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Ab Monat Juni ist ein Neueinstieg nicht mehr möglich.
Peng! (Startschuss)
Prosa-Marathon bis zum 01. Mai 2014
(Feierabend)
Nach Dienst hieß der Kommissar Kurt. Als er gegen sieben Uhr nach Hause kam, begab er sich als erstes in die Küche, in der noch das Frühstücksgeschirr auf dem Tisch stand. Die Küche sah beinahe so schlimm aus wie Brösels Arbeitsplatz im Fernsehstudio. Der Kommissar räumte alles in die Spülmaschine, holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Während der nächsten halben Stunde sank der Pegel in der Flasche fast bis zum Boden, während der Kommissar nach und nach zu Kurt wurde.
Wenig später klingelte es an der Tür: Seine Schwester Sabine kam, wie jede Woche, um seinen Junggesellenhaushalt zu kontrollieren und ein paar gesunde Lebensmittel beizusteuern. Sabine war klein, kantig und kregel wie eine Turnerin. Kein Mensch hätte ihr angesehen, dass sie gerne kochte. »Sag mal«, legte sie sofort los, »stimmt das, dass unser Brösel einem Killer zum Opfer gefallen ist?«
»Woher weißt du das denn? Und was meinst du mit unserem Brösel? War der Allgemeingut in deiner Frauengruppe?«
»Ach Kurt, der arme Brösel. Ich habe es an der Arbeit gehört.« Sabine arbeitete in einem Grafikbüro, in dem den ganzen Tag das Radio lief. »Ich hab seine Kochsendung fast immer geguckt, wenn ich Zeit hatte«, erklärte sie und räumte Dinkelbratlinge und Bärlauchpesto in den Kühlschrank. »Die lief im Vorabendprogramm, immer montags und donnerstags. Wenn ich ausnahmsweise mal pünktlich aus dem Büro kam, hatte ich es gerade passend. Manchmal habe ich auch was von seinen Sachen nachgekocht. Er hatte wirklich gute Ideen; nichts, was zu viel Arbeit macht.«
»Was denn zum Beispiel?«
Sabine überlegte: »Pichelsteiner. Gulasch. Sauerbraten. Überbackene Schnitzel. Bodenständige Küche halt.«
Da der Kommissar schweigend an seinem Bierrest nuckelte, hakte sie vorsichtig nach: »Irgendeine Ahnung, wer der Mörder ist?«
»Nein. Du?«
Sabine lachte in ihrer üblichen Art – beinahe lautlos, aber es schüttelte sie von Kopf bis Fuß. »Nein, deine Arbeit machst du mal schön selbst, Kurt. Aber wenn du mich so fragst, irgendwie komisch war der Brösel schon. Ich habe mich oft gefragt, was der wohl im Privatleben so treibt. Ob er eine Frau hat, zum Beispiel.«
»Bestimmt nicht. Wenn doch, hat er sie jedenfalls gut versteckt«, antwortete der Kommissar trübe. »Ist denn in der Klatschpresse irgendwas bekannt von einer Freundin?«
»Nicht dass ich wüsste.« Sabine wusch sich die Hände mit einem Spritzer Spüli.
»Oder stand er auf Männer?«
»Keine Ahnung. Weißt du ....» Sabine griff nach einem Handtuch und schaute zur Decke hinauf, während sie jeden Finger einzeln mit dem Handtuch abrieb. »Manchmal ließ der Brösel in seiner Sendung merkwürdige Andeutungen fallen, was ihm wirklich Spaß machte. Zum Beispiel panschte er gerne … er fuhr mit den Fingern in den Hefeteig oder ins Gehackte. Nix mit Rührlöffel, immer mit beiden Händen rein. Wenn er Buletten machte mit rohem Ei und Semmelbröseln … bisschen eklig war das schon. Sogar den Salat hat er mit bloßen Händen gemischt. Er meinte, dann fällt nicht soviel neben die Schüssel. Womit er recht hatte, ich hab es probiert.«
»Berufsköche machen eben alles etwas anders«, meinte der Kommissar neutral.
Sie zuckte die Achseln: »Meine Salatschüssel ist auch so groß genug. Und dann, fällt mir gerade ein, hat der Brösel bei jeder Gelegenheit erzählt, dass er gern die Schlachthäuser am Hafen besuchte. Keine Ahnung, ob das alle Köche machen. Mir kam es komisch vor. Er ging in die Kühlhallen und guckte die Schweinehälften an, wie sie am Haken hängen. Ästhetisch fand er die. Hat er gesagt.«
Ästhetische Schweinehälften. Der Kommissar seufzte und griff nach der Bierflasche, aber sie war leer. »Hast du schon mal mit Räuchertofu gekocht?«
»Räucher-was? Was ist das denn?«
»Ich weiß nicht, irgendwas aus Soja. Willst du auch ein Bier? Es müsste noch was im Kühlschrank sein. Wenn du es hinter all dem Zeug, das du gerade hineingepackt hast, noch findest.«
Nach Dienst hieß der Kommissar Kurt. Als er gegen sieben Uhr nach Hause kam, begab er sich als erstes in die Küche, in der noch das Frühstücksgeschirr auf dem Tisch stand. Die Küche sah beinahe so schlimm aus wie Brösels Arbeitsplatz im Fernsehstudio. Der Kommissar räumte alles in die Spülmaschine, holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Während der nächsten halben Stunde sank der Pegel in der Flasche fast bis zum Boden, während der Kommissar nach und nach zu Kurt wurde.
Wenig später klingelte es an der Tür: Seine Schwester Sabine kam, wie jede Woche, um seinen Junggesellenhaushalt zu kontrollieren und ein paar gesunde Lebensmittel beizusteuern. Sabine war klein, kantig und kregel wie eine Turnerin. Kein Mensch hätte ihr angesehen, dass sie gerne kochte. »Sag mal«, legte sie sofort los, »stimmt das, dass unser Brösel einem Killer zum Opfer gefallen ist?«
»Woher weißt du das denn? Und was meinst du mit unserem Brösel? War der Allgemeingut in deiner Frauengruppe?«
»Ach Kurt, der arme Brösel. Ich habe es an der Arbeit gehört.« Sabine arbeitete in einem Grafikbüro, in dem den ganzen Tag das Radio lief. »Ich hab seine Kochsendung fast immer geguckt, wenn ich Zeit hatte«, erklärte sie und räumte Dinkelbratlinge und Bärlauchpesto in den Kühlschrank. »Die lief im Vorabendprogramm, immer montags und donnerstags. Wenn ich ausnahmsweise mal pünktlich aus dem Büro kam, hatte ich es gerade passend. Manchmal habe ich auch was von seinen Sachen nachgekocht. Er hatte wirklich gute Ideen; nichts, was zu viel Arbeit macht.«
»Was denn zum Beispiel?«
Sabine überlegte: »Pichelsteiner. Gulasch. Sauerbraten. Überbackene Schnitzel. Bodenständige Küche halt.«
Da der Kommissar schweigend an seinem Bierrest nuckelte, hakte sie vorsichtig nach: »Irgendeine Ahnung, wer der Mörder ist?«
»Nein. Du?«
Sabine lachte in ihrer üblichen Art – beinahe lautlos, aber es schüttelte sie von Kopf bis Fuß. »Nein, deine Arbeit machst du mal schön selbst, Kurt. Aber wenn du mich so fragst, irgendwie komisch war der Brösel schon. Ich habe mich oft gefragt, was der wohl im Privatleben so treibt. Ob er eine Frau hat, zum Beispiel.«
»Bestimmt nicht. Wenn doch, hat er sie jedenfalls gut versteckt«, antwortete der Kommissar trübe. »Ist denn in der Klatschpresse irgendwas bekannt von einer Freundin?«
»Nicht dass ich wüsste.« Sabine wusch sich die Hände mit einem Spritzer Spüli.
