ein einziger ort

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 04.05.2010, 18:58




ein einziger ort


wir übersetzten liebe mit salz
das war uns sicherheit
ein einziger ort
der ziele auftreiben ließ
spurlos in einem feld loser stunden

die tage zerflossen in vermerken
und gerichteten linien
im vorbeugen bestenfalls
das alles machte
das verschließen heißen atems

uns genügte
das verstehen der körperschaften
solidarität mit sonnenuntergängen
und das füllen der papierkörbe

doch dieses sehnen
nach überschwemmung


UR-Version


ein einziger ort


wir übersetzten liebe mit salz
das war uns sicherheit
ein einziger ort
der ziele auftreiben ließ
spurlos in einem feld loser stunden

die tage zerflossen in vermerken
und gerichteten linien
im vorbeugen bestenfalls
das alles machte
das verschließen heißen atems
worauf wir die sucher richteten

uns genügte
das verstehen babylons
solidarität mit sonnenuntergängen
und das füllen der papierkörbe

doch dieses sehnen
nach überschwemmung




.
Zuletzt geändert von Niko am 08.05.2010, 11:10, insgesamt 2-mal geändert.

DonKju

Beitragvon DonKju » 05.05.2010, 16:39

Hallo Niko,

welch ein Kontrastprogramm zu "frage ich mich". Öffnen sich in dem einen Text weniger Räume, eröffnen sich hier fast zu viele, wird der Leser, wie es die letzte Strophe im Text einfordert, förmlich mit Bildern überschwemmt. Wenn sich der Lyrikleser als Typus genau danach sehnt, dann ist Dein Stück hier perfekt zu nennen. Für mich persönlich wäre ein bißchen weniger hier mehr, aber bitte, das ist nur eine Einzelmeinung ...

MlG DonKju

Max

Beitragvon Max » 05.05.2010, 20:01

Lieber Niko,

ich gebe ja zu, dass ich zwischendurch denke: Jetzt postet der wieder so viel und kommentiert wenig (wobei sich einiges geändert hat, das will ich gar nicht sagen ... vielleicht ist das auch ne Frage der Wahnehmung), aber die erste Strophe hier ist einfach Klasse - das ist ganz anders als 90% hier und so schlecht ist das Niveau bei uns ja nicht! Mehr davon.

In Strophe 2 verschließt sich mir die zweite Hälfe etwas, da geht für mich der hohe Ton der ersten Strophe ein wenig verloren.
In Strophe 3 ist mir das "babylons" zu viel - ich finde das Bild zu gängig und verstehen ist auch dann schön, wenn es nicht gleich Babylon ist, das man versteht ;-).

solidarität mit sonnenuntergängen


finde ich einfach gelungen, das Bild berührt mich, weil es neu und verständlich ist .. und der Rest bis zum schluss dann auch ...
Also davon bitte mehr (und von Komms gerne auch ;-) )

Liebe Grüße
Max

PS: Bei den vielen Gedichten ist ja nur ein Aspekt, dass Du so viel schreiben kannst - der andere ist, dass wir so wenig schreiben .. also an alle: Gebt uns Gedichte ;-)

Niko

Beitragvon Niko » 05.05.2010, 22:15

hallo bilbo und max!
erstmal: dieses gedicht hier, bilbo, ist eigentlich meine "norm". oder anders gesagt: das gedicht, auf das du dich beziehst, ist eher die ausnahme. es mag sein, dass dich die bilder überschwemmen. meinem gedicht zufolge wäre das ja ein reiner segen ;-)
max, es freut mich wirklich total, dass dir dieses gedicht zusagt. du kennst es ja selbst auch als autor: irgendwie lehnt man sich mit einer winzigkeit vielleicht nur aus dem fenster. will heißen: man wagt wieder ein fitzelchen mehr. und mich freut es dann, wenn man ein signal bekommt, dass dieser weg für wenigstens einen leser ein angenehmer ist.
mit babylon hast du zweifelsfrei recht. ich werde versuchen, ein anderes wort zu finden...

