Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 10.01.2010, 23:00

pyramidenblutkörperchen

man ich muss manchmal worte erfinden
für was es sonst nicht gibt

körnchen körnchen körnchen

lass dein klagen übertönen vom ozeanikding
vielleicht wird was draus

am untersten linkwinkel des schattens der pyramide


man ich könnte sagen, blut ist dicker als
für was man einen traum hält (wie ein kind an der hand)

wasser wasser wasser

lass dein säuseln

wie wäre das als sängerin
wie wäre das im gesang

mit dem kopf im gesang
mit allem im

wüstenlosen wasserlosen

ich
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.01.2010, 22:51


intonation

wenn stimmen ziehen
(immer eine handbreit über dem fluss
gesang)

wie ich mich schlich
(durchs schräge licht
schien ich zu schweben)
ins haus, die treppe hinauf
(die tür war aus den angeln
gehoben, so weit weißt du
von meinen flüchten)

deine fußspuren, ich folgte ihnen
(warmer rosmarinduft
du hattest den abend
gebadet)
zählte die zehen, so erstaunt
dass es dich gibt, als mensch
geboren

wachst du?
fragte mich dein gesicht
(deine augen wagten das blinzeln nicht)
und ich antwortete
mit einer geste
warf den stein in die luft
und er fiel auf den boden

da lachtest du
schenktest mir
tee in meine tasse
(kandisküsse)
ist das die möglichkeit?

ich lehnte mich
an diesen rahmen
(was dann geschah
träumst du nicht)

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.01.2010, 00:32


du schweigst dein schweigen
es fühlt sich warm an
es ist kein stillstand
es ist kein verschließen
du lädst mich ein
du schenkst mir raum
raum für meine hände
raum für mein lehnen in dein lassen
ich kenne deine gedanken
deine gedanken an warmes anlehnen
dein schweigen verführt
du weißt das
du wartest nicht umsonst

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nera
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Beitragvon nera » 20.01.2010, 01:39

mein schweigen fließt
wie wasser
in deine hände
dass du es bewahrst
für lärmende stunden
laß nicht zuviel
zwischen den fingern
verrinnen

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.01.2010, 22:02

das Beispiel (oder die Verwechslung der Wünsche)


was sie schrieb, was sie dachte
es wäre: das Leichte: es war
ihr strahlendes Gesicht
(ein Anfang)
es faltet sich über die Jahre, wird
beschrieben, von Außen, von Innen
durch Worte und Hände, wachsen
Wurzeln und Wände, aber darüber
immer der Himmel .. Menschen (man)

sie saß auf dem Stuhl, das linke Bein unter das rechte
gewinkelt, wie so oft, bis es einschlief
kribbelte und die Finger
(der Kleine ein wenig schief)
tanzten über die Tasten
(das sollte zum Vorwurf reichen)

das Fenster war gekippt
(dir das Gläserne, ihr der Rahmen)
so weit, weit wie möglich .. einen Spalt
(da wehte der Wind herein, dass die Sonne aufging)
sie sandte den Spatz, das Sagen quer im Schnabel
dass er vom Meer erzähle, wie er es sieht, emporgehoben

wie nichtig, unwichtig ist das
sag, darf er nur Steinchen picken
die das Leben zerreiben
ihr Stolpern beschreiben
das Schöne verschweigen

nur weil das Wasser spiegelt
reißt du ihr mit einem Satz (versteinerter Vogel)
die Maske herunter, darunter:
Muskeln, Sehnen, Knochen, Wundtränen
was dachtest du: ein flüchtiges Lachen?
nun muss sie sich neue Haut wachsen lassen
(dreh dich um, du, da schaut man nicht zu)
Neumonddünn
((umweht))

vielleicht war das der Grund

sie hatte die Gesetze des Fensterschließens, der Schwere, der Äxte, des Weidens am Leiden
sowie die Ausnahmeregelungen zu den einzelnen Paragraphen
vergessen, auch, dass das Beispiel als Beweis anzuführen wäre

dass sie nun zurechtgewiesen wurde. sie hätte
weil sie
also ich
ihr Erzählen sei
hohlköpfig (so!) hölzern

das schien ihr eine Gewichtung, Steinschlag (der fallen
gelassene Spatz) an den Zeilen diese Verkehrung
wo sie sanft sprach
steht nun ihr Fehlen
du beharrst darauf

"An Fädchen, mein Mädchen, wer bist du."

also beleuchtet sie die Bühne
für deine Vorstellung (Schatten
als seien sie einander Verwesung)
schreibt auf ein Faltblatt, das sie
an den Ausgang legt:
Atmest du Erde?

"Sie hören ein Marionettenspiel aus den Akten."