»Oder stand er auf Männer?«
»Keine Ahnung. Weißt du ....» Sabine griff nach einem Handtuch und schaute zur Decke hinauf, während sie jeden Finger einzeln mit dem Handtuch abrieb. »Manchmal ließ der Brösel in seiner Sendung merkwürdige Andeutungen fallen, was ihm wirklich Spaß machte. Zum Beispiel panschte er gerne … er fuhr mit den Fingern in den Hefeteig oder ins Gehackte. Nix mit Rührlöffel, immer mit beiden Händen rein. Wenn er Buletten machte mit rohem Ei und Semmelbröseln … bisschen eklig war das schon. Sogar den Salat hat er mit bloßen Händen gemischt. Er meinte, dann fällt nicht soviel neben die Schüssel. Womit er recht hatte, ich hab es probiert.«
»Berufsköche machen eben alles etwas anders«, meinte der Kommissar neutral.
Sie zuckte die Achseln: »Meine Salatschüssel ist auch so groß genug. Und dann, fällt mir gerade ein, hat der Brösel bei jeder Gelegenheit erzählt, dass er gern die Schlachthäuser am Hafen besuchte. Keine Ahnung, ob das alle Köche machen. Mir kam es komisch vor. Er ging in die Kühlhallen und guckte die Schweinehälften an, wie sie am Haken hängen. Ästhetisch fand er die. Hat er gesagt.«
Ästhetische Schweinehälften. Der Kommissar seufzte und griff nach der Bierflasche, aber sie war leer. »Hast du schon mal mit Räuchertofu gekocht?«
»Räucher-was? Was ist das denn?«
»Ich weiß nicht, irgendwas aus Soja. Willst du auch ein Bier? Es müsste noch was im Kühlschrank sein. Wenn du es hinter all dem Zeug, das du gerade hineingepackt hast, noch findest.«
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Weder Erwartung, geschah nichts Bedeutsames. Es erschien keine aufgescheuchte Menschenmasse bewaffnet mit Heugabeln, kein besorgter Priester mit Weihwasserflasche unter der Kutte. Gar Keiner erschien, um sich zu beschweren über den Klang der Glocke zur ungewöhnlicher Zeit. Alles schlief. Nur der unbeschwerte Mond stieg lautlos aus einer Wolke heraus, entblößte, wie unbeteiligt, sein fleckiges Gesicht über der Gegend und übergoss die Landschaft mit grellem, leuchtendem Milchlicht. Der Glockenklang hallte in der Stille nach und Tanja erkannte von ihrem Standort, dass die Seele nicht nur aufgehört hatte zu pfeifen, sondern dass sie sie von ihrem Baum, mit seitlich geneigtem Kopf und hervorgestreckten Schultern, etwas aufgesetzt neugierig und angespannt betrachtete. Tanja tat ein paar Schritte in ihrer Richtung, und blieb zögernd stehen. „Was soll ich ihr den sagen? „ fragte sie sich.“Komm mit nach Hause, vielleicht?“
Links führte ein Weg entlang des leichten Gefälles durch die Weizenfelder. Rechts befand sich der unbefahrbarer, kurzer, steiler Fußpfad ins Dorf, an dessen Ende, sich die ersten Häuser befanden. Und das Erste unter den Ersten, erinnerte sie sich noch, das Haus ihrer ersten Liebhaber. Plötzlich kam ihr die Erleuchtung: „ So also! …wie flach, wie prätentiös, wie bedeutungsgeladen…! Was soll das jetzt werden, eine Lektion über die Suche nach der verlorenen Unschuld? Geschwärme nach Jugend? Sehnsucht nach Geborgenheit? …Wie dämlich ist diese Seele denn!?“ Tanja lachte leise und ironisch auf ,und auch etwas erleichtert, amüsiert mit der Vorhersehbarkeit dieser durchschaubaren, kitschigen Seele, und lief , jetzt schon ganz unerschrocken zu ihr, bäumte sich unter ihren Hängefüßen auf und schaute fast mitleidig nach oben zu ihr.. „Was für ein Fehlgriff, was für ein Fehlgriff, sich ausgerechnet da zu verstecken“ wollte sie sagen „was erhoffst du dir, du törichte Seele noch zu finden an dieser uralten, schon damals unbedeutenden Geschichte, was für einen unverzichtbaren, überzogenen, übertragbaren Sinn dichtest du dieser Vergangenheit an? Knapp daneben ist auch Vorbei, du dummes Ding…““ So dachte sie, aber sprach kein Wort heraus. „Die wird schon als erste aufmucken müssen, schon mal um es zu verraten in welcher Sprache sie sich artikuliert…“ beschloss Tanja und fühlte sich dabei auf einmal so sehr viel überlegener und weißer als diese ganz offensichtlich, verirrte Seele.
Die Seele aber vermittelte gar keinen verwirrten Eindruck.. Sie streckte sich selbstsicher, gähnte genüsslich und lautschmatzend und richtete den Rücken gerade an der Baumrinde. Gemütlich angelehnt in ihrem Hochsitz grinste sie die Tanja dreist von oben an und schwieg. „Alles eine Pose“, schmunzelte Tanja, “sie weiß ja gar nicht was sie da tut, die Arme“ und schon wollte sie vorsichtig den Arm strecken und versöhnlich einen der Füße mit der Hand zu berühren, als die Seele völlig unerwartet und nicht minder unverschämt laut furzte und schrecklich laut zu lachen anfing.
Tanja stieß ein Seufzer der Empörung aus und hob automatisch die beiden Hände über den Kopf als würde sie einen Angriff abwehren, oder als würde sie sich ergeben. Als würde sie diese da Seele gleich aufgeben.
Die Seele äffte ihre Bewegung nach mit gespielter, übertriebener ernsthafter Miene und auch ihren Seufzer machte sie ziemlich gut nach, nur um unmittelbar danach noch lauter und höhnischer weiter zu lachen .
Diese Respektlosigkeit versetzte Tanja in einen Wutzustand und sie gab augenblicklich ihren Plan auf, die Seele als erste reden zu lassen. Sie holte tief Luft ein, um der Seele gleich Alles ins Gesicht zu sagen, was ihr durch ihre Haltung zustehen würde, als jene sich rasch und geschmeidig von ihrem Zweig abstieß und zu Boden sprang um sich vor der Tanja aufzurichten. Auge in Auge standen sie da, so dass sich ihrer beiden Nasen fast berührten. Nach einer Betrachtungssekunde, hauchte die Seele ganz langsam und deutlich und ohne zu zwinkern direkt in Tanjas Gesicht ein leises „Buh.“
Links führte ein Weg entlang des leichten Gefälles durch die Weizenfelder. Rechts befand sich der unbefahrbarer, kurzer, steiler Fußpfad ins Dorf, an dessen Ende, sich die ersten Häuser befanden. Und das Erste unter den Ersten, erinnerte sie sich noch, das Haus ihrer ersten Liebhaber. Plötzlich kam ihr die Erleuchtung: „ So also! …wie flach, wie prätentiös, wie bedeutungsgeladen…! Was soll das jetzt werden, eine Lektion über die Suche nach der verlorenen Unschuld? Geschwärme nach Jugend? Sehnsucht nach Geborgenheit? …Wie dämlich ist diese Seele denn!?“ Tanja lachte leise und ironisch auf ,und auch etwas erleichtert, amüsiert mit der Vorhersehbarkeit dieser durchschaubaren, kitschigen Seele, und lief , jetzt schon ganz unerschrocken zu ihr, bäumte sich unter ihren Hängefüßen auf und schaute fast mitleidig nach oben zu ihr.. „Was für ein Fehlgriff, was für ein Fehlgriff, sich ausgerechnet da zu verstecken“ wollte sie sagen „was erhoffst du dir, du törichte Seele noch zu finden an dieser uralten, schon damals unbedeutenden Geschichte, was für einen unverzichtbaren, überzogenen, übertragbaren Sinn dichtest du dieser Vergangenheit an? Knapp daneben ist auch Vorbei, du dummes Ding…““ So dachte sie, aber sprach kein Wort heraus. „Die wird schon als erste aufmucken müssen, schon mal um es zu verraten in welcher Sprache sie sich artikuliert…“ beschloss Tanja und fühlte sich dabei auf einmal so sehr viel überlegener und weißer als diese ganz offensichtlich, verirrte Seele.
