leise am strand

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 09.05.2010, 16:01




leise am strand


geliebte leise
lass uns dem tag
aus dem weg gehen
wir haben uns
in den sand gesetzt
und ritzen nichts ins holz
als kerben

bevor uns die schatten
umschließen.
sammeln wir nur noch verloren
geglaubtes



die erde ist
ein gutes bett
wenn nur dein arm mich hält
gestrandet
hinter unserer augen
abgründe



über uns und allem
weht ein abschiedswind
der wind trägt sie ins uferlose:
die papierworte
die peitschende stille

wenn ein anfang erst
vorbei ist
und alles das
was uns grundlos war

leise geliebte leise
wir haben uns
in den sand gesetzt







.

Schmierfink

Beitragvon Schmierfink » 09.05.2010, 17:09

Hey Niko,

dein Text spricht mich sehr an, finde die Enjambements in Verbindung mit den Perspektive Wechseln, quasi könnte man sie als "light-Katachresen" bezeichnen.^^ Sehr gefällt mir wie du die Bilder geschickt einsetzt und entfremdest um eine glaubwürdige Atmosphäre des Endes einer Beziehung zu erzeugen, einerseits klingt Schmerz an, etwa in den Kerben, die Wehmütigkeit und leise Trauer, wird als Imperativ selbst formuliert und erhält ihren schrecklichen Ausdruck in der Peitschenden Stille.... könnte noch weiter aufführen, wie etwa der ins uferlose tragende Wind mir als sehr treffende Metapher erscheint, etc., jedoch frage ich mich, ob hier wirklich doppelt Wind stehen muss, ob der Neologismus Abschiedswind, die nötige Ausdruckskraft hat die Wdh zu rechtfertigen, oder ob er nicht fast verwässert?

Sicher wirst du dir hinreichend Gedanken zur Struktur deiner Syntax und zum Verweben der Bilder gemacht haben, dennoch möchte ich einen pers. Vorschlag für Strophe 1 machen:
geliebte leise
lass uns dem tag
aus dem weg gehen
in den sand
haben wir in uns gesetzt
und ritzen nichts ins holz
als kerben
bevor uns die schatten
umschließen.
sammeln wir nur noch verloren
geglaubtes


Kleine Anregung, die mir als Fan von Satzbrüchen und Mehrdeutigkeit zusagen würde, aber wie gesagt nur ein Vorschlag, auch so mag ich den Text wirklich sehr...
Ein Vorschlag noch, was hälst du davon das im Deutschen sehr zweideutig konnotierte "ins Wasser gehen" im Text zu verarbeiten, würde zu Stimmung und Thema passen...

Achja, ein wenig fällt die mittlere Strophe qualitativ ab für mich im Vergleich zu den umrahmenden, gerade die ersten drei Verse hier reißen mich nicht wirklich mit.
Wirklich schöner Text.

lg
Schmierfink

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leonie
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Beitragvon leonie » 09.05.2010, 18:38

Lieber Niko,

komme nur kurz hier vorbei und finde Dein Gedicht:

das ist TOLLl! Finde ich.

Liebe Grüße

leonie

Niko

Beitragvon Niko » 09.05.2010, 20:38

hallo!
ihr sehr mich hier doch ziemlich überrascht von euren reaktionen! denn was als eine idee begann, deren umsetzung ich gleichermaßen schwierig und herausfordernd finde, habe ich dann einfach versucht umzusetzen.
das bedarf erklärung:
es gibt den begriff liebesgedichte. darunter fallen für mich die schwärmerischen, geheimnisvollen und rosa liebesgedichte. und dann gibt es die liebesgedichte, die von den "schmerzen" erzählen. der verbitterung, dem festhalten wollen, der enttäuschung. jeder von uns kennt das. und ich denke mal, dass fast jeder auch über beide seiten geschrieben hat. so auch ich
was mir vorschwebte, war, beides zu vereinen. ein paar, wo der eine schwärmt, der andere enttäuscht aufgibt. ich habe zwei meiner gedichte aus diesen lagern genommen und sie zusammengesetzt. mit der hoffnung und erwartung, dass beide texte für sich im gesamttext existent sind, in ihrer verbindung aber wiederum einen eigenständigen text bilden.
als verfasser der beiden werke ist es schwierig, das beurteilen zu können, weil es zwei einzelwerke sind. und zunächst auch bleiben.
so, schmierfink, ist auch das doppelte "wind" zu erklären, im kursiven text ist es nicht ersetzbar, ohne sinnentnehmend zu bleiben. (der kursive text ist ein separates gedicht, das nicht-kursive das andere. sie sind nicht umgestellt, sondern in originaler reihenfolge an diversen stellen eingefügt.

