Rilke-Panther-Projekt

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 06.01.2007, 14:09

Hier findet ihr verschiedene Lesungen des Panthers von Rilke, den er einst im Jardin des Plantes sah. Wer auch eine Lesung beisteuern möchte, kann diese einfach in diesem Thread in einem Beitrag anhängen. Jeder kann mitmachen, also keine Scheu. Ich hoffe, viele Versionen kommen zusammen. Bitte nennt eure Datei nicht einfach "panther", sondern setzt euren Namen dazu, denn auf dem server müssen die verschiedenen Dateien unterschiedliche Namen haben.

Bild

(Das Bild habe ich im Herbst in Paris selbst aufgenommen @copyschutz)


Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.


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Hörversion von Paul
Zuletzt geändert von Lisa am 18.02.2007, 13:32, insgesamt 10-mal geändert.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 27.03.2007, 23:43

Liebe Elsa, lieber NJ,

wie gesagt: gerade über diese triviale Schopenhauersche-Mitleidsethik wollte ich hinwegkommen. Aber was soll's. Als es mit Nietzsches Vernunft zu Ende ging, umarmte er schließlich auch einen Droschkengaul.

"Dann" ist kein Nebenwort, weil es sich auf "manchmal" bezieht und einleitet, was viel zu selten geschieht: Erkenntnis.

Gute Nacht Grüße

Paul

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 27.03.2007, 23:58

Paul Ost hat geschrieben:
"Dann" ist kein Nebenwort, weil es sich auf "manchmal" bezieht und einleitet, was viel zu selten geschieht: Erkenntnis.

Gute Nacht Grüße

Paul


Lieber Paul,

Es ist ein Adverb.

Tut mir Leid, wenn ich dich verärgert habe.

Guten Nacht,
Elsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.03.2007, 01:12

Hallo Paul,

eine sehr eigenwillige Lesung ,-)
Saludos
Mucki

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 28.03.2007, 07:42

Hallo alle,
ich bin gestern auf diesen Thread gestoßen und habe manche Versionen gehört, aber nicht alle Kommentare gelesen.

Paul schrieb: ich wollte mich ausnahmsweise mal nicht mitleidend mit dem Panther identifizieren


Ich habe mich nie mit dem Panther identifiziert sondern war immer auf der anderen Seite der Stäbe. Ich wollte das eine Bild sein wollte, das der Panther aufnimmt und in sich einläßt. Vielleicht will der Panther ja die Welt hinter seinen Stäben gar nicht sehen, weil sie ihm nicht wichtig ist. Und es ist eine Auszeichnung, für denjenigen, der trotzdem seine Aufmerksamkeit errregt und zu ihm in seine Welt durchdringen kann. (Gilt im übrigen sowohl beim tatsächlichen Zoobesuch als auch im übertragenen Sinn.)

Die verschiedenen Fassungen zu hören, war sehr interessant.

liebe Grüße smile

Nihil

Beitragvon Nihil » 28.03.2007, 09:56

.. wenn wir schon die Metaphysik bemühen wollen, dann geht es in Rilkes Panther nicht um Erkenntnis (allein im Menschen ist diese Möglichkeit als Möglichkeit der Verneinung des Willens überhaupt gegeben .. und nichts ist seltener als dieser Akt .. beim Tier kann der Wille, wenn überhaupt, allein durch Schmerz, d.h. durch Hemmung des Willens überwunden werden .. insofern wäre der Panther auf dem besten Weg zur Erlösung - für den Beobachter eine freudige Erkenntnis - und ich denke so meinst du es auch ..) als vielmehr um den Willen als metaphysisches Prinzip und dem Ding an sich und um dessen Hemmung .. Hemmung des Willens bedeutet nichts anderes als Schmerz und deshalb kann auch nicht so einfach über den Panther gelacht werden .. der Panther ist durch und durch gehemmt, was nicht zu verwechseln ist mit der Gnade der Resignation .. bei der Resignation hat sich der Wille verneint und aufgehoben und darum ist hier die Freude und die Gelassenheit - beim Panther ist der Wille gehemmt und darum ist hier der Schmerz, die Verzweiflung, die Hoffnungslosigkeit ..