Die Seele aber vermittelte gar keinen verwirrten Eindruck.. Sie streckte sich selbstsicher, gähnte genüsslich und lautschmatzend und richtete den Rücken gerade an der Baumrinde. Gemütlich angelehnt in ihrem Hochsitz grinste sie die Tanja dreist von oben an und schwieg. „Alles eine Pose“, schmunzelte Tanja, “sie weiß ja gar nicht was sie da tut, die Arme“ und schon wollte sie vorsichtig den Arm strecken und versöhnlich einen der Füße mit der Hand zu berühren, als die Seele völlig unerwartet und nicht minder unverschämt laut furzte und schrecklich laut zu lachen anfing.
Tanja stieß ein Seufzer der Empörung aus und hob automatisch die beiden Hände über den Kopf als würde sie einen Angriff abwehren, oder als würde sie sich ergeben. Als würde sie diese da Seele gleich aufgeben.
Die Seele äffte ihre Bewegung nach mit gespielter, übertriebener ernsthafter Miene und auch ihren Seufzer machte sie ziemlich gut nach, nur um unmittelbar danach noch lauter und höhnischer weiter zu lachen .
Diese Respektlosigkeit versetzte Tanja in einen Wutzustand und sie gab augenblicklich ihren Plan auf, die Seele als erste reden zu lassen. Sie holte tief Luft ein, um der Seele gleich Alles ins Gesicht zu sagen, was ihr durch ihre Haltung zustehen würde, als jene sich rasch und geschmeidig von ihrem Zweig abstieß und zu Boden sprang um sich vor der Tanja aufzurichten. Auge in Auge standen sie da, so dass sich ihrer beiden Nasen fast berührten. Nach einer Betrachtungssekunde, hauchte die Seele ganz langsam und deutlich und ohne zu zwinkern direkt in Tanjas Gesicht ein leises „Buh.“
- allerleirauh
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kumarischwarz und rabenrot IV
schmerz zerreißt. wie ein eröffnetes herz liegt die stadt. an rändern wuchern elende hütten. narbengewebe. rauch, der von leichenverbrennungen herrührt, steigt auf. die hand vor der brust.
in deopatan fließt der heilige bagmatifluss. er ist schmutzig, unrat schwimmt im wasser. kinder spielen an den ufern und frauen spülen ihre wäsche in der grauen brühe. die zahngoldsucher sind schon früh am morgen unterwegs gewesen. man erzählt sich, dass sich shiva hier in gestalt einer gazelle vor den anderen göttern und parvati verborgen haben soll. als seine gefährtin ihn im mrigasthalihain entdeckte, flüchtete er über den fluss. sein gazellenhorn soll dabei in vier teile zerfallen sein. so blieb er und wurde fortan als „herr der tiere“ (pashupati) und viergesichtiges linga verehrt.
abenteuerlich geschminkte sadhus lassen sich fotografieren und bezahlen. sie lachen auf zuruf, wenn sie die rupien in den falten ihrer gelben gewänder verstaut haben. erst dann.
die engen straßen durchziehen die stadt wie blutgefäße. klapprige fahrräder, motorräder und autos reihen sich zu endlosen schlangen. dazwischen: rikshas und andere vehikel. menschenmassen drängeln voran. es riecht nach abgasen, schweiß, früchten gebratenem und räucherstäbchen.
schließlich, ganz in der mitte, in der erinnerung purpurrot und von tauben umflattert, der durbar square. er passt nicht zur welt, scheint heute fremd und unheimlich. touristen müssen eintritt zahlen, während die einheimischen auch hier ihren alltäglichen verrichtungen nachgehen. sie verkaufen schmuck, seidentaschen und musikinstrumente. jedes von ihnen scheint das firiri-lied zu spielen. die männer transportieren feuerholz. frauen in bunten saris fädeln ketten aus tagetesblüten. die todesblume. sie hat einen durchdringenden geruch, an den man sich nur schwer gewöhnen kann.
über allem thront der taleju-tempel. die malla-könige haben ihn für durgas, ihre mit blutopfern verehrte schutzgöttin, erbauen lassen. der alte königspalast ist für fremde verschlossen. das eingangsportal allerdings kann jeder bewundern. unmittelbar davor steht eine riesige, mit zinnober beschmierte hanuman-statue. der affengott ist mit totenblumen geschmückt. er gab dem platz den namen hanuman dhoka.
die kind-göttin khumari lebt im ersten stock des kumari bahal, einem reichverzierten buddhistischen klosterbau. gelegentlich zeigt sie sich in einem fenster des innenhofs. kumaris werden aus bestimmten kasten ausgewählt und mussen sich einer reihe von prüfungen unterziehen. als zeichen ihrer göttlichen bestimmung werden auch bestimmte äußere attribute angesehen. lange wimpern beispielsweise oder zierliche füße. bis sie das erste mal bluten, leben die erwählten im kloster, wenn sie es verlassen, müssen sie getragen werden, damit sie nicht den verunreinigenden boden berühren. die kumari gilt als erscheinungsform durgas und bestätigte alljährlich den könig in seinem amt.
schmerz zerreißt. wie ein eröffnetes herz liegt die stadt. an rändern wuchern elende hütten. narbengewebe. rauch, der von leichenverbrennungen herrührt, steigt auf. die hand vor der brust.
in deopatan fließt der heilige bagmatifluss. er ist schmutzig, unrat schwimmt im wasser. kinder spielen an den ufern und frauen spülen ihre wäsche in der grauen brühe. die zahngoldsucher sind schon früh am morgen unterwegs gewesen. man erzählt sich, dass sich shiva hier in gestalt einer gazelle vor den anderen göttern und parvati verborgen haben soll. als seine gefährtin ihn im mrigasthalihain entdeckte, flüchtete er über den fluss. sein gazellenhorn soll dabei in vier teile zerfallen sein. so blieb er und wurde fortan als „herr der tiere“ (pashupati) und viergesichtiges linga verehrt.
abenteuerlich geschminkte sadhus lassen sich fotografieren und bezahlen. sie lachen auf zuruf, wenn sie die rupien in den falten ihrer gelben gewänder verstaut haben. erst dann.
die engen straßen durchziehen die stadt wie blutgefäße. klapprige fahrräder, motorräder und autos reihen sich zu endlosen schlangen. dazwischen: rikshas und andere vehikel. menschenmassen drängeln voran. es riecht nach abgasen, schweiß, früchten gebratenem und räucherstäbchen.
schließlich, ganz in der mitte, in der erinnerung purpurrot und von tauben umflattert, der durbar square. er passt nicht zur welt, scheint heute fremd und unheimlich. touristen müssen eintritt zahlen, während die einheimischen auch hier ihren alltäglichen verrichtungen nachgehen. sie verkaufen schmuck, seidentaschen und musikinstrumente. jedes von ihnen scheint das firiri-lied zu spielen. die männer transportieren feuerholz. frauen in bunten saris fädeln ketten aus tagetesblüten. die todesblume. sie hat einen durchdringenden geruch, an den man sich nur schwer gewöhnen kann.
