Ach du

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Peter

Beitragvon Peter » 18.08.2008, 15:53

Ach Du
[v. 01. 10. 08]



Wär ich unbewusster, würd ich von uns träumen:
Ein Spielbrett, das atmet, und auf dem Wägelchen
über Bleistiftgrenzen ziehn (du nennst sie Gebirge).
Sonnen würden, ohne dass sie aufwachen dürften,
aufgehn in Bögen – und dazwischen unsre Hände,
die an den Wegen weisen, und was liegen blieb,
weiterreisen ~ Winde wären es, die man nicht:
Atem nennen darf.

Träumte ich, wär es ein Raum, an dessen Zimmerdecke
eine Zahl steht, gläsern von einem Fenster, umwacht
von Schatten, und acht neun Punkte eines kommenden?
– Nein! – Regens stünden (Worte...) in der Zahl.

Dein vorgehaltener Mond.
Mein vorgehaltener Mond.
(Sahst du am Samstag den Schatten? Er schob sich bis zum Bogenrund.
Die Blätter des Baumes flirrten, und alle Grillen saßen dort
und zirpten. - Erde ging hindurch, weißt du?)

Ach du.
[Auf dem Mond, sagt man, hätten die Engel Brunnenschalen gesetzt.
Es soll dort nichts sein, als das zählende Wasser.
Reine Muster zögen durch die Schalen. Stell dir vor,
und nie fiel dahin ein Tropfen. Nur das Feste der Engel,
Gesichter, wie Kathedralen, erscheinen darin;
„man“ sagst du oft.]

~ Aber einmal hat der Mond geregnet,
acht neun Tropfen, (((Namen)))
auf dass die Engel es nicht hören,
schnell in Trübes gepackt ~

Einmal, da hätt ich es rufen wollen,
hat der Mond geregnet...

Weißt du...
Als der Erdschatten über den Mond zog,
wurden die Brunnenschalen weiß.
Die Engel, in den Mondbergen verborgen, schliefen.
Die Wälder und Meere der Erde ergaben keinen Laut.
Weiß war es aus den Brunnen.
Weißes fiel an den Staub.
~ Weißt du?

Würde ich träumen, wär es eine Zahl,
von Schatten bewacht; leise wär es im Raum,
und man hörte nur die Hände.
Wellig wär es auf dem Brett; im Dunklen (hörst du?)
rauschten Meere. Reiter zögen von den kleinen
Gestaden in das Land, jeder einzelne bewachsen (so)
von der schützenden Hand.

Rhythmen... wären es... (Herzschlag?...)
Schichten... Laut in Laut... Wellen...
Worte... (lichte Höhen...)

Du.
 
 





Ach du
[Vers. v. 18. 08. 08]



Wär ich unbewusster, würd ich von uns träumen:
Ein Spielbrett, das atmet, und auf dem Wägelchen
über Bleistiftgrenzen ziehn (du nennst sie Gebirge).
Sonnen würden, ohne dass sie aufwachen dürfen,
aufgehn in Bögen – und dazwischen unsre Hände,
die an den Wegen weisen, und was liegen blieb,
weiterreisen ~ Winde wären es, die man nicht
Atem nennen darf.

Träumte ich, wär es ein Raum, an dessen Zimmerdecke
eine Zahl steht, gläsern von einem Fenster, umwacht
von Schatten, und acht neun Punkte eines kommenden?
– Nein! – Regens stünden (Worte...) in der Zahl.

Dein vorgehaltener Mond.
Mein vorgehaltener Mond.
(Sahst du am Samstag den Schatten? Er schob sich bis zum Bogenrund.
Die Blätter des Baumes flirrten, und alle Grillen saßen dort
und zirpten. - Erde ging hindurch, weißt du?)

Ach du.
[Auf dem Mond, sagt man, hätten die Engel Brunnenschalen gesetzt.
Es soll dort nichts sein, als das zählende Wasser.
Reine Muster zögen durch die Schalen. Stell dir vor,
und nie fiel dahin ein Tropfen. Nur das Feste der Engel,
Gesichter, wie Kathedralen, erscheinen darin;
„man“ sagst du oft.]

