verwuschelt und aufrecht

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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birke
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Beitragvon birke » 13.12.2019, 23:21

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ich ordne mein leben
im kalender
schreibe listen
als brauchte ich einen halt
einen rahmen für
meine überbordenden gefühle
und mehr denn je
weiß ich, wo ich stehe
verwuschelt (von dir)
und aufrecht
begrüße ich das neue jahr
schon jetzt
mit einem lächeln




"das gibt mir sicherheit" gestrichen

.
Zuletzt geändert von birke am 16.12.2019, 09:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Nifl
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Beitragvon Nifl » 14.12.2019, 08:56

Hallo Birke,
der Text zeigt wie Struktur und Chaos sich nicht ausschließen, nein, sogar brauchen oder Struktur aufgebaut wird, um Chaos zulassen zu können. Denn jeweils das ein oder andere in Ausschließlichkeit würde ins Ungesunde führen. So lese ich das. Du schaffst es, es nicht drohend moralisch oder dogmatisch zu formulieren. So bekommt der Text einen "inneren Wirklichkeitsraum" aus dem der Leser auch direkt angesprochen/mitgenommen und angestiftet wird, es dem LyI gleichzutun und zu lächeln über Wuschelzeiten.
Einzig mit dem Wort "überborden" hadere ich irgendwie. Wobei "borden" vllt. sogar irgendwie verwandt mit Border ist und das natürlich richtig genial wäre. Äh ne doch lassen, unbedingt.

Grüße
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 14.12.2019, 10:32

Liebe Birke,

zum Teil gefällt mir das - aber ich lese noch viel für mein Empfinden Überflüssiges (weil Bewertendes? weil Erklärendes?)

Streichen würde ich: "das gibt mir sicherheit", Begründung: ist in "als bräuchte ich einen halt" enthalten, eins von beidem kann weg

der Rahmen für die Gefühle klingt interessant, "überbordend" lässt mich dann stutzen, weil ich an ein Schiff denken muss, an ein Bord halt, wo etwas über Bord gehen kann, die Gefühle nämlich, und ich dieses Schiff nicht mit dem Rahmen zusammenkriege. Im Rahmen ist ja ein Bild. Klar ist ein Rahmen eine Metapher, aber ein Bord halt auch. Ich finde, es müsste im selben Bild bleiben, das Bild dafür, dass Gefühle Halt brauchen, Umrahmung, Einhegung. (Leute, die Drogen nehmen, versuchen das Gegenteil, glaube ich, lese gerade mit großem Interesse "Panikherz" von Stuckrad-Barre...) Auch sind ja Gefühle, wenn sie über Bord gehen, ertrinkende, oder müssen gerettet werden, und das ist hier, glaube ich, nicht gemeint, oder? Es geht nicht darum, Gefühle zu retten, möglichst viele zu behalten, sondern damit umzugehen, dass da so viele sind, mit einem Rahmen und Halt. oder? Deshalb stimmt für mich das überborden nicht.

Mehr Meckerei ist aber auch nicht :-)

Herzlich
klara

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birke
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Beitragvon birke » 14.12.2019, 11:18

lieber nifl, danke dir! an „border“ im sinne von grenze aber auch von „borderline“ habe ich zwar nicht bewusst gedacht, aber ja … diese assoziation kann entstehen – der text gibt das wohl durchaus her…
wuschelzeiten, lächel, ja!

liebe klara,
ja, ich weiß, was du meinst, diese unstimmigkeit, wenn man die worte ganz genau und wörtlich betrachtet, ist mir durchaus bewusst – aber – zeigt sich nicht genau daran, an dieser etwas chaotischen metaphorik auch genau das, was im gedicht thematisiert ist…?
die redundanz, die du ansprichst, ist wohl tatsächlich an sich überflüssig… darüber muss ich noch nachdenken.
sowie über das "überborden". ob es tatsächlich das richtige wort hier für mich ist. gefühlt erstmal schon. ;)
danke dir auch!

liebe grüße von der birke

ps - die sicherheit fliegt raus ;) - das überbordend bleibt (jedenfalls vorerst).
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