dieter (2)
Wieder nichts gegessen
stattdessen Krüge und Porzellan photographiert
und Silbermesser
90er Prägung
Und Unterhosen in neutrale Beutel verpackt
und an Lederjacken gerochen
und Eintrittskarten von der Wand genommen
vom MSV und Jürgen von der Lippe
Topmodernes Metallbett "Zen",
vernickelt und gebürstet, Außenmaße (B*L) 1,86*2,05m, absolut neuwertiger Zustand, NP 560 Euro
Dazu passende Federholzrahmen (2 Stück), hochwertige, mehrfach verstellbare Lattenroste, je 0,90*2,00 m,
NP 298 Euro
Dazu passende Schlaraffia-Matratzen, je 0,90*2,00 m, Bultex plus 7-Zonen, Härtegrad 3, allergikergeeignet,
Bezüge voll abzieh- und bei 60° waschbar, ganz leichte Flecken (kaum sichtbar), die wasche ich gerade frisch,
NP 998 Euro (!)
Hier und jetzt alles zusammen (NP 2.194 Euro) für nur 500 Euro,
Ihr Bluthunde!
Die letzte Dose Chilitopf aus dem Regal genommen
mit Kidneybohnen, von Benedict
"Zwei gute Teller"
für morgen
Den Kerzenständer weggeworfen
Fuerteventura 1994
wo wir zusammen
nackt schwimmen waren
die Servietten mit Weihnachtsmotiv
und längst umgerührte Kochlöffel
Und zusammen nach Juist fahren wollten wir
dieses Jahr, du Arsch
und was ich mit Mutters Fuchsschal machen soll
hast du mir auch nicht gesagt
Und jetzt frühstücke ich Toast
mit Butter und Sanddornmarmelade
vom Wirt, um 00:02
und weine ganz still.
dieter (2)
- Thomas Milser
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Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
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So, die gröbsten Böcke sind glaube ich raus. Aber so recht fertigt erscheint es mir auch noch nicht ... mal sacken lassen ...
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Moin Tom,
klar ist das Betroffenheitslyrik mit vielen Klischees. Auf der anderen Seite ist das eben verdammt authentisch.
Ich würde gerne mehr solcher Sätze wie diese lesen:
Denn gerade in dieser Passage kommt die Trauer sehr deutlich raus, durch die Wut, die darin enthalten ist.
Wenn du den Text in diesem Stil schreiben würdest, bräuchte es das
"
nämlich überhaupt nicht. Das ist mir too much.
Saludos
Mucki
P.S. Sehe gerade in der Vorschau deine Neubearbeitung. Jep, viel besser!
klar ist das Betroffenheitslyrik mit vielen Klischees. Auf der anderen Seite ist das eben verdammt authentisch.
Ich würde gerne mehr solcher Sätze wie diese lesen:
Thomas Milser hat geschrieben:Und zusammen nach Juist fahren wollten wir
dieses Jahr, du Arsch
und was ich mit Mutters Fuchsschal machen soll
hast du mir auch nicht gesagt
Denn gerade in dieser Passage kommt die Trauer sehr deutlich raus, durch die Wut, die darin enthalten ist.
Wenn du den Text in diesem Stil schreiben würdest, bräuchte es das
"
Thomas Milser hat geschrieben:und weine ganz still.
nämlich überhaupt nicht. Das ist mir too much.
Saludos
Mucki
P.S. Sehe gerade in der Vorschau deine Neubearbeitung. Jep, viel besser!
klar ist das ein ganz persönliches gedicht. aber irgendwie ist das jedes gedicht, oder? aber auch eines, was viele menschen erreicht, gerade weil es persönlich ist, denke ich.
und obwohl du schon weißt wo der hase im pfeffer liegt, schreib ich jetzt trotzdem mal auf, was mir so dazu einfällt.
ich weiß nicht in wie weit das als einstieg taugen würde, wenn es nicht unter der überschrift "dieter 2" stehen würde. und da ich dieter 1 kenne und es unter dieser überschrift steht, kann ich auch gar nichts dazu sagen, außer, dass ich nicht weiß, ob es mich neugierig machen würde, wenn es nicht unter dieser überschrift stehen würde, wenn ich es nicht mit dieser erwartung, diesen hintergrundinformationen lesen könnte.
rein klanglich habe ich eben beim laut lesen gemerkt, dass ich gerne zwei "und" streichen würde in der zweiten strophe, das erste und das in der dritten zeile.
Da geht es mir wie einigen Vorkommentatoren, ich glaube Trixie hat das geschrieben, mir ist das auch zu ausführlich, zu viele Details, also in Form von Maßen, nicht dass ich die Details an sich nicht gut finden würde, und auch die Maße, die haben ja etwas sehr nüchternes, was so gar nicht zu passen scheint und eben deswegen passt (falls jemand jetzt nachvollziehen kann, was ich meine) aber was ich sehr gut finde ist dieses "Ihr Bluthunde!" gerade weil es nicht gerechtfertigt ist, gerade weil es da nicht hingehört in den Zusammenhang. Diese Wut, diese ungerichtete Wut, die nicht weiß wo sie hin soll, die macht den Text da sehr ... ja mir fehlt das Wort, so dass er mich anpackt irgendwie...