über allem thront der taleju-tempel. die malla-könige haben ihn für durgas, ihre mit blutopfern verehrte schutzgöttin, erbauen lassen. der alte königspalast ist für fremde verschlossen. das eingangsportal allerdings kann jeder bewundern. unmittelbar davor steht eine riesige, mit zinnober beschmierte hanuman-statue. der affengott ist mit totenblumen geschmückt. er gab dem platz den namen hanuman dhoka.
die kind-göttin khumari lebt im ersten stock des kumari bahal, einem reichverzierten buddhistischen klosterbau. gelegentlich zeigt sie sich in einem fenster des innenhofs. kumaris werden aus bestimmten kasten ausgewählt und mussen sich einer reihe von prüfungen unterziehen. als zeichen ihrer göttlichen bestimmung werden auch bestimmte äußere attribute angesehen. lange wimpern beispielsweise oder zierliche füße. bis sie das erste mal bluten, leben die erwählten im kloster, wenn sie es verlassen, müssen sie getragen werden, damit sie nicht den verunreinigenden boden berühren. die kumari gilt als erscheinungsform durgas und bestätigte alljährlich den könig in seinem amt.
wiari a gschropp woa
wiriman dod augschaud hob (i)
mia hom om in da mansaad gwohnd von den sidlungsheisl, wos da großvota seinazeid baud ghobt hod mit da omama. im simadreißga joa im heabst homsas braktisch featich ghobt. im goatn woa a des blazl scho betonierd fia de rosnlaubn, aus an schlaknbeton. aun de eckn von de meialn rundumadum lecha, wo de rearln fiad laubn einekuman wan. so hob is don in de sechzga joar oisa gschropp no khend. so schteds a heit no do und breklt longsom weg, wäu de laubn is nimma aufgschtöd wuan.
wiriman dod augschaud hob (i)
mia hom om in da mansaad gwohnd von den sidlungsheisl, wos da großvota seinazeid baud ghobt hod mit da omama. im simadreißga joa im heabst homsas braktisch featich ghobt. im goatn woa a des blazl scho betonierd fia de rosnlaubn, aus an schlaknbeton. aun de eckn von de meialn rundumadum lecha, wo de rearln fiad laubn einekuman wan. so hob is don in de sechzga joar oisa gschropp no khend. so schteds a heit no do und breklt longsom weg, wäu de laubn is nimma aufgschtöd wuan.
(Obduktion)
Am nächsten Morgen fand der Kommissar auf seinem Schreibtisch zwei zerknitterte Briefe in Folie. SIE EIN SCHWEIN ZU NENNEN, BELEIDIGT DIE SCHWEINE hieß es in dem ersten. Dem Kommissar wurde mulmig. Er lüftete den Brief mit spitzen Fingern.
»Die haben wir in Herrn Broslers Unterlagen gefunden«, informierte ihn die Sekretärin Rosalinde und löste, ohne es zu ahnen, bei ihrem Chef eine Welle der Erleichterung aus. »Sie können ruhig anfassen, die Spurensicherung war schon dran. Keine Fingerabdrücke, außer denen von Herrn Brosler natürlich. Die Umschläge waren nicht aufzufinden. Die muss er weggeschmissen haben.«
Der Kommissar untersuchte die Briefe. Der erste war mit gängiger Computerschrift in Riesenlettern gedruckt: SIE EIN SCHWEIN ZU NENNEN … Das andere Papier war von einem Briefblock abgerissen und mit Kugelschreiber in ungelenken Druckbuchstaben beschrieben, wahrscheinlich von einem Rechtshänder, der die linke Hand benutzte, oder umgekehrt: SIE WERDEN DEN WEG ALLEN GEHEN.
»Was soll das denn bedeuten?« Rosalinde sah ihm über die Schulter und umwölkte ihn dabei mit blumigen Parfüm. »Er hat einen Buchstaben vergessen«, schlug sie vor. »Es sollte sicher heißen, dass er den Weg allein gehen sollte.«
»Aber welchen Weg denn?«
»Keine Ahnung. Den Weg der Erkenntnis? Den Weg zur Hölle?«
»Den Weg zur Hölle geht jeder allein«, meinte der Kommissar erkenntnisinnig.
»Keine Ahnung, hab’s noch nie probiert«. Rosalinde kehrte an ihren Schreibtisch zurück. Sie trug einen Trägerrock in braunem Schottenkaro und leuchtend grüne Strumpfhosen. Der Kommissar musterte zerstreut ihre Beine, dachte aus irgendeinem Grund an Robin Hood und wagte einen kühnen Gedankensprung: »Vielleicht fehlt ja ein ganzes Wort? Sie werden den Weg allen Fleisches gehen?«
»Klingt irgendwie biblisch«, meinte Rosalinde und krauste die Stirn. »Aber das ist doch keine Drohung. Sterben müssen wir ja schließlich alle. Wenn unser Täter schon mit Bibelsprüchen kommt …«
Brösels Weg allen Fleisches endete vorläufig auf einer Chromliege, die gut in seine Wohnung gepasst hätte. Überhaupt sahen die Räume der Gerichtsmedizin wie seine häusliche Küche aus. In einer Welt aus Stahl und weißen Fliesen lag er unter seinem Laken wie ein braver kleiner Junge.
Der Gerichtsmediziner war ein leptosomer, freudlos dreinschauender Mensch mit Stahlbrille. Vor Jahren hatte der Kommissar bei Gelegenheit eines Umtrunks, den der damalige Staatsanwalt veranstaltete, mit ihm Brüderschaft getrunken. Seitdem duzte ihn der Gerichtsmediziner (er hieß Robert) beharrlich, auch im Dienst, was dem Kommissar überhaupt nicht behagte. Um sich seinerseits nicht bloßzustellen, pflegte er jede direkte Anrede zu umgehen.
»Unser Freund hier«, dozierte der Gerichtsmediziner und deckte Brösels Gesicht auf, »ist jung, gesund und tot. Ernährungszustand bestens, Fitness geradezu selten gut. Aber eben tot.« Wenn Robert kicherte, klang es wie das Rascheln von Seidenpapier. »Also, er muss Sport betrieben haben, keinen Kraftsport, aber etwas maßvoll Anstrengendes wie Joggen oder Schwimmen. Ich hörte, er war beim Fernsehen?«
Der Kommissar bestätigte.
»Na, in dem Beruf muss man natürlich auf sich achten«, meinte der Gerichtsmediziner und reckte seine klapprige Gestalt. »Also, wo war ich? Was möchtest du wissen?«
»Die Todesursache, wenn möglich.«
»Er wurde erstochen. Sehr gründlich.« Das Tuch wurde etwas weiter zurückgezogen und enthüllte eine ganze Anzahl Stichwunden in Brust und Oberbauch. »Ich nehme mal an, am Tatort war ziemlich viel Blut?«
Der Kommissar bestätigte.
»Es muss ein richtiges Blutbad gewesen sein, nehme ich mal an. Ich habe, emm, achtundvierzig Einstiche gezählt.«
»Achtundvierzig! Nicht möglich!«
»Oder vier, je nachdem wie man zählt. Schau mal hier. Die Einstiche liegen zum Teil übereinander, aber man kann erkennen, dass jeweils zwölf parallel in einer Reihe sind. Ergo, es handelt sich um ein gabelartiges Stichinstrument mit zwölf Zinken. Die einzelnen Zinken sind alle gleich lang, meiner Messung nach neun bis zehn Zentimeter. Von rundem Querschnitt. Durchmesser ein bis zwei Millimeter. Und ziemlich stabil. Hier und hier sind die Zinken von den Rippen abgerutscht.. Der erste Einstich ging zu hoch und drang nur durch die obersten Hautschichten, dann waren die Rippen im Weg. Unser Toter hat nicht viel Fettgewebe, die Wunden waren zunächst nur Kratzer. Der zweite Stich, hier, sitzt etwas tiefer und fast in der Achselhöhle. Schon besser, aber noch nicht tödlich. Die beiden letzten trafen dann um so besser. Einer in den unteren Bauchraum und einer schräg nach oben unter dem Rippenbogen durch zum Brustkorb hin. Da war Herr Brosler sicher schon am Boden. Muss eine ziemliche Schweinerei gewesen sein.«
»Ja, ja, örks«, murmelte der Kommissar.
»Also, ich schätze, irgendwas Stählernes. Eine Art Gabel«, resümierte der Fachmann.
»Er war Fernsehkoch«, sagte der Kommissar, »könnte es sich um ein Instrument aus seiner Küche handeln?« Mit Schaudern erinnerte er sich an den Messerblock, vor dem sich Brosler angeblich gefürchtet hatte.