~ Aber einmal hat der Mond geregnet,
acht neun Tropfen, (((Namen)))
auf dass die Engel es nicht hören,
schnell in Trübes gepackt ~

Einmal, da hätt ich es rufen wollen,
hat der Mond geregnet...

Weißt du...
Als der Erdschatten über den Mond zog,
wurden die Brunnenschalen weiß.
Die Engel, in den Mondbergen verborgen, schliefen.
Die Wälder und Meere der Erde ergaben keinen Laut.
Weiß war es aus den Brunnen.
Weißes fiel an den Staub.
~ Weißt du?

Würde ich träumen, wär es eine Zahl,
von Schatten bewacht; leise wär es im Raum,
und man hörte nur die Hände.
Wellig wär es auf dem Brett; im Dunklen (hörst du?)
rauschten Meere. Reiter zögen von den kleinen
Gestaden in das Land, jeder einzelne bewachsen (so)
von der schützenden Hand.

Rhythmen... wären es... (Herzschlag?...)
Schichten... Laut in Laut... Wellen...
Worte... (lichte Höhen...)

Du.
 
 
 
Zuletzt geändert von Peter am 01.10.2008, 12:53, insgesamt 3-mal geändert.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 18.08.2008, 16:16

hallo peter,

ich habe es gerade erst gelesen
um es zu verstehen, muss ich es bestimmt noch sehr häufig lesen
aber so viel als erster eindruck:
ich finde es sehr zärtlich
durch dieses du,
dieses weißt du
du
und das gefällt mir sehr

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 18.08.2008, 17:48

ich schon wieder
mittlerweile habe ich es einige male gelesen
und jedes mal, wenn ich versucht habe, etwas auseinander zu nehmen, um es besser zu verstehen, habe ich es nicht über mich gebracht, weil ich jedes mal tiefer eingetaucht bin in diese stimmung, die dein gedicht aufbaut, in das spielbrett, die zahlen und den mond. in das kalte mondlicht und dann das du gehört habe, mit so einer ganz ruhig verzweifelten stimme, einer stimme, die in sich ruht und an allem verzweifelt aber nicht aufhört zu hoffen.
und jedenfalls ich finde dieses gedicht viel zu schön, um es verstehen zu wollen.
ich spüre es und das genügt.

Peter

Beitragvon Peter » 19.08.2008, 12:23

Hallo Xanthippe,

ich denke auch, dass der Text ein Sich-Einlassen verlangt. Dieses Mehr-Erspüren als Verstehen hab ich auch schon von anderer Stelle gehört, und schon mal erzählt, hier:

http://www.blauersalon.net/online-liter ... 2690#42690

Dank dir fürs Lesen.

Peter

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 22.08.2008, 19:39

Lieber Peter,

ich glaub, das ist ja auch nicht immer gesund, aber bei dir ist es eben einfach so, mir hat ja bisher jeder Text von dir gefallen, aber dieser hier - den liebe ich! Erst einmal: Er hat genau wie "Angelei" wieder einen Titel, der die ganze Stimmung in sich trägt, so fein und warm, ich höre den ganzen Text entlang (Ob es daher im Text noch einmal auftauchen sollte?).

Wie du den Mond alles geschehen/tun und sagen lässt, ja, so muss man das machen - dass der Mond nicht verkommen ist, sondern diese Alte in Bildern gesprochen wird, dass es wirkt:


Einmal, da hätt ich es rufen wollen,
hat der Mond geregnet...

Weißt du...
Als der Erdschatten über den Mond zog,
wurden die Brunnenschalen weiß.


So einnehmend!


An dieser Stelle las ich:

Dein vorgehaltener Mund.
Dein vorgehaltener Mond.


das fand ich auch schön und dasselbe, ohne dass das ein Änderungsvorschlag ist.

