Aphorismus für Selbstmörder

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Kurt
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Beitragvon Kurt » 11.03.2017, 04:52

Ein des Lebens Überdrüssiger sollte sich nicht hirnlos in den Kopf schießen.
Zuletzt geändert von Kurt am 15.03.2017, 20:25, insgesamt 9-mal geändert.
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nera
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Beitragvon nera » 15.03.2017, 01:56

ich finde es sehr süß, wenn du kurt, dich plötzlich auf den künstlerischen sprachraum berufst und denke mal, das hat mit dem salon zu tun, in dem du dich ja seit langem tummelst. du hast offensichtlich etwas dazu gelernt. shalom!

Kurt
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Beitragvon Kurt » 15.03.2017, 04:22

Nera, wenn die gängige Naturwissenschaft und Philosophie mir sagt, mein Ich sei ein illusionorisches und so ein Beispiel mit der Operation an meinem eigen Gehirn vorträgt, das sich dabei betrachtet. Und ich würde nun zu dir sagen, stelle es dir so vor, als betrachtest du dich selbst. Du würdest vielleicht antworten, ich sehe in einen Spiegel oder mach ein Selfie. Das sind aber nur Abbilder von dir. Die Hirnforscher meinen dies aber nicht. Du müsstest also mindestens zwei Neras sein, um sich selbst betrachten zu können. Jetzt komme ich mit einem naiven Realismus daher, und behaupte, das ist nicht möglich, gleichzeitig quasi eins und zwei sein. Ich könnte mich auch auf einen Solipsismus zurückziehen, wo alles auf eine Art träumendes Es beruht. Logisch ist es nicht zu widerlegen, nur es bringt uns auch nicht weiter. Beim Witzemachen wäre es ebenfalls Quatsch. Also, sagen wir du hättest einen Witz konstruiert, der alle erforderlichen Ingredienzen eines Witzes aufweist und keiner könnte drüber lachen. Ja, was dann? Da würde es dir auch nichts nützen, wenn du dich darauf berufst, das in deinem Witz alles logisch ist, alles real nachvollziehbar, es keine Gehirne gäbe, die sich selbst betrachten können oder eine Hand die sich von Geisterhand bewegen würde und sich in einen Hohlkopf schießt. Carl hat jedenfalls gelacht, und das freut mich. Nifl fand den Apho schön. Amanitas Vorschlagsvariante würde dem Witz seine Wurzel ziehen bzw. klingt, als würde er sich für sich selbst entschuldigen.

Ja, Nera, Kunst darf irreal sein, habe ich doch von dir gelernt. Wie süß. Deshalb wunderte ich mich, dass du mir auf mal mit diesen „naiv-realistischen“ Argumenten kommst bezüglich des Aphos. Ich mag lieber die „verrückte“ Nera in dir, die künstlerische und auch deine entsprechenden Texte.

LG Kurt :ah:
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Kurt
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Beitragvon Kurt » 15.03.2017, 12:50

Nera, Mucki und Birke, ich sehe da eine Möglichkeit wie wir uns einigen könnten. Ich hatte ja den Prof. Gabriel im TV gesehen, jung, etwas schnöselig kam er mir rüber und sagte, Einhörner gibt es. Da bin ich beim Zappen erstaunt stehengeblieben. Immerhin sagt das ein ernst zu nehmender Mann mit Lehrstuhl in Bonn. Dann sagte er, der Gedanke des Einhorns existiert ja und sei zunächst gleichberechtigt zu behandeln neben allen anderen Gedanken. Irgendwann kam man auf den Syrienkrieg zu sprechen, wo der Sadat seine Gedanken darüber verbreitet, die amerikanische Presse stellt es ganz anders da und der Putin vielleicht noch anders. Jeder hat seine Gedanken dazu. Da sagt Prof. Gabriel, sie reden ja alle vom selben Gegenstand, und unterschiedlich, also ist es falsch. Wenn mir z. B. jemand berichtet, Birke sei heute um punkt Neun beim Schlachter gewesen, ein anderer sagt mir, sie wäre beim Bäcker um die Zeit gewesen, weiß ich das da etwas nicht stimmt. Und dann spricht der Professor noch von Sinnfeldern, das also das Einhorn in einem Sinnfeld existiert. So steht mein Aphowitz auch in einem Sinnfeld (Sinnzusammenhang). Nun kommt ihr Lieben daher, reißt die Sache mit dem ohne Gehirn in den Kopf schießen heraus und stellt es in ein anderes Sinnfeld, nämlich in die „real“ erlebte Alltagswelt. Dort könnten wir uns also irgendwo treffen, uns berühren, Birke könnte sagen, Kurt ich entferne dir jetzt dein Gehirn, mal sehen, ob du dich dann in den Kopf schießen kannst, ohne Gehirn also. Das brauchen wir gar nicht testen. Ich stimme vollkommen mit euch überein, das man sich ohne Gehirn nicht in den Kopf schießen kann. Aber nur in diesem Sinnfeld. In meinem Apho-Witz-Zusammenhang ist es aber möglich, genau wie ich ein Einhorn in ein eigenes Sinnfeld stellen kann. Nehme ich es heraus und stelle es in das Sinnfeld unserer „real“ erlebten Welt, da existiert es dann nicht.

