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Lyrischer Dialog

Verfasst: 11.08.2006, 17:59
von Nifl
Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

Bild

Verfasst: 05.02.2016, 21:13
von Gerda
so lässt du dir die welt servieren
frei haus
keinen ḱoffer musst du packen
keine route planen, benötigst
keine reiskostenrücktrittsversicherung:
du sitzt bequem zurückgelehnt
in der first class deines Wohnzimmers
das glas champagner
üblicher welcome drink bei neureichs
all inclusive und vom land nichts gesehen

Verfasst: 06.02.2016, 03:33
von nera
reiserücktrittsversicherung!?
wenn denn nun ein erdbeben 3 stunden vor dem landen meiner maschine flugmaschine meine reiseziel erschüttern tät oder eine virale plage nicht gedacht der vulkanausbruch oder ein schlangenbiss oder der ausbruch der krätze und volxfremder festivitäten, wie meeresprozesionen, überhaupt die vermischung eigener angelegenheiten mit regenzeiten oder götzenorgien...und dann der inhalt der importierten werte schon an den kredenzten schnitzel scheitert...und die taschen vollgepackt mit erwartungen oder negertänzen, huulohoop für fortgeschrittene und, shit, zur folklore gehört nun mal der muezzin morgens um 7. die welt? ist ein welcome drink und saubere betten und ein europäisches frühstück (nein, nicht englisch). und bitte schön...wenn ich schon reise....includition!

Verfasst: 10.02.2016, 20:09
von Mucki
bereise so viele länder
spreche alle ihre sprachen
kein beben kein flug kein terror
nichts kann mich schrecken
reise ohne gepäck
und ohne planung
einfach so drauf los
last minute ticket

träume weiter

Verfasst: 10.02.2016, 20:17
von pjesma
xxx

Verfasst: 12.02.2016, 19:51
von Herby
Wie leicht alles doch ist
freut sich das Kind still
der Ritt in den Wolken
nur die Geräusche
der Helikopter
Eltern stören

Verfasst: 12.02.2016, 20:20
von Gerda
rotorengeräusche
hier im tal beim bach
ein rettungshubschrauber
zwischen wald und wiese

der mountainbiker,
hat sich überschlagen
beim abflug vom hügel
vis à vis auf dem Holzsteg

über den bach das genick
gebrochen die steine
zu groß du hattest der welt
noch so viel zu zeigen

farewell charly

Verfasst: 13.02.2016, 16:39
von Mucki
wenn die welt still steht
hals über kopf
dich in die knie zwingt
sich alles in zeitlupe bewegt
und du nach atem ringst
stellst du dir fragen
die du noch nie gestellt
und du liegst einfach nur da
hörst deinen puls hart schlagen

die zeit pendelt sich ein
du fasst dir ein herz
und stehst auf

in diesem moment
begreifst du das wunder

Verfasst: 13.02.2016, 20:36
von Lisa
eine lupe

mit der man die zeit sehen kann
wie man sie vorrüberziehen lässt
zum greifen nah


Verfasst: 13.02.2016, 22:37
von Gerda
Perspektive

Ist es denn nicht die Zeit,
die uns vorüberziehen lässt?
Die Menschen wie Gras
das dahinwelkt und vergeht.
Beständiger Wandel in konstanter Zeit.

Verfasst: 14.02.2016, 19:34
von Ylvi


das phänomen der türen (auf zu)

ein fernglas mit dem man einen stern betrachtet
als müsste man ihn noch diesen winter beschneiden

und reicht nicht heran
und reicht nicht

das wundwasser der augen an deinen fingern
kleben harzige figuren und die stille

ein phänomen
dass es sätze gibt, die einem bleiben

es gibt doch gar keine tür


Verfasst: 15.02.2016, 15:14
von Mucki
sie leben in einem offenen haus
keine tür die verschlossen
kein schlüssel für den einlass
jeder ist willkommen
zusammenhalt bringt reichtum
schon immer von mir bewundert
menschen
die ein offenes haus
schenken und es leben

Verfasst: 21.02.2016, 02:57
von nera
das wunder der türen
wie alles klein wird
durch das eintreten
wie alles weit wird
und die schwelle
im dreivierteltakt
übertanzt
wenn vom dach die bässe
ins tal dröhnen
und zum fenster wieder in die wohnstube kriechen
oder die küche verwandeln

Verfasst: 21.02.2016, 10:29
von Nifl
Das Geschmeide eindellen

dieses Wort 'ist'
allein dieses Wort 'ist'

daneben gehen und alle Türen verpassen
im langen Flur zum Notausgang

dann knien auf dem alten Teppich
und das Ohr an der goldenen Klinke kühlen

da pocht es

es pocht nach mir

ich habe es beobachtet
ein Schnitt im ungedrehten Film

mein Fremdlicht

und die Hände winken von dort unten
fehlsichtig liebte ich schon immer

Verfasst: 21.02.2016, 22:49
von birke
aber in der nacht
sind alle türen durchlässig
verlass deinen körper
im traum
gehst du durch wände
unter haut
und ich sehe dich
und begreife dich
ganz sacht nur
klopf ich an
deinen schlaf:
spürst du, wie der mohn
aus dem gedicht 
dir zuwächst?