Premiere

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Cicero
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Beitragvon Cicero » 15.12.2011, 16:52

Premiere

Da hockt er nun
im Schnürboden der Burg,
mit geballter Faust
neben dem Donnerblech,
blickt auf sein Werk,
das sie dilettieren,
hört seine Verse
in den Saal genuschelt,
kotzt in seine Halskrause
und macht sich
aus dem Bühnenstaub,
noch vor dem zweiten Akt.
Zuletzt geändert von Cicero am 12.01.2012, 19:53, insgesamt 2-mal geändert.
Die Sprache sei die Wünschelrute, die gedankliche Quellen findet. (Karl Kraus)

Jelena

Beitragvon Jelena » 17.12.2011, 17:09

Hallo Cicero,
ja, schön, du greifst das Theaterthema wieder auf!
Mir hat dein Umgang mit der Sprache ja auch in den Haikus gefallen, du hast Sprachgefühl. Hier wird das noch deutlicher. Akt, Abend, Albtraum, dann der Übergang von den männlichen zu den weiblichen Endungen, erst verzweifelt, dann erzählend. Gefällt mir, auch die inhaltliche Stimmigkeit der Bilder, die Nomen passend, die Rhythmik - einfach beneidenswert gut.
Nur das Ende ist nicht so überzeugend. Warum gerade Berlin, frage ich mich spontan, es wirkt zu bedeutend ohne einen Grund.
LG, Jelena

PS:
Hatte auch mal ein Theatergedicht geschrieben, vielleicht gefällt es dir:

Die Diva

Sie steht im weißen Rampenlicht,
Die Muskeln beben im Gesicht,
Sie hält mit ihrem Leib allein
Den höchsten Ton vom Divasein.

Schon schwillt im Raum der Widerhall,
Der Sturm durchbricht den vollen Saal,
Die Welle rauscht wie heißer Regen,
Die Diva strahlt, verteilt den Segen.

So steht sie, bis der Vorhang fällt,
Im Hintergrund der Rest der Welt.



Max

Beitragvon Max » 17.12.2011, 19:03

Lieber Cicero,

willkommen im Salon, ich meine fast, ich hätte frühe Deine Werke in der Schule übersetzt ;).

Was mir an diesem Text auffällt, ist ähnlich zu dem, was schon Jelena beschrieb. Der Anfan scheint mir dicht, allerdings zerstört mir der Schluss einiges an Wirkung. Ich bekomme den Eindruck, dass dieser Text auf genau diese Zeile, dieen Effekt hin geschrieben ist, und das stört mich - leider.

Liebe Grüße
Max

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Cicero
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Beitragvon Cicero » 17.12.2011, 19:20

Lieber Max,

herzlichen Dank für Deine Willkommensgrüße und Deine Gedanken zu meiner "Premiere".

Nachdem auch schon Jelena das Ende des Textes nicht so gelungen fand, bleibt die Frage, ob die beiden letzten Zeilen vielleicht doch entbehrlich sind. Der Hinweis auf Shakespeare muss ja nicht sein, der Abgang vor dem zweiten Akt wäre möglicherweise das bessere Ende.

Liebe Grüße
Cicero
Die Sprache sei die Wünschelrute, die gedankliche Quellen findet. (Karl Kraus)

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Cicero
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Beitragvon Cicero » 17.12.2011, 19:47

Liebe Jelena,

herzlichen Dank für Deine Rückmeldung.

Deine Diva ist inspirierent. ;o)

Diva

Noch klingt
Applaus nach
in ihren Ohren
als Butterfly
für drei Stunden
der Welt entrückt
nun tauscht sie
Kimono gegen
Jeans und Shirt
schminkt sich
die Diva ab
und geht essen
zum Italiener

Herzliche Grüße
Cicero
Die Sprache sei die Wünschelrute, die gedankliche Quellen findet. (Karl Kraus)

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leonie
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Beitragvon leonie » 17.12.2011, 20:25

Hallo Cicero,

willkommen im Salon!

Ich habe, noch bevor ich die anderen Kommentare gelesen haben, gedacht, dass aus meiner Sicht der Text gewinnen würde, wenn die letzten beiden Zeilen nicht da stünden...

Herzlichen Gruß

leonie

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Cicero
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Beitragvon Cicero » 17.12.2011, 20:53

Hallo Leonie,

herzlichen Dank für Willkommensgruß und Kritik.