Da würde ich auch für eine Verdichtung plädieren. Das fasert für mich aus. Aufzählungen sind gut, aber zu viele sind nicht so gut, die verwässern das dann, die "längst umgerührten Kochlöffel" verstehe ich auch nicht. Ja und das Fotoalbum, gerade weil es so einfach weggeschmissen wird, zusammen mit Servietten und Kochlöffeln, das finde ich gar nicht klischeehaft und rührseelig, nicht in dieser Setzung. Aber so sieht das eben jeder anders.
Was mir wieder großartig gefällt ist die letzte Strophe, diese Anklage, "du Arsch", ja, irgendwann, wenn man aus dieser Ohnmacht und Trauer erwacht, fühlt man sich so und wie gut, wenn man das dann zugeben, merken und sogar noch aufschreiben kann!
Das ist mir auch zu rührseelig. Das stille Weinen.
Edit: aber das ist ja auch schon weg, sehe ich gerade.
und obwohl du schon weißt wo der hase im pfeffer liegt, schreib ich jetzt trotzdem mal auf, was mir so dazu einfällt.
Thomas Milser hat geschrieben:dieter (2)
Wieder nichts gegessen
stattdessen Krüge und Porzellan photographiert
und Silbermesser
90er Prägung
Und Unterhosen in neutrale Beutel verpackt
und an Lederjacken gerochen
und Eintrittskarten von der Wand genommen
vom MSV und Jürgen von der Lippe
ich weiß nicht in wie weit das als einstieg taugen würde, wenn es nicht unter der überschrift "dieter 2" stehen würde. und da ich dieter 1 kenne und es unter dieser überschrift steht, kann ich auch gar nichts dazu sagen, außer, dass ich nicht weiß, ob es mich neugierig machen würde, wenn es nicht unter dieser überschrift stehen würde, wenn ich es nicht mit dieser erwartung, diesen hintergrundinformationen lesen könnte.
rein klanglich habe ich eben beim laut lesen gemerkt, dass ich gerne zwei "und" streichen würde in der zweiten strophe, das erste und das in der dritten zeile.
Thomas Milser hat geschrieben:Topmodernes Metallbett "Zen",
vernickelt und gebürstet, Außenmaße (B*L) 1,86*2,05m, absolut neuwertiger Zustand, NP 560 Euro
Dazu passende Federholzrahmen (2 Stück), hochwertige, mehrfach verstellbare Lattenroste, je 0,90*2,00 m,
NP 298 Euro
Dazu passende Schlaraffia-Matratzen, je 0,90*2,00 m, Bultex plus 7-Zonen, Härtegrad 3, allergikergeeignet,
Bezüge voll abzieh- und bei 60° waschbar, ganz leichte Flecken (kaum sichtbar), die wasche ich gerade frisch,
NP 998 Euro (!)
Hier und jetzt alles zusammen (NP 2.194 Euro) für nur 500 Euro,
Ihr Bluthunde!
Da geht es mir wie einigen Vorkommentatoren, ich glaube Trixie hat das geschrieben, mir ist das auch zu ausführlich, zu viele Details, also in Form von Maßen, nicht dass ich die Details an sich nicht gut finden würde, und auch die Maße, die haben ja etwas sehr nüchternes, was so gar nicht zu passen scheint und eben deswegen passt (falls jemand jetzt nachvollziehen kann, was ich meine) aber was ich sehr gut finde ist dieses "Ihr Bluthunde!" gerade weil es nicht gerechtfertigt ist, gerade weil es da nicht hingehört in den Zusammenhang. Diese Wut, diese ungerichtete Wut, die nicht weiß wo sie hin soll, die macht den Text da sehr ... ja mir fehlt das Wort, so dass er mich anpackt irgendwie...
Thomas Milser hat geschrieben:
Die letzte Dose Chilitopf aus dem Regal genommen
mit Kidneybohnen, von Benedict
"Zwei gute Teller"
für morgen
Den Kerzenständer weggeworfen,
das Photoalbum 'Fuerteventura 1994',
wo wir zusammen
nackt schwimmen waren
die Servietten mit Weihnachtsmotiv
und längst umgerührte Kochlöffel
Und zusammen nach Juist fahren wollten wir
dieses Jahr, du Arsch
und was ich mit Mutters Fuchsschal machen soll
hast du mir auch nicht gesagt
Da würde ich auch für eine Verdichtung plädieren. Das fasert für mich aus. Aufzählungen sind gut, aber zu viele sind nicht so gut, die verwässern das dann, die "längst umgerührten Kochlöffel" verstehe ich auch nicht. Ja und das Fotoalbum, gerade weil es so einfach weggeschmissen wird, zusammen mit Servietten und Kochlöffeln, das finde ich gar nicht klischeehaft und rührseelig, nicht in dieser Setzung. Aber so sieht das eben jeder anders.
