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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 09.01.2013, 12:02

:smile:
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ecb

Beitragvon ecb » 09.01.2013, 15:21

Ein wenig haben die mutwilligen Nebelfeen also doch ihren Willen bekommen ...

Hier würde ich den Zeilenbruch anders setzen, es wirkt nicht so gut, eine Zeile mit "in" zu beenden:

Und: ging nicht
in früheren Zeiten die Kunde


Sonst gefällt mir dieses Gedicht über kleine Wirklichkeitsverschiebungen, vor denen einen auch "cautionary tales" nicht ganz bewahren ;-)

Liebe Grüße
Eva

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 10.01.2013, 09:19

Rilke hätte dieses Gedicht gefallen.

Im "Briefe an einen jungen Dichter" empfielhlt er, Gedichte abzuschreiben: das habe ich mit diesem Gedicht getan ...

Eilige Leser werden nicht merken, warum da steht: "Feucht ist der Eichenbaum". Die Erklärung steht in der zweiten Strophe.

Im Wörterbuch habe ich nach dem Wort "versonnen" nachgeschlagen: Wie die Birke im Gedicht, so fühle ich mich jetzt.

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 10.01.2013, 10:46

Hallo Leonie!
Die Welt im Nebel - irgendwie noch da, aber schon halb entzogen, verschleiert, entrückt. Hier gewinnt sie ihr Grundgeheimnis zurück, das die "Aufklärung" eben immer nur teil- und zeitweise überwindet.
Mir gefällt zum einen die mystisch-besinnliche Stimmung, die dieses Gedicht herauf beschwört. Zum anderen bringt es sie auch sehr eindringlich zur Geltung. Ich fühlte mich an Hesses "Seltsam im Nebel zu wandern" erinnert.
Ich könnte mir das Gedicht auch gut als Liedtext vorstellen. :)
Liebe Grüße
Merlin

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.01.2013, 12:25

Hallo leonie,

gefällt mir gut, diese unheimliche Nebelstimmung, die du erzeugst und was sich da so tut.

Saludos
Gabriella

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leonie
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Beitragvon leonie » 10.01.2013, 13:58

Liebe Eva,

danke, Du beschreibst sehr gut, was ich auch erreichen wollte, eine Irriitation über die Sicherheit, was Wirklichkeit ist.
Über Deinen Vorschlag denke ich noch nach.

Lieber Klimperer,

so eine schöne Rückmeldung, danke, es ist schön, wenn ein Text auf so eine Weise gewürdigt wird und die Feinheiten wahrgenommen.

Liebr Merlin,

Dir auch "Danke", das Hesse-Gedicht war mit entfallen, jetzt kehrt es zurück!

Liebe Gabriella,

fein, dass die Nebelstimmung bei Dir ankommt!

Ich freue mich über Eure Kommentare und danke Euch!

Liebe Grüße

leonie

carl
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Beitragvon carl » 16.01.2013, 07:33

Liebe Leo,

der erste Satz hat mich schon sehr beschäftigt:
Heute geht... die Welt ihren eigenen Weg.
Das muss man mal auf sich wirken lassen!

Das Heute kennzeichnet einen Ausnahmefall oder ein besonderes Ereignis.
Die (ganze) Welt ist schon ziemlich umfassend, vorsichtig ausgedrückt.
Das wirft für mich die Frage auf:

Wessen Weg geht sie sonst?

Diese Frage kann nur indirekt beantwortet werden.
Da sind zum einen schon im ersten Satz die Schiebewände.
Paravente verbergen etwas Wesentliches dem Blick. Hier offensichtlich dem Blick des Lyr.Ichs.

Das Lyr.Ich wird ausgeschlossen vom Lauf der Welt. Es hat keinen eigenen Weg mehr.
Das scheint mir das verborgene Thema des Gedichtes zu sen.