Rauschen, Klackern
ein kurzes Flackern

ich denke mir eine Luke zum Meer, dort die helle Stelle, wie tief sie mir geht

merkwürdig: wie leicht: ich bin
(ich liebäugele mit dem Wind)



[align=right]Inspiriert vom Prosalog[/align]
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

aram
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Beitragvon aram » 20.01.2010, 23:31

d e j a s t e t e rt r o p f e n v u

stein

hatte sich die tropfen anders -

ja, vielleicht

am abend solcher tage

der einfallende regen ließ nach

ein luftzug würde tragen

gewicht des steins lag

nicht mehr auf

der regen? lies nach -

der stein war so leicht geworden, und blieb

(stein)

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nera
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Beitragvon nera » 21.01.2010, 00:23

endlose tropfenfäden
auftürmen
stein für stein
und sie glänzen im regen
sind erde wasser
wachsen
endlos fragil
rastplatz
für vogel
falter

Nifl
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Beitragvon Nifl » 21.01.2010, 20:10

Steinfrüchte entsaften (auch im Winter)
ach, zum Erweichen
und Hagel und hart

Sie würde Luftzeug tragen
wie eine große Königin
und zur Hochzeit ein Vogelkleid (die Schwungfedern wurden nie gestutzt)
(sie ist kein Huhn)

Überaus Türme, Glastürme.
Es gibt ihn auch
den Taubenabwehrgroßhandel

Und es klingt warm, wenn Kerne gegen Scheiben fliegen
rasten, endlos rasten
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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nera
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Beitragvon nera » 24.01.2010, 23:59

dornen aus stacheln
auf simsen
da landet kein vogel
auch nicht im winter

aber luftzeug wird sie tragen
schimmernd wie schmetterlingsflügel
butterhexe sie
sahnediebin
die schwungfedern werden nicht gestutzt

wer braucht schon simse
oder
oder folienkrähen
wenn kerne frühwarnend
warm klingen

sie trägt luftzeug
sie fliegt

(nur der saft, der saft färbt die lippen
so rot, schneewittchenrot)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 26.01.2010, 20:40

Lippenhaut ist dünner (vielleicht noch dünner als Luftzeug)
Hagebuttenhärchen haben sich verhakt
Phantomschmerz schneewittchenrot
ich will mich verträumen
über Erinnerungen stolpern
auf der Grünen Tonne dichten (die Fässer sind mit Wein gefüllt)(sieben Tage)
bis der Deckel nachgibt
die guten Butterrosen
als träte man drauf (Geräusche wie bei Hundekot)

Lippenhaut lässt sich auch ziehen
bis ganz zu ihr (labellolächelnd)
aber sie würde ihren Mund zuknallen (ich auch)
und wellten die Lippen wieder weich
ach, es wäre zu spät
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 26.01.2010, 23:25

dort, wo die Phantome blühen


wie wellten die Lippen wieder weich
als er von den Butterrosen sprach
wäre es beinahe Sonntag geworden
und sie frühstückten auf der Veranda des Taubenhauses
lauschten den Liebellen

sie hatte es sich so gewünscht
dass Aschenbrödel abfärbte
dass sie eine Bauzeichnung
auf dem Tisch liegen ließ
eines traurigen Tages

die Fenster (ihre Türen) waren vergittert
weil, weil!
es wieder zu schön wäre
um verschissen zu werden (das muss man der Realität lassen)
also wenn
die Lippen
als er
wie wurde ihr weich

(er hat sich gemausert, das spürt sie am Holz)

so bleibt sie, schreibt
bis die Hagebutten platzen
Schnee fällt und taut
dort, wo die Phantome blühen
und man getrost
die Gitter entfernt
weil, weil!

wie wurde ihr weich
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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nera
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Beitragvon nera » 29.01.2010, 23:27

ach deine honiglippen
wie sie lächeln
du träumst
schon von der nachschneezeit
von schneeglöckchen
christrosen
die fenster weit geöffnet
auf der treppe zum garten ein sommerschuh
als hätte aschenbrödel ihn verloren
(du hast ihn kurz getragen wegen dem sommergefühl
dir dann die selbstgestrickten socken übergestreift)
ein lufthauch streift deine lippen
ein gruß wie butter und honig
ein kuss von
phantomas

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.01.2010, 00:46


unsere masken reiben sich
wie vögel schnäbeln
lippen springen nicht aus der schale
verbergen die harte nuss
wie soll man sie knacken
die paranuss drängt sich immer nach oben

Nifl
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Beitragvon Nifl » 31.01.2010, 14:06

Einrichten in der Mandelschale

Fenster sockenverhangen
einst flogen wir im Krähenschnabel (weißt du noch?)
(für einen Blick)
Schneedecke sollte uns Tod nicht sein
Einen kleinen Spalt Frühling
den versprachen wir uns
Lippen hinter Verwehungen
bei Rot gehen
in all das Bleich
und mausern
mausern bis in den Morgen

Einrichten in der Maske

weil du mich verwirbelst
in den Wind hauchst
als sei ich kein Schneemann mehr
mit festem Bauch

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"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)


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