Tonne 2.0
Liebe Rebekka,
ich habe nun mit Erstaunen und großen Augen die Diskussion verfolgt. Und ich muss ehrlich sagen, dass der Text sich in die Richtung einer Beliebigkeit bewegt, die ich für ein Gedicht für problematisch halte.
Ich denke, die Möglichkeiten der Assoziationsbandbreite ist so groß, dass es mir schier unmöglich scheint, eine Intention Deinerseits hier aufzuspüren.
Es muss ja vielleicht auch nicht jeder Text eine vom Autor vorgegebene Intention enthalten.
Andererseits scheint es mir nach diesem Text fast so, als könne man zwei beliebige Begriffe in den Raum stellen und dann abwarten, was die Leser dazu assoziieren. Ob man das aber dann als Gedicht bezeichnen kann, ist für mich fraglich.
Ich halte dieses Experiment nicht für so sonderlich gelungen.
Liebe Grüße
leonie
ich habe nun mit Erstaunen und großen Augen die Diskussion verfolgt. Und ich muss ehrlich sagen, dass der Text sich in die Richtung einer Beliebigkeit bewegt, die ich für ein Gedicht für problematisch halte.
Ich denke, die Möglichkeiten der Assoziationsbandbreite ist so groß, dass es mir schier unmöglich scheint, eine Intention Deinerseits hier aufzuspüren.
Es muss ja vielleicht auch nicht jeder Text eine vom Autor vorgegebene Intention enthalten.
Andererseits scheint es mir nach diesem Text fast so, als könne man zwei beliebige Begriffe in den Raum stellen und dann abwarten, was die Leser dazu assoziieren. Ob man das aber dann als Gedicht bezeichnen kann, ist für mich fraglich.
Ich halte dieses Experiment nicht für so sonderlich gelungen.
Liebe Grüße
leonie
Am 26.08.1804 schrieb der völlig zu Recht vergessene Dichter Johann Isaac von Gerning über Hölderlin in sein Tagebuch: „...armer Schlucker“.
Goethe dagegen am 18.9.1805 über jenen von Gerning: „...widerwärtige Erscheinung“. Hölderlin selber soll einige Gedichte von Gernings dagegen gelobt haben, vor allem seinen Plan, ein Lehrgedicht über die Heilquellen des Taunus zu verfassen.
Die Frage, die sich nun stellt ist, ob Goethte, ohne Zweifel überhaupt nicht mittelmäßig, das Mittelmaß von Gernings erkannte, Hölderlin, ebenfalls des Mittelmaßes enthoben, diese Erkenntnis aber entging. Vielleicht, weil er von der Wortmasse, die jenes (glücklicherweise nie erschiene oder gänzlich vergessene) Heilquellenlehrgedicht darstellte geblendet wurde? Anzunehmen ist dies auf jeden Fall.
Wir lernen daraus, dass Mittelmaß und Wortvielfalt eine trügerische Gemisch darstellen, die selbst geübte Leser blenden und versierte Dichter auf hermeneutische Irrwege führen kann. Der moderne Dichter von heute hat dies zu verhindern. Nicht an Ausdrucksvielfalt, Deutungspolyphonie und semantischer Vielschichtigkeit darf ihm gelegen sein, sondern daran, sämtliche Schleier und Vexiereireien durch sinngesäuberte Wortarmut herunterzureißen und zu unterbinden. Was bleibt ist der bereinigte Gegenstand. Schon die Zuordnung nur einer einzigen Eigenschaft kann problematisch werden, öffnete sie doch der gangränen Ausbreitung von Interpretationsmöglichkeiten (und damit dem ahnungslosen und ignoranten Genuss) Tür und Tor.
Lagunkels Tonne 2.0, zeigt klar, dass die Dichterin jenen Wortsumpf eines von Gerning lange hinter sich gelassen hat. Aber dennoch hat es ganz deutliche Schwächen:
Allein schon jenes „2.0“ degradiert die Tonne als platonischen Gegenstand, entzieht sie damit der stets anzustrebenden Verdichtung im allerhöchsten Grade, und macht sie zu einer Tonne unter vielen. Das nachfolgende schwatzhafte „upgedatet“ zeigt dann ganz unmissverständlich, wo der nicht hölderlinisch verblendete Leser dieses, sich im Ansatz doch einer sehr langen Tradition verpflichtet fühlenden Gedichts, zu der Entscheidung kommt, es mit einem Werk zu tun zu haben, das in dem schönen, aber doch niemals edlen Bereich der Mittelmäßigkeit, unausreißbar verwurzelt ist.
