Prosalog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 23.07.2007, 18:09

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Foto A.P. Sandor et moi


Prosafluss - Geheime Nachrichten - Flüsterpost - Prosapool - ungebunden - verbunden - Prosadialog - Prosakette - Prosa rhei - ungebunden - verbunden - Prosa - Blitzlichter - Prosalog - Wort zu Wort Beatmung - Prosafolge - ungebunden - verbunden


Hier handelt es sich um einen Faden, in dem ihr euch prosaisch zurücklehnen könnt. Lasst euren Gedanken freien Lauf. Erzählt von euren Träumen, eurem Ärger, euren Problemen, euren Sehnsüchten, euren Beobachtungen, euren Wünschen, euren Phantasien, euren Ideen, eurem Kummer, eurer Wut, eurem Tag, euren Spinnereien … "Die Wahrheit" spielt dabei selbstverständlich keine Rolle.
Fühlt euch frei.

Lasst euch von bereits verfassten Texten inspirieren, greift das Thema auf, oder schreibt einfach "frei Schnauze"… alles ist erlaubt.

Ich bin gespannt!




Kleingedrucktes:

Damit eure Kostbarkeiten behütet bleiben, müssen folgende Regeln beachtet werden:

Bitte keine Kommentare
Keine direkten Antworten (zB. Gratulationen, Beileidsbekundungen, Nachfragen etc.)
Keine Diskussionen
Kein Smalltalk oder Talk überhaupt

Geht immer davon aus, dass alle Texte Fiktion sind.



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Zuletzt geändert von Nifl am 04.08.2007, 09:08, insgesamt 1-mal geändert.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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nera
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Beitragvon nera » 20.12.2012, 23:47

google giggeln??? schmeckt es wie gigabite?
und keine zeit für kinderträume im gläsernen sarg. die stiefmutter zertanzt den spiegel, der jäger hat sie mit dem herz betrogen. das kind weint! hinter den bergen mit zwergen. ist es leicht, kindern in die augen zu sehen?
die hexe will hänsel essen, eine herziges weihnachtsmärchen. gut, dass wir es auch singen können!
du bist ja da, ein seegesunder halt, ein fels in den schlieren, bewaffnet mit dem faden der arachne..wenn der nikolaus zwerge beschert! wer löffelt aus? zwischen messer und gabel?

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 21.12.2012, 14:50

den schmerz aufgabeln. und dann?
mit dem verrat um die wette laufen, hinter sieben berge, über stock und stein. und wenn er fällt, dann...
einen weg aus scherben legen, damit man irgendwann zu sich selbst zurückfindet. ist es leichter, den faden zu verlieren, oder immer weiter an diesem elastischen band mit namen ich zu zerren?
allem kann man in die augen sehen, nur nicht sich selbst.

wer hat von meinem tellerchen gegessen und dann die gabel ins eigene spiegelbild gerammt?

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 21.12.2012, 22:46



er und ich - wie er von einem ins andere rutscht

und wenn er fällt dann ... bleibt er liegen

vermiss dich vergiss dich
lirum larum löffelstiel
die bösen worte löschen wir
nur ein bisschen bequemer hinlegen
so hm
die hüfte tut weh
s'brot liegt im kasten
s'messer liegt daneben
ei welch lustig leben
so hatte er sich das nicht prophezeit ende kalender
er reißt das letzte blatt ab
und sie wirft es vom balkon ohne das gebet darin zu sehen
schau mal wie schön es schwebt
ja schön meine stimme versandete
wem wachsen schon anfänge aus buschigen augenbrauen
dass der boden aber auch so hart sein muss totes holz
ein astloch wie eine katze die um den mund schleicht die augen trockenleckt
wie rau ihre zunge ist
mist ich muss mal
eva
es ist so leise hier
wenn ich jetzt etwas sage
amen zum beispiel
wer hört es dann
vergiss es

er will es laufen lassen
aber es geht nicht

und wenn er aufsteht ... hört er die engel singen

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.12.2012, 00:20


Es ist Zeit für all die Propheten, das Ende des Kalenders als Anfang zu sehen.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 22.12.2012, 14:32

liegen bleiben

mitten im freien fall

das ich an die glocke hängen
die wir selbst läuten
(aber nicht hören)

wer viel fragt
vergisst auch viel

während du schwebst
(das letzte kalenderblatt
das letzte laub am fast kahlen baum)
beginnt alles von vorn
(du liest es rückwärts)

und was da geht
geschwind über uns hinaus
ist der hauch einer ahnung
die verwandlung in rauch