Um das näher auszuführen, lohnt ein Blick auf das von Merlin zitierte Hessegedicht:
Kein Baum sieht den andern... Jeder ist allein.
Bei Hesse also die Isolation aller von allen. Davon kann hier aber keine Rede sein!
Da besuchen einander/ Birken und Buchen
Bei Hesse bewegt sich das Lyr.Ich durch die beziehungslose Landschaft. In deinem Gedicht ist es statisch (s.u. die Wirkung der Nebel-Feen) aber alle andern bewegen und treffen sich, haben ihren eigenen Weg.
Wie bei Hesse ausgesprochen die Landschaft zur Methapher wird, ist hier die Natur unausgesprochenes Gleichnis für soziale Beziehungen.
Die Anthropomorphisierung der Pflanzenwelt (lebendig sind sie ja von Natur aus, aber hier werden Bäume und Nebel personifiziert) liegt so im gut im Topos "Nebel-Moor" und im Legenden-Ton begründet, dass man leicht übersieht:
Die Entfremdung im Nebel ruft nicht nur Urängste wach oder die kindlich animistische Wahrnehmung.
Es ist noch mehr: Das Lyr.Ich ist (als einziges) vom menschlichen Leben ausgeschlossen!

Die eigentliche Bedrohung ist ja gar nicht, von den Nebel-Feen ins Moor gelockt zu werden. Das ist ja Legende. Sondern dass sie einen in Watte einspinnen, bis nichts mehr dich ruft/ in die klare Welt.

Die Welt, also die sozialen Beziehungen und das vitale Leben, nur wie durch Watte wahrnehmen können!
Ausgeschlossen sein und sogar die Selbstmächtigkeit (Klarheit) verlieren!
Und auch, wenn die Sonne dem Spuk endlich ein Ende macht, ausgeschlossen bleiben von dem Geheimnis, das die andern miteinader teilen, die während der ganzen Auszeit des Lyr.Ichs weitergelebt haben:
Doch scheint dir,/ als lächle die Birke versonnen./ Feucht ist der Eichenstamm.
Wesentliches verpasst zu haben, das die veränderte Lage erklären könnte, in der sich das Lyr.Ich wieder findet!
Und die Buche:/ stand sie nicht früher/ anderswo?

Das ist dir genial gelungen! Möglcherweise sogar unabsichtlich ;-)

LG, Carl

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Beitragvon leonie » 17.01.2013, 08:36

Lieber carl,

danke für Deine ausführliche und intensive Interpretation, Deinen besonderen Blick, das ist interessant für mich.

Mir ging es eher um einen anderen Aspekt, eher um das, was Eva beschreibt. Aber das ist ja zweitrangig, ich freue mich, dass das Gedicht offen ist und mehr zulässt als ich beabsichtigt habe.

Wie las ich kürzlich. Manchmal sind Texte eben klüger als ihr Autor/ihre Autorin.

Danke an Dich und liebe Grüße!

leonie

Niko

Beitragvon Niko » 17.01.2013, 15:21

hallo leonie,

dein nebelgedicht finde ich spannend. vor allem auch, weil ich im ganzen zwei gedichte sehe. bis zu den nebelkrähen.......ähem...feen war´s eins. und danach ein weiteres. wenn es um´s thema nebel geht, dann gefällt mir der zweite teil deutlich besser als der erste.
was hälst du denn von folgendem vorschlag?

Ging nicht in
früheren Zeiten die Kunde,
Nebelfeen hätten ein Mädchen verschluckt
auf ihrem Weg durch das Moor?

So hüte dich!
Denn sie tanzen, sie locken
an fremde, verbotene Orte
und wer ihnen folgt,
den weben sie ein.
Sanft spinnen sie um ihn
ihr Wattegewand,
bis alle Geräusche
von außen verklingen
und nichts dich mehr ruft
in die klare Welt.

Die Sonne schließlich
lichtet den Nebel,
gründlich vertreibt sie
Feen und Spiel.

Doch scheint dir,
als lächle die Birke versonnen.
Feucht ist der Eichenstamm.

Und die Buche:
stand sie nicht früher
anderswo?


also.....mir gefällts jedenfalls. deine beiden gedichte. und meine idee auch :-)

liebe grüße: niko, heute leicht vernebelt

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Beitragvon leonie » 17.01.2013, 19:36

Lieber Niko,

danke für Deine Rückmeldung und Deine Ideen.

Aber ich denke, ich bleibe bei meiner Version, zum einen, weil mir die Rückbezüge von Schluss und Anfang wichtig sind. Aber auch, weil ich merke, mir fehlt durch die Veränderungen etwas. Etwa das Lautmalerische der schwebenden Nebelfeen.

Liebe Grüße

leonie


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