Der Moment, in dem du liebst

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 08.05.2014, 17:24

Der Moment, in dem du liebst

entfaltet sich
erst im Nachhinein
zur Geschichte, die
'echt', die erlebt
ist
geschehen
erzählt, aufgeschrieben im
Nachhinein
einer Begegnung
drohenden Glücks, das
die Angst für einen
Moment, einen langen Moment
(es geschieht!)
betäubt
und geschehen lässt, was
zu geschehen hatte, ehe
es
passus est
zur Geschichte bestäubt: Jetzt.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.05.2014, 10:40

Hallo Klara,

wenn ich das "du" als "(Lyr)ich" lese, kann ich als eine Sichtweise anschauen und in Bezug zu meinem eigenen Erleben stellen. Allerdings sträubt sich das Gedicht schon sehr dagegen und will (in meinen Ohren) nach Allgemeingültigkeit klingen und dem Leser etwas überstülpen, was ich schade finde. Ein "ich" im Titel könnte das (auf)lösen.

Sprachlich gefällt es mir gut, vor allem der letzte Abschnitt hat einen guten Schwung. Das Wort "Nachhinein" wird durch die Wiederholung schön beleuchtet und man schaut genauer hin, was da noch darin steckt. Auch das Zusammenspiel von "bestäubt" und "betäubt" finde ich hier interessant.

'echt',
Das Zeichenzusammenspiel finde ich optisch unschön. Vielleicht das Komma durch einen Gedankenstrich ersetzen, oder andere Zeilenumbrüche? Oder alle Kommas im Gedicht weglassen, so dass die anderen Zeichen bewusster/stärker wirken können? Vielleicht stört es auch nur mich. :)

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Klara
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Beitragvon Klara » 12.05.2014, 12:08

Hallo Flora,

danke für deinen KOmmentar. Du hast mich ertappt: Ursprünglich verwendete ich 'ich' in dem Text.
Dann erschien mir das wacklig. WArum? Weiß nicht. Feigheit?
Ich muss nachdenken...

(auch mit dem 'echt' hast du wohl Recht!)

MERCI
klara

Mucki
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Beitragvon Mucki » 12.05.2014, 14:03

Hallo Klara,

ob in du- oder ich-Form, gelungen finde ich vor allem den Inhalt
Klara hat geschrieben:aufgeschrieben im
Nachhinein
einer Begegnung
drohenden Glücks, das
die Angst für einen
Moment, einen langen Moment
(es geschieht!)

das ist so wahr und so typisch für uns Menschen. Wir haben Angst vor dem Glück, es wirkt bedrohlich, weil wir befürchten, es könnte zu Ende gehen oder sich nicht erfüllen. Statt dieses Glück einfach zu leben! Das finde ich sehr gut eingefangen und ich finde mich darin wieder.

Liebe Grüße
Gabi

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Werner
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Beitragvon Werner » 17.05.2014, 17:14

ein augenblick in dem du liebst
entfaltet sich im nachhinein
eine geschichte erlebt
erzählt und aufgeschrieben
im einem nachhinein
eine begegnung
drohenden glücks
betäubt die angst
für einen augenblick
geschehen lassen
passus est
eine geschichte jetzt

???

ein moment ist eigentlich immer kurz, ein langer moment geht da schlecht, er wird nur lange gefühlt?

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Werner
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Beitragvon Werner » 17.05.2014, 17:16

so bekommt es m.E. ein bisschen schwung und fluss und sprachlich klang und rhythmus, eine melodie?

Klara
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Beitragvon Klara » 17.05.2014, 17:39

Hallo Werner
(willkommen hier :)

Du machst einen anderen Text draus, der vielleicht mehr "Fluss" oder "Melodie" hat, aber nicht das ausdrückt, was hier versucht wird zu sagen.

Der lange Moment ist sicherlich physikalisch ebenso unmöglich wie die Liebe als solche impliziert, das Unmögliche zu versuchen (frei nach Barthes) ;)

herzlich
klara

Klara
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Beitragvon Klara » 17.05.2014, 17:40

ps

"... und alle Lust will Ewigkeit
will tiefe tiefe Ewigkeit ..."

wissen sicherlich alle, wer das gedichtet hat - kleines Ratespiel am Rande eines ausrutschenden Gedichtes ;)

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birke
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Beitragvon birke » 18.05.2014, 23:05

oh ja! und das ist der kern des gedichtes, nicht wahr ...
ich finde das sehr gelungen, wenn auch ich ein "ich" im titel authentischer, ehrlicher fände ... gehe da mit flora konform.

(und die stelle mit dem "echt" könnte man auch lösen, indem man es einfach kursiv setzt? denn ansonsten würde ich auf die satzzeichen im text nicht verzichten wollen ... sie unterstreichen nämlich für mich.)

lg,
birke
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.05.2014, 23:08

birke hat geschrieben:(und die stelle mit dem "echt" könnte man auch lösen, indem man es einfach kursiv setzt? denn ansonsten würde ich auf die satzzeichen im text nicht verzichten wollen ... sie unterstreichen nämlich für mich.)

Ja, hier stimme ich Diana zu.


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