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 23.12.2012, 01:51

Wortgesang der zweite

Der arme Perlmann spürt eine dauernde, richtungslose Bedrückung am ganzen ersten Tage einer wissenschaftlichen Konferenz, während er die nach und nach eintreffenden Gäste (die er übrigens alle persönlich kennt) begrüßen muss. Der Unwille, in die Position des Konferenzleiters hineingezwungen zu sein, verführt ihn zu gelegentlich abenteuerlichen Einschätzungen anderer: Er will sie gar nicht mögen. An seinem Kollegen Ruge zum Beispiel fällt Perlmann als erstes „sein großer, runder Kopf mit einer fast vollständigen Glatze“ auf, und in Gedanken fügt er hinzu: An seinem Schädel würde jede Kugel abprallen.

Gleich darauf drückt Ruge ihm eine Schrift in die Hand, einen „dicken Sonderdruck“, und darauf folgt der frappierende Satz: „Mit dürren Worten des Dankes nahm er den dicken Sonderdruck (…) entgegen.“

Der Satz leistet sehr viel mehr, als er inhaltlich aussagt. Da ist einmal das Wort Sonderdruck, das für sich schon etwas Bedrückendes hat; viel mehr als das Wort „Druck“ alleine. Noch bedrückender ist ein „dicker Sonderdruck“. Das muss ja jeden niederziehen, nicht nur den ohnehin seelisch angeschlagenen Perlmann. (Perlmann besitzt, wie an anderer Stelle erzählt wird, einen ganzen Schrank voller ungelesener Sonderdrucke, der so voll ist, dass er bei jedem Öffnen ein paar Bücherstapel erbricht.) Aber der besondere Effekt des Satzes ist die Geste, die er beim Lesen vollführt. Dürr, Dank, dick, Sonderdruck, das geht bong-bong-bong; kein Ping-Pong (was ja vielleicht noch komisch genommen werden könnte), also kein Hin und Her, sondern nur ein Hin, immer wieder auf die gleiche Stelle. Wie die Kugeln, die Perlmann gerade im Geiste auf Ruges Schädel abgeschossen hat.

Wie kommen solche Sätze zustande? Sind sie das Produkt langen Nachdenkens, oder rutschen sie von selbst aufs Papier oder in den Computer, um den Autor mit ihren ausladenden Gesten ebenso zu überraschen wie mich, die Leserin? Ich habe selbst manchmal solche Sätze geschafft, wie zum Beispiel über eine Bootsfahrt auf einem stillen Fluss, an dessen Ufern es „die Augen von versteinerten Zwergen“ zu sehen gibt – ein Satzgefüge, das fast ebenso gleichmäßig schaukelt wie das Boot. Aber meistens schaffe ich die Balance zwischen Form und Inhalt nicht, was heißt: ich produziere nur ein selbstverliebtes Dümpeln an der Hafenmole.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 23.12.2012, 11:45

Etwas. Und etwas mehr.

Perlmann ist ja nicht der einzige, über den die Worte hereinbrechen, ihn, und seinen schwachen (wenn überhaupt vorhandenen) Widerstand begraben.
"dürre Worte und ein dicker Sonderdruck"...
Aber selbst unter diesen Worten könnte Perlmann wieder aufstehen. Mit diesem Namen gesegnet: Perlmann! Und was soll das überhaupt sein: "dürre" Worte? Was ist das Adjektiv "dürr" gegen die Vorsilbe "Perl"?
Und schon hätte Perlmann den ersten Sieg errungen, das erste bong in ein ping verwandelt.

jondoy
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Beitragvon jondoy » 03.01.2013, 23:06

Etwas. Und etwas mehr.

Als ich mit dem Kopf an meinem 13. Lebensjahr anstieß,
beschlossen meine Eltern, ab sofort Essen im Supermarkt zu kaufen.
Als ich das, was sie da mitgebracht hatten, gegessen hatte,
liefen mir die Tränen runter,
es schmeckte nach nichts.
Ich protestierte und schrie, ich will das nie mehr essen.


Etwas. Und etwas mehr.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Lasset uns bloggen.
Gib uns unser Wort heute.
Gib uns jeden Tag davon. Und jeden Tag etwas mehr.

Unser Geist breite sich aus wie die Pest im Mittelalter
und leuchte über das,
was wir uns durch unseren Geist erschaffen haben.


bis ans Ende aller Tage.


bis in die Parallelwelt unseres Nachbarn.

Amen.


