Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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birke
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Beitragvon birke » 30.09.2015, 22:54

mitgenommen
vom dunst der mauern
ums herz
schleicht durst, hunger
nach klarheit
wer nimmt dich so mit
wem ist es 
nie genug
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.10.2015, 13:38

es nimmt mich mit
in einem fort
fragen zu stellen
die meine innere stille killen
wann ist endlich ruhe
wann klaren sich die zweifelwolken
im kopf auf ins blaue

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Eule
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Beitragvon Eule » 02.10.2015, 12:37

Blaupausen im
Fenster der
Erinnerung un
Gespült geht
doch auch als
der Sinkstein an
der Wand minutenlang
zum Stehen kam konnte
gepulst ein bis zwei Takte lang
Ein Klang zum Sprachspiel.

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 02.10.2015, 22:04

Blaue Worte
treiben mich
in Erinnerungen,
deren Dispositionen
unwirklicher scheinen
als sie damals waren;
oder waren sie,
schon damals
in Wirklichkeit
illusorisch?

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.10.2015, 22:46

blaue gedanken
färben sich
immer nachts
wenn der alp sie treibt
ins dunkelblau
zerfasern illusionen
bishin in schlierige schwaden
und wenn der rauch aufsteigt
ist er mitnichten weiß
doch darum weiß ich nur
in meinen träumen

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 05.10.2015, 20:05

Eines Maitages
verliebten wir uns
färbten uns
in des anderen Augenlicht
du von novembrigem Blau
ich von septembrig dunklem Bernstein
das, was illusionär schien
verwirklichten wir uns
im Zartsein
im Lieblichsein
indem wir uns einfach nur anschauten,
und dann war die Welt
alles und nichts
so wie wir
einander
alles
und
nichts

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birke
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Beitragvon birke » 06.10.2015, 10:32

eines novembertags
fanden wir uns wieder
in einer zartheit
die uns abhanden kam
im dunkel
wuchsen blumen
sie wussten nichts
von uns, von den anderen
wollten wir nichts wissen
aber die zartheit
war scheu und zerbrechlich
im hellen
fanden wir sie wieder
seitdem
hüten wir uns
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.10.2015, 14:26

novemberklamm fühl ich mich heute
möchte meine haut kuschelweichwärmen
so schließ ich die augen und höre
ihnen zu die da ziehen gen süden
und spüre wie das gold der sonne
mir in die poren schwingt

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 10.10.2015, 22:09

Vielleicht
oktobern deine Worte schon
wie die Roteichen

vielleicht
fühl ich mich in meinem Schreiben
schon gen Spätherbst

dann
werf ich vor dir gern all meine Blätter ab
dann
streif die Sommersprache mir vom Leib
dann
lass ich die melancholischen Wolken durch mein Denken ziehen

Herbst und du
ihr beide
treibt die Funken in mir
zum Sprühen,
die göttlichen
und die teuflischen

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.10.2015, 20:41



herbst und du
faltest die hände
was hast du alles angelegt
umsteint
und nun
bleibt ein gedicht
auf deinen lippen liegen
nächte ufern aus

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 16.10.2015, 22:07

das was fällt
das schüttere laub im herbstwind
der regen, schnee vom kalten himmel
dein wort so ganz nebenbei
fällt auch eine entscheidung
ein urteil

was führt nur wohin
wenn immer nur von fallen
die rede ist...

Nifl
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Beitragvon Nifl » 18.10.2015, 09:46

Die Umzüge sind überfüllt
ich nehme mir den Herbst vor

Kastanien sättigen
Kürbisse sättigen

Steinchen klickern am Fensterglas
ich bin nicht da, ich bin im Herbst

Im Grunde eine Wiederholung

Mit anderen Kastanien
Mit anderen Kürbissen
Mit anderen Steinchen
(das ist keine dramaturgische Zuspitzung)

Wenn ich was vermisse
was ich nicht vermissen müsste
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 18.10.2015, 14:10



übers ziehen oder das alte lied
wieder holen wir uns nicht



ich muss

du musst

er sie es haben keine ahnung

wie das ist

mit dem vermissen dem klickern dem zwitschern

der stille

im herbst (ein klischee wie das reh)

wenn ich ein vöglein wär

und

ich steh

du stehst

am fenster

wir (dies grimmsche wort)

ich steh

du


wer hat das glas zwischen uns gedacht

berühren sich unsere kleinen finger nicht

zwischen punkt und gedankenstrich

entzündest du ein licht im gesicht

als könnte es den weg zeigen

als könnte es den weg gezeigt haben werden

um den konjunktiv der kürbisse herum

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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birke
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Beitragvon birke » 18.10.2015, 15:32

indikativ

honig kastanienklang
hungrig
ist der sommer
im herbst
stirbt man nicht
sondern sät oder erntet
und ich vermisse nichts
was ich vermissen sollte
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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