und wenn

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 23.09.2010, 21:56





und wenn
da keine flüsse mehr sind
graue wiesen auf bodenlosem grund
wenn die lichter der häuser
alle verschwiegenheit verdunkeln
die so nötig wäre
so nötig


wenn die letzten gespräche in den verwinkelten gassen
so flüchtig als gingen sie ins mark
und endlich die blicke durch uns ins vorbei starren
dann bin ich verloren
im vergessen
im erinnern
und sonstigem nichts



.

Max

Beitragvon Max » 23.09.2010, 22:14

Lieber Niko,

das trifft nicht meinen Geschmack, leider, das aus verschiedenen Gründen:
Zum einen habe ich zuviel Schwierigkeiten in einem Stück Lyrik, Hauptsatz, Nebensatz und Nebensatz des Nebensatzes auseinanderzupuzzeln, zum zweiten baust Du durch diesen hymnischen Ton (der mich ein wenig an "Erst wenn der letzte Baum gefällt ... " erinnert) eine Erwartungshaltung auf, die die letzten Zeilen meines Erachtens nicht einlösen können - insbesondere mag ich dort das unspezifische

dann bin ich verloren
...
und sonstigem nichts


Vielleicht funktioniert der Anfang für mich falsch, aber für mich ist eine große Erwartung da: Ja, was wird dann sein? - Und dann bietest Du mir ein sonstiges Nichts an ... deshalb verlasse ich das gedicht recht unzufrieden, daher auch dieser Kommentar.

Liebe Grüße und nichts für ungut
Max

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 23.09.2010, 22:27

Über das "nichts" bin ich auch schwer gestolpert, denn vergessen und erinnern ist doch nicht nichts!? Verstärkt wird der Bezug auch noch durch das "sonstige", das mir vom Wortklang an der Stelle ohnehin nicht gefällt, aber eben auch keinen Sinn macht.

Währenddessen habe ich am "Hymnischen" nichts auszusetzen, denn die Bilanz, das endgültige Verlorensein, ist doch schon mal was - Max ...
Ich sehe jemanden dahinirren in einer Welt, mit der er nicht klar kommt, weil Elementares abhanden gekommen ist.


und endlich die blicke durch uns ins vorbei starren


- hier habe ich allerdings so meine Probleme mit dem Rhythmischen.

Max

Beitragvon Max » 23.09.2010, 22:33

Um das zu präzisieren: Hymnisches allein hat für mich auch eine Daseinsberechtigung, allerdings baut es eine gewisse Erwartungshaltung auf ...

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Beitragvon Amanita » 23.09.2010, 22:37

Nein, so ist es mir nicht gegangen - ich war gleich mittendrin, ohne Erwartung ...

Niko

Beitragvon Niko » 24.09.2010, 18:52

ein "wenn", lieber max, zieht ja zunächst mal nur ein "dann" nach sich. diese erwartung muss erfüllt sein. und ist sie auch. dass an dieses "dann" nichts aufregendes (vermeindlich) angeknüpft ist, mag natürlich enttäuschen, zumal vielleicht gerade durch den von dir empfundenen hymnischen stil ein deftigeres ende erwartet wird. aber vielleicht ist die nicht-erfüllung dieser erwartung zeigt aber auch, dass es sich nicht um chronologische abfolgen handelt oder um eine erfüllte bedingung, sondern um eine situationsbeschreibung. einen angehalteten moment. moment im weitesten sinne.
liebe amanita,
vergessen und erinnern sind nicht nichts. aus subjektiver sicht aber kann die gleichstellung mit "sonstigem nichts" besagen, dass dem lyrich das vergessen und erinnern nichts gibt, nichts bedeutet. "sonstige" mag dir sperrig klingen, ich habe es hier genutzt, weil "sonstiges" auch eine gewisse stimmung bezüglich des "nichts" hat. es schwingt ein "unter ferner liefen", "unter vielem anderen bedeutungslosen" mit.

liebe grüße und danke für euer kommentieren! - niko

Niko

Beitragvon Niko » 25.09.2010, 19:35

naja.....so mit abstand komm ich doch auch an diversen stellen ins grübeln...........einige sequenzen konservieren, den rest in die tonne!

ich danke euch für die beihilfe zu dieser einsicht!

liebe grüße: niko

Max

Beitragvon Max » 25.09.2010, 20:08

Hi Niko,

ich bewundere die Leichtigkeit, mit der Du das für Dich beschließen kannst - das ginge mir vermutlich anders.

Liebe Grüße
max

Niko

Beitragvon Niko » 25.09.2010, 20:17

bei der leichtigkeit irrst du max. sie mag so rüberkommen. aber dem ging ein ringen mit meinem text und den kommentaren im netz und kommentaren im umfeld voraus. und du weißt sicher gut, dass ich jemand bin, der sich eher am eigenen text verbeißt, als ihm ein "storno" auf den text zu drücken.
ich habe vielleicht gelernt, dass nicht jeder text durchweg gut sein kann / muss. dafür schreib ich phasenweise ohnehin zuviel.
hier speziell habe ich erkannt, dass der text nicht funktioniert in weiten teilen. wenn man einen text schreibt, hat man erst einmal die autorensicht. und über sein kind lässt man ungern was kommen. mit der zeit aber (wobei der zeitbegriff unterschiedlich ausfallen kann) lichtet sich der autorenschleier und man wird doch zumindest ein stückweit zum leser. kommentare wie eure und anderer haben mir zusätzlich gezeigt, dass dieser text zuviel fragezeichen aufwirft, als dass er ein ausrufezeichen setzen könnte.
zudem kommt hinzu, wie ich mich selbst dabei beobachte, dass ich es hasse, wenn autoren sämtliche kritischen kommentare totreden oder - noch schlimmer - ignorieren. ob man kommentiert oder peng - es wird nichts verändert. auch das führt mich dahin, wohin es mich jetzt geführt hat. allerdings bei weitem nicht überwiegend!

also: nicht leichten, eher schweren herzens: storno!

liebe grüße: niko


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