Gerne gelesen!
Gruß
Sam
Goethe dagegen am 18.9.1805 über jenen von Gerning: „...widerwärtige Erscheinung“. Hölderlin selber soll einige Gedichte von Gernings dagegen gelobt haben, vor allem seinen Plan, ein Lehrgedicht über die Heilquellen des Taunus zu verfassen.
Die Frage, die sich nun stellt ist, ob Goethte, ohne Zweifel überhaupt nicht mittelmäßig, das Mittelmaß von Gernings erkannte, Hölderlin, ebenfalls des Mittelmaßes enthoben, diese Erkenntnis aber entging. Vielleicht, weil er von der Wortmasse, die jenes (glücklicherweise nie erschiene oder gänzlich vergessene) Heilquellenlehrgedicht darstellte geblendet wurde? Anzunehmen ist dies auf jeden Fall.
Wir lernen daraus, dass Mittelmaß und Wortvielfalt eine trügerische Gemisch darstellen, die selbst geübte Leser blenden und versierte Dichter auf hermeneutische Irrwege führen kann. Der moderne Dichter von heute hat dies zu verhindern. Nicht an Ausdrucksvielfalt, Deutungspolyphonie und semantischer Vielschichtigkeit darf ihm gelegen sein, sondern daran, sämtliche Schleier und Vexiereireien durch sinngesäuberte Wortarmut herunterzureißen und zu unterbinden. Was bleibt ist der bereinigte Gegenstand. Schon die Zuordnung nur einer einzigen Eigenschaft kann problematisch werden, öffnete sie doch der gangränen Ausbreitung von Interpretationsmöglichkeiten (und damit dem ahnungslosen und ignoranten Genuss) Tür und Tor.
Lagunkels Tonne 2.0, zeigt klar, dass die Dichterin jenen Wortsumpf eines von Gerning lange hinter sich gelassen hat. Aber dennoch hat es ganz deutliche Schwächen:
Allein schon jenes „2.0“ degradiert die Tonne als platonischen Gegenstand, entzieht sie damit der stets anzustrebenden Verdichtung im allerhöchsten Grade, und macht sie zu einer Tonne unter vielen. Das nachfolgende schwatzhafte „upgedatet“ zeigt dann ganz unmissverständlich, wo der nicht hölderlinisch verblendete Leser dieses, sich im Ansatz doch einer sehr langen Tradition verpflichtet fühlenden Gedichts, zu der Entscheidung kommt, es mit einem Werk zu tun zu haben, das in dem schönen, aber doch niemals edlen Bereich der Mittelmäßigkeit, unausreißbar verwurzelt ist.
Gerne gelesen!
Gruß
Sam
Für mich liegt das Problem immer noch bei der schier unübersehbaren Fülle an Interpretationsmöglichkeiten.
Oder um es mal auf die Spitze zu treiben: Wie viele unterschiedliche Deutungen würde eine Leserschaft von fünfzig vollkommen unterschiedlichen Leuten wohl abgeben? Will jemand tippen?
Ein eigenständiges Werk mag ich nicht sehen, jedoch eine vorzügliche Diskussionsgrundlage, wie man hier unschwer erkennen kann.
lg
Uwe
Oder um es mal auf die Spitze zu treiben: Wie viele unterschiedliche Deutungen würde eine Leserschaft von fünfzig vollkommen unterschiedlichen Leuten wohl abgeben? Will jemand tippen?
Ein eigenständiges Werk mag ich nicht sehen, jedoch eine vorzügliche Diskussionsgrundlage, wie man hier unschwer erkennen kann.
lg
Uwe
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Sonst gehts euch aber so weit gut, ja? :o)
Wenn ich da jetzt die Asche von gefühlten 27 Raummetern Roteiche rauskippe, ist das dann 3.0?
Und warum überhaupt upgedatet? Muss es nicht geupdatet heißen?
Mittelmäßiger Milser :o)
Wenn ich da jetzt die Asche von gefühlten 27 Raummetern Roteiche rauskippe, ist das dann 3.0?
Und warum überhaupt upgedatet? Muss es nicht geupdatet heißen?
Mittelmäßiger Milser :o)
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