Acrylmalerin

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 04.09.2010, 23:27

Acrylmalerin


Heut lässt sie
sich feiern
von blinden
Vergoldern
vermählt sich munter
mit ihrem Cyan

stellt raschelnde
Blüten auf
klackernde Schemel
ihr rüschiges
Kleid streift
Leinwandgeflügel

die großen Worte
die sie
gern hätte
zerknallen
auf rosa
Plastiktapete.

Max

Beitragvon Max » 12.09.2010, 17:37

Hallo Amanita,

nach mehrfachem Lesen sehe ich in dem Text vor allem die Kritik an der Acrylmalerin (ich mag ich allerdings immer noch täuschen) und vielleicht ist das auch der Grund,warum ich weniger Zugang zu diesem Text finde. Selbst wenn ich die Malerin kennte, so denke ich mir, so gitb doch eine solche Kritik ihr mehr Aufmerksamkeit als sie dem Text nach verdient.
Wie gesagt, vielleicht verstehe ich das alles auch falsch.

Liebe Grüße
Max

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 12.09.2010, 19:00

Hallo Max, ich ahne, was Du meinst, es ist auch nicht ganz falsch - aber auch nicht richtig. Hier ist es die Banalität von Malerei, die ich thematisch reizvoll fand, weil sie mir immer wieder begegnet, zumal es immer mehr Malschulen und Malkurse und was-weiß-ich gibt. Und da wird folglich auch ausgestellt, die Freunde kommen zum Bewundern ... Doch wer sensibel genug ist, spürt, dass es das leider doch nicht "war", also auch die Künstlerin selbst spürt es.

Kritik ja, aber weniger an ihren individuellen Bildern, sondern am Prinzip des inflationären künstlerischen Schaffens, das sich als Kunst gibt aber immer noch einen Schritt von wirklicher Kunst entfernt ist. Die Malerin ist keine reale Person, sondern eine symbolhafte.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 12.09.2010, 19:12

jetzt nach dieser erläuterung, amanita, kann ich auch versuchen etwas dazu zu schreiben. weil ich jetzt ein bisschen mein gefühl gegenüber diesem gedicht verstehe. ich weiß gar nicht so recht, wie ich das beschreiben soll, ich habe nur kitschige farben gesehen und irgendwie ablehnung, aber nicht so, dass es richtiger hass wäre, also keine echten gefühle. ich habe einfach nicht verstanden was das soll und gefühlt erst recht nicht. ich glaube, dass ist das symbolhafte, diese "metakritik", die hier thematisiert werden soll, die mich so gar nichts sehen und fühlen lässt und das ist ja vielleicht genau das, was der aussage angemessen ist...

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 12.09.2010, 19:26

Nein, KEIN Hass! Mitnichten.

Aber viel Geschäftigkeit, Schnörkelhaftigkeit, Kurzlebigkeit.

Max

Beitragvon Max » 12.09.2010, 20:44

Hallo Amanita,

ich versteh schon was Du meinst - ich glaube nur, ich hätte das Motiv vielleicht eher als Satire verarbeitet ... wenn überhaupt (aus Faulheit ;-) ).

Liebe Grüße
Max

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 12.09.2010, 22:23

Ja, das wäre natürlich auch möglich gewesen! Aber in dem Fall wollte ich auch den "hohlen Zauber" mal anreißen, das könnte ich in Form einer Satire nicht.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 12.09.2010, 22:51

Amanita hat geschrieben:Kritik ja, aber weniger an ihren individuellen Bildern, sondern am Prinzip des inflationären künstlerischen Schaffens, das sich als Kunst gibt aber immer noch einen Schritt von wirklicher Kunst entfernt ist.
Von der mühseligen Diskussion um den Kunstbegriff einmal -- und für immer -- abgesehen, was spricht denn gegen eine Inflation eines solchen Schaffens? Ich begrüße derartige Inflationen, vor allem auch dann, wenn Hinz und Kunz mitmachen und sie erst noch -- oder langfristig -- am Anfang der Entdeckungsreise stehen.

Dein Gedicht wird "Neulinge" wahrscheinlich eher ent- als ermutigen, es wirkt von oben herab. Vielleicht wäre daher das Gedicht in der Ich-Form besser angelegt?


Cheers

Pjotr

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 12.09.2010, 23:15

Pjotr hat geschrieben:
Dein Gedicht wird "Neulinge" wahrscheinlich eher ent- als ermutigen, es wirkt von oben herab. Vielleicht wäre daher das Gedicht in der Ich-Form besser angelegt?