Und morgen abend Berlin
Sommernachtsalbtraum

sind schon in der Tonne ... ;o)

Abendgruß
Cicero
Die Sprache sei die Wünschelrute, die gedankliche Quellen findet. (Karl Kraus)

Gerda

Beitragvon Gerda » 18.12.2011, 07:14

Ja, Cicero, so gefällt mir der Text auch.

Liebe Grüße
Gerda

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Beitragvon Cicero » 18.12.2011, 19:50

Hallo Gerda,

herzlichen Dank für Deine Rückmeldung.

Freue mich, "WIE ES EUCH GEFÄLLT". ;o)

Liebe Grüße
Cicero
Die Sprache sei die Wünschelrute, die gedankliche Quellen findet. (Karl Kraus)

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.01.2012, 19:27

Hallo Cicero!

Herzlich Willkommen im Salon! Ich habe mich ja schon unflätigst benommen und bin bemüht alles wieder gut zu machen! Gerne würde ich dir meine Vorschläge zur Bearbeitung deines Textes unterbreiten:

"Premiere

Da hockt er nun
im Schnürboden der Burg,"

Also das Wort "Schnürboden" musste ich erst mal nachschlagen. Kannten die anderen Leser es alle? Das ist ja erstaundlich!
Wenn es nämlich niemand kennt, der nicht gerade vom Fach ist, würde ich mich fragen, ob es nicht ein allgemeingültigeres Wort sein kann - wie zum Beispiel "Zwischendecke" -
Andererseits ist es ja auch schön ein so besonderes Wort kennenzulernen... Da liegt die Entscheidung natürlich bei dir!

Ach ja: "Da hockt er nun" finde ich als so einen pseudo-Gleichgültigkeits-Anfang (Von wegen: "Na da issa nun.") nicht gerade sehr beeindruckend. Wieso nicht gleich viel kürzer und eingänglicher:

Er hockt auf dem Schnürboden
der Burg, ....

?

Es geht weiter:

"mit geballter Faust"

Ach je is das pathetisch! Kann es sein, dass er auch rot vor Zorn ist und später noch ein Glas zertrümmert? Erinnert mich irgendwie alles sehr an schlechtes Hollywood mit der geballten Faust. Gibt es da kein orgiginelleres Bild für den Zorn? Vielleicht fällt dir oder jemand anders ja eins ein! Mir gerade leider auch nicht :(

"neben dem Donnerblech,"

Wieder so ein eher seltenes Wort! Aber das finde ich eigentlich ganz schön... Diese Illusions-Gegenstände... Das ist eine schöne Idee... Vielleicht hätte der inhaltliche Schwerpunkt noch mehr auf dem Gekünstelten liegen können. Zumindest finde ich das an dem Text spannend.
Jetzt fällt mir auch etwas zum Zorn ein:

Vielleicht könntest du auch sagen:

In ihm ist Gewitter und
das Donnerblech schallt


???

Es geht weiter:

"blickt auf sein Werk,
das sie dilletieren,
hört seine Verse
in den Saal genuschelt,"

- Ach je... Das ist mir zu viel Selbstmitleid. Anscheinend ist es wieder der arme Autor, dessen Stück verhunzt wird??? Aber ich würde ihm sagen: Mensch Junge! Was meinst du wie oft Schillers Stücke grottenschlecht gespielt wurden??? Aber das hat seiner Popularität nie einen Abbruch getan...
Also verstehe ich die Tragödie gar nicht!!! => Kein guter Abschnitt für mich. Würde ich streichen und mich eher auf das Thema der Illusion konzentrieren... Oder wieso ist er sonst so bestürzt? Weil ihm die Vorstellung nicht gefällt und er auch mitspielen muss? Tja....es wird schon einen Grund geben weshal gerade er zu diesem furchtbaren Ensemble und nicht zum Deutschen Theater gehört (.............)

Es geht weiter:

"kotzt in seine Halskrause"

Du weißt vielleicht - Diese Passage hat mich ja sehr beschäftigt! :smile:

Finde ich echt Banane! Ja! Wirklich :banana_1:

Es endet mit:

"und macht sich
aus dem Bühnenstaub,
noch vor dem zweiten Akt."

Soll das dann das heldenhafte, unerwartete Ende sein, ja?

- Lässt mich völlig kalt.

Das ist doch nicht der Knüller, dass der Typ dann bekotzt mit geballten Fäusten nach Hause hüpft von der Zwischendecke/dem Schnürboden! Ich finde das ein ganz schlechtes Ende! Und da bin ich ja nicht die einzige hier, wie ich gelesen habe.