»Wie soll ich das wissen? Das festzustellen, ist deine Aufgabe. Vielleicht ein ausgefallener Grillspieß? Aber ein Grillspieß mit zwölf Zinken ist schwer vorstellbar. Ach ja, und so richtig spitz waren die Enden auch nicht. Nicht so wie eine Grillgabel. Eher wie die Zinken eines Kamms.«
»Herrgott. Was kann es denn gewesen sein? Woraus war es?«
»Aus Stahl. Ohne Rost. Es gab, emm, ein paar Fusseln an unserer Leiche. Hier oben im Brustbereich. Wir wissen noch nicht, woraus sie bestehen, aber möglicherweise wurden sie durch die Tatwaffe an Herrn Brosler übertragen. Oder durch den Täter selbst. Wie auch immer, ich habe keine Hinweise finden können, wofür diese merkwürdige Gabel normalerweise benutzt wurde. Vielleicht kriegt das Labor zu den Fusseln noch was heraus.« Robert zuckte die mageren Schultern und deckte Brösel wieder zu. »Vielleicht ein Gerät zur Pferdepflege? Um die Mähne zu kämmen? War unser Freund vielleicht Reiter? Aber dazu sind seine Beine nicht krumm genug … apropos, er hatte für einen Mann ungewöhnlich gepflegte Füße, willst du mal sehen?«
»Ich nehme kaum an, dass seine Fußpflegerin ihn erstochen hat«, blaffte der Kommissar.
Robert lüftete das Tuch am unteren Ende und betrachtete Brösels Füße. »Nun ja, du hast nicht gerade viel, womit du arbeiten kannst, oder? Wie ich hörte, gibt es so gut wie keine Spuren am Tatort.«
»Wir finden was«, entgegnete der Kommissar verärgert.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Tanja stolperte rückwärts und fiel zu Boden. Der Hintern tat ihr weh und ihr linkes Handgelenk schmerzte und fühlte sich angestaucht an. Sofort musste sie daran denken, dass sie sich eine Krankschreibung zur Zeit nicht leisten konnte; sie brauchte ihre beiden Hände um ihren Beruf auszuüben und ihr Geld zu verdienen. Die Rechte für die Feinheiten , die Linke für das Gewichtige. Auf der kalten Erde sitzend, drückte und untersuchte sie das Handgelenk und als sie feststellte dass nichts gebrochen war, blickte sie mit fürchterlich gerunzelter Stirn die Seele an. Sie schrie sie aus vollem Hals an: „Was soll das, du…du blödes Etwas!? Ticks du noch richtig?“ Aber die Seele schaute sie undurchsichtig an und antwortete mit der Frage: „Što kažeš, draga?“ Tanja ertappte sich, wie sie die Erscheinung mit offenem Mund anstarrte. Ein paar Augenblicke wusste sie nicht wie sie reagieren sollte, überrascht davon, dass sich die Seele mit der Sprache ihrer Kindheit artikulierte, aber dann dachte sie: „Na warte mal, wie auch immer du mich ansprichst, ich bin auf der Gewinnerseite!“ und so schrie sie laut und deutlich: „Nisam ti ja nikakva draga! Što izvodiš ti ovdje?“ „ Wie, bitte? Warum möchtest du denn nicht von mir als Liebchen tituliert werden?“ fragte dann die Seele mit einem Gesichtsausdruck, mit dem man sich kleinen Kindern zuwendet. „So viel von der Gewinnerseite“, dachte Tanja, und begriff bitterlich: „Sie will mich verarschen!“ Tanja brüllte noch lauter auf, gänzlich übersehend wie lächerlich und hilflos sie aussehen musste, eine Autorität abgeben wollend in dieser untergeordneten Lage, auf dem Boden sitzend : „Willst du mich eigentlich verarschen?!“ Die Seele grinste sie kurz an, zuckte mit den Schultern und meinte: „Iš niks verštehen…und fügte nach einer kleinen Pause neugierig hinzu: „Ääääh, warum eigentlich „eigentlich“ ? “
„Doch, also, du willst mich tatsächlich verarschen!“ schrie sich die Tanja in Rage,“ Was sollte dieses Buhen? Ist das der Dank dass ich dich gesucht und gefunden habe? Wie redest du mit mir? Und was machst du überhaupt hier, in dieser Wildnis? Du hast dort zu sein wo ich mich befinde, und nicht umgekehrt!…Äääh, doch, auch umgekehrt, aber anders…!“ Tanja verspürte die Ohnmacht darüber dass sie sich in ihrer zornigen Argumentation verzettelte, holte einmal tief Luft und rief sich zu Ruhe, bevor sie etwas leiser und mit ernster Stimme sagte: „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!“
Jetzt schaute die Seele mit weitoffenen Augen auf die Tanja herab und schien verdutzt zu sein. Sie legte ihre beiden Hände aufs Herz und fragte ungläubig: „ Waaas? Um MICH?! DU hast dir Sorgen um MICH gemacht?!“ Einen ganz kurzen Moment sah sie ganz so aus, als hätte sie Mitleid mit Tanja, als wäre sie ehrlich berührt. Tanja bekam die schwache Hoffnung sie zur Einsicht bewegt zu haben. Aber dann fing die Seele an zu lachen. Erstmal ganz leise, fast lautlos, dann kicherte sie immer lauter, gackernd- und schließlich prustete sie ein ohrenbetäubendes hysterisches Gelächter . Das genügte ihr nicht, sie krümmte sich und wand sich und schmiss sich grollend neben Tanja aufs Gras, tobte mit den Sohlen auf dem Boden und hielt sich mit beiden Händen den Bauch fest, nach Luft schnappend , hustend und grunzend und immer wieder zwischen den Lachsalven wiederholend“ Du…? Um mich?!“
Tanja streckte sich breit auf der Erde aus , schaute in den besternten Himmel und spürte wie ihr überraschendeTränen quer übers Gesicht kullerten. „Mehr Hohn und Theatralik, gibt es wohl nicht! „ wisperte sie zu sich…“Was mach ich bloß hier? Was mach ich da?“ Die Enttäuschung schmetterte sie nieder und sie fragte sich, ob sie nicht lieber einfach ohne Worte weg gehen und die Seele sich selbst überlassen sollte. Irgendwie wird sie auch weiter leben. Als hätte sie ihre Gedanken gehört, rollte sich die Seele, noch erschöpft stöhnend auf die Seite, stützte den Kopf auf ihren linken Arm und mit der rechten Hand fasste sie in Tanjas Gesicht.
„Feucht.“ sagte sie, gähnte einmal laut, schmierte Tanjas Trennen zwischen dem Daumen und Zeigefinger, schaute lässig an sich hinunter und sagte kichernd: „Naja, ich glaube, ich hab mich auch voll bepisst“.
Es gab also noch mehr Hohn und Theatralik. Entkräftet, stumm und fest entschlossen kein Wort mehr zu sagen, drehte auch Tanja sich auf die Seite, mit dem Rücken zu der Seele und umarmte die eigenen Knie. Sie wird sich nur ein bisschen ausruhen und dann wird sie ihrer Wege gehen, dachte Tanja. Sie wird die Seele verlassen und nie mehr suchen.
