von der angst

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Estragon

Beitragvon Estragon » 12.08.2008, 09:23

weil du angst
um deine tochter hattest
sprachst du ungern über grosny
über grosny sagtest du
darf man nicht reden
warum nicht
fragte ich dich
man muss doch etwas sagen
man muss sogar auf die strasse gehen
nein nein
sagtest du
und noch mal nein
irgendwo lag ein feuer
zwischen den wäldern
und weinte sich aus
irgendwo war ein kratzer
und verletzte sich
die orte waren so beliebig
man durfte sie nennen
man brauchte nicht einmal
eine pause machen
er sagte
nein
ich muss an die zukunft meiner tochter denken
deshalb
deshalb sage ich nichts zu grosny
natürlich war das lächerlich
aber lächerlich war es nicht
dass er einige tage später sein ganzes geld
auf der börse verloren hatte
das war nicht lächerlich
denn jetzt musste sich die tochter sorgen machen
um die existenz ihres vaters

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 12.08.2008, 13:17

weil angst ein großes thema ist
weil ich mich freue, dass mit lasts bohrinsel und deiner angst auch die politik ein stück weit einzieht, weil ich auch finde, dass die ausführung mancherorts nicht hält was der ansatz verspricht
weil ich finde, dass der anfang so erklärend ist, dass die stimmung kaputt geht, bevor sie entstehen kann, habe ich mir etwas erlaubt:

aber grosny sagte ich
und er schüttelte den kopf
ich habe eine tochter sagte er
über grosny darf man nicht reden
wenn man eine tochter hat
warum nicht
fragte ich dich
man muss doch etwas sagen
man muss sogar auf die strasse gehen
nein nein
sagtest du
und noch mal nein
irgendwo lag ein feuer
zwischen den wäldern
und weinte sich aus
irgendwo war ein kratzer
und verletzte sich
die orte waren so beliebig
man durfte sie nennen
man brauchte nicht einmal
eine pause machen
er sagte
nein
ich muss an die zukunft meiner tochter denken
deshalb
deshalb sage ich nichts zu grosny
und er lächelte
er dachte an seine tochter
als er einige tage später
die börsennachrichten las
lächelte er nicht

Estragon

Beitragvon Estragon » 12.08.2008, 13:51

Da wir hier wohl unter uns bleiben werden möchte ich Dir doch etwas sagen,
ich glaube das politische Gedicht ist tot, vielleicht war es schon immer tot, mir haben
ja auch immer die Gedichte von Erich Fried gut gefallen in denen er nicht agetiert hatte, ich erinnere mich an eins, dass ich genial finde, es heißt "Gudrun Enslin" und es beschreibt die Tote wie
sie da liegt, ihre Nase, ihre Augen, ihr Rückenmark wird beschrieben, ein großartiges Gedicht und ein Beweis dafür dass es die Worte sind die etwas zählen, es kommt nur darauf an dass man etwas daraus macht.
Ich habe in diesem Gedicht probleme mit dem ich, ein Ich ist immer problematisch, vorallem wenn es in der Rolle des scheibar Wissenden ist.
Aber das ICH hier tut ja eigentlich nichts anderes als sich wundern. Denn "früher" ist man ja auch auf die Strasse gegangen und heute, was ist denn heute los? Diese Frage stellt sich das Ich und
dieser seltsame Mensch, der angeblich Angst um seine Tochter hat, was natürlich Quatsch ist, er hat keine Angst um seine Tochter, er hat nur Angst etwas zu sagen, was hat denn Grosny mit seiner Tochter zu tun, das Geld dass er auf der Börse verliert, das hat etwas mit seiner Tochter zu tun, aber das ist ihm so ziemlich egal

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 12.08.2008, 14:00

na ja, ich finde grosny hat schon auch etwas mit seiner tochter zu tun
und wer weiß vielleicht kann wundern sogar politisch sein

Estragon

Beitragvon Estragon » 12.08.2008, 14:18

natürlich hat es etwas mit ihr zu tun, aber vielleicht bloß deswegen weil es da ist und so ist mit jeder stadt, mit jedem land in der so ein krieg herrscht.
aber mit ihm doch nur als komisches argument nicht auf die strasse zu gehen,.
früher ist er auch auf die strasse und er hat sich keine sorgen um die tochter gemacht,
glaubt er denn putin würde eine bombe auf sein haus werfen dass er ohnehin schon
verloren hat, weil er sich immer verspekuliert hat

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 12.08.2008, 17:45

also ich habe noch einmal nachgedacht
möglicherweise habe ich das gedicht ganz gründlich mißverstanden
aber letztendlich spricht das auch nicht für das gedicht
wenn es mögich ist, es so gründlich mißzuverstehen

mich würde mal interessieren, ob es nun am gedicht lag oder vielleicht doch nur an mir
mich würden mal andere meinungen interessieren


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