Das Bild, das "hineingeht", ist die Welt der Vorstellung, in der sich der Wille als Motiv darstellt - das Bild hört darum auch im Herzen auf zu sein, weil das Streben des Willens nach dem vorgestellten Motiv in der Situation der Gefangenschaft, in der Situation der Hemmung nicht möglich ist .. wobei ich mich frage, ob der Schluss bereits die Erlösung enthält, weil das Bild und damit der Wille einfach aufhört zu sein und nicht zu noch mehr Schmerz führt .. eine interessante Fragestellung - insofern nämlich wäre das Panthergedicht eine Erlösungsdichtung - ich denke, dass es beides ist - eine Leidens- und eine Erlösungsdichtung, wobei Erlösung, d.h. die Aufhebung des Willens über das Erleiden erreicht wird und doch verbleibt Rilke im Mitgefühl für die leidende Kreatur ..

Soviel zur Metaphysik in Rilkes Panther ..

LG

Nihil


P.S.: Lieber Paul - und wenn du mich fragst, dann lässt der Panther schlicht keine andere Lesart zu, so eindeutig liegen hier die Dinge .. Rilkes Panther IST die dichterische Darstellung Schopenhauerscher Philosophie .. andererseits - von einer sehr hohen spirituellen Warte aus betrachtet, könnte man den Text durchaus so lesen wie du ihn liest - ich habe buddhistische Mönche schon über Dinge herzlich lachen gehört (und Pferde kotzen gesehen .. :mrgreen:), bei denen mir selbst das Lachen im Halse stecken geblieben ist - reine Verstandeserkenntnis ist wesentlich schmerzfrei .. nur wo Wille ist, ist auch Schmerz und Lachen kann Grausamkeit bedeuten, aber auch die höchste Form des Mitgefühls .. letztlich ist alles eins und dieses Eine selbstverschuldet - insofern wäre der Panther der Narr im selbstverschuldeten Käfig, der nun die Leiden der Bejahung des Willens, der Akt durch den alles ist, zu erleiden hat und je mehr er leidet, desto näher ist er der Erlösung, d.h. der Verneinung des Willens .. aber auf diese hohe Position stellt sich Rilke nicht .. bei dem Panther ist eindeutig - wie du ja selbst anmerkst - die Mitleidsethik des Meisters angesagt ;-)
Zuletzt geändert von Nihil am 28.03.2007, 15:39, insgesamt 8-mal geändert.

Nihil

Beitragvon Nihil » 28.03.2007, 11:00

Liebe smile,

wenn du das Bild sein möchtest, dann möchtest du Objekt sein, nicht Subjekt und eben das ist der Kardinalunterschied zwischen den Prinzipien M und W .. deine Lesart ist sehr weiblich ..

LG

Nihil

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 28.03.2007, 11:26

Hallo Nihil,

deine gesungene Version hat mir sehr gut gefallen und ich habe meine weibliche dazugesungen.

(Über deine philosophischen Ausflüge muss ich erst noch nachdenken.)

lg smile

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 28.03.2007, 13:59

Hey Nihil,

Mist ich habe keine Zeit, muss dringend nach Frankfurt, aber eins zu Schopenhauer und der nicht angeblich nicht vorhandenen zweiten Lesart. Zunächst einmal finden sich in Schopenhauers Wille und Welt (mindestens) zwei Tonarten. Die Mitleidsethik einerseits und die kalte Sprache des Analytikers, der die Welt des Willens beschreibt.

Niemand zwingt mich, eine Tonart als einzig mögliche zu betrachten. Nietzsche hat Schopenhauer ja beispielsweise seiner Mitleidsethik entkleidet, was ja auch sinnvoll ist, da diese der schwächere Teil seiner Metaphysik ist.