„Och, allerliebst!“ neckte die Seele weiter, „Was haben wir denn da? Einmal Embrionalstellung… wie niedlich!“
Tanja reagierte nicht. Sie wird nicht antworten. Sie wird auch nicht mehr zuhören, beschloss sie. Und just in dem Moment, sprang sie die Seele plötzlich an, legte sich auf ihren ganzen Körper und suchte mit ihrem Blick die Augen Tanjas. Tanja erschrak und erzitterte. Sie wollte schreien, aber die Seele drückte ihr eine Hand auf den Mund und wisperte leise und rau direkt in Tanjas Ohr:
„ Somit war es genug Plauderei, mein Liebchen. Ganz unwichtig in welcher Sprache. Ich hoffe, ich habe jetzt deine ungeteilte Aufmerksamkeit, hm? Wie immer, lässt du dich von Nebensächlichkeiten ablenken…Sprache… pfft, Sprache!? Das ich nicht lache! Weißt du denn gar nicht, dass ich gar nicht sprechen kann? Hast du denn vergessen, dass meine Sprache nur die Zeichen sind? Machst du dir denn nicht, zur Abwechslung, lieber einmal Sorgen um DICH selbst und darum dass ich es so weit treiben musste, dich hierher zu locken, um dir mit den Worten, du unfähiges Menschenkind, mit den Worten!...pffft!... deutlich zu machen , das, was ich dir mit den Zeichen tagtäglich zeige? Ahnst du denn nicht, dass du hier gar nicht sein dürftest?“
Alle Härchen an Tanjas Körper richteten sich auf. Seeles Atem roch nach Pfefferminz, ihre Hand auf Tanjas Mund, nach frisch gemähtem Graß und nach Erde. „Jetzt ist es soweit!“ dachte sie in Panik, „jetzt werde ich sterben!“ Keinen einzigen Muskel, kein Glied konnte sie bewegen- und ihr schien es, als würde sie überhaupt nicht mehr atmen. „Meine eigene Seele wird mich umbringen!“
„Noch ist es nicht so weit“ hauchte die Seele sie allwissend an. „Du bekommst von mir eine Aufgabe. Noch eine Chance, sozusagen. Wenn du die Aufgabe löst, komme ich mit dir, du musst dich bloß verpflichten, in der Zukunft auf die Zeichen zu achten. Löst du sie nicht, bleibst du hier bei mir. Da wird’s keine Zeichen groß geben, aber aussprechen können wir uns dann satt , wenn die Worte das sind was du so verzweifelt brauchst. Bis in alle Ewigkeit reden, hm, was meinst du, Liebchen? Wie…“ Sie lachte plötzlich auf, rollte von der Tanja ab und fügte hin zu : „…genauuuuu… wie vorhin.“
Der Mond versank hinter einer schweren Wolke. Auf einmal übergossen mit vollkommenem Dunkel, lagen Tanja und ihre Seele alleine auf einem fremden Grundstück. Und schwiegen.
„Doch, also, du willst mich tatsächlich verarschen!“ schrie sich die Tanja in Rage,“ Was sollte dieses Buhen? Ist das der Dank dass ich dich gesucht und gefunden habe? Wie redest du mit mir? Und was machst du überhaupt hier, in dieser Wildnis? Du hast dort zu sein wo ich mich befinde, und nicht umgekehrt!…Äääh, doch, auch umgekehrt, aber anders…!“ Tanja verspürte die Ohnmacht darüber dass sie sich in ihrer zornigen Argumentation verzettelte, holte einmal tief Luft und rief sich zu Ruhe, bevor sie etwas leiser und mit ernster Stimme sagte: „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!“
Jetzt schaute die Seele mit weitoffenen Augen auf die Tanja herab und schien verdutzt zu sein. Sie legte ihre beiden Hände aufs Herz und fragte ungläubig: „ Waaas? Um MICH?! DU hast dir Sorgen um MICH gemacht?!“ Einen ganz kurzen Moment sah sie ganz so aus, als hätte sie Mitleid mit Tanja, als wäre sie ehrlich berührt. Tanja bekam die schwache Hoffnung sie zur Einsicht bewegt zu haben. Aber dann fing die Seele an zu lachen. Erstmal ganz leise, fast lautlos, dann kicherte sie immer lauter, gackernd- und schließlich prustete sie ein ohrenbetäubendes hysterisches Gelächter . Das genügte ihr nicht, sie krümmte sich und wand sich und schmiss sich grollend neben Tanja aufs Gras, tobte mit den Sohlen auf dem Boden und hielt sich mit beiden Händen den Bauch fest, nach Luft schnappend , hustend und grunzend und immer wieder zwischen den Lachsalven wiederholend“ Du…? Um mich?!“
Tanja streckte sich breit auf der Erde aus , schaute in den besternten Himmel und spürte wie ihr überraschendeTränen quer übers Gesicht kullerten. „Mehr Hohn und Theatralik, gibt es wohl nicht! „ wisperte sie zu sich…“Was mach ich bloß hier? Was mach ich da?“ Die Enttäuschung schmetterte sie nieder und sie fragte sich, ob sie nicht lieber einfach ohne Worte weg gehen und die Seele sich selbst überlassen sollte. Irgendwie wird sie auch weiter leben. Als hätte sie ihre Gedanken gehört, rollte sich die Seele, noch erschöpft stöhnend auf die Seite, stützte den Kopf auf ihren linken Arm und mit der rechten Hand fasste sie in Tanjas Gesicht.
„Feucht.“ sagte sie, gähnte einmal laut, schmierte Tanjas Trennen zwischen dem Daumen und Zeigefinger, schaute lässig an sich hinunter und sagte kichernd: „Naja, ich glaube, ich hab mich auch voll bepisst“.
Es gab also noch mehr Hohn und Theatralik. Entkräftet, stumm und fest entschlossen kein Wort mehr zu sagen, drehte auch Tanja sich auf die Seite, mit dem Rücken zu der Seele und umarmte die eigenen Knie. Sie wird sich nur ein bisschen ausruhen und dann wird sie ihrer Wege gehen, dachte Tanja. Sie wird die Seele verlassen und nie mehr suchen.
„Och, allerliebst!“ neckte die Seele weiter, „Was haben wir denn da? Einmal Embrionalstellung… wie niedlich!“
Tanja reagierte nicht. Sie wird nicht antworten. Sie wird auch nicht mehr zuhören, beschloss sie. Und just in dem Moment, sprang sie die Seele plötzlich an, legte sich auf ihren ganzen Körper und suchte mit ihrem Blick die Augen Tanjas. Tanja erschrak und erzitterte. Sie wollte schreien, aber die Seele drückte ihr eine Hand auf den Mund und wisperte leise und rau direkt in Tanjas Ohr:
„ Somit war es genug Plauderei, mein Liebchen. Ganz unwichtig in welcher Sprache. Ich hoffe, ich habe jetzt deine ungeteilte Aufmerksamkeit, hm? Wie immer, lässt du dich von Nebensächlichkeiten ablenken…Sprache… pfft, Sprache!? Das ich nicht lache! Weißt du denn gar nicht, dass ich gar nicht sprechen kann? Hast du denn vergessen, dass meine Sprache nur die Zeichen sind? Machst du dir denn nicht, zur Abwechslung, lieber einmal Sorgen um DICH selbst und darum dass ich es so weit treiben musste, dich hierher zu locken, um dir mit den Worten, du unfähiges Menschenkind, mit den Worten!...pffft!... deutlich zu machen , das, was ich dir mit den Zeichen tagtäglich zeige? Ahnst du denn nicht, dass du hier gar nicht sein dürftest?“
Alle Härchen an Tanjas Körper richteten sich auf. Seeles Atem roch nach Pfefferminz, ihre Hand auf Tanjas Mund, nach frisch gemähtem Graß und nach Erde. „Jetzt ist es soweit!“ dachte sie in Panik, „jetzt werde ich sterben!“ Keinen einzigen Muskel, kein Glied konnte sie bewegen- und ihr schien es, als würde sie überhaupt nicht mehr atmen. „Meine eigene Seele wird mich umbringen!“
„Noch ist es nicht so weit“ hauchte die Seele sie allwissend an. „Du bekommst von mir eine Aufgabe. Noch eine Chance, sozusagen. Wenn du die Aufgabe löst, komme ich mit dir, du musst dich bloß verpflichten, in der Zukunft auf die Zeichen zu achten. Löst du sie nicht, bleibst du hier bei mir. Da wird’s keine Zeichen groß geben, aber aussprechen können wir uns dann satt , wenn die Worte das sind was du so verzweifelt brauchst. Bis in alle Ewigkeit reden, hm, was meinst du, Liebchen? Wie…“ Sie lachte plötzlich auf, rollte von der Tanja ab und fügte hin zu : „…genauuuuu… wie vorhin.“
Der Mond versank hinter einer schweren Wolke. Auf einmal übergossen mit vollkommenem Dunkel, lagen Tanja und ihre Seele alleine auf einem fremden Grundstück. Und schwiegen.