Nein, Pjotr, die "Inflation" bezieht sich nicht in erster Linie auf die Bilder, die gemalt werden, sondern auf das Trara, das darum gemacht wird. Gerade vor wenigen Tagen hatte ich wieder eine Begegnung mit einem fürchterlichen Schaumschläger, der mir erstmal auflisten musste, wie oft er in unseren regionalen Zeitungen erschienen ist - bei ziemlich mäßiger Kunst. Im letzten Jahrzehnt ist mir so mancher Möchtegern begegnet, der sich als verkannter Künstler fühlte.

Natürlich gibt es auch sehr angenehme, aufgeschlossene und lernbegierige Autodidakten - die meine ich NICHT. Sondern die, die mit ihrem künstlerischen (?) Tun protzen*. Und das sage ich dann auch mal "von oben herab".

Die Ich-Form habe ich bewusst nicht gewählt.

* und das können durchaus auch "Studierte" sein, die sich nicht mehr weiter entwickelt haben

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 13.09.2010, 00:35

Verstehe.

Was Du gerade in Deinem Kommentar nennst -- Schaumschläger, Möchtegern -- finde ich in den Metaphern des Gedichts nicht wieder; "protzen" hingegen vielleicht schon in: Sich feiern lassen, große Worte gerne haben. Diese Anliegen sind mir auch zuwider -- wenn sie von Schaumschlägern sind. Dass dies der Fall ist, ist mir, wie gesagt, entgangen. Es hätte auch Oma Müller sein können, die sich da feiern lassen will, zum ersten Mal seit 80 Jahren.

Edit: Ja gut, ich ziehe letzteres zurück: Oma Müller wäre nach 80 Jahren bescheiden genug, dass sie große Worte nicht gern hätte. So etwas impliziert eigentlich schon eine gewisse Möchtegernelei.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 13.09.2010, 08:21

Pjotr, so ist es. Danke. Denn Oma Müller lässt sich anders feiern! Da gibt es (hoffentlich) herzliche Reden und die Enkel singen (vielleicht) selbstgemachte Lieder, aber es tropfen keine pseudoklugen Phrasen vom Rednerpult - hurz!

Noch ne kleine Anekdote: Ich organisiere ja auch Ausstellungen, vielleicht bin ich deshalb sensibilisiert? Kürzlich plante ich also zusammen mit dem "aktuellen" Künstler, wir hatten einige wichtige Dinge nach seinem Mammut-Urlaub zu besprechen, die ausgesprochen eilig abzuhaken waren. Ein wichtiger Punkt von ihm aus war allerdings, wer ihm denn die Zeitungsartikel zukommen lässt ... *grmpf* - die Bildauswahl war nicht einmal ansatzweise fertig!

Quoth
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Beitragvon Quoth » 13.09.2010, 09:48

Ich würde eine Auswahl von Bildern dieser Acrylmalerin gern mal sehen - um beurteilen zu können, ob sie wirklich so indiskutabel sind. Kostproben Deiner Linolschnitte haben wir ja!
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

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leonie
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Beitragvon leonie » 13.09.2010, 10:46

Hallo Quoth,

ich verstehe es eher so, dass es Amanita um das "Hurz"-Phänomen geht und nicht um eine bestimmte Malerin.

Liebe Amanita,

ich bin mir noch unschlüssig, ich glaube es hat in diesem Fall tatsächlich mit den Adjektiven zu tun, die schon früh viel Wertendes in das Gedicht bringen. Dadurch scheint es mir am Ende weniger zu knallen als es könnte. Also: sie nehmen etwas von der Wirkkraft, glaube ich...

Liebe Grüße
leonie
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 13.09.2010, 11:28

Quoth, da bin ich aber soooo froh, dass meine Linolschnitte kein Cyanblau haben - diese typische aufdringliche Autodidakten-Farbe. Und Du weißt genau, dass es sich nicht um "diese" (reale) Malerin handelt. Aber eins sei verraten: Vielleicht haben ihre Bilder einen leichten anthroposophischen Anstrich - je nach Lehrer ...

Leonie: Ohne die Adjektive - Du zählst die Partizipien sicher mit - kann ich weder den geschäftigen Aufbau einer Ausstellung noch den Typus schildern, außerdem sollte es tunlichst beim "Plopp" bleiben und nicht zur Detonation kommen. Diese Hobbymalerin erkennt einfach nur die Hurz-Rede. Dabei wackelt nicht die Welt (sondern nur die eigene kleine, die ich schon gern klackernd und rüschig genannt habe).


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