Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 09.11.2019, 15:59

nein ich bin das nicht
ja ich bin das
meine Erbschuld
meine Signatur
meine Blutgruppe
am Oberarm
dort habe ich mich angefasst
und geschüttelt

die Mondin schweigt
hat mich abgerundet
reicht mir ihre Poesie
als Stütze
weiter

sitze Kiel oben
und du kommst
immer am Wasser entlang
lächelst
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 09.11.2019, 16:01




ein schlichter satz und du hast mich
wieder mitten im herz

das bleiche innen
tragen wie ein küken
vor dem ersten flaum
fürchten – das ziehen
ist nie verschwunden
wir sind zu weißnichtwas (bohnenstroh!)
habe laub darüber gehäuft
für die igel! ja, liebe leuchtest du
und ich
dimme )) und dimme
und es wird nicht nacht
schaust du hin schaust du weg
deine hände deine lippen - schwärmen
und diese verfluchte wärme geliehener pullis


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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birke
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Beitragvon birke » 09.11.2019, 16:06

sind wir nicht alle
melancholisch in dieser zeit
da die zeichen auf sturm stehen
strick ich dir keinen pulli
sondern einen vers
aus unkratzigen worten
(mit etwas mond)
du wirst sehen
wir werden nicht
aus dem gedicht kippen,
wir haben noch nicht mal fahrtwind
aufgenommen hab ich nur dein glitzerwort
das haarscharf am wasser entlang
kratzt, weil es so zeilennah
glänzt, glänzt
wie meine ab
und an wesenheit
im gedicht
wer vermisst
wen vermisst
du oder ich
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Kurt
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Beitragvon Kurt » 09.11.2019, 17:22

„Nimm keine Mäuse
aus der Welt.
Sie werden von
vielen gemocht.
Nimm den
Menschen heraus.
Den braucht keiner.“
„Oh, nein, gar anhänglich
sind dessen Darmbakterien,
und auf seiner Haut
siedelt blühendes Leben.“
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

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birke
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Beitragvon birke » 09.11.2019, 17:39

genug
mit der gefühlsduselei
denkt sich der kurt
und haut mal
deftig
auf den tisch
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Nifl
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Beitragvon Nifl » 09.11.2019, 21:17

Der alte Tisch und seine Macken

Von schräg oben
im richtigen Licht
sehe ich die Blaupause
Schlaufen bis zum Bauch
Bögen und Zierhäkchen
Vertiefungen tausender Worte
kalligraphische Abdrücke
von dir und mir

Träumerle sagst du
Wurmlöcher und
spiegelglatte Festplatten
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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birke
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Beitragvon birke » 10.11.2019, 12:06

auf ein gedicht

und einen kaffee
sitz ich am küchentisch
mit blick auf die birke
das fenster ein spiegel fast
traumkalligraphie
ich denk an dich
und setz worte
behutsam
neben einander über
und untereinander
bis es sich fügt
und manchmal kann ich mich nicht halten dann
fliegen die finger
übers papier
wie ein prelude
als regentropfen
oder als reißender fluss
bedacht muss es sein und
beherzt
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Nifl
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Beitragvon Nifl » 10.11.2019, 16:24

Windbestäubte Gedichte

Das Kleid im Klangspiel
raschelt beschwingt
zittrige Tausendfinger
hellgelbe Spiegel
kleine Galvanometer
verführerische Gaukler
drehen und wenden sich
aufeinander zu (immer)
legen mir deine Bilder
in die Hände (nicht bewegen)
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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birke
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Beitragvon birke » 11.11.2019, 14:52

nicht bewegen
flüstert das gedicht
zum klangspiel
bauscht sich
seit wann trägst du ein kleid
wenn ich durchs haus tanze
dreht sich dein name
bodentaumel
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.11.2019, 19:12

Das Birkenkleid
fällt langsam
verführt noch meine Blicke
bei Kaffeeduft und Traumresten
werde ich die Stimmung auftragen
mich dann zu den Igeln legen
auf deinen Bodentaumel warten
damit ich dich halten kann
im Gedicht
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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birke
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Beitragvon birke » 12.11.2019, 11:00

birkentaumel
und jedes blatt fällt
dir einzeln zu
im laub kniet
die sprache
neigt sich
zu dir
und den igeln
im gedicht
halt ich die hand
aufs herz
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Beitragvon Nifl » 12.11.2019, 19:04

Herbstgedichte duften

Wir mit den feuchten Knien
gestrandet im Herbst
schmeicheln uns warm
unsere Worte haben sich
gefunden
auf dem Beet
mit dem schlafenden Frühling
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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birke
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Beitragvon birke » 13.11.2019, 00:11

und wir legen unser ohr
das eine, eine!
an den boden
(hörst du die stille der erde)
ich sehe dich an
und unsere gedanken
fliegen zueinander
miteinander
verbinden sich
zu mehr
als einem
gedicht
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Beitragvon Nifl » 13.11.2019, 18:35

Die Stille ist vorbestimmt
das ist der rote Ton
wenn das kleine Wunder kommt
die Ferne zu einem Punkt schrumpft
eine Ahnung wird
die glücklich macht

Dann erhebt sich das Brausen
von Moment zu Moment
und ich lege deine Blätter auf meine
streiche die kleinen Härchen glatt
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)


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