Buchtipp Rundbrief Dezember 2012 von Zefira

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BlauerSalon
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Beitragvon BlauerSalon » 01.12.2012, 17:32

Rundbrief Dezember 2012


Koenigs Kinder von Kathrin Schmidt / Buchtipp und Besprechung von Zefira


Beim Stichwort „Königkinder“ denken wohl die meisten Leser automatisch an die Zeile „sie konnten zusammen nicht kommen“. Das Personal des Romans ist vielfältig, reicht vom Rechtsanwalt Marl, der mit einem Mann zusammenlebt und sich ein Kind wünscht, über die geschiedene Lehrerin Lioba Zeplin bis zu einer kasachischen Aussiedlerfamilie. Alle können erst mal nicht „zusammen kommen“ und sind nur verbunden durch die leicht schwachsinnig wirkende Putzfrau Ida Koenig und durch die „kleine Janina“, die in unterschiedlicher Gestalt, mal als Kind, mal als Puppe oder als Erinnerung, immer wieder auftaucht und verschwindet.

Kathrin Schmidt schreibt kaum szenisch, immer narrativ und verkürzt. Würde sie in „fernsehgerechter“, szenischer Weise erzählen, wäre der Roman sechsmal so lang. Ihr Erzählen hat Tempo und entsprechende Sogkraft, ist aber weder spannend noch schnell zu nennen – solche Attribute wären schlicht nicht passend; man kommt dem Buch nur durch Langsamlesen bei. Und, obwohl das Buch, wie es in einer Rezension heißt, unter anderem das „Gefühlserbe der DDR“ zum Thema hat, ist es weder politisch noch historisierend, sondern jederzeit persönlich, sogar äußerst sinnlich auf eine ungewöhnliche Weise. Jedem „Suchen, Wüten und Grübeln“ ist, wie eine Rezensentin auf perlentaucher.de zitiert wird, auch das Leibliche, „Kochen, Essen und Lieben“ entgegen gesetzt.

Ich habe mir das Buch, muss ich gestehen, gekauft, weil ich es für einen Krimi hielt. Es benutzt auch ganz am Anfang die typischen Instrumente des Genres und fesselt die Aufmerksamkeit durch einen verwickelten Plot. Es ist unmöglich, den Inhalt des Romans kurz wiederzugeben – er ist unglaublich kompliziert; das Zentrum, in dem die Schicksale der Personen zusammenlaufen, liegt weit in der Vergangenheit und wird erst gegen Ende aufgelöst. Dass Kathrin Schmidt die Fäden immer souverän in der Hand behält, liegt wohl in erster Linie an ihrer sehr genauen, immer wohldurchdachten Sprache. An keiner Stelle benutzt die Autorin Sprache als Redensart; sie ist in der Lage (was ich besonders reizvoll finde) aus Satzbausteinen wie „er verstand nur Bahnhof“ oder „er hatte einen Sprung in der Schüssel“ ein ganzes Metapherngebäude zu entfalten. Ihr Stil erinnerte mich immer wieder an ein Pop-up-Buch, das ich als Kind hatte; man könnte, wenn man wollte, mit viel Genuss in Frau Schmidts Gedankenreichtum zu jeder Redewendung herumirren, wenn einen der Plot nicht unaufhaltsam weitertrüge.

Nicht zuletzt habe ich das Buch auch deshalb so gerne gelesen, weil darin Menschen vorkommen, die man einfach gern hat. Das klingt belanglos, hat aber für mich eine große Rolle gespielt; ich mochte den schwulen Rechtsanwalt und seine Sekretärin so gern, dass ich mir jetzt das Buch gleich noch einmal vornehme.




[align=right](Zefi konnte ganz kurzfristig einspringen. :blumen:)[/align]

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