parkinson

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 04.12.2010, 00:30

parkinson



bei dem typ links neben mir
hatte es bereits begonnen
das zucken

wir andern
saßen nur durchgefroren da
und ließen uns vom 945er nach hause schaukeln

wir hatten im eigenen stadion
gegen frankfurt 1:3 vergeigt
aber nur kalte füße bekommen

und waren unzufrieden
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Niko

Beitragvon Niko » 04.12.2010, 12:23

hallo tom,
vielleicht hat es ja etwas damit zu tun, dass ich fußball nicht mag, aber ungeachtet dessen (so das geht) finde ich den text zu banal. parkinson - der titel hat mich etwas anderes erwarten lassen. ein bischen auch ist ein beigeschmack dabei, weil parkinson FÜR MICH!!!!! hier in einen etwas verlächerlichten kontext gebracht wird. aber das schwingt nur hintergründig mit.
liebe grüße: niko

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 04.12.2010, 12:42

Was hier "verlächerlicht" sein soll, ich mir schleierhaft. Ist doch genau das Gegenteil.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 04.12.2010, 13:20

Nein! Lächerlich gemacht wird hier überhaupt nichts. Ich sehe das als Beobachtungs- und Verdrängungsprozess, Parkinson (oder überhaupt Krankheit) in alltäglichen Situationen.

Über eine Stelle stolpere ich jedesmal:

hatte es bereits begonnen
das zucken


- was im Kontext so auf mich wirkt, als bekäme jeder Mensch früher oder später Parkinson, zumal der "Typ" ja nicht als Individuum gezeigt wird, sondern als einer unter vielen (unter sehr vielen). Ich glaube, ein Detail mehr, zu Typ und Krankheit, wünsche ich mir schon noch.
Aber sonst kann ich Deine Kritik nicht teilen, Niko. Denn die Banalität ist doch hier eindeutig Mittel, weil sie die uns allen bekannte Banalität des Alltags ist. Und was ist bei einer (solchen) Krankheit schwieriger als ein richtiges Verhältnis zum Alltag zu finden?

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 05.12.2010, 15:27

Hallo Tom,

ich finde, ähnlich wie Amanita, die erwähnten Alltagsdetails (das Fußballergebnis, die Nummer des öffentlichen Verkehrsmittels) sehr passend.
.
Was ich nicht ganz kapiere, ist diese Stelle.

"wir hatten im eigenen stadion
gegen frankfurt 1:3 vergeigt
aber nur kalte füße bekommen"

Wieso ist denn ein "aber" vor "nur kalte Füße bekommen". Ich sehe den Zusammenhang zum Spielergebnis nicht und möchte das "aber" streichen. Oder ist es so gemeint, dass eine Abstiegssituation angesprochen wird???

Gerne gelesen

Jürgen

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 11.12.2010, 13:00

Hallo,

dass etwas lächerlich gemacht wird, sehe ich hier auch nicht - ich lese den Text so, dass der Frust über ein tristes und erfolgloses Fussballspiel und die Krankheit Parkinson nebeneinander gestellt werden und so die verschiedenen Zustände so gezeigt werden, wie es auch im Leben zugeht...da hat ja jeder seine Unbequemlichkeiten und Probleme und ist da auch gut mit beschäftigt, in seinem Zustand drin, und dann manchmal hat man doch Augen für einen andern und urteilt vielleicht (zumindest kurz) etwas anders über seinen eigenen Zustand oder wird sich zumindest bewusst über den andern und darüber über sich, kurz, im Bus usf. und dann geht es weiter wie zuvor (aus seiner Haut kann man ja nicht, ... bis man sie nicht mehr retten kann...), bis man dran ist.
Ich finde diese Anordnung des Textes gut, weil ansonsten nur noch die vereinzelte oder die Perspektive von oben bleibt: das produziert dann aber immer den Horizont: das eine Leid ist nicht so schlimm wie das andere, lässt sich vergleichen, isolieren, abwägen, klar moralisch anordnen...hier wird eher das Atmen nebeneinander gezeigt, wie es ist: meistens notwendig unbeteiligt und doch ist keiner auf der sicheren Seite, die "nur unzufriedenen" auch nicht, der Typ, den es ernsthaft erwischt hat, ist links neben einem und es hat nur noch nicht begonnen. Dabei arbeitet der Text intuitiv mit schönen Konstrasten (er alleine, die andern in einer Gruppe und dergleichen). Ich finde das kommt echt an und vor allem auch nicht pseudomoralisch.

Der Titel macht für mich den Text allerdings auch noch ein wenig kaputt, vor allem, weil ich mich frage, ob die explizite Benennung der Krankheit überhaupt wichtig ist bzw. eingelöst wird. Tom, ich vermute, du hast die Szene so oder so ähnlich wirklich erlebt, aber für mich hat sich der Text hat sich von dem Erlebnis seither wegbewegt, ist ehrer ins allgemein "Vergängliche" gefallen und da wirkt "Parkinson" dann etwas verwaist und dadurch auch etwas "dicke". Ich kann mir zwar vorstellen, dass du vielleicht noch weiter gedacht hast und Parkinson sogar auf "alle" anwenden möchtest, á la "wir zucken alle so herum, bis es zuende geht", aber ganz rund fühlt sich das nicht an bei mir. Vielleicht nochmal schauen.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 17.12.2010, 16:36

Wo isser? Geht's Tom gut? Hoffentlich.

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 17.12.2010, 16:50

Ja jau, alles in Dortmund, hab nur grad viel um die Schlappen.
Rekomm kommt! Zwischen den Jahren ...
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Max

Beitragvon Max » 17.12.2010, 19:58

Hai Tom,

ich würde den Text so lassen .. die Überschrift aber vermutlich nicht.
Der Grund ist nicht, dass ich denke, dass hier jemand oder etwas lächerlich gemacht, sondern, dass die Überschrift zu dominant ist und die Leserichtung alles Folgenden bestimmt. Das nimmt dem Rest des Text etwa szu viel Raum ...

Der Text aber gefällt mir.

Liebe Grüße
Max

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 17.12.2010, 20:00

Ohne die Überschrift wird es aber nicht funktionieren!

Max

Beitragvon Max » 17.12.2010, 20:05

Liebe Armanita,

ich habe ja auch nicht "ohne Übreschrift" vorgeschlagen ...

Liebe Grüße
Max

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 17.12.2010, 20:08

Ohne diese Überschrift.

Max

Beitragvon Max » 17.12.2010, 20:11

.. würde es schon funktionieren ....

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 17.12.2010, 20:15

Und warum zuckt der dann?


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