- allerleirauh
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kumarischwarz und rabenrot V
Es soll im Land einst einen Stamm gegeben haben, dessen Mitglieder so leben wollten, wie es nur ihnen beliebte. Kein Fremder durchschaute die komplizierten Regeln ihres Zusammenseins. Niemandem, der von Außerhalb kam, wurde Zutritt zu Zusammenkünften und Ritualen gewährt. Nicht einmal dem König, der die eigensinnigen Untertanen argwöhnisch beäugte und, soweit dies eben möglich war, überwachen ließ. Der Stamm vertraute seinem Ältesten und übergab Streitfragen einem weisen Schamanen. Man verließ sich auf Bewährtes, überlieferte das Wissen der Alten an nachfolgende Generationen und war generell skeptisch gegenüber Neuerungen.
Es schien zu funktionieren. Die Familien lebten im Frieden miteinander. Kinder wuchsen behütet heran. Wenn sie erwachsen wurden, machten sich ihre Eltern auf die Suche nach einem passenden Ehepartner. Meist wurden sie noch im Dorf fündig. Manchmal mussten sie einen Tagesmarsch ins nächste Bergdorf absolvieren, um einen geeignet scheinenden Kandidaten in Augenschein nehmen zu können. Wenn einer alt wurde und gebrechlich, konnte er mit der Unterstützung der Gemeinschaft rechnen. Aufopferungsvoll pflegten Schwiegertöchter, Töchter und Enkelinnen die Greise. Wann auch immer der Tod sich unter die Menschen mischte, wurde er mit Anstand und Respekt willkommen geheißen. Jedem war klar: selbst der Tod hatte ein Zuhause und würde sich bald wieder verabschieden.
Es begab sich, dass in die Familie des Krämers ein Mädchen geboren wurde, das von äußerst seltener Schönheit und Klugheit war. Das Kind hatte Augen, aus denen das Mondlicht schien. Sein Haar duftete nach frischgefallenem Schnee. Und die kindliche Haut war weich wie die Wolle der wertvollsten Yaks. Überdies fiel die kleine Schönheit durch einen messerscharfen Verstand und Unerschrockenheit auf. Keine Altersgenossin konnte sich mit ihr messen. Ihre Eltern würden einen hohen Brautpreis für sie fordern können.
Doch wer beschreibt das Entsetzen der Mutter, als sie eines Tages bemerkte, dass der Zahnwechsel des Kindes ausblieb. Immer wieder, tags und nachts, hieß sie ihre Tochter, den Mund zu öffnen. Immer wieder erblickte sie strahlend weiße Milchzähne, die so fest im rosigen Zahnfleisch steckten wie der Kern in einer Mangofrucht.
In ihrer Not suchte die Mutter Rat beim Schamanen. Der zog sich mehrere Tage zurück und rief die Vorfahren um Rat an. Schließlich erklärte er mit feierlicher Miene und gesenktem Blick , dass das Kind göttlichen Ursprunges sei.
Die Spione des Königs wurden unruhig und konnten nur mit Mühe an sich halten. Sie meldeten ihrem Herrn flüsternd die besorgniserregende Neuigkeit.
Der König indes hatte sich schon Jahrzehnte ob der Arroganz und Egozentrik der Bergbewohner geärgert. Es war nun endlich an der Zeit, sie in ihre Schranken zu weisen. Umgehend ließ er Soldaten in die Dörfer des abtrünnigen Stammes schicken und das Mädchen suchen. Schnell hatte man sie gefunden. Selbst der König wagte es nicht, dem göttlichen Kind nach dem Leben zu trachten, aber er ließ es an einen geheimen Ort im Nachbarland bringen und hoffte still darauf, mit dieser Aktion den Widerstand des Bergstammes gebrochen zu haben.
Tage und Wochen gingen ins Land. Das selbstgefällige Lächeln auf dem Gesicht des Monarchen wurde breit und gelb. Die Menschen in den Bergdörfern senkten demütig die Köpfe. Ihr Gang jedoch war wie eh und je aufrecht und geradlinig.
Die Königin wurde krank. Sehr krank. Sie litt unsägliche Pein. Noch vor den Toren des Marmorpalastes waren ihre Schmerzenslaute zu hören.
Der König lud die berühmtesten Medizinmänner aus aller Welt in sein Reich, er versprach ihnen reiche Belohnung für den Fall, dass sie seine Frau kurieren würden. Doch keiner der Gelehrten war in der Lage, die Krankheit der Königin zu heilen.
Da erinnerte sich der König an das schöne Mädchen mit dem Milchgebiss. Unverzüglich ließ er sie aus der Verbannung befreien und zu ihren Eltern zurückbringen.
Just in dem Moment, in dem die Kumari die Schwelle ihres Elternhauses überschritt, fielen alle Qualen von der Königin ab.
Seitdem wird die Kindgöttin in Nepal als Reinkarnation der Taleju verehrt. Einmal jährlich besucht der König sie im Kumari Bahal, um Schutz und Segen für seine Regentschaft zu erbitten.
Es soll im Land einst einen Stamm gegeben haben, dessen Mitglieder so leben wollten, wie es nur ihnen beliebte. Kein Fremder durchschaute die komplizierten Regeln ihres Zusammenseins. Niemandem, der von Außerhalb kam, wurde Zutritt zu Zusammenkünften und Ritualen gewährt. Nicht einmal dem König, der die eigensinnigen Untertanen argwöhnisch beäugte und, soweit dies eben möglich war, überwachen ließ. Der Stamm vertraute seinem Ältesten und übergab Streitfragen einem weisen Schamanen. Man verließ sich auf Bewährtes, überlieferte das Wissen der Alten an nachfolgende Generationen und war generell skeptisch gegenüber Neuerungen.
Es schien zu funktionieren. Die Familien lebten im Frieden miteinander. Kinder wuchsen behütet heran. Wenn sie erwachsen wurden, machten sich ihre Eltern auf die Suche nach einem passenden Ehepartner. Meist wurden sie noch im Dorf fündig. Manchmal mussten sie einen Tagesmarsch ins nächste Bergdorf absolvieren, um einen geeignet scheinenden Kandidaten in Augenschein nehmen zu können. Wenn einer alt wurde und gebrechlich, konnte er mit der Unterstützung der Gemeinschaft rechnen. Aufopferungsvoll pflegten Schwiegertöchter, Töchter und Enkelinnen die Greise. Wann auch immer der Tod sich unter die Menschen mischte, wurde er mit Anstand und Respekt willkommen geheißen. Jedem war klar: selbst der Tod hatte ein Zuhause und würde sich bald wieder verabschieden.
Es begab sich, dass in die Familie des Krämers ein Mädchen geboren wurde, das von äußerst seltener Schönheit und Klugheit war. Das Kind hatte Augen, aus denen das Mondlicht schien. Sein Haar duftete nach frischgefallenem Schnee. Und die kindliche Haut war weich wie die Wolle der wertvollsten Yaks. Überdies fiel die kleine Schönheit durch einen messerscharfen Verstand und Unerschrockenheit auf. Keine Altersgenossin konnte sich mit ihr messen. Ihre Eltern würden einen hohen Brautpreis für sie fordern können.
Doch wer beschreibt das Entsetzen der Mutter, als sie eines Tages bemerkte, dass der Zahnwechsel des Kindes ausblieb. Immer wieder, tags und nachts, hieß sie ihre Tochter, den Mund zu öffnen. Immer wieder erblickte sie strahlend weiße Milchzähne, die so fest im rosigen Zahnfleisch steckten wie der Kern in einer Mangofrucht.
