Morgendämmerung
Verfasst: 08.10.2006, 19:56
Hörversion
Morgendämmerung (neue Fassung vom 08.10.06)
Vier Uhr morgens. Noch ganz im Rausch der heißen Disco-Nacht, schlendere ich durch die leeren Gassen Santiagos. Barfuß, die durchtanzten Pumps in der Tasche, sehe ich die Stadt mit neuem Gesicht. So still, so friedlich. Ich höre die an bunten Leinen hängende Wäsche rascheln. Alles schläft, selbst die Zeit. Kein Licht hinter den zugezogenen, vermoderten Rollläden. Die sonst an jeder Ecke streunenden Hunde zeigen kein Interesse am Müll, liegen träge auf dem noch kühlem Boden. Wundersame Empfindung, seltsame Klarheit verleihen mir eine nie erlebte Leichtigkeit. Selbst die Morgendämmerung zögert; soll sie oder nicht? Zeitloser Moment. Von Müdigkeit keine Spur. Ich fühle mich überaus wach, genieße die Ruhe dieser sonst von Lärm und Hektik überquellenden Stadt. Wohlwissend, mich ganz allein in einem der berüchtigsten Viertel Santiagos aufzuhalten, findet Angst keinen Raum in meinem verzauberten Gemüt. All meine Sinne aufs Äußerste geschärft, vernehme ich plötzlich den lieblichen Duft frisch gebackenen Brotes. Ich folge dem lockenden Geruch, gehe durch viele verwinkelte Seitenwege, als er vor mir steht, der Straßenverkäufer.
Begegnung zweier Menschen in der Stille. Lächelnd bietet er mir eine heiße tortilla an. Und - welche Freude - Butter dazu, köstlich! Aus zwei verschiedenen Welten kommend, sind wir in diesem bizarren Moment die einzigen Menschen in der Millionenmetropole. Ich wünsche ihm schließlich einen erfolgreichen Tag und ziehe meiner Wege. Die Morgendämmerung hat sich entschieden. Die Stadt erwacht zum Leben. Das tobende Chaos aus vorbeirasenden Autos und Stimmengewirr verdrängt die Stille, doch den erlebten Augenblick der Zeitlosigkeit kann mir niemand mehr nehmen. Ein wunderbares Geschenk, welches mich Santiago mit anderen Augen sehen lässt.
Morgendämmerung, äußeres und inneres Erwachen.
© Gabriella Marten Cortes
Morgendämmerung (neue Fassung vom 08.10.06)
Vier Uhr morgens. Noch ganz im Rausch der heißen Disco-Nacht, schlendere ich durch die leeren Gassen Santiagos. Barfuß, die durchtanzten Pumps in der Tasche, sehe ich die Stadt mit neuem Gesicht. So still, so friedlich. Ich höre die an bunten Leinen hängende Wäsche rascheln. Alles schläft, selbst die Zeit. Kein Licht hinter den zugezogenen, vermoderten Rollläden. Die sonst an jeder Ecke streunenden Hunde zeigen kein Interesse am Müll, liegen träge auf dem noch kühlem Boden. Wundersame Empfindung, seltsame Klarheit verleihen mir eine nie erlebte Leichtigkeit. Selbst die Morgendämmerung zögert; soll sie oder nicht? Zeitloser Moment. Von Müdigkeit keine Spur. Ich fühle mich überaus wach, genieße die Ruhe dieser sonst von Lärm und Hektik überquellenden Stadt. Wohlwissend, mich ganz allein in einem der berüchtigsten Viertel Santiagos aufzuhalten, findet Angst keinen Raum in meinem verzauberten Gemüt. All meine Sinne aufs Äußerste geschärft, vernehme ich plötzlich den lieblichen Duft frisch gebackenen Brotes. Ich folge dem lockenden Geruch, gehe durch viele verwinkelte Seitenwege, als er vor mir steht, der Straßenverkäufer.
Begegnung zweier Menschen in der Stille. Lächelnd bietet er mir eine heiße tortilla an. Und - welche Freude - Butter dazu, köstlich! Aus zwei verschiedenen Welten kommend, sind wir in diesem bizarren Moment die einzigen Menschen in der Millionenmetropole. Ich wünsche ihm schließlich einen erfolgreichen Tag und ziehe meiner Wege. Die Morgendämmerung hat sich entschieden. Die Stadt erwacht zum Leben. Das tobende Chaos aus vorbeirasenden Autos und Stimmengewirr verdrängt die Stille, doch den erlebten Augenblick der Zeitlosigkeit kann mir niemand mehr nehmen. Ein wunderbares Geschenk, welches mich Santiago mit anderen Augen sehen lässt.
Morgendämmerung, äußeres und inneres Erwachen.
© Gabriella Marten Cortes