Was mir wieder großartig gefällt ist die letzte Strophe, diese Anklage, "du Arsch", ja, irgendwann, wenn man aus dieser Ohnmacht und Trauer erwacht, fühlt man sich so und wie gut, wenn man das dann zugeben, merken und sogar noch aufschreiben kann!
Thomas Milser hat geschrieben:Und jetzt frühstücke ich Toast
mit Butter und Sanddornmarmelade
vom Wirt, um 00:02
und weine ganz still.
Das ist mir auch zu rührseelig. Das stille Weinen.
Edit: aber das ist ja auch schon weg, sehe ich gerade.
- Thomas Milser
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Jesus!
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Außerdem muss man doch auch mal einen Text im Zusammenhang des gesamten Lebenswerks eines Künstlers sehen. Wenn -- Beispiel -- aus Udo Lindenberg ein "ich liebe dich" herauskommt, hat das ein anderes Kitschpotential, als wenn das aus Hansi Hinterseer käme. Der Kontext ist ein ganz anderer.
...wenn das ein Schlager sein soll, dann darf er ja auch triefen. Und! Schrieb Tom nicht, dieser Text könne allein stehen?
Und überhaupt, wollte nur kundtun, dass mir Rev. 2 besser gefällt.
Und überhaupt, wollte nur kundtun, dass mir Rev. 2 besser gefällt.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
- allerleirauh
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- Geschlecht:
hallo tom,
ich schließe mich pjotr an: die erste version ist für mich die fertige. sie rührt mich in ihrer un-perfektion (bitte nicht falsch verstehen) an.
a.
ich schließe mich pjotr an: die erste version ist für mich die fertige. sie rührt mich in ihrer un-perfektion (bitte nicht falsch verstehen) an.
a.
Also entweder ist es Betroffenheitslyrik mit viel Klischees oder es ist verdammt authentisch.
Beides zugleich geht meiner Meinung nach nicht.
Ein Text über die individuelle Trauer, zumal so beschrieben wie in der 1. Version, ist in der Tat verdammt authentisch und nie und nimmer Betroffenheitslyrik mit Klischees.
Dann wäre ja jede echte individuelle Trauer ein Klischee, wenn sie in Worte gefaßt wird.
Außerdem ist die 1. Version ein Tom Text.
Das paßt. Die erste Version ist ehrlich. Keine in künstliche Wortakrobatik verpackten Gefühle, damit es bloß nicht als Betroffenheitslyrik erscheint.
Die überarbeitete Version ist weichgespült und hat dadurch zumindest ein Klischee zu viel. Muß am Ende wieder ein Hund bellen?
Wieso nicht mal ein weinen? Nee, es muß ein Hund bellen (oder wahlweise ein sonstige Getier, welches Laute von sich gibt, oder um die Ecke kommt) zum Abschluß eines solches Textes zu einem Thema wie diesen.
Wenn schon ein Hund im Text, dann bitte wieder das mit den Bluthunden.
viele Grüße
Sethe
Beides zugleich geht meiner Meinung nach nicht.
Ein Text über die individuelle Trauer, zumal so beschrieben wie in der 1. Version, ist in der Tat verdammt authentisch und nie und nimmer Betroffenheitslyrik mit Klischees.
Dann wäre ja jede echte individuelle Trauer ein Klischee, wenn sie in Worte gefaßt wird.
Außerdem ist die 1. Version ein Tom Text.
Das paßt. Die erste Version ist ehrlich. Keine in künstliche Wortakrobatik verpackten Gefühle, damit es bloß nicht als Betroffenheitslyrik erscheint.
Die überarbeitete Version ist weichgespült und hat dadurch zumindest ein Klischee zu viel. Muß am Ende wieder ein Hund bellen?
Wieso nicht mal ein weinen? Nee, es muß ein Hund bellen (oder wahlweise ein sonstige Getier, welches Laute von sich gibt, oder um die Ecke kommt) zum Abschluß eines solches Textes zu einem Thema wie diesen.
Wenn schon ein Hund im Text, dann bitte wieder das mit den Bluthunden.
viele Grüße
Sethe
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)
Sethe hat geschrieben:Also entweder ist es Betroffenheitslyrik mit viel Klischees oder es ist verdammt authentisch.
Beides zugleich geht meiner Meinung nach nicht.
Ein Text über die individuelle Trauer, zumal so beschrieben wie in der 1. Version, ist in der Tat verdammt authentisch und nie und nimmer Betroffenheitslyrik mit Klischees.
Dann wäre ja jede echte individuelle Trauer ein Klischee, wenn sie in Worte gefaßt wird.
Ich kann den Schluss, den du hier ziehst, nicht ganz verstehen. Also kann man authentisch nur schreiben, wenn man nichts dran ändert und überarbeitet?
Aber der Hund, ja. Den mag ich auch nicht. Da bellen wirklich zu viele schon in zu vielen Gedichten.
Und die Bluthunde fehlen mir sowieso. Wozu sonst der ganze Absatz.
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