lichtabgewandte sphären

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Cara

Beitragvon Cara » 01.06.2006, 20:59

lichtabgewandte sphären

bleiernes bewusstsein
verliert langsam den
bezug zur gegenwart
sucht vergeblich
feste strukturen
an denen es sich
rettend emporhangeln kann
setzt letzten widerstand
gegen zähes einwärtstaumeln
in lichtabgewandte sphären

während sich wehrlose
fetzen von benommenheit
schließlich
in ein bizarres
geflecht aus traumsequenzen
verwandeln
implodieren wütende
gefühlskosmen abrupt

mondsichelaugen
voller angst
spähen weit
umher in der finsternis
nachtschatten
fern verhallende klänge
fordern
raum


(c)Cara

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leonie
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Beitragvon leonie » 01.06.2006, 23:04

Liebe cara,
auch von mir zuerst: Herzlich Willkommen!

Ich musste bei Deinem Gedicht an eins von mir denken „Im Schattenland“. Dort geht es um Krankheit. Ich bin mir nicht sicher, ob Du das gemeint hast, aber mich erinnert es daran.
Du hast sehr sorgfältig formuliert, das gefällt mir. Auch dass es gar nicht um ein „Ich“ geht, sondern fast um ein abstraktes Geschehen ohne wirkliches Subjekt. Mit dem geschieht eben etwas, wogegen es sich kaum wehren kann, so scheint mir. Gut umgesetzt, finde ich.
Liebe Grüße
leonie
Vielleicht würde ich sogar Worte wie „schließlich“, „weit“, „fern“ noch rausnehmen, ich meine, sie schwächen die Wirkung etwas ab.

Iris

Beitragvon Iris » 01.06.2006, 23:21

ja, cara, das ist mir sehr bekannt, aber mehr als quecksilbervergiftung ...
ich hab viel mit chemikalien arbeiten müssen und finde es erstaunlich wie präzise hier der zustand, der einer vergiftung oder krankheit ähnlich kommt, wiedergegeben wird, besonders dieses implodieren wütender gefühlskosmen ist haargenau beschrieben, ich hätte es nicht gekonnt, ich kann solch schwierige zustände kaum ordnen, doch das gibt mir mut!

danke und liebe grüße iris

Cara

Beitragvon Cara » 02.06.2006, 18:57

Hallo leonie und Iris,

danke für eure Rückmeldungen....
Interessant, dass ihr hinter meinen Worten "Krankheit" bzw. gar "Vergiftung" vermutet habt....ich selber hatte eigentlich versucht, den Prozess des Einschlafens und das Wehren dagegen, die Angst, loszulassen und in den Schlaf zu fallen, zu beschreiben. Aber es ist genauso möglich, dahinter das Fallen in Koma, einen Fiebertraum oder eine Narkose zu sehen. Es lässt sich vielseitig interpretieren. Das ist für mich o.k. so.

leonies Hinweis auf die evtl. überflüssigen Zwischenworte (wie zum Beispiel hier "schließlich", "weit" oder "fern" ) sind wahrscheinlich berechtigt. Ich werde das überdenken. Eigentlich bemühe ich mich immer darum, solche Übergangsworte zu vermeiden ("und, zuletzt, jedoch usw.), aber es rutscht mir doch immer wieder eines dazwischen.

Ich wünsche euch ein schönes Pfingstwochenende

Liebe Grüße

Cara

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leonie
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Beitragvon leonie » 03.06.2006, 13:21

Liebe cara,
das ist interessant, dann hast Du ja dasselbe Thema aufgenommen wie Iris. Ich finde es faszinierend, dass der Schlaf so eine Nähe bekommt zu Krankheit und Tod. Wenn man ein Kind beim Einschlafen beobachtet, dann merkt man manchmal, welch ein Risiko es birgt, sich fallen zu lassen in den Schlaf. Insofern ist es für mich verständlich, dass diese Themen so eine Nähe zueinander haben, bei allem verliert man ja im Grunde die Kontrolle.
Liebe Grüße und schöne Pfingsten, bin gespannt auf mehr von Dir!

leonie

Cara

Beitragvon Cara » 03.06.2006, 13:54

So ist es, man verliert irgendwie die Kontrolle.
Daher gibt es ja auch den Spruch:
Der Schlaf ist der kleine Tod....
oder heißt es:
Der Schlaf ist der kleine Bruder des Tods....(?).

Bei meinem Kind war es damals auch sehr deutlich zu erleben
(und für uns als Eltern auch höchst nervenaufreibend ),
wie schwer sich ein Baby oft tut, einzuschlafen....
(zum Glück ist diese Zeit lange her!)

LG
Cara

steyk

Beitragvon steyk » 05.06.2006, 10:54

Liebe Cara,

es heißt: Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes.

Dein Gedicht hat Erinnerungen in mir geweckt. Als Kind hatte ich haufenweise Alpträume und sehr oft Angst vor dem Einschlafen.
Du hast das mit deinen Worten sehr gut getroffen.

LG
Stefan


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