Am Anfang lässt der Text einen ja noch denkend/konstruierend einen Raum vorstellen, aber um so weiter und weiter ich lese, komme ich beim Erlesen immer wieder zurück auf "Zahlen", "Mond" und das "Spiel(brett)" - das scheinen mir die Konstanten, wie drei weiche aber feste Lichtstrahlen im Dunkel (und damit ist das Dunkel nicht düster). Da ist dann immer noch ein Raum, aber beschreiben könnte ich ihn nicht, so gegenwärtig ist er mir, er ist auch nicht mehr "äußere" Vorstellung, sondern etwas, was sich zwischen dem Du und dem Bewachen aufspannt. Für mich hast du etwas ganz Altes eingefangen, etwas, was man als "immer da" empfindet und sowohl die Welt als auch den "anderen" trifft.

Ich würde diesen Text mehr als gerne hören.
Ich kann mich gar nicht satt lesen an ihm.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 22.08.2008, 21:41

Lieber Peter,

ein Sehnsuchtstext. Er versucht zu beschreiben, was nur erfahrbar ist in der Nicht-Existenz. Im "Unbewussten", im Träumen.
Und doch tropft manchmal (aber einmal!), in nicht wirklich beschreibbaren Augenblicken etwas davon ins richtige Leben. Es ist wahrnehmbar, aber nur so in Worte zu kleiden, dass man höchstens einen kleinen Zipfel erwischt. Eine Ahnung entfacht. Ein Wissen, vielleicht eher ein Fühlen, dass nicht mitteilbar, aber vielleicht jenseits der Sprache in Ansätzen doch teilbar ist.
Natürlich denke ich dabei an die Liebe.
Phänomenal ist für mich, dass die Worte, die Du findest selbst auf dem Grat zwischen den Welten wandern. Für mich macht das oft die ganz besondere Besonderheit Deiner Texte aus. Dies ist wieder so einer.

Liebe Grüße und danke für diesen besonderen Text.

leonie

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 22.08.2008, 22:51

Das sind zwei besondere Kommentare zu einem Wunder Samen Gedicht.
So oft ich es auch lese, blüht es mir doch immer wieder auf, ist Knospe die sich am Tage schließt und im Unbewussten von Neuem öffnet, eine Melodie, ein Duft, ein Moment, ein Da-Sein, für das man eigentlich keine Worte finden kann und doch gelingt es dir. Ganz fein.
Peter, ich danke dir auch für dieses besondere Gedicht.

Liebe Grüße smile

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 23.08.2008, 11:10

Als der Erdschatten über den Mond zog,
wurden die Brunnenschalen weiß.


Wer sowas fühlen kann, muss ein feiner Mensch sein.

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 23.08.2008, 18:52

Huhu.
Als der Erdschatten über den Mond zog,
wurden die Brunnenschalen weiß.

Wer sowas fühlen kann, muss ein feiner Mensch sein.

Danke Tom. Ich dachte schon, ich sei der einzige Gefühlsamputierte in diesen Hallen.
Ich verstehe keinen Piep. Vielleicht ist er ja auch ein Frauentext (falls es so was gibt).
Er kommt mir vor wie das Resultat neuer Scrabblespielregeln, die ich nicht durchblicke, oder als stamme er einem verstimmten Gedichtgenerator, den man mit den Worten Mond und Engeln gefüttert hat. Hm, ja, einlassen müsste man sich können, aber egal, ich schreibe diesen Kommentar auch nur, weil mE. der Konjunktiv an allen Ecken und Kanten danebenliegt. Falls das künstlerisch nicht gewollt ist, würde ich den Text dahingehend noch mal untersuchen.
ZB.:
Sonnen würden, ohne dass sie aufwachen dürfen

dürften
Wegen weisen

wiesen / weisen würden

usw.

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Estragon

Beitragvon Estragon » 23.08.2008, 20:32

Nifl hat geschrieben:Huhu.
Als der Erdschatten über den Mond zog,
wurden die Brunnenschalen weiß.

Wer sowas fühlen kann, muss ein feiner Mensch sein.

Danke Tom. Ich dachte schon, ich sei der einzige Gefühlsamputierte in diesen Hallen.
Ich verstehe keinen Piep. Vielleicht ist er ja auch ein Frauentext (falls es so was gibt).
Er kommt mir vor wie das Resultat neuer Scrabblespielregeln, die ich nicht durchblicke, oder als stamme er einem verstimmten Gedichtgenerator, den man mit den Worten Mond und Engeln gefüttert hat. Hm, ja, einlassen müsste man sich können, aber egal, ich schreibe diesen Kommentar auch nur, weil mE. der Konjunktiv an allen Ecken und Kanten danebenliegt. Falls das künstlerisch nicht gewollt ist, würde ich den Text dahingehend noch mal untersuchen.
ZB.:
Sonnen würden, ohne dass sie aufwachen dürfen

dürften
Wegen weisen

wiesen / weisen würden

usw.