Aber das Spiel mit der Illusion und vielleicht auch die Enttäuschung darüber, dass es eben Kunst bleibt und nicht real wird... Das hat mir gefallen! Auch die zwei seltenen Wörter! Da würde ich an deiner Stelle versuchen etwas prägnanteres daraus zu bauen. Vielleicht kriegst du ja eine zweite Version hin. Ich würde sie gerne lesen!

Alles Gute im Salon und liebe Grüße!
l

Louisa

Beitragvon Louisa » 12.01.2012, 16:28

PS: Falls das hier nicht angekommen sein sollte: Das waren Vorschläge, damit du evtl. eine zweite spannende Version entwerfen kannst. So wie es die meisten hier tun... Musst du ja auch nicht! Und den "Schnürboden" fande ich doch gut! Ich habe nur die Frage gestellt, ob das jeder Leser kennt? Aus reinem Interesse... interessiert dich das denn nicht???

Fände es jedenfalls sehr schade, wenn meine Vorschläge und meine Kritik nun als Anlass zur Trotzigkeit verkommen... ich hoffe, dass vieles davon dich zu neuen Versionen inspirieren kann.

Danach kannst du ja immer noch diese Version als die Beste und Einzige erkennen.

Alles Gute!

Jelena

Beitragvon Jelena » 12.01.2012, 16:40

(Also, wenn ich von einer Moderatorin einen solche Kommentar bekommen hätte, wie den da oben, hätte ich gar keine Lust mehr. Du bist schon ne komische Nummer, Louisa, mal ehrlich. Meine gestrigen Gedanken ware jedenfalls, dass deine Schreibe den Begriff Kommentar noch nicht einmal verdient. Hatte mich aber zurückgehalten, weil das hier nicht mein Faden ist. Aber jetzt kann ich nicht... die Klappe halten....bin halt in Berlin aufgewachen...und unmoderat und frech, das lernt man da nämlich so...;))

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 12.01.2012, 17:33

Mich wundert sehr, dass jemand den Begriff Schnürboden nicht kennt (@Louisa) - was dann wohl keine Zumutung vom Autor sein dürfte.
Ferner wundert mich, dass dilletieren mit dem Dreher zitiert wird (oder ist eine Verhohnepiepelung des Worts an mir vorübergerauscht?)

Ach, mich wundert im Moment so einiges hier - OT und schon wieder weg.

Louisa

Beitragvon Louisa » 12.01.2012, 18:25

Ich kann es euch nicht recht machen!

Vielleicht sollten wir mal einen Wein trinken gehen oder kommt doch mal in die reale Übertragung dieses Salons nach Berlin. Morgen ist es wieder so weit:

www.blauersalon-unplugged.net

Ich habe es auf jeden Fall gut gemeint!

Wie gesagt: Ich denke es gibt Motive in diesem Text: Die Illusion an der jemand zu Grunde geht, weil sie vielleicht keine perfekte Illusion, sondern eben nur ein Schnürboden (finde ich toll, wenn ihr das kennt! Ist eine Bildungslücke von mir!!!) und ein Donnerblech - was wirklich tolle seltene Worte sind! - beinhalten.

Das fande ich an dem Text spannend!

Vieles davon fande ich aber auch zu unüberlegt... Denn die Quintessenz bleibt für mich bei dieser Version:

"Das ist doch nicht der Knüller, dass der Typ dann bekotzt mit geballten Fäusten nach Hause hüpft von der Zwischendecke/dem Schnürboden!"

...und das finde ich schade! Denn aus dem Text könnte man doch viel mehr holen!

Und wenn das hier ein ehrgeiziger Autor ist, der einen Brocken Selbstkritik zum Frühstück gegessen hat - dann kann er auch alles Gute aus diesem Text herausholen und ihn verbessern. Bisher hat er ja nicht einmal den Rechtschreibfehler korrigiert. Das finde ich auch ganz schön arm! Ich zitiere so wie es da steht, Amanita!

Trotzdem spreche ich dem Text und dem Autor nicht ab, das daraus noch etwas Großartiges werden kann. Ihr wollt mir doch nicht sagen, dass es das bereits ist?????

Liebe Grüße von der etwas bekümmerten louisa, die seit Jahren genau solche Kommentare schreibt und auch schon viele solcher Kommentare zu eigenen Texten gehört hat - ob im realen oder virtuellen Leben.... und meist hat die härteste Kritik mir auch am Meisten weitergeholfen...

Schließlich habe ich dem Menschen doch Vorschläge gemacht! Daraus kann er ja etwas machen. Das fände ich toll!


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