XX. Sonette aus Sonetten an Orpheus, 1. Teil

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Schwarzbeere
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Beitragvon Schwarzbeere » 07.01.2007, 11:20

Hier ist ein rhythmisches Paradepferd, nein, ein Paradeschimmel, aber der ist ja auch chevalin? Ich verspreche, keine weiteren Rilkeverse mehr einzustellen, vorläufig zumindest.

Hörversion

Dir aber, Herr, o was weih ich dir, sag,
der das Ohr den Geschöpfen gelehrt? -
Mein Erinnern an einen Frühlingstag,
seinen Abend, in Rußland -, ein Pferd...

Herüber vom Dorf kam der Schimmel allein,
an der vorderen Fessel den Pflock,
um die Nacht auf den Wiesen allein zu sein;
wie schlug seiner Mähne Gelock

an den Hals im Takte des Übermuts,
bei dem grob gehemmten Galopp.
Wie sprangen die Quellen des Rossebluts!

Der fühlte die Weiten, und ob!
Der sang und der horte -, dein Sagenkreis
war in ihm geschlossen.
Sein Bild: ich weih's.



Aus: Die Sonette an Orpheus, Erster Teil (1922)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.01.2007, 15:10

Hallo Schwarzbeere,

wieso willst du versprechen, keine weiteren Hörversionen von Rilke einzustellen?
Au contraire, mein Lieber,-) Tu es!

Es war mir ein echter Hörgenuss, wie du trabend, dann galoppierend dieses Sonett in meisterhafter Manier vorgetragen hast.
Eine Kunst ist es, wie du liest, wahrhaftig einer Meister der Stimme bist du!
Mehr davon!
Ich bin sehr angetan:)
Saludos
Magic

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Schwarzbeere
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Beitragvon Schwarzbeere » 09.01.2007, 17:39

Danke Magic,

ich dachte mir schon, dass der "Schimmel" für eine Lesung ergiebiger ist als der "Panther", und ich versuchte dies zu belegen. Da ich - wohl eine ziemlich allgemeine Erscheinung - nur allzu leicht der narzissistischen Versuchung unterliegen könnte, rede ich mir selbst gut zu, von einer Überfütterung des Hörbarsbereiches mit meinem Pathos abzusehen und zu der ehrlicheren Beschränkung auf die etwaige Lekture von Eigentexten zurückzukehren, da dabei zumindest etwas geschaffen wird, das man nicht im nächsten Ausverkauf am Wühltisch billig und (manchmal) besser erstehen kann.

Trotzdem habe ich mich über dein Lob gefreut - vielleicht auch aus dem angeführten Grunde, da ich mir ein Ähnliches für einige Zeit versagen will.

Mit roten Ohren und rotgerändeten Augen schicke ich dir liebe Grüße. Schwarzbeere


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