es ist weniger das "viele" schreiben (ist durchschnittlich jede woche ein gedicht viel?) als das starke bedürfnis, den text dann auch dringend zu zeigen. das kommentierbedürfnis ist nicht im gleichen verhältnis.da geb ich dir recht. darüber jetzt aber zuviel zu philosophieren täte nicht gut, würde zu ausladend. drum gelobe ich einfach mehr bemühen. und wenn schon weniger komms, so werd ich bemüht sein, die waagschale dann auf der anderen seite ausgeglichener zu halten.

liebe grüße und schonmal etwas vorfreude auf´s nahende wochenende wünsch ich: Niko

Max

Beitragvon Max » 05.05.2010, 22:20

Lieber Niko,

Gelöbnis vernommen ;-) Ich bewundere ja Deine Produktivität und habe (vielleicht ob meiner eigenen derzeitigen Zähflüssigkeit) den Eindruck, dass Du deutlich mehr Gedichte schaffst als eines pro Woche.

Liebe Grüße
Max

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Eule
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Beitragvon Eule » 05.05.2010, 22:58

Hallo Niko, micht stört ein wenig das Wort "sucher", da holpert für mich die Diktion, es wirkt umgangssprachlich, ein wenig lapidar und unbestimmt auf mich, und fällt damit aus dem sprachlichen Rahmen des Textes, in dessen Zusammenhang ich es als eine zwar humorig gemeinte, aber eigentlich unnötige, Umschreibung für "Augen" verstehe. Ansonsten ein anregender, ungewöhnlicher und mehrdeutiger Text. Viele Grüße !
Ein Klang zum Sprachspiel.

scarlett

Beitragvon scarlett » 06.05.2010, 07:43

Lieber Niko,

immer wieder eine Freude, deine Texte zu lesen, auch wenn ich nicht jedes Mal etwas dazu schreibe.

Dieser hier ist aber einer der ganz ganz starken Niko-Texte und, ich habe das Empfinden, dass du damit wieder einen kleinen Sprung geschafft hast, dich in eine Richtung bewegst, die neu und spannend werden könnte. Will sagen, ich halte diesen für einen ganz besonderen Text, der mir wohl nicht nur den heutigen Tag lyrischer machen wird, wenn ich daran denke.

scarlett

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 06.05.2010, 08:46

Lieber Niko,

ich lese nicht alle Texte, die Beziehung des ForumIch zum Forumtext und damit zum ForumDu ist manchmal ebenso komplex wie die des lyrIch zum lyrDu ....
Scherz beiseite, dein Gedicht hat mich wieder ein wenig eingefangen. Ich mag die Salzmetapher, stecke etwas im Ort, der Ziele auftreiben lasst, lasse mir aber diese Vieldeutigkeit gern gefallen, ziehe mit, folge aufmerksam den aufgeworfenen Bildern ... "babylons" scheint auch mir zu beladen und hier zu schwer lastend ...... wobei die Solidarität bei den Sonnenuntergängen gut angebracht ist.

Ja, ich finde auch, ein Schritt nach vorn. Sehr Schön!

Liebe Grüße
Renée

Niko

Beitragvon Niko » 06.05.2010, 19:29

hallo max!
manchmal schreib ich wochenlang nichts. und dann auf einmal gleich drei gedichte in kürzestem abstand. ein gedicht pro woche ist also ein durchschnittswert. manchmal kann ich mit dem schreiben nicht aufhören, dann zieht mich das schreiben magnetartig in die wörter, und manchmal kann ich der schreiberei aber auch so gar nichts abgewinnen. und ebenso verhält es sich mit allem, was das literarische betrifft ;-)

arne.....dein hinweis bezüglich "sucher" ist gut. und nach mehrerem hin - und herlesen werde ich in einer zweiten version, die ich zu oberst einstelle, diese zeile ganz weglassen. denn ich glaube jetzt, das gedicht kommt ohne die zeile besser aus.

hey monika....ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. dein kommentar berührt mich sehr. mit allem, was du da sagst. danke!