Aber wir lassen das Einhorn in den wunderbaren Einhornerzählungen rummachen, erfreuen uns daran, und streichen nicht alle Einhörner aus den Geschichten, nur weil sie nicht in unsere Alltagswelt passen.

Also, wenn wir das so sehen könnten, würde ich dir, Birke, natürlich recht geben, wenn du sagst, man könne sich nicht ohne Gehirn in den Kopf schießen. Aber du hast es in Sinnzusammenhang mit meinem Aphosinnfeld gestellt, indem du es in dem entsprechenden Thread stellt. Hättest du einen eigenen Thread mit der Behauptung aufgestellt, dass man sich nicht in einem „realen Sinnfeld“ ohne Gehirn in den Hohlkopf schießen könne, wären ja alle einverstanden gewesen.

LG Kurt :??:
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birke
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Beitragvon birke » 15.03.2017, 13:07

hey, kurt, aber klar macht dein aphorismus sinn! :DD:
habe ihn durchaus verstanden.

eigentlich wollte ich mit meinem nur noch eine weitere dimension anstupsen...
mitnichten meinte ich, dass man sich "ohne gehirn nicht in den kopf schießen kann", das ist ja eh klar.

birke hat geschrieben:wer hirnlos ist, schießt sich nicht in den kopf...


will sagen, wer "hirnlos" ist, also nicht viel nachdenkt, kommt gar nicht erst auf die idee sich in den kopf zu schießen, sieht vielleicht auch gar keinen grund. wer sich jedoch durch grübeln "den kopf zerbricht", wer nur noch über negatives nachdenkt, der sieht viel eher einen grund, sich das leben zu nehmen.
so in die richtung.

alles gut, kurt! ;):

lg
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Kurt
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Beitragvon Kurt » 15.03.2017, 13:41

Ochso, Birke, das soll eine Variante sein. Entschuldigung. Und ich würde da gerne mit dir sozusagen unter eine Decke kriechen. Aber ich fürchte, Mucki könnte etwas dagegen haben. Denn ich hatte so einen ähnlich Satz wie deine Aphovariante formuliert. Und da hat Mucki gleich eingelenkt. Ob sie dies auch im Falle von deinem Satz machen würde;
keine Ahnung; Mucki ist die Logikerin.
Ich würde sagen, dein Satz impliziert ja, das welche mit Geist sich in den Kopf schießen. Aber da würde ich lieber nochmal Mucki fragen, die ist da besser drauf als ich.

Birke, und wenn ich Recht haben sollte mit deinem Vario, dann müssten wir Geistvollen uns ja alle die Frage stellen, warum wir uns noch nicht in den Kopf geschossen haben. Sind wir doch hirnlo... Birke, Birke, du machst was mit Wörtern, machst was mit mir, oha!

LG Kurt
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Beitragvon Mucki » 15.03.2017, 14:19

birke hat geschrieben:wer hirnlos ist, schießt sich nicht in den kopf...


Kurt hat geschrieben:Ich würde sagen, dein Satz impliziert ja, das welche mit Geist sich in den Kopf schießen.

Ich glaube, man kann es drehen und wenden, wie man will. Einen echten Aphorismus aus diesem Satz zu kreieren, ist schwierig, da man immer irgendeinen Einwand findet.

