ins transkriptom

(süßes-sonst saures! herbstworte)
der gipfel ist unser hügel um die ecke
oder ein traum von fliegen
also platitüten
also
wer hat von meinem tellerchen gegessen
wer hat das gäbelchen ....

gestern habe ich einen silberlöffel aus den kompost gesiebt
und ein spiegel ist zersprungen
(transversales abhandenkommen
ankommen )
donauwellen hausen in jedem zuhause

das kraut wuchert
unbeeindruckt (druckt?)
wuchert
die kuchengarbe klirrt klirrt
kuchengabel
wuchert
ein kuchenbrabbel

Niko

Beitragvon Niko » 15.05.2015, 06:13

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.05.2015, 13:43



in den weißen strudel des gedichts



seit dich die worte nicht mehr stillen
ernährst du dich vom fleisch der tage
du wirst immer weniger du

bist anwesend abwesend manchmal
fragst du dich wann du das letzte mal
die mauern hast segeln sehen

das geht vorbei das geht
wie ein nächtlicher schatten
hör auf zu fragen hör

unter den grünen kirschen
das klirren der kreisenden löffel
schon zieht es in deiner brust


und sinkst du nicht


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 15.05.2015, 17:03

wenn das ziehen sinkt
und das Duften stinkt,
wenn das sinken zieht
und Gestank im Duft blüht,
dann wissen wir beide:
Das Bauen auf Kreide
Ist dennoch und eben
tödliches Leben

pjesma

Beitragvon pjesma » 15.05.2015, 20:25

xxx
Zuletzt geändert von pjesma am 04.08.2016, 11:35, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.05.2015, 15:33

lieb wollte sie sein
schmiegte sich an mich
eine zu schnelle bewegung von mir
sie sprang auf meinen arm
eine kralle verfing sich in der sehne
ich schrie und schüttelte
sie fiel nicht runter
jemand half uns
nahm sie in die zange
löste die tatze aus
meinem blutigen arm
nie wieder werde ich
lieb zu katzen sein
sie spüren das
und meiden mich
zum glück

Niko

Beitragvon Niko » 16.05.2015, 18:41

lieb sein dieb sein
andrer leute sieb sein
zangen fangen
banges drangverlangen
katzen tatzen
ratzfatz fratzenkratzen
verwegen erlegen
eben wegen leben

pjesma

Beitragvon pjesma » 16.05.2015, 20:59

xxx
Zuletzt geändert von pjesma am 04.08.2016, 11:38, insgesamt 1-mal geändert.


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