ich freue mich über diese positive resonanz von euch!!!! - es war halt nur ne idee........sozusagen ein unausgesprochener dialog oder zwei in sich hineingesprochene monologe im wechsel. wobei meine vorstellung durchaus ist, dass der nicht-kursive teil ausgesprochen sein kann....

naja.....alles etwas verworren - verwirrend oder so.....

lieben gruß: Niko

Rosebud

Beitragvon Rosebud » 27.05.2010, 19:26

.
Zuletzt geändert von Rosebud am 26.06.2015, 17:42, insgesamt 1-mal geändert.

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Eule
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Beitragvon Eule » 30.05.2010, 22:06

Hallo Niko, mir sind das hier zu viele Worte und Wiederholungen - Strophe 1: Du umschreibst in Strophe 4-11 inhaltlich eigentlich nur das Anfangsmotiv - zwar mit schönen und stimmungsvollen Bildern, aber der Text steht dabei auf der Stelle. Auch Strophe zwei bleibt passiv - es wird gelegen und geträumt, was zwar reizvoll sein kann, aber mit Strophe 1 keinen Spannungsbogen ergibt.
In der dritten Strophe stört mich vor allem die Zusammenstellung "peitschende Stille", in seiner Dramatik errinnert mich der Ausdruck ein wenig an eine Jugendzeitschrift. Nach den sachten Träumerein der Strophe (S) 1, den tieferen in S 2 erfolgt nun in S 3 ein Abschied in lauer Unbestimmtheit - auch der Sinn der kursiv gesetzten Teile erschließt sich mir nicht wirklich. Liebe Grüße !
Ein Klang zum Sprachspiel.

Niko

Beitragvon Niko » 31.05.2010, 16:01

hallo arne!
der Sinn der kursiv gesetzten Teile erschließt sich mir nicht wirklich.
ich hatte das in meinem kommentar weiter oben schon erläutert! dass der terxt auf der stelle steht, finde ich ganz ok, denn es soll ja eine art "auf der stelle stehen" vermittelt werden. schade, dass dich die peitschende stille stört. du hast schon recht, es ist ein ziemlich plakatives bild. aber ich finde, aus dem benutzen bereits geläufiger begriffe muss man nicht zwingend eine religion machen. ich gebe zu, dass ich es, so gut es geht, vermeide. wenn es mir aber passend erscheind, dann denke ich nicht darüber nach, ob das gängiger begriff ist oder nicht.
wenn du von sachter träumerei in s1, tieferer träumerei in s2 und von abschied in s3 schreibst, dann stell ich fest, kann soviel stillstand im text doch nicht sein, oder? müsstest du mir mal genauer erläutern.

hallo rosebud!
freue mich natürlich über deinen überschwänglichen kommentar!
und es freut mich immer, wenn leser ihren kortex im schlaraffenland wähnen. ähem.......wat is dat eijentlisch?

liebe grüße: Niko, erfreut über solch ziselierte komms ;-)

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 22.06.2010, 09:45

Lieber Niko,

das ist ganz großartig! Eine in den Sand gesetzte Liebe, richtig schön verdichtet!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

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noel
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Beitragvon noel » 22.06.2010, 19:02

jetzt, in der bearbetung der bearbetung
der veränderten formatierung
110%
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

Niko

Beitragvon Niko » 22.06.2010, 19:11

hallo esa und noel!
dank an euch für eure positive rückmeldung!
ich bin immer wieder verblüfft, dass der text so gut ankommt. es scheint mir fast so, dass man als autor am geringsten einschätzen kann, wie ein text wirken kann...

liebe grüße: Niko

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noel
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Beitragvon noel » 22.06.2010, 19:21

Niko hat geschrieben:hallo esa und noel!
dank an euch für eure positive rückmeldung!
ich bin immer wieder verblüfft, dass der text so gut ankommt. es scheint mir fast so, dass man als autor am geringsten einschätzen kann, wie ein text wirken kann...

liebe grüße: Niko


ja, aber das ist letzten endes
& in betracht auf LANGZEITwirkung obsolet
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

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