So wie es jetzt oben steht:
Kurt hat geschrieben:Man sollte sich nicht hirnlos in den Kopf schießen.

ergibt es m.E. am meisten Sinn, wenn es auch in meinen Augen kein Aphorismus mehr ist, sondern einfach eine Bemerkung, die m.E. stimmig ist.

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birke
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Beitragvon birke » 15.03.2017, 14:56

Kurt hat geschrieben:
Birke, und wenn ich Recht haben sollte mit deinem Vario, dann müssten wir Geistvollen uns ja alle die Frage stellen, warum wir uns noch nicht in den Kopf geschossen haben. Sind wir doch hirnlo... Birke, Birke, du machst was mit Wörtern, machst was mit mir, oha!



hihi, ja, wer weiß, vielleicht sind wir ja tatsächlich hirnl... :D:

ja, mucki hat schon recht, das ist alles doch recht angreif- und hinterfragbar, auch mein sätzchen.

man könnte übrigens auch sagen: es ist hirnlos, sich in den kopf zu schießen...

aber: ist halt sehr vielschichtig, dein satz, lieber kurt, und bringt doch viele neue daraus resultierende gedanken zutage, ist doch fein!

sonnige grüße von der birke
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Beitragvon Kurt » 15.03.2017, 15:23

Najut, dann stelle ich hier noch zwei Sprüche rein über den Aphorismus, von Karl Kraus:

„Ein Aphorismus braucht nicht wahr zu sein, aber er soll die Wahrheit überflügeln. Er muss mit einem Satz über sie hinauskommen.“

„Der Aphorismus deckt sich nie mit der Wahrheit; er ist entweder eine halbe Wahrheit oder anderthalb.“


In dem Sinne, na Servus !

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Beitragvon Kurt » 15.03.2017, 16:43

Des Lebens überdrüssig, sollte man sich nicht hirnlos in den Kopf schießen.

So isses aber einer, oder?

Kurt
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Beitragvon Mucki » 15.03.2017, 16:49

Kurt hat geschrieben:„Ein Aphorismus braucht nicht wahr zu sein, aber er soll die Wahrheit überflügeln. Er muss mit einem Satz über sie hinauskommen.“

DAS ist der entscheidende Punkt: "Er muss mit einem Satz über sie hinauskommen."

Deshalb ist es eine hohe Kunst, Aphorismen zu schreiben.

Kurt hat geschrieben:Des Lebens überdrüssig, sollte man sich nicht hirnlos in den Kopf schießen.

So isses aber einer, oder?


Öhm, Kurt:
das bedeutet im Klartext: Wer sich wirklich erschießen will, sollte genau wissen, wie es richtig zu machen ist. Sprich, die exakte Vorgehensweise kennen. Mehr sag ich dazu lieber nicht. :x:

Kurt
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Beitragvon Kurt » 15.03.2017, 17:17

Lebensübermut sollte nicht dazu verleiten, sich hirnlos in den Kopf zu schießen.

So aber doch, oder?
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Beitragvon birke » 15.03.2017, 17:23

wenn, dann eher "Lebensüberdruss", oder?
Ja, ich denke, dann würde es passen!
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Beitragvon Kurt » 15.03.2017, 17:36

Ja, Birke, ich versuchs mal damit.

Ein Lebensüberdrüssiger sollte sich nicht hirnlos in den Kopf schießen.

Mucki, ich finde, Aphos zu schreiben, ist keine HOHE Kunst, und die meisten Aphos selbst kommen so allgemein daher. Und dann die Gefahr, wenn du einen konstruiert hast, entdeckt du irgendwann, ein anderer hat schon so einen lange vor dir formuliert; etwas anders wohl, aber im Wesentlichen besagt er das Gleiche.

Ja, hohe Kunst ist, wenn einem ein außergewöhnlicher gelingt, was immer das auch sein mag.

Ich tu mir ja nur so schwer, weil ich hier etwas Bestimmtes unter einen Hut zwingen will. Normalerweise geht es ratzfatz. Aber ich bin ja schon zum zweiten Mal in eine „Textfalle“ geraten. Son Schied. Manchmal ist auch gut, es liegen zu lassen und nach ein paar Tagen sieht es schon ganz anders aus, wenn man es wieder aufnimmt.

LG Kurt
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Niko

Beitragvon Niko » 16.03.2017, 10:25

Wer sich das Hirn wegschießt, macht aus einer Kopflosigkeit eine Hirnlosigkeit.


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