In ihrer Not suchte die Mutter Rat beim Schamanen. Der zog sich mehrere Tage zurück und rief die Vorfahren um Rat an. Schließlich erklärte er mit feierlicher Miene und gesenktem Blick , dass das Kind göttlichen Ursprunges sei.
Die Spione des Königs wurden unruhig und konnten nur mit Mühe an sich halten. Sie meldeten ihrem Herrn flüsternd die besorgniserregende Neuigkeit.
Der König indes hatte sich schon Jahrzehnte ob der Arroganz und Egozentrik der Bergbewohner geärgert. Es war nun endlich an der Zeit, sie in ihre Schranken zu weisen. Umgehend ließ er Soldaten in die Dörfer des abtrünnigen Stammes schicken und das Mädchen suchen. Schnell hatte man sie gefunden. Selbst der König wagte es nicht, dem göttlichen Kind nach dem Leben zu trachten, aber er ließ es an einen geheimen Ort im Nachbarland bringen und hoffte still darauf, mit dieser Aktion den Widerstand des Bergstammes gebrochen zu haben.
Tage und Wochen gingen ins Land. Das selbstgefällige Lächeln auf dem Gesicht des Monarchen wurde breit und gelb. Die Menschen in den Bergdörfern senkten demütig die Köpfe. Ihr Gang jedoch war wie eh und je aufrecht und geradlinig.
Die Königin wurde krank. Sehr krank. Sie litt unsägliche Pein. Noch vor den Toren des Marmorpalastes waren ihre Schmerzenslaute zu hören.
Der König lud die berühmtesten Medizinmänner aus aller Welt in sein Reich, er versprach ihnen reiche Belohnung für den Fall, dass sie seine Frau kurieren würden. Doch keiner der Gelehrten war in der Lage, die Krankheit der Königin zu heilen.
Da erinnerte sich der König an das schöne Mädchen mit dem Milchgebiss. Unverzüglich ließ er sie aus der Verbannung befreien und zu ihren Eltern zurückbringen.
Just in dem Moment, in dem die Kumari die Schwelle ihres Elternhauses überschritt, fielen alle Qualen von der Königin ab.
Seitdem wird die Kindgöttin in Nepal als Reinkarnation der Taleju verehrt. Einmal jährlich besucht der König sie im Kumari Bahal, um Schutz und Segen für seine Regentschaft zu erbitten.
wiari a gschropp woa
wiriman dod augschaut hob (iii)
noch a bor monat, wiad tog wida hölla wuan san, bin i do wida obezogn zum schlofn ins kabinett.
mit nockatn fiaß iwas linoleum geh, de bruchkantn und lecha drin aufd soin spian. donn aufn teppich aufeschteign min kuazn floa und mit reidige schtön, der staubig und a bissl modrig grochn hod. don ins bed eineschteign. a buglate madrozn auf an duachhengatn eisanan einsotz. monche schtön woan festa, monche nochgibiga, und do woan so bugln. womma se um de seitlich umadumglegt hod, hod ma se sche eineschmiegn kennan, unta da fedatuchent.
[fortsetzung folgt]
wiriman dod augschaut hob (iii)
noch a bor monat, wiad tog wida hölla wuan san, bin i do wida obezogn zum schlofn ins kabinett.
mit nockatn fiaß iwas linoleum geh, de bruchkantn und lecha drin aufd soin spian. donn aufn teppich aufeschteign min kuazn floa und mit reidige schtön, der staubig und a bissl modrig grochn hod. don ins bed eineschteign. a buglate madrozn auf an duachhengatn eisanan einsotz. monche schtön woan festa, monche nochgibiga, und do woan so bugln. womma se um de seitlich umadumglegt hod, hod ma se sche eineschmiegn kennan, unta da fedatuchent.
[fortsetzung folgt]
(Hauen und Stechen I)
An seinen Schreibtisch zurückgekehrt, nahm der Kommissar einen Schmierblock zur Hand, zeichnete probeweise ein paar Gabeln und brachte verschiedene Arten von Handgriffen und Stielen an, in der Hoffnung, irgendwann auf etwas zu stoßen, was er wiedererkannte. Ein irgendwie bekanntes Gabelgesicht. Er zeichnete einen langstieligen Kamm für Teppichfransen und einen fein ziselierten Rückenkratzer, eine Grillgabel mit zwölf Zinken, die völlig idiotisch aussah, und eine Art Pferdestriegel. Nichts davon wirkte irgendwie benutzbar.
Zur Vormittagsbesprechung erschien der Kommissar mit dem Block und zeigte als erstes seine Gabelskizzen herum. Alle Mitarbeiter zuckten die Achseln. Der beste Beitrag kam von Iris, einer Praktikantin, die schüchtern einwarf, dass ihr Opa in seinem Schrebergarten einen Unkrautstecher mit mehreren Zinken habe. Sie musste sich an den Dienstcomputer setzen und auf Angebotsseiten von Gartenmärkten nach dem Gerät suchen. Der Kommissar sah ihr derweil über die Schulter und registrierte ihr leichtes Schweißaroma, das mit fortschreitender Nachsuche immer strenger wurde: Iris gelang es nicht, einen einzigen Unkrautstecher mit mehr als fünf Zinken ausfindig zu machen.
»Fehlanzeige«, seufzte sie.
»Aber keineswegs, das war sehr hilfreich«, sagte der Kommissar hastig und tätschelte ihre Schulter. Er kehrte an seinen Platz zurück, nahm den Schmierblock und warf seine Gabelzeichnungen in den Papierkorb. »Nun lasst mal hören, was ihr herausgefunden habt.«
Kriminalassistent Rolf meldete sich. Er war über fünfzig, hatte einen mächtigen Bauch, und seine Glatze war schweißfeucht. »Ich habe einen Rundgang in den Studios gemacht. Wie erwartet hat niemand was Ungewöhnliches bemerkt. Was an sich nichts bedeutet, weil da sowieso jeden Tag ein paar hundert Leute ein- und ausgehen. Aber unser Täter ist ja ohnehin, wie wir schon wissen, über das Parkhaus entwischt.«
»Das wissen wir nicht, sondern nehmen es an«, mäkelte der allzeit korrekte Kriminalassistent Friedrich.
»Na schön, wir nehmen es an. Aber wie die Spurensicherung festgestellt hat, führen die paar Fußspuren, die wir haben, vom Fundort der Leiche weg über das Parkdeck, nicht ins Haus. Außerdem muss der Täter Blut an sich gehabt haben. Jetzt aber mal zu Broslers Vergangenheit. Ich habe vorhin telefoniert mit einem seiner alten Kollegen in diesem Hamburger Fresstempel …«
»La Cabane«, warf Friedrich ein.
»Ja, so heißt es. Auf dem Speisezettel steht vor allem traditionelle bretonische Küche. Die Spezialität ist, Moment«, Rolf setzte seine Brille auf und blätterte in seinem Notizbuch, »die Spezialität ist kig ha farz. Das ist, ich habe mich nämlich erkundigt, ein Eintopf mit gepökeltem Schweinefleisch, Ochsenschwanz und einem Mehlkloß aus Buchweizen.« Er schaute stolz in die Runde.
»Ja und?«
»Nichts und. Man ist dort stolz auf Brosler. Alle haben nur Gutes über ihn zu sagen. Es hat nie Ärger gegeben, keine Eifersüchteleien, kein Neid. Brosler hat eine Riesenrunde geschmissen, als er den Job beim Fernsehen bekam.« Er wischte sich die Stirn. »Er war anscheinend der Liebling aller. Der Chefkoch war am Telefon, er hat Brosler noch persönlich gekannt, als der dort kochte. Ein aufbrausender Mensch mit französischem Akzent. Ich habe nur die Hälfte verstanden. Jedenfalls fluchte er wie ein Besenbinder, der Mörder sei ein cochon und wir sollten ihn an den Eiern aufhängen.«
»Ein was?«
»Ein Schwein, meinte er wohl.«
»Hm!«
»Meinst du, wir sollen hinfahren und diese Franzmänner persönlich vernehmen?«
»Hm.«
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
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