hallo renée! auch dir ein dickes DANKE !!! babylon wird noch ersetzt werden durch etwas adäquates. aber heut nicht mehr..

vielen dank für eure kommentare, euer auseinandersetzen und überhaupt......

liebe grüße: Niko, quartals- vielschreiber

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 06.05.2010, 20:33

Lieber Niko,

ich glaube scarlett spürt da was, was ich auch spüre: Das Gedicht ist zwar ein klar erkennbarer Niko, aber sprachlich doch um 1 bis 2 Grad in eine neue Richtung verschoben (z.B. die Papierkörbe) - die mir unheimlich gut gefällt. Wie das so ist, bei solchen neuen Bewegungen, hat man vielleicht noch nicht alles unter Kontrolle, so gäbe es in diesem Text schon einzelne Stellen, die für mich noch auszuloten wären (etwa würde ich in der ersten Strophe eine Kürzung vorschlagen:


wir übersetzten liebe mit salz
das war uns sicherheit
ein einziger ort
in einem feld loser stunden


Aber ich glaube, dass es nicht wichtig ist, sich bei diesem Text daran aufzuhalten, da er ein Schwellentext ist und es eben da Halterungen geben muss, die erst in anderen Texten wegfallen können. Und auf der anderen Seite haben solche Texte dann auch immer eine unheimliche Kraft, das sieht man dann an den gerade zu genial anmutenden Zeilen, hier etwa allen voran natürlich: wir übersetzten liebe mit salz (wow...) (das feld loser stunden gefällt mir aber auch besonders und noch andere Zeilen)

Ich freu mich auf das, was da kommt.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 06.05.2010, 21:21

Hallo Niko,

ich glaube das geht mir ähnlich - dann ist der Neid ben besonders groß, wenn mal gerade nichts kommt :-)

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon leonie » 06.05.2010, 21:30

Lieber Niko,

nur kurz: Ein feiner Text, gefällt mir sehr!

Liebe Grüße

leonie

Niko

Beitragvon Niko » 07.05.2010, 10:44

nenene, max.........lass das mal mit dem neid! naja....ich kenn das ja auch. geht mir auch so bei texten von anderen autoren hier eine "gesunde form" von neid ist ok, denn sie spornt an. so geht es mir dann. neid kann aber auch bedeuten, etwas nicht zu gönnen (ich weiß, das ist bei dir nicht der fall!) und das wäre dann sehr kontraproduktiv. wo wir gerade bei neid sind: bei deinen texten, vor allem bei denen im lyr. dialog, stellt sich das bei mir beizeiten auch ein. vielleicht bist du da waghalsiger und / oder spontaner. keine ahnung. auf lisa´s texte bin ich grundsätzlich neidig. aber in der form, dass mich der neid inspiriert, ich versuche drauf einzusteigen. (im lyischen dialog) und das finde ich absolut faszinierend. ich glaube, ich bin der größte fan dieses lyrischen dialogs-faden.
liebe lisa:
gerade das "auftreiben in einem feld" war mir jetzt als bild wichtig.
es freut mich, dass du den text so bewertest, wie du es tust. dass du eine weiterentwicklung siehst (sowas ist ja immer wichtig: nie stehenbleiben. zumindest nicht zu lange!) und dass du möglicher weise eine große kraft in dem text siehst (die ich damit erkläre, dass sich einfach etwas entladen hat)
das mag mal ein guter text sein. aber ich werde auch wieder "einbrechen" und mist schreiben, mit dem niemand was anfangen kann.
alles ist im fluss. oder geht den bach runter :cool:

hi leo!
danke für deinen positiven kommentar!

...und nochmals danke an euch alle für alles!

lieb grüßend: Niko

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.05.2010, 11:46

Lieber Niko,

ja genau, irgendwo dazwischen spielt sich tatsächlich alles ab:

alles ist im fluss oder geht den bach runter


(heftig nickender und zugleich lachender Smiley-Platzhalter)


liebe Grüße,
Lisa

Ps: Ich mag den lyr&Prosalog auch mehr als sehr!
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