LG
Nifl




Es darf doch auch eine Kritik an der Kritik geben.
Dieser Text ist poetisch. Es gibt Menschen die können das spüren
und es geht in der Poesie auch um Bilder. Bilder die vorher noch nicht
da waren und die sind in diesem Gedicht und es sind genau diese
Beispiele die du nicht "verstehen" kannst.


"Als der Erdschatten über den Mond zog,
wurden die Brunnenschalen weiß.

Wer sowas fühlen kann, muss ein feiner Mensch sein."


das sind ungewöhnliche Sätze, aber genau das ist Poesie und
er ist wuderschön.
Und mit Frauentext hat das nichts zu tun, wenn alle guten Texte
Frauentexte sind akzeptiere ich das, dann les ich nur noch Frauentexte.

Estragon

Beitragvon Estragon » 23.08.2008, 20:37

Peter hat geschrieben:

Ach du




Wär ich unbewusster, würd ich von uns träumen:
Ein Spielbrett, das atmet, und auf dem Wägelchen
über Bleistiftgrenzen ziehn (du nennst sie Gebirge).
Sonnen würden, ohne dass sie aufwachen dürfen,
aufgehn in Bögen – und dazwischen unsre Hände,
die an den Wegen weisen, und was liegen blieb,
weiterreisen ~ Winde wären es, die man nicht
Atem nennen darf.

Träumte ich, wär es ein Raum, an dessen Zimmerdecke
eine Zahl steht, gläsern von einem Fenster, umwacht
von Schatten, und acht neun Punkte eines kommenden?
– Nein! – Regens stünden (Worte...) in der Zahl.

Dein vorgehaltener Mond.
Mein vorgehaltener Mond.
(Sahst du am Samstag den Schatten? Er schob sich bis zum Bogenrund.
Die Blätter des Baumes flirrten, und alle Grillen saßen dort
und zirpten. - Erde ging hindurch, weißt du?)

Ach du.
[Auf dem Mond, sagt man, hätten die Engel Brunnenschalen gesetzt.
Es soll dort nichts sein, als das zählende Wasser.
Reine Muster zögen durch die Schalen. Stell dir vor,
und nie fiel dahin ein Tropfen. Nur das Feste der Engel,
Gesichter, wie Kathedralen, erscheinen darin;
„man“ sagst du oft.]

~ Aber einmal hat der Mond geregnet,
acht neun Tropfen, (((Namen)))
auf dass die Engel es nicht hören,
schnell in Trübes gepackt ~

Einmal, da hätt ich es rufen wollen,
hat der Mond geregnet...

Weißt du...
Als der Erdschatten über den Mond zog,
wurden die Brunnenschalen weiß.
Die Engel, in den Mondbergen verborgen, schliefen.
Die Wälder und Meere der Erde ergaben keinen Laut.
Weiß war es aus den Brunnen.
Weißes fiel an den Staub.
~ Weißt du?

Würde ich träumen, wär es eine Zahl,
von Schatten bewacht; leise wär es im Raum,
und man hörte nur die Hände.
Wellig wär es auf dem Brett; im Dunklen (hörst du?)
rauschten Meere. Reiter zögen von den kleinen
Gestaden in das Land, jeder einzelne bewachsen (so)
von der schützenden Hand.

Rhythmen... wären es... (Herzschlag?...)
Schichten... Laut in Laut... Wellen...
Worte... (lichte Höhen...)

Du.






allerdings finde ich den Anfang nicht besonders.

"Wäre ich ein Unbewusster"

Ein Liebender ist niemals ein Unbewusster

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 23.08.2008, 21:27

Wer hat hier von 'verstehen' gesprochen?
Die Mühe geb ich mir schon gar nicht mehr bei solch autarken Texten ...

Mir reicht 'fühlen'....