Nun gar Rilke allein auf Schopenhauer festzunageln, greift völlig zu kurz. Andersherum wird ein Schuh draus. Wenn Du das Gedicht so interpretieren würdest, wie Du es tust, dann ist das nicht falsch, aber langweilig.

Stell Dir einen Germanistik-Dozenten vor, der einhundert Proseminararbeiten zum Panther lesen würde und alle hätten dieselbe Interpretation: LANGWEILIG. Es gibt andere Lesarten. Immer. Hier auch.

@ elsa,

Du hast mich nicht verärgert. Ich meinte "Nebenwort" im Sinne von nebensächlich, nicht als grammatikalischen Begriff, wenn es den überhaupt gibt.

Ich finde, ihr seit in eurer Interpretation sehr eingleisig. Deshalb gebe ich auch in Arbeiten niemals nur ein Thema. Wer soll denn immer dasselbe lesen wollen...

Grüße

Verd**** ich muss los!

Nihil

Beitragvon Nihil » 28.03.2007, 14:13

Liebe smile,

W möchte von M Wert empfangen .. was W in diesem Gedicht lockt, dass sind die männlichen Konnotationen wie z.B. "geschmeidig starke Schritte" etc. und das Raubtierhafte als solches, welchem W sich zu unterwerfen Bedürfnis ist .. deine Sichtweise als die weibliche Sichtweise ist für mich Bestätigung dessen, was ich über W gelesen habe und durch Feldforschungen ;-) belegen konnte .. W ist ohne Mitgefühl und rein sexuell - selbst Rilkes Panther erregt W kein Mitleid - sie nimmt nur das Faunische an ihm wahr .. die seelenlose Undine ist die platonische Idee der Frau .. das jetzt aber nur als objekiver Kommentar von mir und nicht, um dich als Frau beleidigen zu wollen - im Gegenteil - ich schätze es hoch, wenn Frau zu sich selbst steht und sich nicht verstellt ..

LG & danke für soviel Offenheit

Nihil
Zuletzt geändert von Nihil am 28.03.2007, 17:50, insgesamt 2-mal geändert.

Nihil

Beitragvon Nihil » 28.03.2007, 14:27

Lieber Paul,

ich habe doch eingeflochten, dass es indirekt eine zweite, optimistische Lesart gibt, namentlich die der Erlösung der Kreatur in der Aufhebung des Willens durch erlittenes Leid .. ich empfinde meine Interpretation nicht als langweilig, sondern als wahr und als die einzig richtige - ich habe sie mir übrigens ganz allein "erdacht", unabhängig davon wieviele Interpretatoren vor mir zu demselben Schluss gekommen sein mögen .. Rilke dürfte als Dichter zudem mit Schopenhauers Philosophie vertraut gewesen sein .. war er es nicht, so ist es einmal mehr Bestätigung der Schopenhauerschen Philosophie .. dein Problem ist, dass du einen neuen Zugang zu dem Gedicht finden WOLLTEST und du dabei das Offensichtliche, d.h. seinen Gehalt schlichtweg übergangen hast - nun ist das Originelle nur dann originell, so es auch wahr ist .. die Wahrheit des Gedichts triffst du in deiner Lesart aber nicht .. (obwohl .. ;-) siehe Nachtrag - es ist ein langer Weg zur Wahrheitsfindung ..)

