Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 21.05.2016, 01:51

wir feilschen und auch das
ist unser glaubensbekenntniss
dass wir feilschen dürfen oder müssen
und tango tanzen oder die räume
ausmessen mit unseren wünschen
und an den grenzen straucheln wir uns in die arme
fallen
weil wir uns einsam wähnen ohne uns
und jedes ich in ein uns
strapazieren
Zuletzt geändert von nera am 21.05.2016, 15:49, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 21.05.2016, 03:03

und manchmal möcht ich weinen
weil ich bin was ich fühle
da in jedem ton ewigkeit wohnt
wie ein vermächtnis treibender winde
unruhig und doch gelassen
und bereit zu umfassen
was mir unbegreiflich scheint

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birke
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Beitragvon birke » 21.05.2016, 10:14

in jedem ton liegt ein ganzes
leben voller wehmut 
und leidenschaft
und dieses ahnen
dass alles ein ende hat
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.05.2016, 12:33

und dieses ahnen vom ende
legt sich in jedes detail
wird zum omen
unheilvoll gelesen
und wenn das teelicht
ohne jeden windzug erlischt
wird das omen
zum beißenden ahnen
trügerischer gewissheit
zum warten
auf den anruf

Niko

Beitragvon Niko » 22.05.2016, 13:44

und wenn doch alles ein ende hat
so müssen wir vor allem
in jedem ende einen anfang sehen
ohne zu vergessen
dass jeder anfang endet

nur so behalten wir die spannung
die uns kraft gibt für jeden neuen augenblick

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birke
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Beitragvon birke » 22.05.2016, 22:59

gewisse enden
bergen keinen anfang
sie sind einfach
(zu ende)
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 23.05.2016, 09:46



gewisse enden enden nicht
sie ziehen einen pflug
und du kniest an den aufgeworfenen schollen schichten
und beobachtest einen zerteilten regenwurm
zählst die krümel in deiner hand
nur um nicht aufzusehen

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 23.05.2016, 23:09

enden im gewissen
sind endlos beschissen
sie wenden in kissen
die enden zu nüssen
und senden dem wissen
verblenden
und müssten dem wenden
enden senden

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birke
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Beitragvon birke » 24.05.2016, 08:56

enden wenden:
wann waten wir am meer
(oder laufen im kreis)
in inniger umatmung
tippfehler waren
oder warten oder sind
verirrt
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.05.2016, 12:20

ich wate im watt
warte auf das meer
hab mich geirrt
ich muss nach nordwesten
um die wellen zu testen
meer ist hier watt
hab das wa(r)ten satt

Niko

Beitragvon Niko » 25.05.2016, 15:25

warten auf etwas
ist wie stehen auf etwas
oder halten von etwas

es ist nichts
und bringt nichts
sättigendes

worauf wir bauen
ist das was zerstörerisch ist
und was uns über wasser hält
ist der tägliche untergang

Niko

Beitragvon Niko » 28.05.2016, 08:15

karneval


ausgelassen alles vernünftige
wird schwindelig geschunkelt
man küsst erlaubnislos
und hat allen grund sich
grundlos zu besaufen

kein auge bleibt trocken

immer gärt etwas aufwärts
aschermittwoch ist
keine wende ernüchtert
stellt man fest jeden tag
ertrinkt man ein stück mehr
atmet man mehr auf
und taucht weiter ab
völlig grundlos und
nach luft schnappend

.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 31.05.2016, 18:22

es gärt nach innen
diese ahnung die keine ist diese furcht
jeden tag jede stunde
nährt sie sich reichert sich an
sie atmet nicht mehr
das telefon könnte
das lied vom ende verkünden
nicht ohne grund
die gewissheit tickt in sekunden

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 31.05.2016, 19:32

nächtelang im schlaf ertrunken
bis der flieder verblüht
nebel nicht mehr von anfang künden
wenn ich jetzt aufwache
erinnere ich mich nicht
ein lichtfleck am boden
im wald


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