Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 23.01.2018, 21:27

die sehnsucht
nach jemanden
der versteht
was man sagt
ist übergroß.

spreche ich verständlich?

Niko

Beitragvon Niko » 24.01.2018, 01:43

űbergroß
mund lachen die gesten
űbergroß gewesen
vor diesen kleinen abmachungen
den strandstűrmen und nichtsflauten

und es geht seinen gang
verschwindet in angemessene höhlen
treibt sich rűckwärts
im vortrieb
und verspiegelt sich
űbergroß

Niko

Beitragvon Niko » 04.02.2018, 20:32

"Ach bliebe ich genügsam, so liefe mein Herz über in Fülle."

zwischendurch sehe ich
angewachsen an meinem unglauben
die erde ist mein hirte

an den wurzeln grünt das vergessen
ein wort würgt mehr und mehr
den stamm
kann ich nicht stutzen
er stützt mich

herrlich sind die zweifel
ein nachtisch aus hoffnung
ich bin so satt
so hungrig

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.02.2018, 18:33


zeitinsel

zweifel nähren den hunger
nach gewissheit
treiben mich hetzen mich
zur täglichen stundenroutine
mir auferlegt
mir aufgezwungen
rastlos
tick tack tick tack

lange währte es
mein begreifen
die wundersame erkenntnis

diese mir auferlegte stunde
sei kein zwang keine hetze

sie ist zeitinsel

allein für sich

vollkommen


Klara
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Beitragvon Klara » 25.02.2018, 16:24

Ein schmales Bett im Hotel Amsterdam Null Uhr acht Die Hand
Verlangt nach dem Schreiber
Ich bin meine eigene Sekretärin
Gehorche

Die Müdigkeit steckt noch im unteren Rücken
Kriecht langsam nur hoch. Ich lasse sie kommen mit Wonne

Die fremden Geräusche im Ohr
Ein Schrei – oder ist es ein Lachen
Motorengeräusch, ein Klacken, das Raschen der Spülung
Hotelzimmersurren und vielleicht, wenn ich will, eine nächtliche Möwe

Ihren Klang nehme ich mit in den Schlaf
Gute Nacht, Hamburg –
Zuletzt geändert von Klara am 25.02.2018, 16:29, insgesamt 2-mal geändert.

Klara
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Beitragvon Klara » 25.02.2018, 16:26

Guten Morgen, Hamburg!

Bei dir sind die Mülltonnen rot und die Enten frei
In dicken schicken Häusern wohnen Brieftaschen ihren Menschen bei
Meine Mutmaßungen gehen an ihnen vorüber

Ich bin außen vor Ich schaue in verschneiten Buchstaben Punktfeine Flocken
Die man so nur nennt in Ermangelung eines besseren Wortes Verwischen mir die Tinte
An der Außenalster auf nüchternen Magen

In Hamburg sind viele Hotels in einem Am Dammtor
Sitzen junge Frauen mit Badetüchern um Kopf und Hintern an nackten Beinen in Fenstern
Ohne dem Winter einen Blick zu gönnen

Ich nehme mir vor nicht gierig zu werden
Sondern zu bleiben und später „zuhause“ im bitterkalten Berlin
keine große Sache daraus zu machen wenn ich die Ernte des Tages in diesen Zeilen

Einfahre.

Niko

Beitragvon Niko » 26.02.2018, 19:09

mittwoch
im nachbarhaus spielte jemand
eine variation über gefallenen schnee
ich hörte
in den tasten ein zittern
über gestorbene augenblicke

seezungen die
ins gespräch kamen
mehrsprachig umwogend
ein händedruck in der aussprache
bei der einsargung
auftauchender namen

und ich schließe

mein stift ist ein hohlweg
kennt nichts von hiroshima
und den tönen des rentiers
von unerhörten gebeten
und das blatt bleibt ein bahnhof
ein geflüsterter brunnen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.02.2018, 19:44


dieser frost flüstert nicht
beißt sich in meine haut
piekt und pickt
mit abermächtigem maule

will aus derselben fahren
sie mir vom körper reißen
so ich es könnte

wäre meine haut
der sprache mächtig
(der bewegung ist sie es wohl und wie!)
schriee sie sich die seele aus dem leibe

meiner treu!
ich folgte ihr

Niko

Beitragvon Niko » 28.02.2018, 00:07

wäre meine haut nur
erde über einem stein
ein verstummen der scherbentäler
so bliebe meine flucht
nur ein lied

die töne verschwimmen zu fischen
splittern wortlos in nöten
und meine haut
ist ein palmzweig
in der stummheit der fragen
trifft ein wort
auf ein licht
in lupinen

doch mein tauherz
schlief mit dem frost

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.03.2018, 19:47


verklungen ist des frostes lied
garstig war's und übelst mir
regen übers land ruhig rieselt
in fäden fein gesponnen
das herz in mir sich sacht erwärmt
frohes mutes gewahr ich nun
des frühlings bunte boten




Nifl
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Beitragvon Nifl » 10.03.2018, 09:53

Es scheint als befüllten sie Nebelbänke
nähmen ihre Sonne nach innen

Schneeglöckchen welken immer
ziehen ihre Hände weg

und ich verhungere ausgestreckt
nehme das Pumpgeräusch des Spenders
wahr

uns sauber reiben
nach blanker Erde streben
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 10.03.2018, 11:12

die Nacht reicht nicht
mich von den Gedanken des Tages zu erholen
kein Schlaf hält aus
was ich nicht träume

Nifl
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Beitragvon Nifl » 10.03.2018, 11:58

Träume besetzen fremdes Gebiet
übertreten die Erlaubnis
schlaftrunken halte ich sie aus
entziehe den Sinn
streiche mich glatt
und da bin ich dann
nehme dich zum Engel

Das Wort Ablammstall hat Bestand
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 10.03.2018, 15:02

Bist du in dem Moment
(was das schwerste ist)
vergeht dir keine Zeit sondern ist
so wie du in ihr bist
mit ihr fließt
(was das schwerste ist)
wie ein Lamm in der Herde dem Mutterschaf nach und voraus
Zeit für Zeit Zeit für Zeit Zeit für Zeit
Himmelnah
(was das schwerste ist)
Bist du da Bist du hier
(dieses Leichteste ist so hart ist so weit ist so klar)
Stehst und Schwimmst Lachst und Sinnst Hältst und Gibst
sthira-sukham-āsanam


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