Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 31.05.2016, 22:54

nächtelang lauter lichtflecken
und dazwischen wie vergessen
ein tagweiter augenblick
in den ich zu fallen versuche
doch immer werde ich gehalten
von den nächten
die sich aus gestirnen nähren

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birke
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Beitragvon birke » 02.06.2016, 22:59

ich erinnere mich nicht
an morgen an das grün
schreib ich briefe
und dieses licht im wald
im holunder
blitzen worte auf
worte von dir
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Niko

Beitragvon Niko » 02.06.2016, 23:33

warum aber fallen meine gedanken
in klebrige schwarze höhlen
verschwendet bleiben sie
verschwunden unter der hoffnung
des wiederfindens
und nicht mehr zu befreien
vom häcksler der zeit

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.06.2016, 13:25

färben sich meine gedanken schwarz
denke ich mich zurück
in schillernde lichtanker
es ist eine frage der zeit
wie lange sie halten
im schwarzen moment
wie fest sie sich manifestieren
doch sie stehen bereit
in allen zeiten

Niko

Beitragvon Niko » 04.06.2016, 10:41

lichtgeankerte zeitfenster
mit zerborstenen jalousien
und winkendem glas
du erkennst den flaum zwischen den steinen
tanzt zu den befindichkeiten
eines stromers und zeitfressers
und alles ist im fluss
wohin du auch siehst
das leben schwimmt zwischen treibholz

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birke
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Beitragvon birke » 04.06.2016, 23:11

das leben ist treibholz
im bach oder im strom
irgendwo landet es
oder 
verliert sich
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

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nera
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Beitragvon nera » 08.06.2016, 02:48

ich erinnere mich
an eine motte
an gelbe blüten und schleier
und daran dass ich das
holz nachzeichnete die wurzel
liebkoste und der strom


der strom
ein zu vernachlässingtendes wort das mir zwischen den fingern verinnt oder unter den unter den
ein liebkostes - ein strom oder sturm oder ein dahinsiechendes... ein getröpfel ein sturm!

Niko

Beitragvon Niko » 10.06.2016, 01:09

am dorfrand
kippt ein glück
nach hinten nach vorne
das ist und bleibt offen
aber es kippt
und das ist besser
als bewegungslos

an meinen rändern
schlingen sich worte
fressen sich zur mitte
und blähen sich auf
ich wollte nur normales
wollte ruhiges fließen
doch in mir gären die worte
und zerreißen mich
und alles fällt zusammen
bevor es wächst
in ein sterbenswort

Klara
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Beitragvon Klara » 12.06.2016, 15:58

Das ganze Dasein
ein Stocken
ein Fließen
ein Schwimmen
den Kopf
über Wasser halten
mit diesem splitternd
zuverlässigen Stift:
das ganze Leben ein langes Gedicht
aus Sätzen, Wortfetzen
Buchstaben, chiffriert
ein suchendes Tippen
ein Greifen ins Nichts – ein Finden:
Legoland mit runden Steinen

Niko

Beitragvon Niko » 13.06.2016, 14:48

ein langes gedicht
aus schüttelreimen
rein und unrein
wir wissen so viel und
verstehen so wenig
weil wir uns nur über wasser halten
mit jedem wort
doch wir treiben nicht
auf uns zu jedoch stöhnt sich ein felsen
aus geschrieenem basalt
und der unausgesprochen lava
verlorener worte


.

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nera
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Beitragvon nera » 15.06.2016, 03:00

gestern lief ich durch den regen
tötete schnecken stolperte
über buchsbaumreste
ein wiederstandfähiges geästele
zwischen minze und giersch
totholz von einer ramblerschlinge
furchte sich in meine haut
während die amseln sich im efeu versteckten
vor der katze und mugin den kirschbaum bewachte
vögelten die meisen in der wilden zweschge
und ich vergoß eine träne für dem verhagelten mohn
und mein gedächtniss weinte
zum trotz und aus trotz lies ich die orchideen frei
die katze war bockiger schiss in die wohnung
wie sie es immer macht
wenn sie sich vernachlässigt fühlt
(manchmal beißt sie mir zur warnung vorsichtig ins bein)
die unausgesprochene lava, pele, die göttin
und dieser englische regen und der alte zorn
und immer noch töte ich
schnecken hätschele gurken oder sonstwas und
und sie beißt zärtlich
die katze das vieh
und es schreit aus dem beton dem gegossenem dem treiben
(einer sagt, dieses bild ist bauhaus und ich enttäusche)
(einer sagt, das ist romantik und ich enttäusche)
einer sagt wir sind aber ich töte schnecken und hätschele gurken
und züchte kraut und zweifel und tausche schnecken gegen zweifel
ich enttausche die silben die farben melodien von staren und krähen
oder
ein frettchen ein gewölk und die bruchpiloten
stöhnt die mauer verwaist

Niko

Beitragvon Niko » 23.06.2016, 09:41

meine mauern stöhnen vom
vielen halten sind sie
rissig geworden
wo bleibt mein schutz ich
sitze in verschlägen
zernichte die flügelschwünge
und zerrinne im vergehen

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Eule
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Beitragvon Eule » 26.06.2016, 10:38

Das Wasser staute sich über dem Abflussdeckel. Schlammig, bräunlich, es roch nicht. Neben mir sah ich jemanden schöpfen. Ab heute gibt es jeden Tag Wasser frei. Ob die Rechnungen weiter steigen ? Mir fehlt ein Term, der Fernseher geht noch. Jeder Haushalt braucht jetzt, nach einer zweijährigen Übergangszeit, Schwimmwesten für alle Anwesenden. Schwimmflügel müssen getrennt entsorgt werden.
Ein Klang zum Sprachspiel.

Niko

Beitragvon Niko » 28.06.2016, 16:01

es ist anders
über den ufern
lösen sich gedanken
und strömen himmelgrundtief
hinein in alles wolkenlose

ich falle ins nichts
vorbei an allem
was hängengeblieben
zerstäube die worte
und forme ein licht
Im prismatischen tag


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