LG

Nihil

P.S.: Nietzsche hatte eine Leidenschaft - die Leidenschaft der Verkehrung .. die Verkehrung war sein WILLE und wie ist Nietzsche geendet? In der Verkehrung, in der völligen geistigen Umnachtung! Er hat diesen Weg beschritten und geerntet was er gesät, d.h. GEWOLLT hat. Nein, ich lese so jemanden nicht! ;-) Ich mag auch seinen Stil nicht besonders ..
Zuletzt geändert von Nihil am 28.03.2007, 17:16, insgesamt 3-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 28.03.2007, 14:45

Hallo Nihil,

das Raubtierhafte als solches, welchem W sich zu unterwerfen Bedürfnis ist

es geht nicht um Unterwerfung sondern Anerkennung, Gleichstellung
W ist ohne Mitgefühl und rein sexuell

Das hast du mir schon einmal geschrieben. Die Frauen, die ich kenne haben eher das Problem zuviel Mitgefühl zu haben, zumindest solange sie lieben. :engel2:
das jetzt aber nur als objekiver Kommentar von mir

doch wohl eher sehr subjektiv

Ich lausche mal meiner Aufnahme und denke über den Panther nach. ;-)

LG smile

Nihil

Beitragvon Nihil » 28.03.2007, 17:12

Kleiner Nachtrag:

Lieber Paul,

nicht, dass du mich missverstehst - es liegt mir fern, deine Lesung zu verschmähen oder kritisch zu zerreißen .. in Wahrheit mag ich sie und finde sie sehr erfischend und erheiternd, gerade weil du Rilkes Panther gegen den Strich bürstest und dahingehend eben gerade diese hohe Warte einnimmst (für mich), von der aus betrachtet die Leiden transzendieren und ich denke, dass auch viel Mitgefühl, nicht Mitleid, welches ja nichts Gutes ist, in der Erheiterung mitschwingt .. und damit hast du dem Panther ein Stück Leid genommen und den Interpretationen die Betroffenheit, die auch mir (insbesondere die eigene ..) zuweilen schwer auf den Keks geht .. und die Leiden des Panthers nur mehren, anstatt sie zu schmälern ..

„Ist einer Welt Besitz für dich zerronnen,
Sei nicht im Leid darüber, es ist nichts;
Und hast du einer Welt Besitz gewonnen,
Sei nicht erfreut darüber, es ist nichts.
Vorüber gehn die Schmerzen und die Wonnen,
Geh’ an der Welt vorüber, es ist nichts."

( Anwari Soheili)


LG

Nihil

P.S.: Deine Lesung befindet sich nicht mehr auf der Seite des Willens als vielmehr auf der schmerzlosen Seite der Erkenntnis ..

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 28.03.2007, 18:51

Lieber Nihil,

was Du in Deinem P.S. schreibst, trifft so ungefähr das, was ich beabsichtigte. Was das Verhältnis von Rilke und Schopenhauer betrifft, so möchte ich hinzufügen, dass Rilke wohl auch Nietzsche gekannt hat. Als er schrieb (um die Jahrhundertwende), war Nietzsche zum ersten Mal so richtig in. Schopenhauer dagegen, galt da schon als ein wenig per se. Dies nur so als Erinnerung aus meinen literaturwissenschaftlichen Tagen. Daher wäre diese Lesart nicht aufgestülpt, sondern durchaus möglich.

Wenn Du Schopenhauer lieber magst als Nietzsche, sei Dir dies verziehen. Ich habe beide auf ihre Art gern gelesen, fand aber Schopenhauer politisch korrekter.

Gerade war ich in Frankfurt und muss sagen, es erinnert mich an Paris. Könnte aber auch am Panther gelegen haben.

Beste Grüße

Paul Ost, der gar nicht böse ist, wenn man seine Lesart nicht teilt.

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leonie
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Beitragvon leonie » 28.03.2007, 19:39

Oh, da eröffnen sich mir als Nichtphilosophin und Nichtliteraturwissenschaftlerin ja ganz unbekannte Welten.
Ich hatte zwischendrin die Idee, ob man es nicht so betonen (bzw. fast leiern mit Akzenten) kann, dass man die Monotonie der Stäbe hört, fühlte mich dann aber nicht in der Lage, das umzusetzen.
Wäre spannend, welche Philosophie dann dahinter stehen könnte...

Liebe Grüße den Fachmännern

leonie


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