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 23.08.2008, 22:48

Hallo zusammen,

Gut, nach etwas rumschleichen um diesen Text, sich dem bisherigen verkneifen etwas dazu zu schreiben, bin ich gerade in der Stimmung, doch etwas dazu schreiben. (Herjeh was für ein Satz, sorry).

Wenn man den Text erfühlt, hat man den Text auch verstanden, denke ich mal.

Ich kann diesen Text mit seinen Bildern, die Stimmung etc. durchaus erfühlen, und sage deshalb, ja ich habe den Text verstanden.
Nur, solche Texte machen es einen schwer, zu beschreiben, was einem beim Lesen und versuchen zu erfühlen so durch den Kopf und das Herz geht.
Ich denke so ein Text nimmt einen entweder gefangen, oder er stößt einen ab. Ganz impulsiv, ohne großes Nachdenken, direkt von der ersten Zeile an, weiß man, fühlt man, ob man den Text mag oder nicht. Dieses nichtmögen oder mögen spielt sich hier meines erachtens zum größten Teil auf der emotionalen Ebene ab, und macht es daher schwierig, es irgendwie an objektiven Kriterien festmachen zu können.

Bei mir fiel die Entscheidung über mögen oder nicht mögen in dem Moment, wo ich diese Zeile las:

Ein Spielbrett, das atmet, und auf dem Wägelchen

über Bleistiftgrenzen ziehn (du nennst sie Gebirge).


"Wägelchen", was für eine Verniedlichung. Ab da war mein "Urteil" gefällt, völlig intuitiv, also ohne großes Nachdenken, dieses Wägelchen stieß mich ab. Es wurde auch im weiteren Verlauf nicht besser:

Sonnen würden, ohne dass sie aufwachen dürfen,


Wie dachte ich da, da will jemand die Sonne nicht aufwachen - aufgehen- lassen? Protest meinerseits, ich war gerade zu empört.

Ab hier bekam ich dann die Engel und ein kitschige Gefühl nicht mehr aus meinem Kopf:

[Auf dem Mond, sagt man, hätten die Engel Brunnenschalen gesetzt.

Es soll dort nichts sein, als das zählende Wasser.

Reine Muster zögen durch die Schalen. Stell dir vor,

und nie fiel dahin ein Tropfen. Nur das Feste der Engel,

Gesichter, wie Kathedralen, erscheinen darin;

„man“ sagst du oft.]


Zählendes Wasser und reine Muster, und dazu Gesichter wie Kathedralen, das ist mir einfach zu dick aufgetragen.


Daher muß ich im Gegensatz zu meinen bisherigen VorschreiberInnen sagen, mir gefällt der Text nicht.
Mit Ausnahme dieses "Weißt Du" "Du" etc., was im Grunde das einzig greifbare und direkte in diesem Text ist. Und irgendwie das ehrlichste.

Ich empfinde diesen Text als sehr .... kitschig.

Mond, Engel, Engel in Mondbergen, Grillen die zirpen, Reiter, Gestaden, Meere die rauschen etc. ... alles ein bißchen zu viel des Guten.
Ich kann mir nicht helfen, aber beim Lesen des Textes zieht vor meinem Auge ein Bild aus rosawangigen Puttenengeln, die sich in Landschaften wie in den Herr der Ringe Filmen bewegen, auf.

Es gibt Texte, bei denen sich beim mehrmaligen Lesen etwas in der eigenen Einschätzung über den Text ändert, manchmal helfen einem auch andere Kommentare auf die Sprünge, aber bei diesem Texte gibt es glaube ich nur ein entweder oder:
Entweder man liebt diesen Text oder man liebt diesen Text überhaupt nicht, und das schon nach dem ersten Lesen.
Es kann irgendwie hier kein Mittelding geben, so mein Eindruck.

viele Grüße
Sethe
Zuletzt geändert von Sethe am 23.08.2008, 23:15, insgesamt 1-mal geändert.
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

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Beitragvon Thomas Milser » 23.08.2008, 23:15

Um kitschig zu sein, mangelt es dem Text an Gefühlsarmut ....

... ich gehe nicht konform mit dir, Sethe.

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)


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