Lasset uns trinken.
Wasser mit Milcharoma.
Lasset uns essen.
Künstlich Gestrecktes.
Die längsten Bohnen der Welt.
Softbälle mit Tomatengeschmack.

Tischgebet.
Lieber Staat.
Gib uns echtes Brot und schenk uns reinen Wein ein.

Beamen.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.01.2013, 23:24


Wenigstens eine Träne finden

Mein Leben beginnt mit sechs Jahren. Schwarz-Weiß-Fotos bezeugen die fünf vorherigen Jahre. Ja, das bin wohl ich. Doch was hab ich in dieser Zeit getan, gedacht, geträumt, erlebt? Fragen habe ich viele gestellt an diejenigen, die es wissen müssten. Antworten waren es nicht, schufen nur weitere Fragen. Es sind doch nur fünf Jahre, sagen sie. Ja. Nur fünf Jahre. Aber sie sind schwarz. Ich möchte es wissen. Gerade das, was fehlt, so scheint mir, ist eben kein 'nur', sondern 'gerade' das, was mich prägte, was mich heute so und nicht anders tun, denken, träumen, erleben lässt.
Ich möchte nur eine einzige Träne aus den fünf ersten Jahren finden.

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 04.01.2013, 20:09

Die Jahre

Drei Jahre fehlen im Leben.
Anderthalb Jahre hinunter, anderthalb Jahre hinauf.
Niemals verblassende Schuld. Dann doch, auf einmal.
Nicht immer reichen Worte aus. Wenn Vögel zwitschern und die Sonne strahlt, ist alles gesagt.
Himmel oder Erde können sich öffnen. Lichtes Blau gegen dunkles Schwarz.

So soll es geschehen? Deshalb?

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.01.2013, 16:53


Wie ich mich wohl beim 'Spiegeltest' im ersten Lebensjahr verhielt? Hab ich mich selbst freudig begrüßt? Vielleicht mit hochgehobenen Ärmchen? Oder bin ich vor dem Fremdling dort schreiend davon gerannt?
Darauf wissen sie keine Antwort. Auch mein Selbstbewusstsein schweigt.
Oder ist dieses Schweigen die Antwort?

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Eule
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Beitragvon Eule » 06.01.2013, 11:38

Es gibt so viele Arten von Schweigen. Ganz leise schweigt das gehaltene oder arbeitet sich durchs Traumland. Ein schweres fällt aus dunklen Tagen, wird seufzend gelegt, tröstend, fällt wie Blätter im Herbst, abgelegt, vergangen.
Bilder, wie Gesichter, das Leben war reich und vielfältig. Geordnet, gut verpackt von uns selbst betrachtet, schon seit Längerem, stehen die Bibliotheken, ein Buch für jeden Tag, die meisten Seiten geschwärz. Ein leises Schweigen, behutsam öffnest Du den Einband, fällst in jedes Gefühl. Lege Spuren, damit Du zurückfindest.
Ein Klang zum Sprachspiel.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.01.2013, 21:46

Besuch Zuhaus

Dieses Weihnachten starben Vater seine beiden Papageienvögel, deretwegen er nie verreiste, mich also auch nie besuchte. Der große und der kleine. Der große Rote flog in den Schnee hinaus (die Behauptung, dass er dies nicht überleben könnte, machte seinen Tod wahrer als es ein Blick auf seinen Leichnam hätte fühlbar machen können). Über den verbliebenen Nymphen fiel die gezähmte Ratte in der darauffolgenden Nacht her (einsam schlummert man tiefer).

Die Möglichkeit, solch einen großen Freund, solch einen warmen Unterschlupf an Gefieder neben einem klopfenden Herzen verlieren zu können - ist wohl der Grund, weshalb Vögel nicht sprechen sondern singen. Alles andere ist tödliches Talent.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.01.2013, 16:08


Warum er niemals sang

Nie sprach er über sich. Über seine Qualen. Wir versuchten, seine Miene zu deuten, seine Gesten. Doch er verharrte in seiner Starre, zog sich zurück in sein Kämmerlein, dessen Zutritt er uns verweigerte, wie auch ärztlichen Rat und entließ uns in die Ohnmacht. Seine Sturheit, sein Verweigern führten zu seinem Tod. Nach seiner Beerdigung enthüllte sich uns sein Talent. Etliche Kisten wurden in seinem Refugium gefunden. In tausenden, mit krakeliger Schrift gefüllten Zetteln, schrieb er über seinen Schmerz, mit einer Intensivität, dass es mich noch heute krümmt.


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